Protokoll der Sitzung vom 07.11.2012

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Der nächste Beitrag kommt von dem Kollegen Focke für die CDU-Fraktion. Sie haben das Wort, Herr Focke.

(Roland Riese [FDP]: Aus gleichstel- lungspolitischen Gründen ein Spre- cher!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz wurde 2010 novelliert. Die Erfolge sind heute schon sichtbar. Wir wollen, dass das bestehende Gesetz vor Ort seine volle Wirkung entfaltet. Deswegen halten wir Aktionismus

zum jetzigen Zeitpunkt an dieser Stelle für nicht angebracht, meine Damen und Herren. Das nennt man Verlässlichkeit, und das ist klug, Frau Groskurt.

((Zustimmung bei der CDU - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Wenn man etwas falsch macht, muss man das ein paar Jahre durchhalten, oder wie?)

Im dem Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes finden sich viele neue Verpflichtungen für alle Behörden, Dienststellen, Kammern, Anstalten, Stiftungen und sonstige Körperschaften.

Herr Kollege Focke, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Sohn?

Nein, lassen Sie mich zu Ende vortragen. Sie können ja eine Kurzintervention machen, Herr Sohn.

Ich habe mich gefragt: Warum diese Verpflichtungen? - Weil Sie der öffentlichen Verwaltung die Umsetzung der Gleichstellung unter dem jetzigen gesetzlichen Rahmen anscheinend nicht zutrauen. Ich aber finde, dass man der öffentlichen Verwaltung diesen Vorwurf nicht machen kann. Ich habe sie nämlich anders kennengelernt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe mich weiter gefragt, warum Sie von der SPD so vehement hinter massiven Verschärfungen des Gesetzes her sind. Ich habe da eine Vermutung.

(Lachen bei der SPD und bei der LINKEN)

Verehrte Frau Groskurt, Sie sind eine Überzeugungstäterin. Ich nehme Ihnen Ihr Engagement für die Gleichstellung von Mann und Frau uneingeschränkt ab. Das Gleiche nehme ich natürlich auch für unsere Sozialpolitikerinnen und -politiker von CDU und FDP in Anspruch. Aber, meine Damen und Herren, wir sollten hier im Landtag keine gesetzliche Verschärfungen beschließen, die sich aus Ihrer großen Enttäuschung über die Gleichstellungspolitik des Oberbürgermeisters in Hannover, Stephan Weil, ergeben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der SPD)

Sogar die Zeitung hat schon darüber geschrieben. Am 11. Juni dieses Jahres hieß es in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: „Keine einzige Frau an der Spitze“.

(Roland Riese [FDP]: Ach nee!)

Und weiter bei einem Vergleich der Landeshauptstädte: „Den traurigen Schlussplatz aber besetzt Hannover: null Prozent.“

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie sieht es denn bei Ihnen aus?)

Erst gestern, am 6. November, schrieb die Hannoversche Allgemeine Zeitung: Frauenquote wieder blamabel - sogar noch eine Verschlechterung zum Vorjahr.

(Roland Riese [FDP]: Das kann doch nicht sein!)

Meine Damen und Herren, bei Ihnen klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Sie sollten zunächst in Ihren eigenen Reihen für eine vernünftige Gleichstellung von Mann und Frau sorgen.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber es passt andererseits ja auch ins Bild - so muss man es sagen. Dazu will ich noch ein Zitat von Gerhard Schröder von 1998 nennen.

(Johanne Modder [SPD]: Oh! Das ist aber schön!)

Als er Bundeskanzler wurde, sagte er, Frau Bergmann ist zuständig „für Frauen und das ganze andere Gedöns“.

Meine Damen und Herren, das geltende Gesetz ist erst zwei Jahre in Kraft. Es wirkt und wird in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere auch auf kommunaler Ebene - jeder von uns, der in einem Kommunalparlament sitzt, weiß das -, engagiert umgesetzt. Dies ist den Akteuren in der Verwaltung geschuldet, die sich im Rahmen des vernünftigen und ausgewogenen Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes für eine faire und nachhaltige Gleichstellung einsetzen.

Die Zahlen, die Sie in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf nennen, sind aus dem Untersuchungszeitraum von 2003 bis 2007, also mehr als fünf Jahre alt. Da gab es die Novellierung noch gar nicht; sie kann also noch nicht berücksichtigt worden sein. Wir werden sicherlich zu gegebener Zeit eine Untersuchung des aktuellen Zeitraums vornehmen. Wir wollen, dass die öffentlichen Verwal

tungen in Niedersachsen mit dem bestehenden Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz den Prozess der Gleichstellung behutsam organisieren, planen und durchführen können. Ruhe vor Sorgfalt!

Lassen Sie mich abschließend sagen, meine Damen und Herren: Die Gleichstellung von Mann und Frau ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir alle sind uns dieser Verantwortung bewusst. Ich hoffe, dass man sich dessen auch in Ihren Reihen bewusst ist und dass die Zeiten von Sprüchen über Frauen und Gedöns vorbei sind. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab und bleiben bei dem geltenden Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Möglichkeit einer Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Focke möchte nun Frau Groskurt nutzen. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön, Frau Groskurt!

Danke schön, Herr Präsident. - Herr Focke, Sie haben mich sehr enttäuscht: So jung an Jahren und doch so alt im Denken!

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Das lässt nur Schlimmes erwarten. Sie haben das uralte Zitat von Herrn Schröder herausgeholt. Das müssen Sie nachgelesen haben, das können Sie aus eigenem Erleben gar nicht kennen.

(Zustimmung bei der SPD - Norbert Böhlke [CDU]: Das hat uns Frau Schröder-Köpf erzählt!)

Wir als SPD-Fraktion haben damals unserem eigenen Kanzler die Meinung gesagt und ihm gesagt, dass man eine solche Aussage nicht öffentlich bzw. überhaupt nicht machen kann. Das haben wir schon selbst geregelt. Darauf brauchen Sie nicht einzugehen.

Auch über das Thema der Frauenquote in Hannover haben wir schon im letzten Plenum diskutiert, Herr Focke. Da habe ich Ihnen erklärt, dass Sie bitte die Region Hannover und die Stadt Hannover auseinanderhalten sollten. Fragen Sie Herrn Toepffer, der kennt sich in dieser Ecke aus. Er wird Sie vielleicht darüber aufklären, dass die Stadt

Hannover in der Führungsspitze mehr Frauen als andere Städte hat und dass sich die Pressemitteilung der HAZ auf die Region bezog. Bitte informieren Sie sich bei Ihrem Kollegen, dem glauben Sie vielleicht mehr als mir.

Sie haben darauf verwiesen, dass wir alte Zahlen genannt hätten. Wir haben eine Kleine Anfrage dazu gestellt, wie sich die Frauenquote bei Führungspositionen in der Landesverwaltung und in den Ministerien entwickelt hat: Es gibt eine Steigerung von 0,7 %. Darauf können wir uns wirklich nicht ausruhen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Herr Kollege Focke möchte antworten. Sie haben nun die Gelegenheit dazu. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte!

Frau Groskurt, 1998 habe ich schon Wahlkampf gemacht. Aber ich danke Ihnen, dass Sie mich so jung schätzen, das ist ja ein Kompliment.

Ich kann Ihnen sagen: Damals, als dieser Spruch gefallen ist, waren viele empört, auch bei uns in der Jungen Union. Wenn das Ihre Politik ist und Sie immer noch nicht damit aufgeräumt haben - - -

(Zurufe von der SPD - Glocke des Präsidenten)

- Ich weiß, Ihre Empörung ist groß. Herr Steinbrück hat ja auch keine Frau in sein Team gerufen. Ich glaube, dagegen rebellieren die Frauen in der SPD gerade. Also hat sich in der SPD in der Frage nichts geändert.

Zum Thema Hannover will ich Ihnen noch deutlich sagen: In den Aufsichtsräten der nachgeordneten Unternehmen und Behörden sitzt doch eine rotgrüne Mehrheit. Sie könnten doch mit Leichtigkeit dafür sorgen, dass in der Stadt Hannover mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Da stehlen Sie sich doch aus der Verantwortung. In den Aufsichtsräten, an denen die Stadt Hannover beteiligt ist, sitzt eine rot-grüne Mehrheit. Dort könnten Sie das alles umsetzen, aber Sie tun es nicht. Also reden Sie hier nicht so einen Quatsch!

(Zurufe von der SPD: Hey, hey, hey!)

Sie haben die Möglichkeit, dort zu handeln.

Der zweite Punkt ist, Frau Groskurt: Meine Frau, aber auch viele Frauen aus meinem Freundeskreis, die in ihrem Beruf jeden Tag ihre Frau stehen und die starke Frauen sind, fragen sich manchmal, was für Debatten wir hier über Gleichstellung und Gesetze führen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben ein gutes Gesetz, das den richtigen Rahmen für eine ausgewogene Gleichstellung in Niedersachsen gibt. Deswegen bleiben wir auch dabei.