Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Als Ergebnis liegt heute ein umfassender Statusbericht vor, der die jüngere Vergangenheit untersucht, sie schonungslos offenlegt und Handlungsempfehlungen sowie dringende Handlungserfordernisse darstellt. Externe Gutachter haben das Verwaltungshandeln, das Handeln des Betreibers untersucht, analysiert und bewertet. Sie haben die eingelagerten Stoffe untersucht und geprüft. Sie haben die Ursachen der Kontamination von Laugen untersucht und erforscht und klare Ergebnisse präsentiert. Alle Handlungserfordernisse, die in dem Statusbericht offenbart worden sind, werden bzw. wurden sogar schon umgesetzt.

Bei der Prüfung stand für die externen Gutachter auch die Frage an vorderer Stelle, die von Herrn Wenzel immer wieder aufgeworfen wird, nämlich die nach der Wahrnehmung der Aufsicht durch die

Landesbehörden. Hier werden ja immer wieder Märchen erzählt, deshalb nur kurz eine Klarstellung: Im Jahr 2000 hat Wolfgang Jüttner als damaliger Umweltminister eine große Organisationsreform und -prüfung in den entsprechenden Abteilungen und Referaten durchgeführt. In dieser Struktur arbeitet die Landesverwaltung auch heute noch.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Aber doch andere Leute!)

Der Gutachter QMS kommt zu folgendem Ergebnis:

„Zusammenfassend sind sowohl das Ministerium wie auch das LBEG in der Lage, ihre entsprechenden Aufgaben mit der bestehenden Organisation und den entsprechenden Kommunikations- und Informationsstrukturen zu erfüllen.“

Weiterhin ist der Betreiber überprüft worden. Er hat sich allerdings einer externen Untersuchung noch nicht gestellt. Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass es beim Betreiber Defizite gibt. Als Ergebnis wird er jetzt von der Bundesregierung ausgetauscht, und das BfS kommt mit der bisher fehlenden Kompetenz im Bereich Strahlenschutz mit ins Boot. So können wir sagen, dass wir bei der Asse dieses Defizit in der näheren Zukunft klar ausräumen werden.

Weiter gibt es eine Begleitgruppe Asse, die in langfristige Entscheidungen und bei kurzfristigen Baumaßnahmen eingebunden wird. Wir wollen nichts verheimlichen. Vielmehr wollen wir daran arbeiten, das Vertrauen, das Helmholtz verspielt hat, wiederherzustellen. Deshalb wollen wir alle gemeinsam nach vorne schauen und uns den Lösungen für die Probleme in der Asse widmen und Perspektiven für die Menschen vor Ort finden.

Allerdings wollen das nicht alle. Die Grünen und auch die Linken wollen einen anderen Weg gehen, um die Vergangenheit zu untersuchen. Ist dies denn wirklich erforderlich?

(Zurufe von der LINKEN: Ja!)

Schauen wir uns doch einmal an, was die Grünen laut ihrem Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, den sie heute aktualisiert vorgelegt haben, wirklich wissen wollen. Was wollen die Grünen überhaupt erforschen? Ist es das, was Herr Wenzel uns heute erzählt hat? - Das ist es nicht. Die Grünen haben lediglich vier Fragestellungen in ihrem Untersuchungsauftrag formuliert, die noch offen sind.

Die erste Frage lautet, ob Akten verfälscht oder vernichtet worden sind. - Herr Wenzel, das ist absolut lächerlich, das ist sogar unglaublich. Der Umweltausschuss hat die Akten ab dem Jahr 1906 angefordert. Große Teile der Akten liegen vor, andere werden noch aufbereitet. Aber die Akten, die bis ins Jahr 1906 zurückgehen, werden ja nicht vom Minister aufbereitet. Es sind viele Beamte der Registratur und Hilfskräfte, die kopieren und die Akten zusammenstellen. Es sind Beamte am Werk, die einen Amtseid geleistet haben, die wahrscheinlich gar nicht einmal einer Partei angehören und den Inhalt der Akten wahrscheinlich gar nicht beurteilen könnten, weil sie schlichtweg keine Physiker sind.

Herr Wenzel, ich fordere Sie auf, sich jetzt und hier bei den von Ihnen beschuldigten Beamten zu entschuldigen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was?)

Ich fordere Sie ebenfalls auf, sich bei allen Beamten zu entschuldigen, die Sie im Laufe des Verfahrens verunglimpft haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei den GRÜNEN)

Den Beamten des Justizministeriums und der Staatsanwaltschaft Braunschweig und auch Justizminister Bernd Busemann haben Sie Rechtsbeugung vorgeworfen, ohne Belege dafür zu haben. Bisher haben Sie sich nicht entschuldigt. Ich fordere Sie auf, sich auch bei den Angehörigen des Referenten, der verstorben ist, zu entschuldigen, dem Sie im Nachhinein vorgeworfen haben, er hätte seine Aufsicht vernachlässigt - eine Aufsicht, die er nie hatte, weil er in dem Bereich nicht tätig war.

Ich höre jetzt einmal auf, das waren die wesentlichen Punkte. Die Liste der Beamten des Umweltministeriums, die Sie beleidigt haben, ist wesentlich länger.

Aus Sicht der Fraktion der Grünen ist eine zweite Frage noch offen. Sie unterstellen, dass es in Niedersachsen einen sogenannten Strategiewechsel gegeben habe, und zwar von einer festen hin zu einer flüssigen Verfüllung der Asse, also zu einer Flutung. - Das ist definitiv nicht wahr, Herr Wenzel. Ich zitiere den zuständigen Referatsleiter des Niedersächsischen Umweltministeriums:

„Aus fachlicher Sicht kann ich dazu nur sagen, dass ich fachlich in keinster Weise davon begeistert oder angetan

bin, dass die Asse flüssig verfüllt werden soll.“

Und weiter - er zitiert aus einem Vermerk, den er 1996 selbst geschrieben hat -:

„Stichworte: Verfüllung der restlichen Hohlräume der Asse mit geeigneten Feststoffen, da eine Flutung nicht in Betracht kommt.“

Und er ergänzt:

„Das waren damals meine Worte, und dazu stehe ich auch heute noch.“

Herr Wenzel, weder 1991 noch 1996 noch heute gab oder gibt es einen Strategiewechsel der Landesbehörde. Die Genehmigungsbehörde in Niedersachsen hat immer die Flutung ausgeschlossen. Nur der Bund wollte davon abweichen. Die Gründe dafür kann aber nur der Bundestag ermitteln - nicht der Niedersächsische Landtag.

Dann haben Sie in Ihrem Antrag noch einen dritten Fragenkomplex formuliert, Herr Wenzel. Sie fragen nach weiteren Kontaminationen und dem eingelagerten Inventar. - Lieber Herr Wenzel, wir haben externe Gutachter, wir haben den TÜV beauftragt, das Inventar zu prüfen. Das ist geschehen. Es gab ein eindeutiges Ergebnis, und Sie behaupten trotzdem noch, immer wieder wäre hoch radioaktives Material eingelagert worden. Ja, Sie sprechen sogar von abgebrannten Brennstäben.

Besonders schlimm finde ich, dass Bundesumweltminister Sigmar Gabriel da mitmacht. Nachdem er alle Ergebnisse kennt, schürt er die Ängste, die Herr Wenzel hervorgerufen hat, weiter, indem er sagt: Vor 1971 gab es gar keine Unterlagen. Da kann man ja gar nichts drüber sagen. - Der Volksmund würde diese Unwahrheit schon als Lüge bezeichnen; denn Herr Gabriel wusste es besser. Ich zitiere jetzt einmal, was der TÜV zu diesen Aussagen von Umweltminister Gabriel gesagt hat.

„Es gab auch vor 1971 Aufzeichnungen über die Abfälle, die endgelagert worden sind. Diese Unterlagen waren mit anderen Gegenstand unserer Prüfung. Unsere Prüfung hat, wie ich schon letzte Woche gesagt habe, keine Hinweise auf hoch radioaktive Stoffe bzw. Stoffe mit erheblicher Wärmeleistung ergeben.“

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die haben Papiere geprüft! Papier ist geduldig!)

Das heißt also: Alles, was Sie in diesem Zusammenhang sagen, ist schlicht falsch.

Es geht ja noch weiter. Minister Gabriel spricht davon, im Landkreis Celle sei nuklearverseuchtes Wasser in ein Bergwerk eingebracht worden. Der Abgeordnete Meyer unterstützt diese Aussage immer noch, obwohl beide wissen, dass die Grenzwerte für Laugen nicht erreicht wurden, dass sogar nicht einmal die Grenzwerte für Trinkwasser erreicht wurden. Herr Meyer legt dann noch nach und sagt: Das ist alles illegal nach Celle gebracht worden. Es gab ja keine Genehmigung. - Auch das sagt er wider besseres Wissen, nur um vor Ort Ängste zu schüren.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich zitiere einmal den Strahlenschutzexperten des Umweltministeriums, der in der Sitzung des Umweltausschusses erklärt hat:

„Sie sind nicht als radioaktive Stoffe im Sinne des Atomgesetzes zu betrachten. Sie bedürfen deshalb auch keiner Genehmigung.“

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Das stimmt nicht!)

Nach Strahlenschutzverordnung und Atomgesetz brauchte man also nicht einmal eine Genehmigung.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Na klar, braucht man eine!)

Es gab die bergrechtlichen Genehmigungen für das Verbringen. Auch da sagen Sie wider besseres Wissen die Unwahrheit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Zum Schluss fragen dann die Grünen - und das ist der spannendste Untersuchungsauftrag - nach den Kosten der Asse. - Herr Wenzel, schauen Sie einmal in unsere Verfassung. Dann werden Sie feststellen, dass ein Untersuchungsausschuss lediglich die Vergangenheit bis zum heutigen Tag betrachten kann. Das heißt, wir können nur ermitteln, welche Kosten die Asse bis heute ausgelöst hat. Es tut mir leid, aber das können Sie einfacher haben: Schauen Sie sich bitte die Haushaltspläne und Haushaltsrechnungen des Deutschen Bundestages an. Da steht das alles drin. Untersuchen können wir da gar nichts.

Meine Damen und Herren, die Fragen der Grünen sind längst beantwortet. Alles, was Herr Wenzel sonst heute hier noch erzählt hat, würde im Unter

suchungsausschuss nicht betrachtet werden. Das wäre nicht Gegenstand der Untersuchungen. Herr Wenzel hat hier heute nur eine ganz große Show für die Öffentlichkeit abgezogen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich gebe Herrn Jüttner ja nur selten recht. Aber wenn er sagt, dass dieser Untersuchungsausschuss nur den einen Sinn hat, eine Schlammschlacht zu veranstalten, die der Selbstdarstellung einzelner Politiker dient, dann stimmt das. Da hat Herr Jüttner recht. Dazu geben wir uns aber nicht her.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Folgen wären fatal. Alle an der Aufarbeitung der Probleme der Asse Beteiligten brauchen ihre komplette Kraft für diese Aufgabe. Sie würden durch einen Untersuchungsausschuss nur von ihrer Arbeit dort abgehalten. Das dürfen wir den Menschen der Region nicht antun, denn ein Ausschuss ist nicht erforderlich.

Herr Jüttner hat gut dargestellt, dass wir schon viel erreicht haben. Wir wissen, dass die Asse niemals ein Forschungsendlager war. Wir wissen auch, dass niemals radioaktive Stoffe in der Asse hätten gelagert werden dürfen, weder zu Forschungs- noch zu Endlagerungszwecken. Allerdings dürfen wir heute auch nicht den Fehler machen, die 60erJahre des letzten Jahrhunderts mit den Maßstäben der heutigen Zeit zu messen. Diese galten damals nicht. Damals herrschte ein ganz anderer Umgang mit atomaren Stoffen.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Trotzdem, Frau Helmhold, stellt sich heute auch für mich immer wieder die gleiche Frage: Wie konnten die zuständigen Behörden, die Bundesregierung und ihre Einrichtungen das damals tun? Auch nach dem Einlieferungstopp, ausgelöst durch Ministerpräsident Ernst Albrecht, bleibt die Frage: Wie konnte die Bundesregierung in der Vergangenheit mit dem Problem so umgehen, wie es passiert ist?