Helmut Dammann-Tamke
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Last Statements
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der heute zur Beschlussfassung anstehende Antrag der Grüne-Fraktion ist inhaltlich ein guter Antrag. Diese Feststellung fällt mir wahrlich nicht schwer, weil der Antrag mit Folgendem schließt - ich zitiere -:
„Die Vorschläge im Antrag entsprechen wortwörtlich der Empfehlung der Regierungskommission für eine niedersächsische Klimaschutzstrategie.“
Das heißt konkret: Diese Landesregierung hat eine Klimaschutzstudie in Auftrag gegeben. Die Empfehlungen, in einer Klimaschutzstrategie niedergelegt, wurden von der Fraktion der Grünen schlicht und ergreifend abgeschrieben. Das allein reicht allerdings nicht für eine öffentliche Wahrnehmung, die politisch mit der antragstellenden Fraktion verbunden wird. Deshalb peppt man das Ganze auf, indem man die reißerische Überschrift „Klimakiller Torfindustrie“ als Titel verwendet.
Etwas seriöser wird dann noch nachgeschoben: „Alternativen zur Verringerung des Torfverbrauchs im Gartenbau fördern“. Das klingt einfach gut und in der Zustimmung alternativlos. Jedoch ist die Problematik etwas komplexer.
Bleiben wir zunächst beim Torfabbau. Niedersachsen und diese Landesregierung haben mit dem Landes-Raumordnungsprogramm erstmals und
definitiv neben der Reduzierung der ursprünglich vorgeschlagenen Gebiete auch eine klare Positionierung dahingehend vorgenommen, dass es keine weitere Flächenausweisung für den gewerblichen Torfabbau geben wird. Die Torfindustrie hat somit einen klar definierten Auftrag, Alternativen zu entwickeln und Arbeitsplätze abzubauen bzw. zu verlagern.
Abgesehen davon wäre niemandem und auch der Sache selbst nicht geholfen, wenn der Torfabbau hier kurzfristig ausläuft und entsprechende Mengen aus Skandinavien oder dem Baltikum importiert werden.
Der zweite Aspekt in Bezug auf die Komplexität der Problematik ist, dass der größere Teil der Treibhausgasemissionen auf landwirtschaftlich genutzten Moorstandorten durch die Kultivierung bzw. Entwässerung ausgelöst wird. Dort ist es schon aufgrund der Eigentumsverhältnisse in der Tat diffiziler, zu Verbesserungen im Sinne von Treibhausgasreduktionen zu kommen.
Hierbei wird es darum gehen, zunächst die Problematik aufzuzeigen, gerade auch was das Volumen der CO2-Emissionen angeht.
In einem weiteren Schritt wird man, Herr Kollege Meyer, erhebliche finanzielle Mittel einsetzen müssen, um mittel- und langfristig zu Nutzungsformen zu kommen, die auf vernässten Flächen eine profitable Bewirtschaftung ermöglichen. Oder man wird den Landwirten Tauschflächen anbieten müssen.
Das wird in der Tat eine Herausforderung, da dies aufgrund der Gesamtfläche an Mooren in Niedersachsen und aufgrund der zum Teil erheblichen Größe einzelner Moore nach meiner Auffassung nur in einer langfristigen Perspektive realistisch sein wird. Dies wird erhebliche finanzielle Mittel erfordern. Allerdings wird das CO2-Einsparpotenzial, bezogen auf den eingesetzten Euro, sehr effektiv, weil sehr groß, sein.
So weit meine Ausführungen zu den Aspekten Torfabbau und Landwirtschaft auf Moorstandorten.
Ich glaube, dass die Fraktionen im Niedersächsischen Landtag in der Beurteilung, was Moorschutzprogramme unter den Gesichtspunkten Klima- und Artenschutz sowie unsere besondere
niedersächsische Verantwortung angeht, gar nicht weit auseinanderliegen.
Die Klimaschutzstudie hat hierfür die korrekte Basis gelegt.
Was die Empfehlungen der Regierungskommission angeht, so unterliegen diese derzeit zu Recht einer intensiven Prüfung, wie ich es in Teilen dargelegt habe.
Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der GrünenFraktion obsolet.
Die Landesregierung hat den Inhalt des Entschließungsantrags bereits aufgegriffen.
Die Forderung einer Umsetzung von einzelnen Maßnahmen vor deren Prüfung, verbunden mit der Folgenabschätzung, ist reiner Aktionismus und dient nicht der Sache, sondern der eigenen Profilierung.
Ich erinnere nur an die Überschrift „Klimakiller Torfindustrie“. Aus diesem Grund fällt es mir und den Mitgliedern meiner Fraktion nicht schwer, diesen Antrag heute abzulehnen. Niedersachsen wird sich beim Thema Klimaschutz in dem Spektrum der Nutzung von Moorstandorten seiner Verantwortung stellen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Zunächst an den Kollegen Meyer von der SPD-Fraktion gewandt: Herr Meyer, die Klimaschutzstudie der Landesregierung ist hervorragend.
Von daher haben wir entgegen unserer ursprünglich im Ausschuss gemachten Ankündigung darauf verzichtet, einen eigenen Antrag einzubringen. So viel zu diesem Punkt.
Jetzt zum Kollegen Meyer von den Grünen: Ich habe in der Vergangenheit öfter zu Anträgen von der Grünen-Fraktion zum Agrarbereich gesprochen. Darin gab es immer einen roten Faden dahin gehend, dass ein Thema in der Überschrift reißerisch und populistisch aufgemacht wurde.
Bei der Art und Weise, wie die Grünen Politik im Lande machen - sie beharren bei bestimmten Themen sozusagen auf ihrem Alleinvertretungsan
spruch -, machen wir nicht mit. Da lassen wir uns auch nicht vorführen.
Nun zum letzten Punkt: Ich bin Haushälter. Wir alle wissen, dass wir in Zeiten leben, in denen die finanziellen Mittel äußerst knapp sind. Wir stellen noch keine ausgeglichenen Haushalte auf. Wir müssen auch weiterhin jedes Jahr, absehbar hoffentlich bis maximal 2017, neue Schulden aufnehmen.
Deshalb muss man gerade bei dem so wichtigen Thema Klimaschutz ganz genau schauen, wo man welchen Euro am effektivsten einsetzt und wie man die Beteiligten mitnimmt.
Die Art und Weise, wie Sie darangehen wollen, nämlich nach dem Motto „Wir beschließen erst einmal und schauen hinterher, ob wir die Beteiligten mitnehmen können“, ist in Sachen Klimaschutz leider kontraproduktiv.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir gehen auf Weihnachten und auf den 20. Januar, den Wahltag in Niedersachsen, zu. Deshalb ist der Wunschzettel bei der Fraktion der Linken diesmal besonders groß ausgefallen. Genau gesagt, besteht er aus zwei Zetteln: Auf dem einen Zettel steht „Entwurf eines Gesetzes für ein sozialeres Niedersachsen durch einen Nachtragshaushalt 2012 und die Abschaffung von Bildungsgebühren“. Auf dem weiteren Zettel ist zu lesen: „Mit dem Haushalt 2013 Impulse setzen für ein soziales Niedersachsen ohne neue Schulden“.
Nun wird - und da setzt die erste Enttäuschung bei der Fraktion DIE LINKE ein - in diesem Jahr wegen des verabschiedeten Doppelhaushalts die öffentliche Beratung dieser Wunschlisten der Linken in Form von Haushaltsberatungen entfallen. Auch ich werde Ihnen heute nicht den Gefallen tun, diesen Ihren Wünschen im Einzelnen zu einem größeren Bekanntheitsgrad zu verhelfen.
Aber wie jeder Familienvorstand zu Weihnachten muss auch ein Parlament als Haushaltssouverän prüfen, was finanziell verantwortbar ist, sprich: was geht. Da setze ich, liebe Mitglieder der Fraktion DIE LINKE, bei Ihrem eigenen Zahlenwerk aus Ihrem Antrag ein: 970 Millionen Euro Nettokreditaufnahme werden auch bei Ihnen für 2013 als gesetzt angenommen. Ihr Antrag bedeutet einen weiteren Finanzierungsbedarf von 3,3 Milliarden Euro.
Übrigens haben Sie ganz und gar das Urteil des Staatsgerichtshofs im Hinblick auf den Einsatz von Rücklageentnahmen - auch der Kollege Möhrmann hat dies schon erwähnt - ausgeblendet. Diese Praxis wird ab sofort nicht mehr möglich sein, wodurch die Nettokreditaufnahme entsprechend erhöht werden müsste. Vor diesem Hintergrund kommt der erste Vorschlag Ihrer Gegenfinanzierung gar nicht erst zum Tragen.
Nun zum zweiten Vorschlag: Änderung des Steuerrechts im Ergebnis von Bundesratsinitiativen. - Abgesehen davon, dass eine solche Initiative aus diesem Hause nur mittelbar zum Erfolg geführt werden kann, empfehle ich die Zuwendung zu konkreten Zahlen in Form eines Rechenbeispiels. Einfache Rechnung: 3,25 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen für Niedersachsen. Bei einem Anteil von 10 % für jedes Bundesland bedeutet das für die Länder eine Größenordnung von insgesamt 32,5 Milliarden Euro. Da sich der Bund
und die Länder die Steuereinnahmen teilen, sind wir schon bei 65 Milliarden Euro.
65 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen bedeutet Ihr Antrag in der Realität! Diese 65 Milliarden Euro müssen natürlich vom Steuerzahler, vom Bundesbürger erbracht werden. Da ist Niedersachsen mit 10 % dabei. Wenn 8 Millionen Niedersachsen diesen Betrag erbringen sollen, so entfallen auf jeden Niedersachsen mal eben 812,50 Euro. Das ist kein Pappenstiel! Darüber sollte man schon einmal reden.
Dann, Herr Dr. Sohn: Kinder, Alte, Schüler, Studenten, Werktätige, das Gros der Beamten und Rentner können in Ihren Augen wohl nicht gemeint sein, sondern ich gehe davon aus, dass Sie die Klientel der sogenannten Besserverdienenden abgreifen wollen.
Nein, ich möchte zusammenhängend vortragen.
Wenn wir davon ausgehen, dass 10 % zu den Besserverdienenden gehören, kommen wir zu der Größenordnung von 8 125 Euro zusätzliche Steuerlast pro Besserverdienendem in Niedersachsen.
Spätestens an diesem Punkt entlarvt sich dieser Antrag als das, was er ist: unseriös! Diese Anträge sind Wahlkampf pur. Sie sind Populismus pur. Sie sind handwerklich fehlerhaft. Sie sind bar jedweder Realität im Hinblick auf die Belastbarkeit der Steuerpflichtigen.
Außerdem vermitteln sie die Auffassung von einem allumfassenden Staat, der im Zweifel von der Wiege bis zur Bahre für alles verantwortlich ist. Das Leitbild der CDU-Fraktion ist entsprechend der sozialen Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard aber ein völlig anderes, das da heißt: Ich will mich aus eigener Kraft bewähren und das Risiko des Lebens selbst tragen. Ich will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein. Sorge du, Staat, dafür, dass ich dazu in der Lage bin.
Diese Auffassung von Wechselbeziehung zwischen dem Staat und seinen Bürgern hat unsere
Gesellschaft und auch unsere Volkswirtschaft stark gemacht. Wer etwas anderes will, der soll einmal den Blick nach Griechenland oder in die jüngere deutsche Geschichte richten.
Ich komme zum Schluss: Der Gabentisch für die Linke bleibt leer, und die Einigkeit der Fraktionen von CDU, FDP, SPD und Grünen in dieser Frage zeigt: Die Linke in Niedersachsen schaut schweren Zeiten entgegen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen in der Drs. 16/4967, datierend auf den 10. Juli, lautet: Klimaschutzstrategie für die niedersächsische Landwirtschaft. - Vom Timing rein zufällig exakt drei Tage vor der Präsentation einer durch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung in Auftrag gegebenen und durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz sowie den Bund geförderten Studie vorgelegt. Natürlich ist es ein probates Mittel einer Oppositionsfraktion, der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen wenige Tage zuvorzukommen.
Wenn ich Ihren Antrag lese, habe ich den Eindruck, Herr Kollege Meyer, dass Ihre informellen Kanäle korrekt zugearbeitet haben. Aber was dann - zeitgleich zur offiziellen Vorstellung der Studie - am 13. Juli passiert, geschätzter Herr Kollege Meyer, macht es nahezu unmöglich, sich ernsthaft mit Ihrem Antrag auseinanderzusetzen.
In Ihrer Pressemitteilung verlassen Sie jedenfalls jede aus der Studie abzuleitende fachliche Basis und gehen auf Ihre Fundamentalopposition zurück. Ich möchte das an folgenden Beispielen festmachen:
Erstens an der Überschrift „Industrielle Landwirtschaft ist Niedersachsens größter Klimakiller“. - Die Studie verwendet weder die Begrifflichkeit noch macht sie Aussagen grundsätzlicher Art dahin gehend, dass eine intensive Landwirtschaft in Bezug auf Klimarelevanz per se schlechter zu beurteilen ist als eine extensive. Richtig ist: Es werden auch Studien angeführt, die genau das Gegenteil ausweisen.
Zweitens. Sie erheben den Vorwurf, die Landesregierung verschleppe dringend erforderliche Klimaschutzmaßnahmen. In der Debatte eben haben Sie es wiederholt. - Auch dieser Vorwurf geht völlig an der Realität vorbei. Die Studie basiert auf einer Empfehlung der Regierungskommission „Klimaschutz“, und mit den aus der Studie abzuleitenden Handlungsoptionen wird sich Niedersachsen an
die Spitze der Bundesländer stellen, was die Umsetzung von Klimaschutzzielen angeht.
Drittens. Sie führen u. a. aus, die industrielle Landwirtschaft mit ihrer Massentierhaltung sei mit einem Anteil von 28 % an den Treibhausgasen der größte Klimakiller in Niedersachsen. - Dazu merke ich an: Ein Antrag des Kollegen Meyer ohne den Begriff „Massentierhaltung“ ist kaum vorstellbar.
In der Studie findet sich dieses Vokabular nicht, und die Studie zeigt auch keine Defizite in diesem Bereich auf.
Selbst wenn wir uns darüber hinwegsetzen und uns in die Vorstellungswelt des Kollegen Meyer hineindenken, lehrt uns die aufmerksame Lektüre der Studie, dass in Sachen Massentierhaltung unverdächtige Tierarten wie das Rind genauso viel klimaschädliche Ausgasungen - allen voran genauso viel Methan produzieren - wie die Klassiker der Massentierhaltung Huhn und Schwein zusammen aufweisen.
Für diejenigen unserer Kollegen, die mir in diesem Punkt die notwendige Objektivität absprechen, seien die Ergebnisse des Foodwatch-Reports „Klimaretter Bio?“ zur Lektüre empfohlen. Darin heißt es:
„Für den Ausstoß von Klimagasen ist weniger relevant, ob Verbraucher sich ökologisch oder konventionell ernähren. Viel wichtiger ist die Menge an Rindfleisch und Milchprodukten, die sie konsumieren, unabhängig davon, ob diese ökologisch oder konventionell hergestellt wurden.“
Ich könnte in diesem Sinne fortfahren und Ihre Pressemitteilung weiter sezieren, will dies aber aus Gründen der Zeitökonomie nicht tun.
Nein, Herr Kollege Meyer und liebe Grüne hier im Niedersächsischen Landtag, Ihr Antrag ist schon in
der Überschrift eine Mogelpackung. Sie wollen eine Klimaschutzstrategie nicht für, sondern gegen die niedersächsische Landwirtschaft auf den Weg bringen.
Wer das so selbstgerecht und voller Vorurteile inszeniert, wer die Betroffenen nicht mitnimmt, der wird wertvolle Zeit im Hinblick auf die Umsetzung von Klimaschutzzielen verlieren und handelt verantwortungslos.
Nun wende ich mich an alle, die ihrer Verantwortung in Sachen Klimaschutz gerecht werden wollen. Meine Damen und Herren, Professor Dr. Flessa und die Mitarbeiter seines Instituts haben, unterstützt durch die Zuarbeit der Mitglieder der Regierungskommission „Klimaschutz“ sowie der Arbeitsgruppe „Klimaanpassung“, ein umfassendes Werk im Hinblick auf Analyse und Handlungsoptionen des Klimawandels, ausgelöst durch den Beitrag der Agrarwirtschaft in Niedersachsen, abgeliefert. Für diese fundierte und in meinen Augen sehr ausgewogene Arbeit unter Einbeziehung aktueller Daten und Forschungsergebnisse gebührt allen, die daran beteiligt waren, unser ausdrücklicher Dank.
Die Studie weist u. a. auf, welche potenziellen Klimaschutzmaßnahmen es gibt, wie die Mengenpotenziale hinsichtlich der Treibhausgasminderungen aussehen, wie es um die Effizienz steht bzw. wie hoch die Vermeidungskosten sind, ob es Synergien zu anderen Schutzzielen, wie z. B. Gewässer, Boden, Naturschutz, gibt und wie es z. B. bei der Produktionsverlagerung in andere Länder um Wechselwirkungen steht. Auf alle diese Fragestellungen werden nicht nur konkrete Antworten gegeben, sondern es werden auch Aussagen gemacht, die in Handlungsoptionen münden und aus denen Politik eine Priorisierung der Maßnahmen ableiten kann und muss.
Manches ist mit verhältnismäßig geringem Aufwand schnell und effektiv umzusetzen, wie z. B. der Verzicht auf den kommerziellen Torfabbau oder die Wiedervernässung von genutzten Moorflächen. Dieses wird allerdings über längere Zeiträume anzugehen sein.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die im Raumordnungsprogramm gemachten Aussagen.
- Herr Meyer, es gibt ein schönes plattdeutsches Wort für einen, der dauernd dazwischen quatscht: Quakbüdel.
Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag nimmt das Thema sehr ernst. Wir nehmen es an, und wir werden einen eigenen Antrag dazu formulieren. Dieser wird ganz konkret auf den Empfehlungen der Studie aufbauen. Er wird das kurzfristig Machbare in den Vordergrund stellen, und er wird von der Intention getragen werden, auf einseitige Schuldzuweisungen zu verzichten und alle auf dem Weg des Klimaschutzes mitzunehmen.
Meine Damen und Herren, Klimaschutz ist eine Daueraufgabe, für heute, für morgen und für zukünftige Generationen. Wir gehen sie mit Verantwortung an. Jede Fraktion, die sich, aufbauend auf den Ergebnissen der Studie, hieran beteiligen will, ist herzlich dazu eingeladen. Wer das nicht will und kann, soll weiter klimaschädlich Papier für Pressemitteilungen produzieren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Meyer, können Sie uns erklären, wie Sie aus Meldungen zur Tierseuchenkasse Rückschlüsse auf Bestände ziehen wollen? - Die Meldungen zur
Tierseuchenkasse sind Stichtagszahlen. Wenn ein Stall Stichtag 4. Januar leer steht, aber acht Tage später gefüllt ist, dann kommen Sie, wenn Sie das addieren, natürlich auf Werte, die überhaupt nichts mit den tatsächlich gehaltenen Bestände in Niedersachsen zu tun haben. Können Sie mir das erklären?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der zögerlichen Haltung der Opposition, mit uns gemeinsam ein Neuverschuldungsverbot in die Landesverfassung aufzunehmen, frage ich die Landesregierung, ob sie mir und damit allen in diesem Hohen Hause noch einmal die Notwendigkeit für eine Schuldenbremse erklären kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die zweite und abschließende Beratung unseres Entschließungsantrags vom 13. März dieses Jahres. Die erste Beratung fand im AprilPlenum statt. Seitdem ist einiges passiert. Warum erwähne ich dieses explizit?
Erstens. Bezug nehmend auf die erste Beratung, Herr Klein, stelle ich fest, dass es nicht eines solchen Antrages bedurfte, um der FDP wieder auf die Beine zu helfen.
Zweitens. Ver.di hat ein in meinen Augen bemerkenswert gutes Ergebnis bei den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen erzielt, Herr Dr. Sohn.
Drittens. Die Oppositionsfraktionen sind weiter der Auffassung, dass der Abbau der kalten Progression keinen Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit darstellt.
So weit die Vorbemerkungen.
Es ist aber auch zutage getreten, dass weite Teile der Opposition offensichtlich ein Problem mit dem gegenwärtig gültigen Steuersystem und dem Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit und der Progression haben, oder einfach formuliert: mit dem Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen als schwache. Das bedeutet in der konkreten Ausgestaltung, dass knapp ein Drittel der Steuerpflichtigen knapp 80 % des gesamten Einkommensteueraufkommens trägt. Anders ist jedenfalls nicht zu erklären, dass Sie bei der Ablehnung dieser Gesetzesinitiative damit argumentieren, dass höhere Einkommen eine stärkere Entlastung erfahren als niedrige.
Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Diese Gesetzesinitiative zielt auf Steuergerechtigkeit im Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern ab, indem sie nicht beschlossene Steuererhöhungen
durch die Hintertür - inflationsbedingt; also die kalte Progression - systematisch zurückführen will. Dies liegt insbesondere im Interesse der abhängig Beschäftigten in den unteren und mittleren Einkommensgruppen, die dem Steuertarif voll unterliegen und auch kaum über steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten verfügen, um ihre persönliche Steuerlast zu senken.
Ich stelle mir gerade eine Mai-Kundgebung vor, auf der beispielsweise Sie, Herr Schminke, den Zuhörern zu den guten Tarifabschlüssen gratulieren, um dann im nächsten Satz Ihr Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, dass aufgrund des progressiven Verlaufs der Steuertabelle im Portemonnaie netto weniger ankommen werde und dass das auch nötig sei, weil auch der Staat bei seinen Ausgaben der Inflation unterliege.
Wenn Sie dann noch Rückgrat zeigen würden, Kollege Schminke - Sie haben ja bekanntlich Rückgrat -, würden Sie gleich dazu sagen, dass eine im Bundestag eingebrachte Gesetzesinitiative zur Beseitigung dieses Effektes über den Bundesrat mit der Begründung erfolgreich habe abgeschmettert werden können, dass unser Steuersystem zutiefst ungerecht sei und dass der zuletzt unter einer rot-grün geführten Bundesregierung mit der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder abgesenkte Spitzensteuersatz längst wieder hätte angehoben werden müssen und dass Sie, da dies nicht aufgegriffen worden sei und außerdem Steuerpflichtige mit absolut höherer Steuerschuld eine stärkere Entlastung erfahren würden als Steuerpflichtige mit einer niedrigeren Steuerschuld, stolz auf Ihren Standpunkt seien. - Herzlichen Glückwunsch dazu!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun noch Anmerkungen zur Verantwortung gegenüber den öffentlichen Haushalten - da wende ich mich ganz besonders an die Mitglieder der SPD-Fraktion -: Wir würden uns in Bezug auf Ihre Vorbehalte zu diesem Entschließungsantrag wünschen, dass Sie mit der gleichen Verve für die Schuldenbremse eintreten, wie Sie hier auf der Bremse stehen.
In konkreten Zahlen: Auf der Bundesebene würde sich durch die Anhebung des Grundfreibetrages und die Verschiebung der Steuertabelle ein Volumen von 6 Milliarden Euro an Mindereinnahmen ergeben. Der Anteil, der auf Niedersachsen entfiele - also Beteiligung beim Grundfreibetrag - wächst in 2013 auf 39 Millionen Euro, in 2014 auf 106 Mil
lionen Euro, und ab 2015 gäbe es in etwa ein gleichbleibendes Niveau von 130 Millionen Euro, jeweils vor KFA. Das sind Volumina, die angesichts der für Niedersachsen überaus erfreulichen Steuerschätzungen vom November - auch für die Mai-Steuerschätzung ist nochmals eine Verbesserung zu erwarten - ohne Probleme zu verbuchen wären.
Was die Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte angeht: Im Zuge der Anpassung der Grundfreibeträge besteht der Bund zu Recht auf der verfassungsgemäßen Beteiligung der Länder und Kommunen. Dies wird über eine Beteiligung über den Steuerverbund umgesetzt. Diese originären Mindereinnahmen belaufen sich beispielsweise für die Landeshauptstadt Hannover in 2013 auf ein Niveau von gut 2 Millionen Euro. Da drängt sich mir eine Frage auf: Kann mir jemand in diesem Hause erklären, warum der OB und Spitzenkandidat ausweislich der Berichterstattung in der HAZ vom 2. April zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst - ich zitiere - sagte: „Der Abschluss sei sowohl für die Kommunen als auch für die Beschäftigten in Ordnung. Die Stadt müsse versuchen, den Fehlbetrag im laufenden Haushalt zu erwirtschaften.“? Später erfährt der Leser, dass dies allein für das laufende Haushaltsjahr eine Größenordnung von 8 Millionen Euro ist.
Derselbe OB und Spitzenkandidat kritisierte - ebenfalls in der HAZ - drei Wochen zuvor:
„Ich erlebe gegenwärtig viel Unglaubwürdigkeit in der Frage, wie die jetzige Landesregierung die Perspektiven des Landes einschätzt. Ministerpräsident David McAllister und seine Minister streuen den Leuten Sand in die Augen. Ein Beispiel: Da stimmt die Landesregierung im Bundesrat Steuersenkungen zu, die im Ergebnis weniger Einnahmen für das Land in Höhe von 200 Millionen und für die Kommunen von 100 Millionen Euro bedeuten.“
Dazu ist anzumerken:
Erstens trägt es nicht zur Glaubwürdigkeit bei, wenn Zahlen - auch wenn sie von einem ehemaligen Kämmerer kommen - einfach willkürlich gegriffen werden.
Zweitens. Es bleibt das Geheimnis von Herrn Weil, warum 8 Millionen Euro im Haushalt 2012, also im laufenden Haushalt, einfach so zu erwirtschaften
sind, während auf der anderen Seite 2 Millionen Euro Mindereinnahmen für den KFA - ausgelöst durch das Gesetz zum Abbau der kalten Progression - eine unverantwortliche Politik gegenüber der kommunalen Ebene darstellen sollen.
Meine Damen und Herren, Anhebung des Grundfreibetrags und Abbau der kalten Progression sind in unseren Augen Verfassungsgebot und vernünftige Ziele. Wer sich ihnen aufgrund parteitaktischen Kalküls verweigert, darf sich nicht wundern, wenn politische Kräfte an Einfluss gewinnen, die einfach nur Protest artikulieren wollen.
Wir setzen auf Vernunft, und wir stehen voll hinter der Positionierung der niedersächsischen Landesregierung. Abbau der kalten Progression bedeutet mehr Geld im Portemonnaie der Beschäftigten in den unteren und mittleren Einkommensgruppen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Dr. Sohn, wenn Sie rechtzeitig in der Debatte gewesen wären, hätten Sie gehört, dass ich explizit die Zahlen genannt habe, die zeigen, was das für das Land Niedersachsen bedeutet. Ich habe die 39 Millionen Euro, die 106 Millionen Euro und, aufwachsend auf ein Maximum, die 130 Millionen Euro genannt.
Ich habe an Sie ganz konkret die Frage, wie Sie bis 2017 dann auf ein Gesamtvolumen von 1 Milliarde Euro an Steuermindereinnahmen für das Land Niedersachsen kommen. Diese Milchmädchenrechnung kann ich nicht nachvollziehen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute eingebrachten Entschließungsantrag wollen die Fraktionen von CDU und FDP die Landesregierung ausdrücklich ermuntern, eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung zu unterstützen, an deren Ende mehr Steuergerechtigkeit, gerade für untere und mittlere Einkommen, steht. Bevor ich in die grundsätzliche Problematik einsteige, betone ich nochmals, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es geht um Steuergerechtigkeit und nicht um eine Reform, die von dem Ziel getragen wird, das Steuereinnahmevolumen in die eine oder andere Richtung zu verändern.
Zum Hintergrund: Die Bundesrepublik Deutschland und Niedersachsen sind bisher in beeindruckender Weise durch die Wirtschaftskrise gekommen. Ich nenne: die niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit 20 Jahren und Spitzenwerte bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Gerade Niedersachsen nimmt im Vergleich der Bundesländer eine Spitzenstellung ein, was den Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse angeht. Auch die Jugendarbeitslosigkeit - das ist allseits anerkannt - ist erfreulich stark gesunken.
In Europa spricht man nicht zu Unrecht vom deutschen Jobwunder. Diese beispielhafte Entwicklung ist durch eine Reihe kluger politischer Weichenstellungen der vergangenen Jahre möglich geworden. Aber - und das gehört zur Wahrheit mit dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen - diese Entwicklung ist ganz maßgeblich durch eine moderate Lohnpolitik vonseiten der Tarifpartner getragen worden. Deutschlands und Niedersachsens Stärke beruhen, neben einer starken, mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur, ganz maßgeblich auf dieser Verantwortungspartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Aber es gibt noch einen weiteren tragenden Pfeiler in unserem Gemeinwesen: den gesellschaftlichen Konsens in Bezug auf unser Steuersystem - ein leistungsgerechtes, progressives Steuersystem, in dem das Existenzminimum über den Grundfreibetrag von der Steuer freigestellt ist und darüber hinaus der Grundsatz gilt: Starke Schultern tragen mehr.
Konkret: Wir starten mit einem Eingangssteuersatz von 15 % und enden mit einem Spitzensteuersatz von 42 %. Plus Soli und Kirchensteuer ergibt sich so ein Spitzensteuersatz von knapp 50 %. Das bedeutet unter dem Strich, dass das obere Drittel
der Einkommensteuerzahler knapp 80 % des gesamten Einkommensteueraufkommens trägt. Das entspricht dem Gerechtigkeitsempfinden einer breiten Mehrheit in diesem Land.
Wenn wir diese beiden Bereiche - Tarifpartnerschaft und Einkommensbesteuerung - zusammenführen, gelangen wir an eine Sollbruchstelle im Hinblick auf die Gerechtigkeit. Lohnerhöhungen führen aufgrund des progressiven Steuertarifs dazu, dass der Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen steigt. Allerdings kann die Progression dazu führen, dass ein großer Teil der Lohnerhöhungen den Beschäftigten wieder genommen wird.
Die Ursache hierfür liegt in der Geldentwertung. Wenn jemand bei einer unterstellten Preissteigerung von 2 % auch 2 % mehr Lohn oder Einkommen erhält, dann zahlt er eben nicht 2 % mehr Lohn- oder Einkommensteuer, sondern einen etwas höheren Prozentsatz. Diesen Mechanismus bezeichnet man gemeinhin als kalte Progression. Eben diese trifft im Wesentlichen Arbeiter und Angestellte im unteren und mittleren Einkommensbereich. Bis zum Jahr 2010 ist der Effekt der kalten Progression durch verschiedenste Steuerentlastungen ausgeglichen worden. Seither wirkt die heimliche Steuererhöhung allerdings wieder.
Die Bundesregierung hat unter dem Datum 15. Februar 2012 einen Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht, der diesem Effekt formal nicht beschlossener Steuererhöhungen entgegenwirkt. Neben der ohnehin verfassungsrechtlich gebotenen Anpassung des Existenzminimums - sprich: Grundfreibetrag - in zwei Stufen in 2013 und 2014 um 4,4 %, das sind 350 Euro, auf dann 8 354 Euro sieht der Entwurf vor, exakt diese Anhebung auch auf den Tarifverlauf zu übertragen. Das würde eine Verschiebung des Tarifverlaufs bedeuten.
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, alle zwei Jahre eine Überprüfung im Hinblick auf den jeweils erforderlichen Anpassungsbedarf vorzunehmen. Das ist nach unserer Auffassung systematisch genau der richtige Ansatz.
Was bedeutet der Vorschlag an einem konkreten Beispiel? - Wer monatlich 2 912 Euro brutto verdient, erhält nach einer Tariferhöhung von 3 % 3 000 Euro brutto. Durch die Progression der Einkommensbesteuerung bedeutet dies allerdings weniger als 3 % Nettoerhöhung. Nach der alten Regelung erhält der Beschäftigte von der Bruttolohnsteigerung um 88 Euro nur 45,32 Euro netto, also in etwa die Hälfte. Nach den in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltenen Ände
rungen würde die Progression weniger stark ausfallen. Den Beschäftigten blieben netto 63 Euro und damit knapp 18 Euro oder 40 % mehr.
Wenn im Bereich des Steuertarifs also niemals Anpassungen vorgenommen würden, stiege die Einkommensteuerbelastung langfristig und kontinuierlich an, was aus wachstumspolitischer Sicht schädlich wäre. Die Ergebnisse der NovemberSteuerschätzung mit den prognostizierten Steuermehreinnahmen lassen den Dreiklang aus Einhaltung der Schuldenbremse, Einhaltung der Maastricht-Kriterien und Verzicht auf die inflationsbedingten Mehreinnahmen bei vollem Aufwuchs in Höhe von 6 Milliarden Euro durch die kalte Progression zu. Darüber hinaus ist es ein klares Signal im Hinblick auf die Geldwertstabilität.
Vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung auf der Ebene der Länder und Gemeinden ist es aus unserer Sicht ein fairer Vorschlag, dass der Bund im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung nach § 1 des Finanzausgleichsgesetzes die Steuermindereinnahmen trägt, die dann durch den weitergehenden Ausgleich der kalten Progression durch die vorgesehene prozentuale Anpassung des Tarifverlaufs an die Preisentwicklung anfallen. Dies betrifft ein Volumen von 1,2 Milliarden Euro ab dem Jahr 2014.
Meine Damen und Herren, aus der Sicht der CDUFraktion im Niedersächsischen Landtag gilt: Abbau der kalten Progression heißt mehr Geld im Portemonnaie für die Beschäftigten. Abbau der kalten Progression heißt mehr Steuergerechtigkeit. Abbau der kalten Progression ist ein Beitrag zur Geldwertstabilität.
Diese Gesetzesinitiative im Sinne der Interessen der Frauen und Männer, die im unteren und mittleren Einkommensbereich arbeiten, ist zu wichtig, um sie vor dem Hintergrund parteitaktischer Überlegungen zu opfern. Wir setzen auf eine breite Unterstützung in diesem Hause.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Herr Dr. Sohn, ich will es kurz machen. Sie haben richtig angeführt, dass in der Vergangenheit durch verschiedenste Interventionen des Gesetzgebers die Effekte der kalten Progression nivelliert wurden.
Aber dieser Antrag ist in die Zukunft gerichtet. Es geht um einen systematischen Ansatz dahin gehend, alle zwei Jahre die Geldentwertung und den Verlauf der Steuertariftabelle abzugleichen und das Existenzminimum entsprechend einzuregeln.
Das ist ein richtiger, auf die Zukunft gerichteter Ansatz, der auf Steuergerechtigkeit abzielt, unabhängig davon, was die Tarifpartner in Zukunft in den Tarifverhandlungen aushandeln werden.
Frau Präsidentin! Herr Klein, ich möchte mich bemühen, ein wenig Licht in Ihre infantile Desorientierung zu bringen. Mir ist aus der Zeit, als Rot-Grün auf Bundesebene auch die Verantwortung für unsere Steuergesetzgebung hatte, nicht bekannt, dass eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht wurde, die an unserem bisherigen Steuersystem mit seiner progressiven Steuerverlaufskurve und seinem Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen als schwache, irgendetwas geändert hätte. Folglich ist es auch vollkommen konsequent, dass, wenn man den Effekt der kalten Progression angehen will, starke Schultern auch stärker entlastet werden als schwache.
Und was Ihre Sorge um unsere öffentlichen Haushalte betrifft: Wir gehen auf der Basis der Steuerschätzung vom November davon aus, dass Bund, Länder und Gemeinden 99 Milliarden Euro mehr einnehmen werden, als die Steuerschätzung 2010 ausgewiesen hat. Das ist ein um 6 Milliarden Euro höheres Steueraufkommen, das nicht durch eine Steuererhöhung erzielt worden ist, sondern das der Staat mal eben so durch die Effekte aus Inflation und progressivem Steuertarifverlauf mitnimmt. Das halten wir für nicht gerechtfertigt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Klein hat im Zusammenhang mit der Debatte um diesen Tagesordnungspunkt den Fraktionen von CDU und FDP infantile Desorientierung vorgeworfen. Ich meine, die Ausführungen des Ministers auf die Einlassungen des Kollegen Klein haben in entwaffnender Art und Weise gezeigt, wie sehr ihm dieser Vorwurf in den eigenen Schoß fällt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist ein Flächenland und gut aufgestellt.
Mit VW gibt es einen Global Player, der sich auf den Weg gemacht hat, der größte Fahrzeughersteller weltweit zu werden. Wir haben bei den erneuerbaren Energien eine Spitzenstellung in Deutschland und die Technologieführerschaft beispielsweise im Bereich der Windkraft.
Dennoch wird auch in Zukunft die Ernährungsindustrie in Bezug auf die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze ein starker und krisenfester Bereich bleiben.
Gute Böden, sichere Klimabedingungen und hervorragende Ausbildung sichern eine hohe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit gerade auch auf Exportmärkten.
Die deutsche Landwirtschaft und natürlich auch die niedersächsische Landwirtschaft stellen sich den daraus resultierenden Chancen und ist dabei durchaus erfolgreich.
All das geschieht in einem gesellschaftlichen Konsens, der natürlich in mehr oder minder regelmäßigen Abständen hinterfragt wird. Natürlich ist die Frage zu stellen, wo Grenzen des Wachstums bezogen auf die Produktion zu ziehen sind. Ökonomie, Ökologie und Ethik sind in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.
Damit nähern wir uns langsam dem Kern des heutigen Entschließungsantrages der Grünen. Für Sie, Kollege Meyer, ist in der Logik Ihres Antrages die Grenze des Wachstums mit dem Überschreiten einer imaginären Grenze weg von der bäuerlichen Landwirtschaft hin zur Tierfabrik überschritten.
Das ist in meinen Augen klassische SchwarzWeiß-Malerei. Denn beide Begriffe setzen zwar ein hohes Maß an Emotionalität frei, sind aber beide nicht klar zu definieren.
Exakt 21 Mal benutzen Sie in Ihrem Antrag den Begriff „Tierfabrik“, ohne ihn zu konkretisieren.
Oder sollen wir, der Logik Ihrer Zahlen folgend, davon ausgehen, dass für die Grünen in Niedersachsen Ställe mit 29 999 Hühnern, 1 499 Schweinen oder 599 Kühen keine Tierfabriken sind? - Eine klare Aussage in dieser Hinsicht wäre schon einmal ein erster Schritt und sicherlich hilfreich.
Aufgrund des Beispiels von Bad Münder, wo die Grünen stolz darauf sind, den Bau eines 1 200erMastschweinstalls verhindert zu haben,
vermute ich allerdings, dass Sie jetzt anführen werden, dass Ihr Antrag ja noch weitere Ausschlusskriterien aufweist - als da wären: Tierschutz, Brandschutz, Gesundheitsschutz, Umwelt
schutz und als letzten Punkt, wenn denn alles abgearbeitet ist, Bürgerbeteiligung und Transparenz. Sollen doch die Nachbarn, die Dorfbewohner und über die Verbandsklage die Tierschutzverbände entscheiden, ob der geplante Stallbau noch bäuerliche Landwirtschaft ist oder nicht!
Schon 400 Mastschweine oder 20 000 Hühner, die ja unter den gleichen Stallbedingungen gehalten werden, was Fütterung und Platzangebot angeht, werden wie in Tierfabriken die Grenzen des Genehmigungsfähigen nach Ihrer Auffassung überschreiten.
Der Punkt c Ihres Antrags im Hinblick auf die Änderungen von § 35 Baugesetzbuch hilft Ihnen hier nämlich nicht; denn Sie fordern ja selbst nur Steuerungsinstrumente für die Landkreise im Hinblick auf gewerbliche Tierhaltungsanlagen. Aber ich gebe zu: Aus Sicht der Grünen ein fantastischer Antrag!
Damit können Sie in jede Wahlkampfveranstaltung, zu jeder Bürgerinitiative und in jedes Pressegespräch gehen und alles wie aus einer Schublade je nach Bedarf ziehen: Tierschutz, Ammoniak, Filter, Grundwasser, Antibiotika, Geruchsbelästigung, resistente Bakterien/MRSA, Transportverkehre, Entwicklungsländer, Profitgier von Konzernen usw. usf.
Multiple Choice für die Oppositionsarbeit! Überall können Sie nach der heutigen Abstimmung in Veranstaltungen gehen und ausweislich des Protokolls dieser öffentlichen Sitzung behaupten: CDU und FDP wollen das alles nicht und haben diesen Antrag abgelehnt.
Ab heute werden Sie sogar noch die SPD im Niedersächsischen Landtag in diese Kritik einbeziehen können.
Ich muss sagen: Das ist wirklich genial.
Man fragt sich in der Tat, wie inspirierend Opposition doch sein muss, um diese Kreativität zu entwickeln.
Mit seriöser, verantwortlicher Politik hat das allerdings offensichtlich wenig zu tun, Herr Kollege Meyer.
Wer sich in dieser Art und Weise einlässt, offenbart, dass es ihm vordringlich um eigene parteipolitische Ziele geht
und der eigentliche Inhalt des Antrags - ach ja, es geht ja um Bestandsobergrenzen in Bezug auf privilegiertes Bauen im Außenbereich - ein willkommener Anlass ist.
Wer nun meint, das sei Ablenkung von der Verantwortung: Herr Kollege Meyer, wie wir und wie auch die Vertreter der SPD - Frau Geuter hat in ihrem Redebeitrag darauf hingewiesen - haben Sie darauf hingewiesen, dass der Entwurf zur Änderung des § 35 des Baugesetzbuches auf der zuständigen Bundesebene im Moment in der Abstimmung ist und dass es dort zeitnah eine Anhörung geben wird. Unserer Aufforderung, das Ergebnis dieser Anhörung mit einzubeziehen und die Abstimmung Ihres Antrags bis dahin zurückzustellen, wollten Sie partout nicht folgen. Das sagt, so meine ich, alles.
Für die CDU-Fraktion im Landtag steht fest: Wir brauchen für unsere Bauernfamilien auch weiterhin Entwicklungsmöglichkeiten. Wir brauchen Steuerungsinstrumente im Hinblick auf Konzentration von Viehhaltung.
Wir brauchen auch weiterhin Größenordnungen in den Ställen, die die Nutzung des technischen Fortschritts ermöglichen.
Wir brauchen Politik, die Verantwortung über den Tag hinaus übernimmt. Deshalb kann man diesen Antrag hier und heute nur ablehnen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und nenne Ihnen, Herr Meyer, für die Rubrik „Beschimpfungen“ auf Ihrer Homepage noch eine plattdeutsche dazu; denn wir alle wollen ja etwas für den Erhalt der plattdeutschen Sprache tun: Dösbaddel. - Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Zusammenhang mit der Debatte um Tagesordnungspunkt 24 einen Ordnungsruf erhalten. Ich muss sagen, nach neunjähriger Parlamentszugehörigkeit hat mich dieser Ordnungsruf schon getroffen. Gleichwohl kann ich diesen Ordnungsruf angesichts dessen, dass mir die Zukunft des Plattdeutschen eine Herzensangelegenheit ist, mit meinem Gewissen vereinbaren.
Ich bitte allerdings untertänigst das Präsidium, zu prüfen, ob mein Kenntnisstand richtig ist, dass der wunderbare Begriff „Dösbaddel“, dem ich heute hoffentlich zu weitergehender Berühmtheit verholfen habe, nach Einschätzung des Ältestenrates des Deutschen Bundestages kein Schimpfwort ist.
Ich danke Ihnen.
Liebe Frau Kollegin Schröder-Ehlers, ich will nicht auf fachliche Dinge, was die Gänse betrifft, eingehen, aber auf Ihre Ausführungen zur Munition.
Es gibt die Kugel- und die Schrotmunition. Ich glaube, vielen hier im Saal ist nicht klar, dass es in einigen Bundesländern durchaus Initiativen gibt, für Kugelmunition auf alternative Stoffe zurückzugreifen. Diese Alternativen sind derzeit aber noch nicht praxistauglich, weil man z. B. noch nicht die Toxizität der Alternativmetalle kennt.
Aber, Frau Schröder-Ehlers - bitte zuhören! - beim Schrotschuss, der mit der Flinte abgegeben wird, z. B. auf den Hasen, den Fuchs oder auf das Federwild, gibt es heute, auch in den anderen Bundesländern, noch keine Alternative, die Sicherheit und tierschutzgerechtes Töten verbinden kann. Das wollte ich Ihnen heute noch mitteilen.
Liebe Kollegin Janssen-Kucz, was die EU-Vogelschutzrichtlinie angeht, gibt es keinerlei rechtliche Begründungen dafür, die Jagd in EU-Vogelschutzgebieten einzuschränken. Das ist eine rein politische Forderung, zu der man so oder so stehen kann.
Aber hier im Niedersächsischen Landtag gab es bisher eine klare Positionierung zu einer flächendeckenden Jagd. Das gilt ausdrücklich auch in EU-Vogelschutzgebieten, weil wir Prädatoren und z. B. Wildschweine im Sinne der Vögel in Vogelschutzgebieten bejagen müssen. Ansonsten würden Ihre Vogelschutzgebiete in einigen Jahren nicht wiederzuerkennen sein.
Frau Präsidentin! Angesichts des Versuchs der Oppositionsfraktionen, diesen Nord-Süd-Dialog zu skandalisieren, und vor dem Hintergrund der Informationen, die wir heute erhalten haben, dass die Landespressekonferenz - Medienvertreter, auch von Funk und Fernsehen - anwesend war, frage ich die Landesregierung, wie das Medienecho seitens der unabhängigen Berichterstattung ausgefallen ist.
Frau Kollegin Somfleth, Sie haben sehr weit ausgeholt. Sie haben von der 14. und 15. Wahlperiode gesprochen
und gesagt, wie lange Sie dieses Thema verfolgen. Ich sehe und schätze Ihren Einsatz in Bezug auf dieses Thema.
In diesem klaren, rechtsstaatlichen Verfahren wird immer wieder der Eindruck vermittelt, dass Niedersachsen neben der Einvernehmenserteilung auch
Möglichkeiten hätte, über eine Grundsatzdebatte dieses Verfahren infrage zu stellen. Deshalb möchte ich gerne ein wenig die Geschichte beanspruchen und einmal darauf hinweisen, dass wir im Jahre 2003 eine rot-grüne Bundesregierung hatten, die dieses Projekt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen hat.
Unser Stader Tageblatt, das dieses Thema über Jahre sehr intensiv begleitet, bietet auch eine sehr gute Onlinerecherchemöglichkeit. Ich habe mir vor wenigen Stunden noch einmal die Mühe gemacht, das alles herauszusuchen.
Es war Bundesverkehrsminister Tiefensee, der in diesem Verfahren die Zusage gemacht hat, dass das grundsätzliche Bedürfnis nach dieser Maßnahme noch einmal geprüft werden sollte. Diese Zusage ist aber nicht eingehalten worden.
Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Wir sollten gegenüber der Bevölkerung nicht den Eindruck erwecken, dass wir im Land Niedersachsen zu diesem Thema noch einmal eine Grundsatzdebatte führen können und dürfen. Unsere Möglichkeiten im Rahmen der Einvernehmenserteilung beziehen sich auf die Fragen der Landeskultur und der Wasserwirtschaft.
Daher sollten wir gemeinsam alles dafür tun, hier eine ordentliche und an der Sache orientierte Debatte zu führen, aber nicht Emotionen schüren und den Leuten nicht den Eindruck vermitteln, - - -
- - - dass wir ihre privaten Interessen im Verfahren wahrnehmen könnten.
Danke.
Sehr geehrter Herr Kollege Meyer, Sie haben Ihre Ausführungen hier mit dem Beispiel des Milchmarktes begonnen. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als der BDM hier in Niedersachsen sehr viel Zulauf hatte. Damals haben Sie keine Veranstaltung des BDM ausgelassen und sich sehr populistisch eingelassen. Ich habe damals in diesem Hause gesagt: Liebe Berufskollegen, passt auf! Nepper, Schlepper, Bauernfänger! - Von diesen Leuten vom BDM hören Sie heute nichts mehr, weil der Milchmarkt im Moment exzellent läuft.
Zweitens. Sie benutzen hier immer den Begriff „Massentierhalter“, ohne uns jemals in irgendeiner Form eine Erklärung schuldig geblieben zu sein, wo für Sie Massentierhaltung überhaupt einsetzt.
Wo beginnt für Sie Massentierhaltung? Wo beginnt für Sie die Lobby der Massentierhaltungsställe?
Ich will nichts weiter ausführen, was Ihr Vokabular betrifft. Mein Vorwurf in diesem Zusammenhang lautet, dass die Art und Weise, in der Sie sich politisch einlassen, in der Sie hier Fronten aufbauen, der Nährboden dafür ist, dass Leute sich im Recht
sehen, wenn sie selbst das Recht in die Hand nehmen und als Brandstifter durch die Lande ziehen und Ställe anstecken.
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass große Teile der deutschen Öffentlichkeit die Ära einer Verbraucherschutzministerin Künast mit Stichworten wie „Agrarwende“ oder „Klasse statt Masse“ in Erinnerung haben und ein ganz zentraler Bestandteil dieser Agrarwende die Reglementierung der Verschreibung und Abgabe von Antibiotika über tierärztliche Praxen an landwirtschaftliche Nutztierhalter gewesen ist, frage ich die Landesregierung, ob aus heutiger Sicht - vor dem Hintergrund dieser Zahlen von Antibiotikaeinsatz in NRW - diese Ära der deutschen Verbraucherschutzpolitik in die Rubrik „Ankündigungspolitik“ fällt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag „Artgerechte Tierhaltung in Niedersachsen voranbringen“, eingebracht durch die Linke, hat mich zunächst einmal zu der Überlegung geführt - insbesondere nach dem Lesen des Antrags -, ob wir alle uns hier im Hause vielleicht einmal vorweg darauf einigen sollten, was artgerechte Tierhaltung überhaupt ist. In diesem Antrag habe ich nämlich festgestellt, dass hier offensichtlich Unterschiede bestehen.
Laut Wikipedia ist es folgendermaßen: Artgerechte Haltung bezeichnet eine Form der Tierhaltung, die sich an den natürlichen Lebensbedingungen der Tiere orientiert und auf die artspezifischen Verhaltensweisen der Tiere Rücksicht nimmt. So versucht sie, im Gegensatz zur konventionellen Haltung, beispielsweise der Massentierhaltung, sich den Bedürfnissen der Tiere anzupassen und ihnen eine Existenz zu ermöglichen, die den angeborenen Eigenschaften und der ursprünglichen Lebensweise nahekommt. - So weit Wikipedia.
Die Formulierung „im Gegensatz zur konventionellen Haltung“ zeigt in meinen Augen die fundamentale Schwäche Ihres Antrags auf. In der Begründung zu Ihrem Antrag schreiben Sie:
„In der öffentlichen Diskussion über Tierhaltung und Tierschutz ist oft ein Schwarz-Weiß-Denken vorherrschend. Oft werden als Indikatoren für eine gute bzw. schlechte Haltung nur Bestandsgröße und Bestandsdichte herangezogen. Dies greift aber zu kurz, wie auch die Diskussionen unter Fachleuten anschaulich darstellen. Ob landwirtschaftliche Nutztiere ihrem artgemäßen Verhalten entsprechend gehalten werden, ist nur bedingt eine Frage der Größe einer Stallanlage. Vielmehr kommt dem Zusammenwirken der einzelnen Haltungsfaktoren und der arttypischen Verhaltensweisen eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt für alle Nutztiere. Jedes Tier hat spezifische Verhaltensweisen. Es steht außer Frage, dass die natürlichen Verhaltensweisen in der Nutztierhaltung per se eingeschränkt werden.“
In den weiteren Ausführungen und abgeleitet in Ihrem Forderungskatalog wird dann allerdings genau diese kritisierte Schwarzmalerei betrieben, und das diskreditiert Ihren Antrag.
Frau König, erklären Sie mir doch bitte einmal, was die artgerechte Haltung von Nutztieren in Deutschland und Niedersachsen mit dem aktuellen Dioxinskandal zu tun hat! Wir haben uns vor einem Dreivierteljahr hier im Niedersächsischen Landtag über die hohen Funde von Dioxin in Lebern von Schafen unterhalten, die an der Ems gegrast haben. Was hatten diese Schafe und die Form der Haltung - weidende Schafe auf den Deichen an der Ems - mit Dioxin zu tun?
Unserer Auffassung nach ist die Verbesserung der Haltungsbedingungen sowohl in der landwirtschaftlichen Haltung als auch in der Haltung von Zoo- und Haustieren eine Daueraufgabe, die auch aufgrund gesellschaftlicher Veränderungsprozesse eine ständige Überprüfung und Weiterentwicklung erfordert. Gesellschaftliche Akzeptanz sowie wissenschaftliche, allen voran tiermedizinische Erkenntnisse sollten dabei die Entscheidungsbasis definieren.
Hier hat es aus Niedersachsen, insbesondere aufgrund der Bedeutung des Agrarbereichs, immer wieder innovative Ansätze im Sinne einer Verbesserung der Haltungsbedingungen gegeben: Ab
schaffung der Käfighaltung bei Legehennen, reduzierte Besatzdichte bei Masthähnchen, Abschaffung der Käfighaltung in der Ferkelaufzucht plus Zugang zu Beschäftigungsmaterial, Abschaffung der Anbindehaltung bei Sauen, erhöhtes Platzangebot plus Zugang zu Beschäftigungsmaterial bei Mastschweinen, Tageslicht in der gesamten Nutztierhaltung bei Neubauten, Standards für Luftqualität usw. Alle Beispiele wurden aus der Praxis zunächst abgelehnt. Forschung und Stallbaufirmen entwickelten Alternativen; diese sind heute allgemein akzeptierter Standard.
Eine verklärte, romantische Sichtweise auf einen Bauernhof wird den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht gerecht.
Aus diesem Grund hat Ihr Antrag wenig Chancen auf eine parlamentarische Mehrheit in diesem Haus.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau König, den Zusammenhang zwischen Nutztierhaltung und Dioxinskandal herzustellen, ist ein Versuch, der im Moment insbesondere im Feuilleton und in den Medien in der Bundesrepublik Deutschland wunderbar aufgeht. Es ist der Versuch, darüber insbesondere die Art und Weise, wie wir Tierhaltung betreiben, kritisch zu hinterfragen.
Nun hat jeder Landwirt als Unternehmer die Möglichkeit, seinen eigenen Weg zu suchen, und das ist auch richtig so. Er kann es in Form von alternativer Landwirtschaft tun, er kann es in Form von konventioneller Landwirtschaft tun.
Aber mit dem Märchen, dass die Biobranche und die Biolandwirte von dem Problem Dioxin befreit sind und damit nichts zu tun haben, möchte ich doch einmal aufräumen.
Ich habe hier eine Zusammenstellung von Schlagzeilen, beginnend am 5. Mai 2010: Kreis Emsland - Dioxin in Bio-Eiern. - Ebenfalls 5. Mai: Dioxin in Bio-Eiern bereits im Februar entdeckt. - 7. Mai: Dioxin in Bio-Futter. Belasteter Mais kam seit 2009 aus der Ukraine. Europaweite Suche nach DioxinEiern. - 7. Mai: Dioxin. Mehrere Bio-Legehennenbetriebe in NRW gesperrt. - 7. Mai: SachsenAnhalt - auch hier Bio-Eier mit Dioxin entdeckt. Untersuchungen in Brandenburg. - 10. Mai: DioxinMais auch an Bio-Masthühner verfüttert. Fleisch längst verzehrt. - 19. Mai: Zu viel Dioxin. BioHühner getötet, Eier beseitigt. - 20. Dezember: PCB und Dioxine bei Freilandrindern: WESTPOLBeitrag jetzt online. Auch Bio-Rinder betroffen.
So viel zu dem Zusammenhang zwischen der Art und Weise, wie wir Tierhaltung in der Bundesrepublik Deutschland betreiben, und dem DioxinSkandal!
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich in das eigentliche Thema dieses Antrags einsteige, möchte ich etwas aus dem Redebeitrag des Landesvorsitzenden der niedersächsischen Sozialdemokraten in der Aktuellen Stunde vom Mittwoch zitieren.
Herr Lies sprach ausdrücklich davon, dass Niedersachsen das Agrarland Nummer eins sei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat mich aufhorchen lassen. In dieser Deutlichkeit habe ich die Worte, dass Niedersachsen Agrarland Nummer eins sei, aus dem Mund eines Sozialdemokraten in Niedersachsen schon seit Monaten nicht mehr vernommen.
Stattdessen drängte sich in diesem Haus immer wieder der Eindruck auf, dass die niedersächsische Agrarwirtschaft und die dazugehörige Ernährungsindustrie im Wesentlichen als politisches Profilierungsfeld beackert wurden. Von daher wäre
es sehr zu begrüßen, wenn dieser Antrag der Einstieg zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Tierschutz in der niedersächsischen Geflügelproduktion wäre.
Der von Ihnen in der Überschrift gewählte Begriff „Branche“ ist wenig hilfreich; denn die große Mehrzahl der bäuerlichen Geflügelhalter wird sich nicht mit dem Begriff „Branche“ anfreunden können. Auch die vage Vermutung, dass die Haltungsbedingungen in der Putenmast nur die Spitze grundsätzlicher Haltungsbedingungen in der Geflügelmast kennzeichnen, diffamiert alle Geflügelmäster über alle Geflügelarten hinweg.
Nein, meine Damen und Herren, wer hier vom Agrarland Nummer eins spricht, der muss wissen, dass wir eine enorme Verantwortung haben im Hinblick auf die Sicherung der Ernährung unserer Bevölkerung zu bezahlbaren Preisen, die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit aller Betriebe entlang der Wertschöpfungskette, die Sicherung aller Ressourcen im Hinblick auf Umwelt und Nachhaltigkeit und natürlich auch die Sicherung einer enorm hohen Anzahl von Arbeitsplätzen - von minder bis hoch qualifiziert - weit über die Landwirtschaft hinaus, z. B. Stallbau, Verfahrenstechnik, Anlagenbau, Forschung usw., und das alles unter der Maßgabe der Berücksichtigung des Staatsziels Tierschutz. Wer all dem auch nur annähernd gerecht werden will und das Bekenntnis zum Agrarland Nummer eins abgibt, dem sollte bewusst sein, dass Schnellschüsse dem entgegenstehen und dass hier mehr auf dem Spiel steht,
als der eine oder andere zu erfassen vermag, Herr Lies. Deshalb gilt es, eine klar strukturierte Herangehensweise abzustimmen. Tierschutzvorgaben sind über EU- und Bundesvorgaben klar und einheitlich zu definieren; denn dort bestehen die Zuständigkeiten.
Für Ware im Lebensmitteleinzelhandel muss gelten, dass es für die, die diese Standards nicht einhalten, eine eindeutige Kennzeichnungspflicht gibt. Vorgaben im Hinblick auf Tierhaltungssysteme und Tierzucht sind ebenfalls auf europäischer Ebene abzustimmen. Dies gilt umso mehr, als es keine
nennenswerten nationalen Zuchtprogramme bzw. Zuchtkapazitäten oder Genetik in Deutschland mehr gibt.