Protokoll der Sitzung vom 19.07.2012

Das kann ja mal passieren. Und wenn er sich nicht geirrt hat, dann ist es okay.

(Minister Dr. Bernd Althusmann: Ich stel- le das gleich klar! - Zuruf von der SPD)

- Nein, das gehört zum Schulbereich. Ich habe ihn gefragt. Wir verlassen uns doch aufeinander, Bernd?

(Minister Dr. Bernd Althusmann: Total! - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Frau Wanka, Sie sind unfehlbar!)

- Total! - Aber wenn ihr eine solche Angst vor dem Sockel habt, dann ist das an der Stelle natürlich herrlich.

Bildungsföderalismus. Ich will gerne darauf zurückkommen - - -

(Zuruf von der SPD)

- Nein, es ist überhaupt kein Argument weg! - Man muss auch Ideen weiterentwickeln.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Moment! Sie haben behauptet, es gebe Geld für Schulen! Es gibt aber im Moment kein Geld!)

- Für das Ganztagsprogramm z. B. sind auf jeden Fall Gelder in die Schulen geflossen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Nein, das ist verboten!)

- Ich weiß, ich weiß!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Fragen Sie mal Herrn Althusmann! Der kann Ih- nen das erklären!)

- Okay! - Dass Sie an dieser Stelle schon diskutieren, zeigt, dass es unmöglich ist - das ist jetzt strategisch wirklich wichtig -, in absehbarer Zeit unter den Ländern zu einer Verständigung in der Frage zu kommen, wie eine Weiterentwicklung des Bildungsföderalismus aussehen könnte.

Das, was die SPD betreibt, halte ich für den Wissenschaftsstandort Deutschland für gefährlich und ist verräterisch. Jahrelang wurde gesagt - - -

(Unruhe)

Entschuldigung, Frau Ministerin Wanka. Ich wollte Sie ohnehin unterbrechen, weil ein weiterer Wunsch nach einer Zusatzfrage besteht. Es ist aber ein unterschwelliges Gemurmel zu hören, sodass ich Sie kaum noch verstehen kann. Das gilt für alle Seiten hier im Hause.

Frau Ministerin Wanka, ich habe noch eine Zusatzfrage von Frau Kollegin Heiligenstadt.

Wenn einige der Damen zuhören könnten, würde ich jetzt gerne einmal erläutern, worin das Riesen

problem besteht. Das ist nämlich überhaupt nicht zum Lachen.

(Unruhe)

Aber trotz alledem. Ich unterbreche Sie erneut. Sie haben schon zu Recht darauf hingewiesen, dass wir uns besser verstehen könnten, wenn alle etwas ruhiger wären. Das gilt auch für Herrn Jüttner, auch wenn er sich nur von einer Bankreihe zur nächsten unterhält. Ich verstehe das immer sehr gut. Das ist manchmal auch mein Problem. Herrn Schminke z. B. kann man besonders gut hören, obwohl er in der letzten Reihe sitzt.

(Heiterkeit bei der CDU)

- Hier im Landtag! - Ich könnte sehr viele Ordnungsrufe verteilen. Man hört jetzt unterschwellig ein Wahnsinnsgemurmel. Sie ziehen das Ganze in die Länge. Insofern wäre es wirklich sinnvoll, jetzt Frau Ministerin Wanka zu Ende sprechen zu lassen. Ich will die Sitzung nicht verlängern. Aber Sie alle kennen unsere Geschäftsordnung. Nach § 71 Abs. 3 haben Sie alle noch einmal die Möglichkeit, sich hier vom Rednerpult aus zu melden. Das war ein kleiner Appell. - Herzlichen Dank.

Das Riesenproblem, das uns auf Dauer schädigen wird, besteht darin, dass jahrelang - das finde ich in der Politik wirklich falsch - gesagt wurde: Wir wollen eine Grundgesetzänderung, wir wollen, dass Bund und Länder im Hochschulbereich anders zusammenarbeiten und dass der Bund institutionell Einfluss auf die Hochschulen und in und an Hochschulen haben soll.

Jetzt besteht auch aufgrund der Erfahrungen im Rahmen der Föderalismusreform die Chance, dafür eine Zweidrittelmehrheit zu bekommen. Jahrelang wurde insbesondere der CDU vorgeworfen, sie wolle das nicht. Wir haben jetzt die Chance, dafür eine Zweidrittelmehrheit zu bekommen.

Plötzlich sagt man vermutlich aus wahltaktischen Gründen: Das ist zwar ganz okay, aber das wollen wir nicht beschließen, sondern wir beschließen nur, wenn das gleichzeitig auch für den Bildungsbereich beschlossen wird. - Sie können mir glauben, Frau Behrens, dass ich das an jeder Stelle, an der ich vor Wissenschaftlern rede, entlarve, weil diese Chance jetzt besteht. Ich glaube, dass man diese Chance nicht einfach wegreden kann.

Davor kann man sich auch nicht mit Scheinargumenten wegducken. Es gibt überhaupt kein Argument, diese Tür, die so weit offen ist wie noch nie, mit der einzigen Ausrede, wir müssten das zugleich für den Bildungsbereich beschließen, zuzuschlagen. Dafür gibt es keine Notwendigkeit.

Die Bedingungen im Wissenschaftsbereich und im Bildungsbereich sind unterschiedlich. Wir brauchen es ganz dringend für den Wissenschaftsbereich. Wir können es jetzt erreichen. Deswegen finde ich den ersten Punkt des Antrages sehr gut. Es wäre eine vernünftige Leistung, wenn die roten oder rotgrünen Landesregierungen im Bundesrat sagen würden: Das wollen wir, das unterstützen wir auch. - Dann hätten wir diese Frage sehr schnell zur vollen Zufriedenheit und zugunsten der Entwicklungsfähigkeit des Wissenschaftssystems geklärt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Daniela Behrens [SPD]: Das war kei- ne Exzellenz!)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin Wanka. - Ich weise daraufhin, dass die Landesregierung ihre Redezeit bereits überschritten hat. Sie haben jederzeit die Möglichkeit zu reden. Ich erteile Ihnen das Wort. Ich weise daraufhin, dass schon Wortmeldungen nach § 71 Abs. 3 vorliegen. In dem Umfang, in dem die Landesregierung die Redezeit überschreitet, werde ich weitere Redezeiten geben. - Herr Minister Althusmann, Sie haben das Wort!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jeder, der im Bereich des Föderalismus die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Frage der Bildung weiter aufweichen will, muss sich dabei grundsätzlich die Frage stellen, inwieweit er es zulassen will, dass der Bund zukünftig die Länder an die Leine seines goldenen Zügels, nämlich der Finanzen, legt. Ich finde, es muss gut bedacht werden, wie weit man die Tür für Kooperationen zwischen Bund und Ländern in Fragen der Bildungspolitik öffnen kann, ohne dabei nicht seine eigene Identität als Land aufzugeben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei genauer Betrachtung der Aufgaben eines Landesparlamentes wird sehr oft sehr schnell deutlich, dass gerade die Bildungsaufgaben im Hochschul-

wie im Schulbereich neben vielen anderen die Kernaufgaben eines Landes darstellen. Wir kommen also bei dieser Debatte sehr schnell in eine grundsätzliche Auseinandersetzung über den Föderalismus in Deutschland. Von daher muss jeder, der diese Debatte durch einen Antrag oder in welcher Form auch immer eröffnen will, als verantwortlicher Landespolitiker diesen Aspekt meines Erachtens immer im Blick haben.

Darüber hinaus, Frau Dr. Andretta, habe ich der Ministerin Wanka auf Ihre Einlassung - Sie haben nämlich gesagt, wir täten nichts in Sachen Inklusion und Ganztagsschulen usw. - zugeraunt: Wir investieren in Niedersachsen in den nächsten Jahren immerhin 45 Millionen Euro niedersächsisches Landesgeld in die Inklusion und derzeit 95 Millionen Euro jährlich in die Ganztagsschulen. Es handelt sich hierbei nicht um Gelder des Bundes. Das ist offensichtlich ein Missverständnis gewesen. Aber mit der grundsätzlichen Bemerkung hat Frau Ministerin Wanka völlig recht: Der Bund hat bereits in der Vergangenheit - und er finanziert auch heute - indirekt im Schulbereich finanziert. Immerhin hat der Bund den Ländern im Rahmen des IZBBProgramms 4 Milliarden Euro zum Ausbau der Ganztagsschulen zur Verfügung gestellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Davon hat Niedersachsen mit 400 Millionen Euro profitiert.

Der Bund finanziert zurzeit ca. 300 Stellen an niedersächsischen Kindertagesstätten mit immerhin 25 000 Euro pro Stelle, um Brennpunktkindertagesstätten im Bereich der Migration und der gesellschaftlichen Probleme zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Bund finanziert bereits heute trotz des Kooperationsverbots - es ist wahr, dieser Begriff „Kooperationsverbot“ ist in sich widersprüchlich; Kooperation ist etwas positiv Besetztes; sich das zu verbieten, erschließt sich normal denkenden Menschen vielleicht nicht unmittelbar; dahinter stecken aber natürlich eine Idee und ein Grundsatz, die man nicht so schnell über Bord werfen kann - die sogenannten Berufseinstiegsprogramme bei uns in Niedersachsen. Davon profitieren etwa 100 Schulen im Rahmen der Vorbereitung auf den Beruf. Die Schulen erhalten entsprechende Zahlungen des Bundes, um Schülerinnen und Schülern den Übergang in eine Ausbildung zu erleichtern.

Insofern können wir heute schon, trotz Kooperationsverbots, darauf verweisen, dass es genügend

Möglichkeiten gibt, mit dem Bund eine Vereinbarung dahin gehend zu treffen, an welcher Stelle konkret eine gemeinsame Finanzierung möglich ist. Das ist schon heute so, und dabei sollte es auch bleiben.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Heiligenstadt von der SPD-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Sie haben fünf Minuten. Wundern Sie sich nicht, die Redezeitüberschreitung der Landesregierung wird anteilig aufgeteilt. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Da Frau Ministerin Wanka die Zwischenfrage leider nicht zugelassen hat, will ich die zusätzliche Redezeit nutzen, um mit ein paar Punkten aufzuräumen, die sie völlig falsch und aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt hat, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Erstens stelle ich fest: Die Ganztagsschulmittel sind Mittel der rot-grünen Regierung Schröder und Edelgard Bulmahn. Meine Damen und Herren, Sie haben nicht einen Cent dazubezahlt!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)