Abschließende Beratung: Damit Niedersachsen am Zug bleibt - Zukunft der Regionalisierungsmittel sichern! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/5133 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/5283
Abschließende Beratung: Zukunftsgerechte Verkehrspolitik statt immer mehr unbezahlbarer Neubauplanungen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/5168 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/5284
Wir treten jetzt in die gemeinsame Beratung aller drei Anträge ein. Hierzu liegt mir zunächst eine Wortmeldung des Kollegen Lies vor. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst mit etwas Positivem beginnen.
Unser Antrag und die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurden zur Abwechslung einmal zügig beraten, was im Ausschuss ja nicht selbstverständlich ist. Das geschah aber natürlich nicht im Sinne der Sache - das war uns klar -, sondern um ein bei Schwarz-Gelb unbeliebtes Thema schnell vom Tisch zu bekommen. Aber Sie können
sich darauf verlassen: Wir werden als Regierungsfraktion in der neuen Legislaturperiode diese Anträge wieder neu ins Parlament einbringen.
Lassen Sie mich zunächst etwas zum Komplex NE-Bahnen ausführen. Der Verkehrsausschuss des Bundestages befürwortet einen Zuschuss von 25 Millionen Euro jährlich für die Infrastruktur der nicht bundeseigenen Eisenbahnen. Davon sind über 4 000 km Gleisanlagen dieser Eisenbahnen betroffen, insbesondere bei uns in Niedersachsen. Die längst überfällige Aufnahme in die Bundesförderung trägt der Tatsache Rechnung, dass die nicht bundeseigenen Eisenbahnen in Niedersachsen im Güterverkehr des Hafenhinterlandes eine wichtige Aufgabe übernehmen und mit Sicherheit - ich glaube, da sind wir uns auch einig - in kürzerer Zeit mit überschaubaren Maßnahmen dafür sorgen werden, dass wir mehr Güter als bisher auf die Schiene bringen können.
Schon jetzt gilt es zu berücksichtigen, dass das Land Niedersachsen und die Verkehrsunternehmen dafür eine Kofinanzierung übernehmen sollen. Wir werden uns dafür einsetzen.
In diesem Zusammenhang auch ein Wort zur Änderung der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung, die zum Fahrplanwechsel 2012 in Kraft tritt: Das trifft übrigens wieder insbesondere die NE-Bahnen in unserem Land. Diese entsprechende technische Streckensicherung, auch PZB genannt, ist für die Verkehrsunternehmen zwingend erforderlich, für die Güterverkehre ist sie unerlässlich. Hier besteht dringender Handlungsbedarf beim Land Niedersachsen.
Über ein Mehrjahresprogramm und eine entsprechende Bewertung der Dringlichkeit für bestehende nicht bundeseigene Infrastrukturen in Niedersachsen sollten die Förderkriterien für die Ausstattung der Strecken mit der entsprechenden PZBStreckensicherung erfolgen.
Kommen wir zu dem zweiten Thema des Antragskomplexes! Kommen wir zu einem - so will ich es einmal sagen - für Sie etwas leidigen Thema! Wir betrachten es mit Sorge. Es geht um die Regionalisierungsmittel in unserem Land.
Die Bundesrepublik Deutschland lässt zurzeit ein Gutachten für eine künftige Neufestlegung der Regionalisierungsmittel ab dem 1. Januar 2015 erstellen. Vom Zeitablauf wird damit gerechnet, dass Ende 2013/Anfang 2014 endgültige Ergebnisse vorliegen und demnach die Länder erst 2014 in konkrete Verhandlungen über einen dann neu festzulegenden Teilungsschlüssel eintreten werden.
Es geht bundesweit um immerhin 7,4 Milliarden Euro. Daran hat Niedersachsen zurzeit einen quotalen Anteil von 8,59 %. Spannend ist, dass nun vonseiten des VDV deutlich kritisiert wird, dass in den ersten stattgefundenen Verhandlungsrunden der Bundesländer keine politische Besetzung durch Minister oder Staatssekretäre unsererseits stattgefunden hat. - Wie denn auch, wenn man ständig auf Reisen ist.
- Darin besteht leider das Problem. - Darüber hinaus sei auch die fachliche Besetzung leider nicht ausreichend gewesen. Wir befürchten, dass das Land Niedersachsen die Bedeutung dieser zukünftigen Festsetzung der Regionalisierungsmittel weiter unterschätzt. Immerhin hat aus Baden-Württemberg der Verkehrsminister Hermann persönlich an den Sitzungen teilgenommen. Niedersachsen schickte zwar einen Abteilungsleiter, aber - daran will ich erinnern - bei einem so wichtigen Themen keinen Verantwortlichen aus der Regierung.
Derzeit ist immer noch zu befürchten, dass, auch wenn der Bund nicht an die Höhe der Regionalisierungsmittel herangeht, dennoch über neue Verteilungsschlüssel für die Bundesländer das Land Niedersachsen weiter benachteiligt werden könnte. Das gilt es in jedem Fall zu verhindern; denn das wäre sicherlich ein zusätzliches Erschwernis der Mobilität vor dem Hintergrund zurückgehender Schülerzahlen und der gesamten demografischen Entwicklung hier in unserem Land Niedersachsen.
Wir wollen nicht, dass ganze Regionen vom ÖPNV und SPNV abgehängt werden. Das, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ist mit uns nicht zu machen.
Noch eine Anmerkung zur Verkehrspolitik: Die niedersächsische SPD setzt sich grundsätzlich für einen vernünftigen Modal-Split zwischen Straße, Schiene, Wasserstraße und Luftverkehr ein.
Der Bedarf an investiven Mitteln im Fernstraßenverkehr ist von 7 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 8,57 Milliarden Euro im Jahr 2011 angestiegen. Tatsächlich wurden die Mittel aber nur von 4,17 Milliarden Euro auf lediglich 5,11 Milliarden Euro in der gleichen Zeit erhöht, also nur geringfügig und damit weit unter dem Bedarf. Da verwundert es schon, Herr Minister Bode - der ist jetzt leider nicht hier -
- da ist er ja, wunderbar! -, dass Sie auch noch weitere Wunschlisten produzieren, die zusätzliche Löcher in den Bundesverkehrswegeplan reißen, obwohl wir schon jetzt einen Verkehrswegeplan haben, für dessen Umsetzung die Mittel überhaupt nicht ausreichen. Ich bitte Sie, dann doch dafür zu sorgen, dass die Mittel so geplant und eingestellt werden, dass wir in Niedersachsen auch zu Lösungen kommen. Darum muss es uns gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Übrigens noch etwas zu den notwendigen Investitionen und zum Zustand unserer Landesstraßen hier in Niedersachsen: Sie haben in den vergangenen Jahren sehr viel Landesvermögen durch unterbliebene Instandsetzung unserer Landesstraßen systematisch vernichtet.
Noch ein paar Stichworte zum Bundesländerindex Mobilität aus dem Jahr 2012: In einem Nachhaltigkeitsranking der „Allianz pro Schiene“ über die aktuelle Lage, Dynamik und politische Weiterentwicklung wird Niedersachsen im Bundesländervergleich - wen wundert es? - ein nahezu vernichtendes Urteil ausgestellt. Niedersachsen liegt im Länderranking auf dem Gesamtrang 14 von 16 Bundesländern. Ich finde das schon bezeichnend.
„Während das Flächenland sich im Statistikindex immerhin auf Rang 9 platziert und etwa bei der Luftqualität gut abschneidet, fehlt es der Politik weitgehend an konkreten selbst gesetzten Zielen. Ein neues Bewusstsein für Radfahrer und moderne Fahr
zeuge... ändern nichts am Votum der Verbände: Die geben im Fach ‚nachhaltige Mobilität’... die Note 4,5.“
Ich glaube nicht, dass Sie damit zufrieden sein können. Weiter heißt es in dem Gutachten, dem Land mangele es derzeit noch an konkreten politischen Zielen für nachhaltigere Mobilität. Aber gerade diese konkreten Ziele sind doch für die zukünftige Entwicklung von Verkehrsinfrastruktur so entscheidend.
Wir werden das ändern. Wir streben eine stärkere, bessere Vernetzung der Verkehrsträger an. Wir werden die NE-Bahnen fördern. Wir erwarten vom Regionalbusverkehr auch eine deutliche weitere Belebung des ÖPNV. Und wir werden die Mobilität über eine bessere und umfassendere Kunden- und Fahrgastinformation in Istzeit vorantreiben. Ich will es hier deutlich sagen: Wir sind die Infrastrukturpartei in Niedersachsen!
(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Ulf Thiele [CDU]: Sie könnten auch Komiker werden! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)
Da war zu lesen, dass der Bundesverkehrsminister 750 Millionen Euro für Investitionen in Verkehrsprojekte erhalten soll. Ich glaube, jetzt sind wir gemeinsam gefordert. Wir reden oft davon: Der Norden hat Vorrang. - Herr Ministerpräsident, Sie haben dargestellt, wie der Norden zusammenhält. Ich glaube, dass wir deutlich über das normale Maß dessen hinaus, was im quotalen Vergleich Niedersachsen zusteht, gemeinsam dafür streiten sollten, dass mehr Geld in den Norden fließt. Beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur muss der Norden in unserem Land Vorrang haben.
(Jens Nacke [CDU]: Wie soll das mit den Grünen gehen? Das erklären Sie mir einmal! Da können Sie nicht für Rot-Grün sprechen!)
Allerdings hat der Minister auch schon eine Liste nach Berlin geschickt - zumindest war das der Presse zu entnehmen -, und ich würde mich freuen, wenn Sie uns beschreiben würden, was Sie dort im Hinblick auf die 750 Millionen Euro für Niedersachsen schon angemeldet haben.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine neue Mobilitätspolitik, wir müssen weg von den ausschließlichen Investitionen in Beton und hin zu intelligenten vernetzten Systemen der verschiedenen Verkehrsträger. Ich bin davon überzeugt, dass es den Regierungsfraktionen auch dazu an der notwendigen Perspektive fehlt.
Wer sich den Niedersachsentrend, der heute veröffentlicht wurde, anschaut, also die Antwort auf die Frage „Welche Partei kann am ehesten die wichtigsten Landesprobleme lösen?“, sieht: Das sind die Sozialdemokraten in diesem Land. Ich finde, das ist ein gutes und klares Signal.