Protocol of the Session on July 18, 2012

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(Zustimmung bei der CDU)

Ich will hier noch einen zweiten Punkt darstellen, weil Sie immer wieder auf die anlassbezogenen Kontrollen hinweisen. Herr Wenzel, die von Ihnen gewollte Streichung bedeutet schlichtweg, dass Sie internationale Kriminalität so nicht mehr bekämpfen können.

(Lachen bei den GRÜNEN - Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Das müssen Sie besser wissen!)

- Doch, weil Sie die entsprechenden Kontrollen auf dieser Grundlage nicht durchführen können. Nach dem Fall der Grenzen ist es absolut notwendig, dass Sie eine solche Möglichkeit haben.

Meine Damen und Herren, als ich im Jahr 2003 Innenminister geworden bin, hatten wir in Deutschland und international eine Bedrohungslage im Bereich islamistischer Extremismus und Terrorismus. Damals habe ich die Information bekommen, dass wir in Niedersachsen davon überhaupt nicht betroffen sind. Ich musste aber feststellen, dass

wir sowohl im Bereich Staatsschutz als auch im Bereich Verfassungsschutz nicht über die Instrumentarien verfügt haben, um tatsächlich entsprechende Hinweise zu bekommen. Es musste alles aufgebaut werden.

Deshalb war es richtig und notwendig, dass wir - nicht flächendeckend, sondern anlassbezogen - Kontrollen an verschiedenen Stellen durchgeführt haben und sie vor Moscheen nicht ausgeschlossen haben. Deshalb haben wir in dem Zusammenhang diese Hinweise gebraucht. Wenn Sie sich die Dokumentation dazu angucken, sehen Sie, dass wir auch wichtige Erkenntnisse dazu bekommen haben.

Meine Damen und Herren, wir haben mittlerweile in Niedersachsen im Bereich Verfassungsschutz und im Bereich Staatsschutz mächtig draufgesattelt und verfügen über viel bessere Instrumentarien, um hier an Informationen zu kommen. Natürlich ist es dann weniger notwendig, solche Kontrollen durchzuführen. Gibt es aber Hinweise, ist es notwendig, dann auch zu einem solchen Mittel zu greifen.

Deshalb ist Ihre Forderung schlichtweg falsch. In Ihrer Zeit haben Sie gerade die Bekämpfung der islamistischen Szene völlig vernachlässigt. Wir mussten diesen Bereich hier aufbauen. Wenn man sich jetzt hierhin stellt und so tut, als hätten wir damit Leute unter Generalverdacht gestellt usw., ist das schlichtweg unredlich. Das lasse ich mir auch nicht gefallen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ihre Reden sind auch unredlich!)

Meine Damen und Herren, ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir in der ersten Beratung sind. Es gibt aber noch einen Wunsch auf zusätzliche Redezeit. - Eine Minute, Herr Limburg!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister Schünemann, das, was Sie hier behauptet haben, kann so nicht stehen bleiben. In der Tat haben Sie auch dem Landtag die Dokumentation zu § 12 Abs. 6 - darum geht es ja bei den Moscheekontrollen - vorgelegt. Das Ergebnis war eindeutig. Sie haben damit keinen Terrorismus bekämpft. Sie haben damit keine internationale Kriminalität bekämpft. Sie haben damit Kleinstkriminalität, Ordnungswidrigkeiten und einzelne Verkehrsdelikte bekämpfen

können. Ich bitte Sie, Herr Minister! Es ist doch lächerlich, so zu tun, als bräuchten Sie diese anlasslosen Kontrollen zur Bekämpfung internationaler Schwerkriminalität.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wenn es Hinweise auf internationale Kriminalität gibt, hat die niedersächsische Polizei ausreichend Eingriffsbefugnisse, im Rahmen des Polizeigesetzes und im Übrigen auch im Rahmen der Strafprozessordnung vorzugehen. In Wahrheit brauchen Sie diesen Paragrafen, weil Sie die Wiederaufnahme solcher Moscheekontrollen nicht dauerhaft ausschließen wollen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport und mitberatend soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen tätig werden. Wer stimmt dem zu? - Wer enthält sich? - Wer stimmt dagegen? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt als letzten Punkt vor der Mittagspause den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Erste Beratung: Klimaschutzstrategie für die niedersächsische Landwirtschaft - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4967

Zur Einbringung hat sich der Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich müsste über unseren Antrag große Einigkeit herrschen. Am vergangenen Freitag haben ja die Minister Lindemann und Birkner mit großem Bahnhof eine von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie zur Klimaschutzpolitik für den Agrarsektor vorgestellt, die viele der von uns vorgeschlagenen Maßnahmen enthält, obwohl

wir die Studie bei der Erstellung unseres Antrages noch gar nicht kannten.

In der Analyse sind wir uns sicherlich einig: Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von 28 % an den Treibhausgasemissionen in Niedersachsen der größte Emittent. Weitere 5 % kommen durch den Energieeinsatz in der Landwirtschaft - vor allem durch die Produktion von mineralischem Dünger - hinzu. Wenn man dann noch die Emissionen hinzurechnet, die nicht in Niedersachsen, sondern durch unsere große Fleischproduktion, das importierte Soja und die abgeholzten bzw. abgebrannten Regenwälder entstehen, dann kommen wir sicherlich auf 30 bis 40 % Treibhausgasemissionen durch die Art der Landwirtschaft, die wir betreiben.

Auch über die Gründe herrscht wissenschaftliche Einigkeit. Eine der größten Treibhausgasquellen sind die entwässerten niedersächsischen Moore. 12 % der Gesamtemissionen kommen von dort, ziemlich dicht gefolgt von den Lachgasemissionen durch Überdüngung mit Stickstoffen. Genau dieses Lachgas ist für das Klima nicht zum Lachen. Distickstoffmonoxid - das für die Chemiker - ist rund dreihundertmal klimaschädlicher als CO2. Das bedeutet umgerechnet: 1 kg zu viel gedüngter Stickstoff verursacht 17,5 kg Treibhausgasemissionen. Eine enorme Menge; auch das sieht man in der Studie.

Die Studie ist sicherlich ein guter Beitrag, wenn es darum geht, das Reduktionspotenzial in der Landwirtschaft endlich anzugehen. Wir können die Landwirtschaft beim Klimaschutz nicht ausklammern, sondern die Landwirtschaft ist auch ein Hauptbetroffener bei den Folgen. Jede Menge CO2 entweicht aus den Mooren. Die Überdüngung von Flächen führt nicht nur zur Nitratbelastung des Grundwassers, sondern auch zu Lachgasemissionen. Ferner haben wir die massiven Ammoniakemissionen aus der Massentierhaltung, die ebenfalls dazu führen, dass Wälder und andere nicht gedüngte Flächen erhebliche Stickstoffmengen abkriegen. In der Folge entstehen ebenfalls Treibhausgasemissionen.

Wir haben also kein Erkenntnisdefizit, sondern wir haben ein ganz massives Umsetzungsdefizit. Da machen CDU und FDP aber leider das glatte Gegenteil. Sie wollen morgen durch eine Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms wieder 1 000 ha Moor zur Abtorfung freigeben. Sie verhängen kein absolutes Grünlandumbruchverbot, sondern schaffen eine Light-Version, die es er

laubt, mit einer entsprechenden Genehmigung auch weiterhin umzubrechen. Ob Ersatzgrünland tatsächlich angelegt wird und ob ein Umbruch überhaupt erst beantragt wird, wird kaum kontrolliert.

Mit Blick auf die Überdüngung lehnen Sie ein Güllekataster ab, mit dem es möglich wäre, die Überdüngung zumindest teilweise in den Griff zu kriegen. Sie fördern die Steigerung der Tierzahlen in Niedersachsen durch Schlachthofsubventionen, die ebenso wie der überbordende Fleischkonsum massiv klimaschädigend sind.

Das zeigt wieder, dass es Ihnen nicht um den Klimaschutz in der Landwirtschaft geht, sondern den Ministern Lindemann und Birkner geht es wieder einmal nur um den schönen Schein. Anschein erwecken, noch eine Studie erstellen, noch einmal ein Problem analysieren. Bei den Handlungen aber ist dann wieder Fehlanzeige. Im Gegenteil: In vielen Teilen Niedersachsens steigen die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft.

Mit dem Antrag, den wir vorgelegt haben, könnten Sie gleich loslegen und etwas tun. Wir haben uns das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen um 25 % zu reduzieren. Dabei nehmen wir nur den Deutschen Bauernverband beim Wort; denn der hat sich freiwillig verpflichtet, die Lachgas- und Methanemissionen bis 2020 um 25 % und bis 2030 sogar um 30 % zu reduzieren. Erreicht worden ist davon bislang allerdings nur wenig. Die Methanemissionen sind etwas gesunken, weil der Rindviehbestand etwas zurückgegangen ist. Dafür aber sind die Lachgasemissionen deutlich gestiegen.

(Zuruf von Clemens Große Macke [CDU])

Deshalb - Herr Große Macke, Sie müssen nicht dazwischenrufen - nehmen wir mit unserem Antrag eigentlich nur den von Ihnen so geschätzten Bauernverband beim Wort. Sorgen Sie dafür, dass die Landesregierung mit einem Maßnahmenpaket etwas für ein wenig mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft tut! Bisher ist nur sehr wenig passiert, und es sind nur noch acht Jahre hin bis zur Erfüllung der Selbstverpflichtung des Bauernverbandes.

Als erste Maßnahme - dies ist auch in der Studie enthalten - fordern wir ein absolutes Grünlandumbruchverbot insbesondere auf sehr humosen Standorten. Zweitens fordern wir die Wiedervernässung von Moorflächen, insbesondere solchen

in öffentlicher Hand. Auch die Regierungskommission „Klimaschutz“ hat Ihnen dargelegt, wie viel CO2 man einsparen könnte, wenn man die Wiedervernässung der Moore optimieren würde. Das müsste man überprüfen und auch wollen, anstatt immer nur Sonntagsreden zu halten.

Drittens müssen wir - darum kommen Sie nicht herum - den Ökolandbau auch aus Klimaschutzgründen besser fördern. Ein Hektar ökologisch bewirtschaftete Ackerfläche bindet 6 t CO2 mehr als ein konventionell bewirtschafteter Acker. Auch das sind Ergebnisse der Studie, die Ihre Landesregierung am Freitag vorgelegt hat. Deshalb dürfen wir den Ökolandbau in Niedersachsen nicht weiter vernachlässigen; denn er ist klimaschonender als die Agrarindustrie, die Sie schützen wollen. Es bringt dann auch nichts, wenn Sie die Agrarumweltmittel dazu missbrauchen, die Agrarindustrie zu päppeln. Sie zahlen z. B. 30 Euro pro Hektar, wenn im Herbst die Maisstoppeln nicht umgepflügt werden. Wenn dieser Mais auf Moorflächen angebaut wird, was oft der Fall ist, dann ist das klimapolitischer Wahnsinn. CDU und FDP fördern diesen Quatsch. Sagen Sie nicht, es sei kein Geld für die Förderung des ökologischen Landbaus da! Wenn man allein diese Unsinnsprogramme stoppen würde, könnte man mehr fördern, als Sie bislang überhaupt für den Ökolandbau tun.

Meine Damen und Herren, ich kann jetzt nicht auf alle vorgeschlagenen Maßnahmen einzeln eingehen. Darüber werden wir sicherlich noch im Ausschuss diskutieren können. Sie können das Gutachten nachlesen. Sie können auch den Bericht der Klimaschutzkommission der Landesregierung nachlesen. Ich hoffe, dass wir hier einmal einen gemeinsamen Weg gehen. Das dürfte auch im Interesse der Landwirtschaft liegen; denn sie wird angesichts der Extremwetterereignisse, die immer häufiger eintreten, und angesichts der Prognosen aufgrund des Klimawandels in Niedersachsen einer der größten Verlierer des Treibhauseffekts sein. Deshalb appellieren wir an Sie: Produzieren Sie mit Ihrer Klimaschutzkommission nicht immer nur neue Studien und Papiere, sondern fangen Sie mit einer vernünftigen Klimaschutzpolitik auch in der Landwirtschaft an! Sie ist der größte Treibhausgasemittent in Niedersachsen. Den können wir hier nicht ausklammern, sondern wir müssen hier etwas tun.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Dammann-Tamke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen in der Drs. 16/4967, datierend auf den 10. Juli, lautet: Klimaschutzstrategie für die niedersächsische Landwirtschaft. - Vom Timing rein zufällig exakt drei Tage vor der Präsentation einer durch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung in Auftrag gegebenen und durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz sowie den Bund geförderten Studie vorgelegt. Natürlich ist es ein probates Mittel einer Oppositionsfraktion, der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen wenige Tage zuvorzukommen.

Wenn ich Ihren Antrag lese, habe ich den Eindruck, Herr Kollege Meyer, dass Ihre informellen Kanäle korrekt zugearbeitet haben. Aber was dann - zeitgleich zur offiziellen Vorstellung der Studie - am 13. Juli passiert, geschätzter Herr Kollege Meyer, macht es nahezu unmöglich, sich ernsthaft mit Ihrem Antrag auseinanderzusetzen.

(Zustimmung bei der CDU)

In Ihrer Pressemitteilung verlassen Sie jedenfalls jede aus der Studie abzuleitende fachliche Basis und gehen auf Ihre Fundamentalopposition zurück. Ich möchte das an folgenden Beispielen festmachen:

Erstens an der Überschrift „Industrielle Landwirtschaft ist Niedersachsens größter Klimakiller“. - Die Studie verwendet weder die Begrifflichkeit noch macht sie Aussagen grundsätzlicher Art dahin gehend, dass eine intensive Landwirtschaft in Bezug auf Klimarelevanz per se schlechter zu beurteilen ist als eine extensive. Richtig ist: Es werden auch Studien angeführt, die genau das Gegenteil ausweisen.

Zweitens. Sie erheben den Vorwurf, die Landesregierung verschleppe dringend erforderliche Klimaschutzmaßnahmen. In der Debatte eben haben Sie es wiederholt. - Auch dieser Vorwurf geht völlig an der Realität vorbei. Die Studie basiert auf einer Empfehlung der Regierungskommission „Klimaschutz“, und mit den aus der Studie abzuleitenden Handlungsoptionen wird sich Niedersachsen an

die Spitze der Bundesländer stellen, was die Umsetzung von Klimaschutzzielen angeht.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU] - Rolf Meyer [SPD]: Dann müsst ihr es auch machen!)