Der nächste, 47. Tagungsabschnitt ist vom 26. bis 28. September vorgesehen. Der Präsident wird dazu einladen.
In seinem am 16. Mai 2012 vorgelegten Jahresbericht 2012 weist der Landesrechnungshof erneut auf „unzulässige Vertragsgestaltungen mit außerschulischen Fachkräften“ hin. Danach sind „knapp 90 % der von den Honorarkräften wahrzunehmenden Aufgaben - entsprechend der Klassifizierung des Kultusministeriums - als unterrichtsnahe Tätigkeiten zu werten“, für die jedoch Honorarverhältnisse unzulässig seien. „Honorarkräfte, die derartige Tätigkeiten ausüben“, so der Landesrechnungshof, „haben Anspruch auf tarifgerechte Bezahlung und sind sozialversicherungspflichtig. Außerdem ist Lohnsteuer abzuführen.“ Nach der Modellrechnung des Landesrechnungshofes droht dem Land wegen der unzulässigen Beschäftigung von Honorarkräften in Schulen ein Haushaltsrisiko von rund 2,3 Millionen Euro. Der Landesrechnungshof erklärt, nach seinen Erkenntnissen sei „die Prüfung der Verträge durch die Landesschulbehörde (…) unvollständig und fehlerhaft.“ Und in seinem Fazit stellt der Landesrechnungshof fest: „Die fehlerhafte Vertragspraxis setzt sich auch nach Überprüfung durch die Landesschulbehörde nahezu unverändert fort und kann zu nicht abschätzbaren rechtlichen Konsequenzen für das Land führen.“
Einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 9. Juni 2012 zufolge sind die Gespräche zwischen dem Kultusministerium und der Deutschen Rentenversicherung über Nachzahlungen für außerschulische Honorarkräfte im Ganztagsangebot der Schulen gescheitert, nachdem für diese Kräfte vom Land keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden waren. Danach müssten nun rund 23 000 Honorarverträge, die in den Jahren von 2002 bis 2010 an den Schulen in Niedersachsen geschlossen wurden, von der Deutschen Rentenversicherung im Detail überprüft werden. Das Ergebnis werde vermutlich erst nach der Landtagswahl im kommenden Jahr vorliegen. Dann aber könnten nach Auskunft des Vorsitzenden der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Horst Fricke, auf das Land Nachzahlungen in Höhe von 18 Millionen Euro zukommen.
1. Wann wird die Landesregierung Konsequenzen aus den Hinweisen des Landesrechnungshofes und der Deutschen Rentenversicherung ziehen und den Abschluss unzulässiger Honorarverträge an den Schulen wirksam unterbinden?
2. Aus welchen Gründen sind die Gespräche zwischen dem Kultusministerium und der Deutschen Rentenversicherung über die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für an niedersächsischen Schulen beschäftigte Honorarkräfte gescheitert?
3. Welche finanzielle Vorsorge trifft die Landesregierung für den Fall, dass auf das Land tatsächlich Nachzahlungen in Höhe von rund 18 Millionen Euro zukommen sollten?
In dem Denkschriftbeitrag „Unzulässige Vertragsgestaltungen mit außerschulischen Fachkräften“ aus dem Jahresbericht 2012 des Niedersächsischen Landesrechnungshofs legt dieser seine Auffassung dar, dass knapp 90 % der von den Honorarkräften wahrzunehmenden Aufgaben als unterrichtsnahe Tätigkeiten zu werten seien. Im Weiteren stellt er dar, dass diese Angebote als abhängige Beschäftigung zu betrachten und damit sozialversicherungspflichtig wären.
Dieser Auffassung ist deutlich zu widersprechen. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass alle Angebote in der Ganztagsschule, die als Arbeitsgemeinschaft - kurz: AG - bezeichnet werden, auch als unterrichtsbezogen zu werten sind. Zum Beleg für die Annahme des Niedersächsischen Landesrechnungshofs wird ein Aspekt aus dem Schreiben des Kultusministeriums an die Deutsche Rentenversicherung vom 7. August 2008 angeführt, wonach Arbeitsgemeinschaften als Teil der Stundentafel dem Unterricht zuzuordnen sind. Bei dieser Argumentation wird aber übersehen, dass der Titel „Arbeitsgemeinschaft“ allein keinen ausreichenden Beleg für ein eng unterrichtsbezogenes Angebot darstellt. Auch unterrichtsferne Angebote werden im Schulalltag als AG bezeichnet, da dies - im schulischen Bereich - ein traditioneller Begriff für Angebote ist, die nicht explizit Unterricht sind. Der sich in der Stundentafel wiederfindende Begriff „Arbeitsgemeinschaft“ hat diese traditionelle Prägung, als Terminus für ein ohne curriculare Vorgaben und ohne Notengebung durchgeführtes Angebot, für das Lehrerstunden zur Verfügung stehen.
Die vom Kultusministerium und der Niedersächsischen Landesschulbehörde entwickelten Abgrenzungskriterien, die der seit Anfang 2011 flächendeckenden Überprüfung der Honorarverträge an den niedersächsischen Ganztagsschulen zugrun
de liegen und in den regelmäßig erneuerten Handreichungen für die Schulen zum Ausdruck kommen, haben zu der bekannten Quote von zunächst ca. 25 % auf Arbeitsverträge umzustellender Honorarverträge geführt. Die Richtigkeit der Kriterien ist uns in dem unabhängigen Rechtsgutachten der Kanzlei Gleiss Lutz, Berlin, auch bestätigt worden. Die Niedersächsische Landesschulbehörde berät die Schulen und prüft die Arbeitsverträge auf dieser rechtlichen Basis. Aufgrund der Beratung und Prüfung durch die Niedersächsische Landesschulbehörde ist davon auszugehen, dass an den Schulen rechtlich gesicherte Verhältnisse herrschen.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:
Zu 1: Seit Anfang 2011 sind die Maßnahmen, die das Kultusministerium ergriffen hat, hier im Landtag immer wieder vorgestellt und erörtert worden. Letztlich hat sich gezeigt, dass das Instrument des Honorarvertrages bei korrekter rechtlicher Anwendung sowohl für die Schulen als auch für viele Vertragspartner weiterhin ein sinnvolles Instrument zur Ausgestaltung der vielfältigen Ganztagsangebote an den niedersächsischen Schulen darstellt.
Wie Ihnen bekannt ist, habe ich inzwischen entschieden, die Schulen in der Zukunft im Bereich des Personalmanagements wesentlich zu entlasten. Die Personalsachbearbeitung im Ganztagsbereich wird in der Zukunft in der Niedersächsischen Landesschulbehörde zentral durchgeführt. Dies wird zu einem umfassenden Überblick über die gesamten Vertragskonstellationen in den Schulen führen, eine noch weiter erhöhte Rechtssicherheit beim Abschluss der Verträge erzeugen, die Führungskräfte in den Schulen von der operativen Personalsachbearbeitung befreien und ihnen damit Freiräume für ihre Kernaufgaben geben. Es werden bereits Prüf- und Beratungsteams in der Niedersächsischen Landesschulbehörde eingerichtet, welche in den Schulen die Umsetzung der abgeschlossenen Verträge prüfen, eventuell Hinweise zur Korrektur der Praxis geben und auch die Umsetzung der Hinweise wiederum überprüfen. Die Prüfungen in den Schulen werden auch auf die Verwendung der den Schulen zur Verfügung stehenden Mittel ausgeweitet werden. Es haben sich der enge Zusammenhang zwischen der Vertragsgestaltung im Personalbereich und der Nutzung der Haushaltsmittel und damit die Notwendigkeit einer komplexen Prüfung gezeigt.
Hier werden die Hinweise des Niedersächsischen Landesrechnungshofs, die er als Ergebnis seiner Prüfung formuliert hat, aufgegriffen. Insofern bin ich mit dem Niedersächsischen Landesrechnungshofs - wenn auch Differenzen bei der rechtlichen Beurteilung bestehen - hinsichtlich der zu ergreifenden Konsequenzen einig.
Zu 2: Der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ist im Jahr 2011 vom Kultusministerium ein aus meiner Sicht sehr vernünftiger Verfahrensvorschlag zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen für Verträge im Ganztagsbereich gemacht worden. Diesem Vorschlag mochte die DRV nicht folgen.
Stattdessen wurde vereinbart, dass seitens der DRV im ersten Quartal 2012 eine Stichprobe vorgenommen wird, um über eine Bildung von Kategorien zu einer unter Umständen vereinfachten Abwicklung zu kommen. An 91 Schulen im Wesentlichen in der Region Hannover mit ca. 2 300 Verträgen wurden Fragebögen an die Honorarkräfte verteilt mit einer Rücklaufquote von ca. 80 %. Dazu lagen die Verträge sowie die Zahlungsdaten vor. Für eine Schule lagen auch durch die Zollverwaltung durchgeführte Zeugenvernehmungen vor.
Nach den exemplarischen Prüfungen der DRV wurden drei Kategorien von Verträgen ermittelt: Unterricht, Betreuung und AGs. Hinsichtlich der Kategorien Unterricht und Betreuung besteht Einigkeit, dass es sich um sozialversicherungspflichtige Vertragsverhältnisse handelt, da eine abhängige Beschäftigung vorliegt (im Falle des Unter- richts wegen § 50 Abs. 2 NSchG sogar vorliegen muss).
Im Falle der Arbeitsgemeinschaften ist aber ein deutlicher Dissens zutage getreten. Eine Differenzierung zwischen unterrichtsbezogenen AGs und unterrichtsfernen Ganztagsangeboten lässt die DRV als Ergebnis ihrer Prüfungen nicht gelten. Vielmehr stellt man darauf ab, dass auch bei außerunterrichtlichen Ganztagsangeboten, die nach eigenem Konzept, ohne Abstimmung mit Lehrkräften, ohne Weiterführung von Unterrichtsangeboten, ohne Einfluss auf Notengebung und weisungsfrei durchgeführt werden, die „sinnvolle Betreuung“ der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund stehe. Da zudem die Anwesenheit der Schülerinnen und Schüler überwacht werde, spreche dies für eine Einbindung in den Schulbetrieb und damit für eine Arbeitnehmereigenschaft.
„Für die Abgrenzung, ob eine Lehrkraft Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter ist, kommt es nach der Rechtsprechung des BAG daher darauf an, ‚wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mit gestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann.’“
Wenn dies nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits für Lehrkräfte gelten kann, muss dies für die unterrichtsfernen Angebote im Ganztag erst recht gelten. Auch weitere Kriterien wie die grundsätzliche Freiwilligkeit der Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an den Ganztagsangeboten spielen arbeitsrechtlich eine Rolle, werden von der DRV in ihrer Argumentation aber ausgeblendet.
Würde das Land der irrigen Rechtsauffassung der DRV folgen, so würde das Land in zahlreichen Fällen Zahlungen ohne einen Rechtsgrund leisten und sich damit gesetzeswidrig verhalten. Der DRV musste folglich deutlich gemacht werden, dass auf eine Einzelfallprüfung der Honorarverträge für den Prüfungszeitraum nicht verzichtet werden kann. Dies gäbe dann auch die Möglichkeit, in streitigen Einzelfällen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Zu 3: Auf der Grundlage der oben dargestellten Stichprobe hat die DRV eine Hochrechnung für die aus Ihrer Sicht nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge erstellt. Es wird angenommen, dass 13,1 Millionen Euro nachzuzahlen sind nebst 5,05 Millionen Euro Säumniszuschläge. Dies ergibt die in der Öffentlichkeit genannte Summe von ca. 18 Millionen Euro.
Diese Prognose basiert jedoch auf den rechtlichen Einschätzungen der DRV. Die rechtliche Sichtweise des Kultusministeriums habe ich bereits dargelegt. In unserer Auffassung werden wir nicht nur durch das eingeholte neutrale Rechtsgutachten gestützt. Vielmehr hat der Niedersächsische Landesrechnungshof in seinem oben genannten Denkschriftbeitrag ausgeführt:
„Nach einer am 26. November 2011 im Ausschuss für Haushalt und Finanzen des Landtages vorgestellten Modellrechnung des Niedersächsischen Landesrechnungshofs für alle Ganztagsschulen droht dem Land wegen der unzulässigen Beschäftigung von Honorarkräften ein Haushaltsrisiko von rund 2,3 Millionen Euro.“
Für die zu erwartenden Zahlungen in Höhe des seitens des Landes ermittelten Risikos stehen Budgetmittel zur Verfügung. Jede darüber hinausgehende Summe ist spekulativ, daher kann wegen mangelnder Etatreife auch keine Veranschlagung erfolgen.
des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 3 des Abg. Patrick-Marc Humke (LINKE)
Was unternimmt die Landesregierung zur Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze, des Arbeitszeitgesetzes und gegen den Verdacht eines Sozialversicherungs- und Steuerbetruges im Zusammenhang mit den Geschäftspraktiken der EDEKA-Tochter Netto in Filialen in Niedersachsen?
Unter anderem durch regionale und überregionale Medienberichte im TV, Rundfunk und Zeitungen ist bekannt geworden, dass die Arbeitsbedingungen der beschäftigten Frauen und Männer der EDEKA-Tochter Netto vor allem in Südniedersachsen und in der Stadt Göttingen schlecht sind. Die nachweisliche Nichteinhaltung geltender Arbeitsschutzgesetze, des Arbeitszeitgesetzes, der missbräuchliche Arbeitseinsatz von Auszubildenden (Azubi) , Lohndumping, prekäre Beschäftigung, Arbeitsverdichtung, unbezahlte Überstunden seien danach nur einige der Entwicklungen zulasten der Beschäftigten durch die Netto-Geschäftsleitung.
Diese Geschäftspraktiken trugen dazu bei, dass sich viele Beschäftigte gewerkschaftlich organisierten, der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di beitraten und Vertrauensleute wählten. Die Anliegen der Beschäftigten wurden vonseiten von Politikerinnen und Politikern einiger Parteien unterstützt. Sie stellten sich u. a. als Patinnen und Paten verschiedener Netto-Filialen zur Verfügung.
nen gewählte gewerkschaftliche Vertrauensleute arbeiteten. Es ist zu einem Abbau von Arbeitsplätzen gekommen, und die Nahversorgungssituation ist in bestimmten Bereichen deutlich verschlechtert worden.
Nach Auskunft der Gewerbeaufsichtsämter können aus Personal- und Kapazitätsgründen keine Kontrollen für die Einhaltung bestehender Arbeitnehmerrechte durchgeführt werden. Dieses könne nur nach einer Aufforderung übergeordneter Behörden oder der Landesregierung geschehen. Darüber hinaus würden Azubis nachweislich im ersten und zweiten Ausbildungsjahr als Marktleiter eingesetzt. Berufsschulen wie die Göttinger BBS I hätten sich bei Netto bereits darüber beschwert, dass die Azubis nicht am Berufsschulunterricht teilnähmen, weil sie andere Aufgaben in den Filialen zu übernehmen hätten. Von Netto vorausgesetzte und unentgeltliche Vor- und Nacharbeiten in den Filialen gehen zum einen zulasten der Freizeit der Beschäftigten und zum anderen zulasten der Sozialversicherungsträger und der Finanzämter, denen Einnahmen in spürbarem Maße verloren gingen.
1. Wird die Landesregierung die Gewerbeaufsichtsämter auffordern, Filialen von Einzelhandelsdiscountern zu kontrollieren, deren Geschäftsleitungen Arbeitnehmerrechte wie die Arbeitsschutzgesetze und das Arbeitszeitgesetz missachten, und gegebenenfalls in welcher Weise?