Das heißt, an dieser Stelle zu sagen, wir würden Studienbeiträge erheben, weil wir nicht genügend staatliches Geld ausgeben, ist einfach völlig falsch und eigentlich auch unverschämt.
(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Sie dis- kutieren doch die Studienkosten, Frau Wanka! Sie lassen das die anderen Länder bezahlen!)
Zu diesen Summen pro Student, die wir ausgeben und die Sie im Haushalt ablesen können - Sie brauchen nicht zu brüllen; Sie können das nachlesen; da stehen die Zahlen drin -, kommen die Studienbeiträge. Das heißt, sie kommen noch obendrauf, on top; bei einer qualifizierten staatlichen Finanzierung.
Alles, was an Studienbeiträgen eingenommen wird, geht in die Qualität der Lehre, und das hat positive Auswirkungen.
Selbstverständlich wirkt das nicht von heute auf morgen. Aber es gibt schon jetzt Auswirkungen. Ich möchte einmal einige Beispiele nennen:
Wenn wir einmal das Saarland beiseitelassen, dann können wir feststellen, dass in Niedersachsen jedes Erststudium, jedes Zweitstudium und jedes Masterstudium am schnellsten, in der Regelstudienzeit, abgeschlossen wird. Das heißt, für BAföG-Empfänger ist ein Studium in Niedersachsen ideal; denn das BAföG orientiert sich sehr stark an der Regelstudienzeit.
Ich nenne weiterhin die Erfolgsquote: Wie viele von denjenigen, die anfangen, werden fertig? - Da nehmen wir gemeinsam mit Baden-Württemberg, Bayern und Berlin den Spitzenplatz ein.
Das sind Zahlen, die man nachlesen kann. Man kann aber auch noch etwas anderes nachlesen. Das hat HIS untersucht. In NRW wurde, als die Studienbeiträge dort abgeschafft werden sollten, eine große Untersuchung gemacht. Als Ergebnis dieser Untersuchung ergab sich Folgendes:
„Die Erhebung von Studiengebühren hat sich... als vorteilhaft für die Entwicklung der Studienqualität aus Sicht der Studierenden erwiesen.
Die Ergebnisse des HIS-Studienqualitätsmonitors weisen in die Richtung, dass die Lehrqualität in den Gebührenländern stärker zugenommen hat als in den gebührenfreien Ländern.“
Als Ergebnis eines abgeschlossenen Studiums - Herr Hillmer hat dies vorhin gesagt - hat man einen persönlichen Vorteil. Sie können sagen: Das alles haben wir schon zehnmal gehört. - In jeder Studie ist nachzulesen, dass die wirtschaftlichen Gewinner in unserem System die Akademiker sind - und das sollen sie auch sein. Deswegen ist es gerecht, sie zu beteiligen.
Als Niedersachsen damals unter Herrn Stratmann die Studienbeiträge eingeführt hat, ist gesagt worden, dies sei der Einstieg in eine private Finanzierung des Hochschulsystems.
Frau Andretta, dazu müssen Sie sich einmal ein paar Zahlen anschauen: Ein normales Masterstudium kostet im Durchschnitt 47 000 Euro. Wenn 3 000 oder 5 000 Euro als Beitrag erhoben werden, dann ist das doch keine Privatisierung des Hochschulsystems. Ein Medizinstudent kostet uns 200 000 Euro. Und da reden Sie bei 5 000 Euro von einer Privatisierung? - Ich finde, das ist ein kleiner, bescheidener Beitrag.
„Wenn... höhere Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, den höheren Klassen ihre Erziehungskosten aus dem allgemeinen Steuersäckel zu bestreiten.“
Dies ist jetzt noch richtiger als damals zu Marx’ Zeiten; denn seinerzeit haben nur sehr wenige studiert, die aus dem allgemeinen Steuersäckel finanziert werden mussten. Heute ist dies ein wesentlich größerer Anteil.
Sie können mir glauben: Bei Hochschulen ohne Studienbeiträgen gibt es auf jeden Fall eine starke Umverteilung von unten nach oben. Die Hauptlast des Studiums zahlen noch immer die Steuerzahler. Bei Studiengebühren leisten Diejenigen, die am meisten vom Studium profitieren, zumindest einen gewissen Beitrag.
Es ist gesagt worden, die Finanzschwachen und Bildungsfernen würden abgeschreckt, und man könne sich das nicht leisten. Da geht es aber um die Rahmenbedingungen. In Niedersachsen muss kein einziger Student zur Erbringung der Studienbeiträge jobben. In Niedersachsen muss kein einziger Student seine Oma oder seine Eltern anbetteln, um das Geld zu bekommen. Vielmehr gibt es in Niedersachsen bei der NBank Studienbeitragsdarlehen. Das heißt, man bekommt, wenn man sich einschreibt - völlig egal, was die Eltern verdienen, völlig egal, wie die individuelle Bonität ist -, für die Studienbeiträge die Gesamtsumme plus ein paar Semester dazu.
Diese Beträge werden zurückgezahlt. Hierfür hat man nach der Beendigung des Studiums 20 Jahre lang Zeit. Man kann das Darlehen in Raten von 20 Euro zurückzahlen. Die Verantwortung dafür, die Studienbeitragsdarlehen anzunehmen, liegt bei den jungen Leuten.
Aber wir haben in Niedersachsen die Situation, dass dieses Darlehen nur von 7 % der Studierenden überhaupt in Anspruch genommen wird, was ich schade finde. Denn es ist ganz klar: Es ist sehr viel bequemer, wenn die 500 Euro von zu Hause aus gezahlt werden.
Sie behaupten immer wieder, dass die Studienbeiträge einen Abschreckungseffekt hätten. Sie sagen, Studienbeiträge würden abschreckend wirken. Frau Andretta versucht immer, dies kleinzure
den, und sagt: Die Universitäten haben jetzt mehr Studenten, aber das ist nur demografisch. - Ich zitiere etwas vom Institut der Deutschen Wirtschaft, was die Zahlen im letzten Jahr, also 2011, anbetraf: In den gebührenpflichtigen Ländern Bayern und Niedersachsen schrieben sich soundso viele ein. Zwar strömten in beiden Ländern doppelte Abiturjahrgänge an die Hochschulen, doch selbst wenn man das herausrechnet und die Anfängerzahlen halbiert, dann haben diese beiden Länder einen Zuwachs, der noch immer größer ist als in den Ländern ohne Studienbeiträgen.
Die schönste Studie - das kann ich mir nicht verkneifen - ist die Studie vom Wissenschaftszentrum Berlin. Die Chefin ist Frau Allmendinger. Sie ist Ihnen als diejenige sehr gut bekannt, die in Steinmeiers Schattenkabinett war. Das ist eine wirklich exzellente Bildungspolitikerin und Wissenschaftlerin. In dieser Studie wird ganz deutlich herausgearbeitet, dass die Studierneigung durch die Einführung von Studienbeiträgen nicht zurückgeht, sondern dass sie, im Gegenteil, bei den bildungsfernen Schichten - dies ist erstaunlich und war nicht vermutet worden - sogar zunimmt und eine höhere Akzeptanz für ein Studium besteht.
Das heißt, wir haben die Situation, dass vieles immer wieder aus ideologischen Gründen behauptet wird. Ich denke aber, wir haben in Niedersachsen mit dem, was wir mit Studienbeiträgen erreichen konnten, Positives erreicht.
Wenn Sie Kompensation versprechen und sagen, es sei in anderen Ländern möglich, dass sozusagen die Kompensationsgelder ausgegeben werden, ohne dass dies auf die Kapazität angerechnet wird, dann muss ich Ihnen sagen, dass das falsch ist. In NRW ist die Situation ganz klar: Wenn man Kompensationsgelder hat, dann darf dafür kein Professor eingestellt werden; denn das würde bedeuten, dass sich die Kapazität erhöht. Wir können durch die Studienbeiträge bei derselben Zahl von Studierenden einen, zwei oder zehn Professoren mehr einstellen. Wir können also die individuelle Betreuung verbessern. Das ist der große Vorteil. Das war auch einer der Gründe für die Einführung von Studienbeiträgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage noch einmal das, was ich anfangs schon gesagt habe: Man muss bei diesem Thema versuchen, rational zu diskutieren. Dies ist keine Glaubensfrage. Ich bin sehr dafür, Argumente sachlich auszu
Ich sage zum Schluss: Studiengebühren sind nicht ungerecht, meine Damen und Herren, sondern sie schließen eine Gerechtigkeitslücke. Das hat Marx mit seinem Zitat gemeint. Das hat auch Thomas Oppermann erst vor Kurzem gesagt, und da hatte er einmal recht.
Die Frau Ministerin hat für die Landesregierung die Redezeit überschritten. Um zusätzliche Redezeit hat Frau Flauger für die Fraktion DIE LINKE gebeten. Sie haben anderthalb Minuten. Anschließend kommt Frau Dr. Andretta; Sie haben zweieinhalb Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn CDU und FDP Marx zitieren, dann sollte man misstrauisch werden. Das ist auch an dieser Stelle angebracht. Marx hat aus einer gesellschaftlichen Situation heraus argumentiert, in der ein Studium eine absolute Eliteangelegenheit war. Wenn Sie das jetzt hier als Argument anführen, dann ist völlig klar: Sie wollen, dass das genau so bleibt. Sie wollen die Schichtenteilung erhalten.
Niemand ist darauf eingegangen, dass sich 20 000 Schulabgänger in Nordrhein-Westfalen allein wegen der Studiengebühren entschieden haben, kein Studium aufzunehmen. Da helfen auch keine Kredite.
Ich habe in Schleswig-Holstein nicht studiert, weil mich das Szenario, anschließend 25 000 Mark Schulden zu haben, davon abgehalten hat. Das war für mich eine unvorstellbar hohe Summe. Für Sie mag es das nicht sein, aber für Kinder aus armen Haushalten ist es das, meine Damen und Herren.
In einem haben Sie recht, Frau Wanka: Die Frage von Studiengebühren ist keine Glaubensfrage, sondern eine Überzeugungsfrage. Dazu möchte ich festhalten: Wir haben hier grundlegend unterschiedliche Überzeugungen. Ihre Überzeugung ist: Ein Studium sollen sich diejenigen leisten könnten,