Meine Damen und Herren, deshalb ist klar: Der Flächenfaktor ist nicht nur verfassungskonform, sondern er ist auch notwendig. Er wird auf jeden Fall auch nach dem 20. Januar 2013 Bestand haben. Daran gibt es gar keinen Zweifel.
Die erste Zusatzfrage stellt Frau EmmerichKopatsch für die SPD-Fraktion. Sie haben das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ist der Landesregierung die fragliche Passage aus dem SPD-Wahlprogramm, die hier bewusst fehlinterpretiert worden ist, überhaupt bekannt? - Sie lautet:
„Der kommunale Finanzausgleich muss demografiefest umgestaltet werden, dabei geht es auch um die Zukunft der Einwohnerveredelung und des Flächenfaktors; denn Bevölkerungswachstum oder schrumpfende Einwohnerzahlen werden mit ihren finanziellen Wirkungen unzureichend abgebildet.“
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns als Landesregierung steht es nicht zu, das Regierungsprogramm der SPD zu interpretieren.
Allerdings lesen wir schon sehr aufmerksam, was Ihr Kandidat den Medien zu dieser Passage mitgeteilt hat. Danach gibt es überhaupt keinen Zweifel, dass dieser Prüfauftrag darin münden soll, den Flächenfaktor nicht nur infrage zu stellen, sondern abzuschaffen.
Und das, meine Damen und Herren, ist ja auch schlüssig. Schließlich haben Sie, als Sie seinerzeit an die Regierung gekommen sind, gleich als zweite politische Maßnahme den Flächenfaktor abgeschafft. Insofern läge es ja in Ihrer Kontinuität, wenn Sie das jetzt wieder vorhätten.
Deshalb finde ich es auch interessant, dass Sie sich jetzt, nachdem wir Ihnen das vorgerechnet haben, von Ihrem Kandidaten distanzieren und das anders interpretieren. Ich glaube aber, das, was Ihr Kandidat den Medien gesagt hat, gilt nach wie vor. Alles andere kann ich mir nicht vorstellen.
Die Fakten sprechen dafür. Es ist aber interessant, dass wir heute noch einmal darüber reden. Sie können jedoch sicher sein: Es wird in diesem Hause eine Mehrheit geben, die einen verfassungskonformen und für das Land gerechten Finanzausgleich garantiert.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Müsste das bestehende Finanzausgleichssystem mit Einwohnerbezug, Einwohnerveredelung und Flächenfaktor nicht grundlegend überarbeitet und eine Regelung gefunden werden, nach der die Förderung strukturschwacher Regionen stärker berücksichtigt wird? So fordert es der Niedersächsische
Anders ausgedrückt: Ist der Gegensatz Stadt/Land nicht die falsche Fragestellung? Müsste er nicht eher „strukturschwache Regionen/Regionen mit hohem Gewerbesteueraufkommen“ heißen? Wäre nicht da eher ein Ausgleich zu schaffen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen gerade dargelegt, wer von einer Abschaffung des Flächenfaktors am stärksten betroffen wäre. Das wären insbesondere die strukturschwachen Kommunen im ländlichen Raum. Sie werden doch nicht behaupten, dass LüchowDannenberg oder Uelzen strukturstark sind. Wir müssen daran arbeiten, dass diese Kommunen ihre Strukturstärke zurückgewinnen. Ich kann sagen, dass wir mit unseren im Jahr 2007 ergriffenen Maßnahmen gerade in den Bereichen, die strukturschwach sind und wo der demografische Wandel eine besondere Rolle spielt, bereits eine Verbesserung erreicht haben.
Natürlich haben Sie recht, Herr Adler, wenn Sie sagen, dass wir den kommunalen Finanzausgleich immer wieder überprüfen müssen. Dazu hat uns auch der Staatsgerichtshof aufgefordert. Das haben wir aber auch gemacht, zuletzt vor einem Jahr nach einem längeren Prozess. Seinerzeit sind uns vom LSKN Daten auf den Tisch gelegt worden. Alle kommunalen Spitzenverbände waren dabei.
In diesem Gutachten - ich glaube, es liegt Ihnen vor - ist bestätigt worden, dass der jetzige kommunale Finanzausgleich mit dem Flächenfaktor und der Einwohnerveredelung der richtige Weg ist und grundsätzlich nicht geändert werden kann. Politische Überlegungen reichen nämlich nicht aus, um daran etwas verändern zu wollen, sondern dafür bedarf es klarer Fakten. Der Staatsgerichtshof hat die aufgabengerechte Verteilung - das ist das Kriterium - als eine Maßnahme dargestellt.
Ich habe mir natürlich auch angeschaut, wie das in anderen Bundesländern geregelt ist. Als ich ins Amt gekommen bin, habe ich das grundsätzlich überprüfen lassen. Bislang hat mir noch kein anderes Bundesland überzeugend darlegen können, dass es in diesem Zusammenhang eine bessere Alternative gibt.
Wir haben uns auch angeschaut, ob die Einwohnerveredelung bei kleineren Gemeinden anders dargestellt werden muss. Das Gutachten stellt fest, dass man da durchaus etwas verändern kann. Dasselbe gilt aber auch für Städte mit 40 000 bis 50 000 Einwohnern. Aber wenn wir sowohl bei den kleinen Städten als auch bei den Städten mit 40 000 bis 50 000 Einwohnern die Einwohnerveredelung ändern, dann hebt sich das insgesamt wieder auf. Diese Zahlen liegen vor.
Das heißt: Dieses Gutachten, das ja erst kürzlich erstellt wurde, bestätigt eindeutig, dass es so, wie wir es derzeit geregelt haben, richtig ist. Wir mussten nur die Gesamtmasse zwischen den Gemeinden und den Landkreisen verschieben, und das haben wir auch getan.
Deshalb kann ich nur sagen, Herr Adler: Das, was uns der Staatsgerichtshof aufgetragen hat, nämlich den Finanzausgleich durch Gutachten regelmäßig abzusichern, machen wir. Insofern haben die Kommunen auch Planungssicherheit.
Eine Landesregierung darf aber nicht nur über den kommunalen Finanzausgleich etwas regeln, sondern ganz entscheidend ist, dass sie sich auch die strukturschwachen Gebiete anschaut. Deshalb haben wir Professor Hesse beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, in dem anhand von 20 Kriterien einmal dargestellt wird, wo „Stabilitätsbedarf“, wie es in dem Gutachten heißt, besteht. Dieses Gutachten wird kontinuierlich fortgeschrieben; Herr Hesse erstellt jedes Jahr ein neues Gutachten, um zu sehen, ob es noch Handlungsbedarf gibt.
Wir müssen auch über interkommunale Zusammenarbeit und Strukturförderung sprechen. Das ist für mich ein entscheidender Punkt. In der EU-Förderperiode 2014 ff., in der wir insgesamt weniger Geld zur Verfügung haben, geben wir genau denjenigen Zuschüsse, bei denen wir Handlungsbedarf festgestellt habe und die sich ein Leitbild gegeben haben. Das ist der richtige Weg.
Unser kommunaler Finanzausgleich ist gerecht. Dort, wo Stabilisierungsbedarf besteht, müssen wir gemeinsam mit den Kommunen ein Aufbauprogramm entwickeln, damit wir im Land insgesamt eine starke Wirtschaftsstruktur haben. Das ist der entscheidende Faktor, um die Lebensqualität im gesamten Land sicherzustellen.
Schönen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, wenn ich richtig informiert bin, plant die größte Oppositionsfraktion in diesem Hause den Ausbau der Einwohnerveredelung zugunsten der großen Städte. Welche Auswirkungen hätte dies auf den ländlichen Raum?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns auf dieses Zahlenspiel einlassen wollen, dann bedeutet das, dass gerade die kleineren Städte, die vom demografischen Wandel und vom Einwohnerschwund besonders betroffen sind, noch weniger Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich bekommen. Dies aber wäre eindeutig nicht aufgabengerecht und sicherlich grob verfassungswidrig. Insofern kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass so etwas Bestand haben kann, wenn man dies tatsächlich plant.
Um gerade im Hinblick auf die Demografie Akzente im kommunalen Finanzausgleich zu setzen, haben wir einen Demografiefaktor eingeführt. Das heißt, es wird ein Fünfjahresdurchschnitt genommen. Wenn dieser Fünfjahresdurchschnitt höher ist als die aktuelle Einwohnerzahl, dann wird der Fünfjahresdurchschnitt der Einwohner genommen. Dadurch bekommen Kommunen, die weniger Einwohner haben, mehr Zeit, um sich auf den demografischen Wandel einzustellen. Ich glaube, das ist die richtige Antwort auf das, was in unserem Demografiebericht steht.
Herr Minister, ich habe noch eine Zusatzfrage: Wird der Flächenausgleich überhaupt für einen gerechten Ausgleich benötigt? Warum müssen wir das so machen? Können Sie eine Antwort darauf geben?
(Lachen bei der SPD - Andrea Schrö- der-Ehlers [SPD]: Das ist ja mal eine tolle Frage! - Johanne Modder [SPD]: Das ist ja albern!)