Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

radikaler Sparkurs bei den Sozialausgaben oder in der Bildungspolitik.

(Heinz Rolfes [CDU]: Unglaublich! Je- der sieht, dass es anders ist!)

Dazu wird es aber Gott sei Dank nicht kommen. Ab 2013 wird es hier im Land eine verantwortliche und nachhaltige Finanzpolitik geben,

(Heinz Rolfes [CDU]: Das Pfeifen im Walde!)

aber mit einer klaren Prioritätensetzung bei zentralen Aufgaben, vor allem in der Bildung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Sie müssen sich wieder Mut zusprechen!)

Meine Damen und Herren, auch wir werden Ausgaben reduzieren.

(Wo denn? bei der CDU und bei der FDP)

Aber wir werden auch die Einnahmen steigern, und wir werden zu Strukturreformen zwischen Bund und Ländern kommen, denen Sie sich jahrelang verweigert haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden so rasch wie möglich keine weiteren Schulden aufnehmen. Aber ob das im Jahr 2017, 2018 oder 2019 sein wird, das hängt von konkreten Rahmenbedingungen ab.

(Lachen bei der CDU)

Genau das, meine Damen und Herren von CDU und FDP, sagen auch die klugen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzministeriums. Das steht nämlich genau so in der Mittelfristigen Planung.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist eben falsch!)

Meine Damen und Herren, auf diesem Weg hin zu einem verantwortungsbewussten finanziellen Handeln in Niedersachsen werden wir alle Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Wir werden alle Vereine, Verbände, Institutionen und Unternehmen auf diesem Weg mitnehmen. Wir werden konsolidieren, ja. Aber unsere Sozial- und Bildungsstandards werden wir nicht kaputtsparen.

Vielen Dank.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Klein zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erklärtermaßen soll das Thema Schuldenbremse auf Wunsch von CDU und FDP ein zentrales Wahlkampfthema werden. Wir müssen wohl davon ausgehen, dass das Drehbuch dafür schon seit Längerem geschrieben ist. In den Hauptrollen hätten CDU und FDP gerne die beiden Ms - McAllister und Möllring - als edle Schuldentöter in strahlender Rüstung, natürlich mit ihren beiden Knappen Dürr und Bode. Für die Opposition, meine Damen und Herren, haben Sie natürlich die Schurkenrollen vorgesehen,

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Passt! - Heinz Rolfes [CDU]: Dabei ist doch Klein nur ein kleiner Schurke!)

die Rollen von Schurken, die das schöne Niedersachsen in einem Schuldensumpf ersticken möchten.

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])

Deswegen, Herr Kollege Nacke, war natürlich wirklich nicht zu erwarten, dass ein - durchaus naheliegender - Kompromiss in diesen Verhandlungen tatsächlich zu einer Einigung geführt hätte. Dann hätten nämlich CDU und FDP dieses Stück von ihrem Spielplan streichen müssen. Welches Thema bliebe ihnen dann noch für den Wahlkampf? - Also müssen wir dieses Theater mitspielen, allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, nicht nach Ihrem Drehbuch und nicht mit Ihrer Besetzungsliste.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Unsere Rolle schreiben wir uns schon selbst, und wir lassen sie auch nicht von Ihnen interpretieren. Deswegen möchte ich die Position der GrünenLandtagsfraktion noch einmal ganz deutlich darstellen.

Erstens. Wir befürworten die Schuldenbremse im Grundgesetz und wollen diese Schuldenbremse auch in Niedersachsen verankern.

Zweitens. Wir wollen die Nettoneuverschuldung so früh wie möglich auf null absenken. Wir müssen das spätestens bis Ende 2019 tun.

Drittens. Wir wollen dazu einen kontinuierlichen Abbaupfad einhalten, kontinuierlich und möglich gleichmäßig, und planen keinen unrealistischen Sturzflug.

Viertens. Uns genügt eine Nettokreditaufnahme von null nicht. Wir wollen die strukturellen Einnahmen mit den strukturellen Ausgaben ausgleichen, d. h. ohne einmalige Vermögensveräußerungen, Schattenhaushalte und andere Haushaltstricks auskommen.

Fünftens. Wir wollen den Kommunen eine aufgabengerechte finanzielle Mindestausstattung zugestehen und mit der Streichung des Leistungsvorbehalts im Verfassungstext die Verteilungssymmetrie ergänzen. Wir wollen das auch, wenn es heute nur zu einer einfachgesetzlichen Schuldenbremse kommt. Daher unser Hilfsantrag.

Alle diesen klaren Aussagen entgegenstehenden Behauptungen von politischen Mitbewerbern in diesem Hause sind böswillig falsch und haben mit einem fairen Wahlkampf nichts zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu unserer vollständigen Position gehören neben den genannten fünf Punkten, die wir wollen, auch noch zwei Punkte, die wir nicht wollen:

Erstens. Aus Achtung und Respekt vor dem Verfassungsrecht, aus verfassungshygienischen Gründen sozusagen, wollen wir keine absoluten Zahlen, die lediglich auf einer unsicheren Prognose beruhen, in die Niedersächsische Verfassung schreiben. Meine Damen und Herren, die Niedersächsische Verfassung ist kein Ministerialerlass, der jedes Detail regelt und alle paar Wochen nach Bedarf geändert werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Zweitens - das richtet sich an unsere Kolleginnen und Kollegen von der SPD - wollen wir auch, dass die finanziellen Auswirkungen von Bundesgesetzen auf die Länder nicht mit Konjunktureinbrüchen und Naturkatastrophen gleichgesetzt werden. Wir sehen deshalb keine Ausnahme von der Schuldenbremse vor.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Sehr richtig!)

Eine solche Regelung wäre durch das Grundgesetz nicht gedeckt und angesichts der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung auch sachlich nicht vermittelbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diese sieben Punkte bilden das Rückgrat unseres Vorschlages für eine niedersächsische Schuldenbremse, wie wir sie in unserem Änderungsvorschlag zur Landeshaushaltsordnung vorgeschlagen haben. Es sind die sieben Kriterien, die zu unserer Ablehnung der schwarz-gelben Anträge führen, aber eben auch zur Ablehnung der SPD-Vorschläge und der Klageinitiative der Linken. Das entscheidende Einigungshindernis ist der Abbaupfad für die Nettoneuverschuldung in der Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten der Regelung im Grundgesetz im Jahre 2020.

CDU und FDP begründen ihren Vorschlag mit den Ergebnissen der neuen Mipla. Ich will noch einmal betonen: Eine Mipla ist eine Planungsgrundlage mit prognostizierten Zahlen, die jährlich fortgeschrieben und geändert werden. Sie basiert auf Annahmen, z. B. auf der Annahme, dass sich die wirtschaftliche Konjunktur mit dem gleichen Wachstum wie bisher fortsetzt und damit die Steuereinnahmen im gleichen Umfang wie in den letzten drei Jahren steigen. Sie basiert ferner auf der Annahme, dass die Eurokrise keinen weiteren Einfluss auf unsere Wirtschaft hat, sowie auf der Annahme, dass die Zinsen und die Personalkostensteigerungen so niedrig bleiben wie bisher. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, meine Damen und Herren, und den wirtschaftswissenschaftlichen Lehren, aber auch den ganz aktuellen Daten, die wir haben, dass sich all diese Annahmen in den nächsten Jahren bewahrheiten werden; im Gegenteil.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Trotzdem will Schwarz-Gelb diese Planungszahlen in die Verfassung schreiben. Meine Damen und Herren, das ist borniert und wird in keinem anderen Land dieser Republik so gemacht. Eine einfache Lösung haben SPD, Grüne und FDP in Hamburg in dieser Frage gefunden. Wir haben uns ebenfalls für diesen Vorschlag entschieden. Ich zitiere aus unserem § 19:

„Ab dem Haushaltsjahr 2013 sind die jährlichen Haushaltspläne so aufzustellen, dass ein kontinuierlicher, mög

lichst gleichmäßiger Abbau des strukturellen Defizits vorgesehen wird.“

Ich finde, das ist ein sehr guter Kompromiss, dem auch Schwarz-Gelb ohne Gesichtsverlust hätte zustimmen können. Aber, wie gesagt, das Drehbuch hat das eben so nicht vorgesehen.

Im Übrigen hat diese Inszenierung ja auch ein bisschen was von einem Gewohnheitsverbrecher, der im Gefängnis Krimis schreibt. Schwarz-Gelb hat in den zu Ende gehenden zehn Regierungsjahren jedes Jahr im Durchschnitt 2 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, und das zusätzlich zu erheblichen Veräußerungen von Landesvermögen, zusätzlich zu Schulden, die in Schattenhaushalte ausgelagert wurden, zusätzlich zur Plünderung von Rücklagen und meist zusätzlich zu steigenden Steuereinnahmen.

(Jens Nacke [CDU]: Haben Sie uns gerade mit Verbrechern verglichen?)

Ein letzter Satz!

Ein letzter Satz. - Wie kommen Sie eigentlich dazu, sich hier die Rolle der furcht- und kompromisslosen Schuldenkämpfer anzumaßen? - Diese Rolle kann bislang keine politische Partei für sich beanspruchen und,

(Elisabeth Heister-Neumann [CDU]: Einer muss ja mal anfangen!)