Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 16 der Abg. Ralf Briese, Christian Meyer und Helge Limburg (GRÜNE)

Werden Bürgerentscheide über Gemeindefusionen zugelassen?

In der Gemeinde Heinsen im Landkreis Holzminden hat ein von der lokalen CDU-Minderheit im Rat gestartetes Bürgerbegehren für einen Beitritt zur Stadt Holzminden laut Täglichem Anzeiger Holzminden (TAH) vom 21. August 2008 das notwendige Unterschriftenquorum für einen Bürgerentscheid erreicht. Damit soll es jetzt dort zum voraussichtlich ersten Bürgerentscheid über Kommunalfusionen in Niedersachsen kommen. Angezeigt und eingeleitet wurde das Bürgerbegehren am 1. August 2008.

Vor der Einleitung des Bürgerbegehrens durch die örtliche CDU-Fraktion hatte der CDU-Kreisvorsitzende und Innenminister Schünemann laut Deister-Weser-Zeitung (DEWEZET) vom 5. Juni 2008 die Zulässigkeit eines Bürgerentscheids über eine Gemeindefusion in seinem Ministerium prüfen lassen.

Die DEWEZET schreibt unter der Überschrift „Schünemann: Der Bürgerentscheid wäre rechtmäßig“ u. a. „In seinem Hause hat er allerdings prüfen lassen, ob ein solcher Bürgerentscheid überhaupt rechtmäßig wäre. Die Antwort aus Hannover ‚Ja, wenn auch mit vielen Bedenken.’“

In dem Artikel wird auch berichtet, dass das Land zurzeit eine Novelle zur Niedersächsischen Gemeindeordnung plant: „… in der festgelegt wird, dass Fusionen nur noch angezeigt werden müssen. ‚Wenn dann allerdings eine Mitgliedsgemeinde austritt, ist auch zukünftig ein Gesetz notwendig, das der Landtag verabschieden muss’, erklärt Schünemann.“

Die Bürgerinnen und Bürger Heinsens sollen nun nach dem Willen der CDU darüber abstimmen, ob sie einen Beitritt zur Kreisstadt Holzminden, zu der es keine territoriale Verbindung gibt, als Enklave und Ortsteil wollen.

Die SPD-Mehrheit des Gemeinderates Heinsen strebt eine Fusion der Samtgemeinden Polle und Bodenwerder unter Beibehaltung der Eigenständigkeit der Gemeinde Heinsen an.

Dafür haben sowohl die Samtgemeinderäte Bodenwerder und Polle als auch alle Mitgliedsgemeinden, einschließlich Heinsens, positive Beschlüsse gefasst. Für die Bundestagswahl 2009 sollten eine neue Samtgemeinde PolleBodenwerder entstehen und ein neuer Samtgemeinderat und Samtgemeindebürgermeister gewählt werden. Innenminister Schünemann hält dies laut dem DEWEZET-Artikel vom 5. Juni 2008 vor dem Hintergrund des Bürgerentscheids für „nicht mehr machbar“.

Gleichzeitig ist die juristische Einschätzung in den kommunalen Gremien strittig, ob eine Gemeinde gegen den Willen des Samtgemeinderates überhaupt aus einer Samtgemeinde austreten kann. Dies wäre Voraussetzung für einen Beitritt der zur Samtgemeinde Polle gehörenden Gemeinde Heinsen zur Stadt Holzminden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Gründe sprechen nach der Prüfung durch das Innenministerium für die Rechtmäßigkeit des Bürgerentscheids, obwohl bei einer Auskoppelung der Gemeinde Heinsen ein Landesgesetz notwendig ist?

2. Warum ist nach Auffassung des Innenministeriums der von den Samtgemeinden Polle und Bodenwerder geplante Zeitplan für eine Fusion für den Herbst 2009 nicht mehr haltbar?

3. Welche Voraussetzungen müssen nach Auffassung des Innenministeriums erfüllt sein, damit Austritte oder Beitritte von Gemeinden aus bzw. in Samtgemeinden zulässig sind?

Der Gemeinde Heinsen, Samtgemeinde Polle, Landkreis Holzminden, ist am 28. Juli 2008 die Einleitung eines Bürgerbegehrens angezeigt worden. Hintergrund des Bürgerbegehrens sind die Bestrebungen der Samtgemeinden Polle und Bodenwerder, sich bereits zum 1. Januar 2010 zusammenzuschließen und den neuen Samtgemeinderat und Samtgemeindebürgermeister am Tag der Bundestagswahl 2009 zu wählen. Die mit dem Bürgerbegehren gewünschte Sachentscheidung betrifft allerdings die Eingliederung der Mitgliedsgemeinde Heinsen der Samtgemeinde Polle in die Stadt Holzminden und den Abschluss eines diesbezüglichen Gebietsänderungsvertrages.

Am 20. August 2008 ist das genannte Bürgerbegehren bei der Gemeinde Heinsen mit den zu seiner Unterstützung gesammelten Unterschriften zur Durchführung des Bürgerentscheids eingereicht worden. Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde will am 28. September 2008 über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und damit über die Durchführung des Bürgerentscheids entscheiden. Hierbei ist von ihm insbesondere zu beachten, ob das Bürgerbegehren die gewünschte Sachentscheidung genau bezeichnet, eine zutreffende und ausreichende Begründung sowie einen ausreichenden Kostendeckungsvorschlag enthält und von der erforderlichen Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern mit ihren Unterschriften unterstützt wird.

Bereits am 5. Juni 2008, d. h. also fast zwei Monate bevor das Bürgerbegehren angezeigt wurde, berichtete die Deister-Weser-Zeitung über meine Auffassung zu der Frage. Ich zitiere wörtlich: „…

ob ein solcher Bürgerentscheid überhaupt rechtmäßig wäre.“ Ich habe die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Bürgerbegehrens bejaht. Dem lag zugrunde, dass über die Möglichkeit der Initiierung eines solchen Bürgerbegehrens bereits damals in der Mitgliedsgemeinde Heinsen diskutiert wurde.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Bürgerbegehren über Gebietsänderungen betreffen eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden im Sinne des § 22 b Abs. 3 Satz 1 NGO, für die der Rat nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 NGO ausdrücklich zuständig ist. Bei dieser gemeindlichen Angelegenheit kann es sich sowohl um eine Stellungnahme zu einer letztlich nur durch Gesetz zulässigen Gebietsänderung als auch um eine vertragliche Gebietsänderung handeln, wo eine solche nach § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 NGO für Gebietsteile von Gemeinden zulässig ist. In beiden Fällen liegt auch kein Ausschlusstatbestand für das Bürgerbegehren nach § 22 b Abs. 3 Satz 2 NGO vor. Hat das Bürgerbegehren eine ein Gesetz erfordernde Gebietsänderung zum Ziel, so besteht die Wirkung eines entsprechenden Bürgerentscheids nach § 22 b Abs. 11 Satz 1 NGO in einem Ratsbeschluss, der die Stellungnahme der nach § 18 Abs. 4 Satz 2 NGO in dem gesetzlichen Gebietsänderungsverfahren anzuhörenden Gemeinde darstellt. Der Gesetzgeber ist mithin in einem späteren Neugliederungsverfahren rechtlich nicht an den Bürgerentscheid gebunden.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 2: Die zitierte Äußerung beinhaltet eine prognostische Einschätzung des Zeitbedarfs für eine Neugliederung. Sie betrifft ausdrücklich nur den Fall, dass gleichzeitig mit dem Zusammenschluss der Samtgemeinden Polle und Bodenwerder die Mitgliedsgemeinde Heinsen der Samtgemeinde Polle in die Stadt Holzminden eingegliedert werden würde. In diesem Falle wäre für die Neugliederung von Verfassung wegen ein förmliches Gesetz erforderlich. Der für den Erlass eines förmlichen Gesetzes erforderliche Zeitbedarf ist jedoch erfahrungsgemäß größer als derjenige für den Erlass einer Ministerverordnung.

Zu 3: Die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit Gemeinden Mitglied einer Samtgemeinde werden oder Mitgliedsgemeinden aus einer Samtgemeinde ausscheiden können, sind in der Niedersächsischen Gemeindeordnung geregelt. Für

die Aufnahme einer Gemeinde ist die Hauptsatzung durch den Samtgemeinderat mit der Mehrheit seiner Mitglieder zu ändern (§ 73 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 NGO). Zusätzlich kann in der Hauptsatzung der Samtgemeinde nach § 73 Abs. 5 NGO bestimmt sein, dass die Aufnahme und das Ausscheiden einer Gemeinde der Zustimmung einer Mehrheit der Mitgliedsgemeinden bedürfen. Im gleichen Satzungsänderungsverfahren vollzieht sich das Ausscheiden einer Mitgliedsgemeinde. Zulässig ist eine solche Satzungsänderung allerdings nur im Einvernehmen mit der ausscheidenden Mitgliedsgemeinde und wenn Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen (siehe § 77 Abs. 1 NGO).

Anlage 15

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 17 der Abg. Ina Korter (GRÜNE)

Überträgt die Landesregierung die Verantwortung für das Zentralabitur an Verlage?

Rund 58 000 Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen müssen als Pflichtlektüre zum Zentralabitur 2009 und 2010 das Theaterstück „Die Ratten“ von Gerhart Hauptmann lesen. Doch dieses Buch sei überall ausverkauft, berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 29. August 2008. Selbst in von jüngeren Käuferschichten in der Regel weniger frequentierten Buchgeschäften fragten täglich Schülerinnen und Schüler vergeblich nach dem Buch. Auch im Lager des Verlages herrscht totale Ebbe: Man wolle so bald wie möglich nachliefern, so ein Sprecher des Klett-Verlages, der die von den meisten Lehrerinnen und Lehrern verlangte kommentierte Ausgabe verlegt, gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 30. August 2008 unter Berufung auf eine Sprecherin des Kultusministeriums berichtete, werden die Oberstufenthemen mit mindestens einem Jahr Vorlauf im Internet veröffentlicht. Selbst auf die Verlage zugehen könne das Kultusministerium angesichts der Fülle der Themen nicht, so die Sprecherin. Während die Schulbuchverlage in der Regel selbst im Internet recherchieren, sehen andere Verlage dazu normalerweise keinen Anlass: „Wir hätten deshalb begrüßt, wenn uns das Kultusministerium informiert hätte“, so eine Sprecherin des Ullstein-Verlages, der u. a. „Die Ratten“ verlegt, gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie wird die Landesregierung künftig sicherstellen, dass die erforderlichen Unterrichtsmate

rialien für zentrale Arbeiten an niedersächsischen Schulen auch tatsächlich zeitgerecht auf dem Markt verfügbar sind?

2. Wann hat es im oben geschilderten Fall eine Mitteilung an die Schulen gegeben, dass das Theaterstück „Die Ratten“ im Handel vergriffen ist und Bemühungen zur Beschaffung dieser Literatur derzeit wahrscheinlich vergeblich wären?

3. Welche Empfehlungen zum Umgang mit dem Fehlen der vorgeschriebenen Literatur hat das Kultusministerium den Schulen gegeben?

Grundlage der Aufgabenstellung für die schriftliche Abiturprüfung sind die fachbezogenen Lehrpläne und Einheitlichen Prüfungsanforderungen. Hiervon ausgehend, gibt das Kultusministerium für jedes Fach thematische Schwerpunkte vor, die in den beiden letzten Schuljahren vor der Abiturprüfung im Oberstufenunterricht zu behandeln sind.

Die Thematischen Schwerpunkte, die für den Unterricht in den Schuljahren 2007/2008 und 2008/2009 zur Vorbereitung auf die Abiturprüfung 2009 gelten, sind den Schulen im Juli 2006, also ein Jahr bzw. zwei Jahre vorher, zugeleitet worden. Zeitgleich mit der Zuleitung an die Schulen sind die Thematischen Schwerpunkte über den Niedersächsischen Bildungsserver im Internet veröffentlicht und auf diesem Wege auch den Verlagen zugänglich gemacht worden. Damit war auch im Juli 2006 bekannt, dass für die schriftliche Abiturprüfung im Jahr 2009 im Fach Deutsch dort im Rahmen „Soziales Drama“ die Kenntnis des Standardwerkes „Die Ratten“ vorausgesetzt ist.

Die Verlage kennen die entsprechenden Internetadressen, sie rufen die für ihre Planung erforderlichen Informationen dort ab. Ein gesondertes Herantreten des Kultusministeriums an bestimmte Verlage ist nicht möglich, da es sonst zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könnte.

Der Engpass, der zu Beginn des Schuljahres 2008/2009 beim Kauf dieses Werkes auftrat, kann nicht auf eine fehlende Unterrichtung der Schulen und der Verlage durch das Kultusministerium zurückgeführt werden, da das Kultusministerium bereits im Juli 2006 alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt hat.

Die Landesregierung ist verantwortlich für die rechtzeitige Erstellung der fachbezogenen Lehrpläne, der Einheitlichen Prüfungsanforderungen sowie der Thematischen Schwerpunkte. Dieser Verantwortung ist sie auch für das Abitur 2009 in vollem Umfang gerecht geworden.

Das Kultusministerium wird weiterhin dafür Sorge tragen, dass die Thematischen Schwerpunkte einschließlich der darin enthaltenen Literaturvorgaben ein Jahr vor Beginn des entsprechenden Oberstufenunterrichts den Schulen und den Verlagen bekannt gegeben werden. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass diese Zeit ausreicht, um die erforderlichen Beschaffungen zu veranlassen. Dies gilt mit der in der Anfrage dargestellten Ausnahme auch für das Abitur 2009.

Gesonderte Empfehlungen des Kultusministeriums für den Fall, dass eine Lektüre in den ersten Tagen oder Wochen eines neuen Schuljahres noch nicht vorliegt, erübrigen sich somit. In dem besonderen Einzelfall Deutsch hatten die Verlage selbst ein hohes Interesse daran, den bei ihnen aufgetretenen Lieferengpass schnellstmöglich zu überwinden. Sie haben inzwischen durch entsprechende Nachdrucke reagiert, ein Verlag hat durch Einstellung der ersten Kapitel des Werkes ins Internet den Lieferengpass überbrückt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Das Kultusministerium wird weiterhin dafür Sorge tragen, dass die Thematischen Schwerpunkte einschließlich der darin enthaltenen Literaturvorgaben ein Jahr vor Beginn des entsprechenden Oberstufenunterrichts den Schulen und den Verlagen bekanntgegeben werden.

Zu 2 und 3: Siehe Vorbemerkungen.

Anlage 16

Antwort

des Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz auf die Frage 18 der Abg. Sigrid Rakow, Brigitte Somfleth und Andrea Schröder-Ehlers (SPD)

Die Emsregion hat Umweltprobleme - Was ist Ursache und Wirkung?

In der Emsregion häufen sich Zeitungsberichte mit Umweltthemen. Ein seit vielen Jahren bekannter Streitfall ist das Emsästuar, das nach den Anforderungen der Natura-2000-Richtlinien (FFH- und EU-Vogelschutzgebiete) immer noch nicht eindeutig nach Brüssel gemeldet worden ist. Der genaue Schutzstatus ist nach wie vor unklar. Der seit vielen Jahren immer wiederkehrende Dissens zwischen Umweltschutz und Wirtschaft in Sachen „Sommerstau der Ems“ füllt auch aktuell wieder die Medien (z. B. Neue Presse, 18. August 2008: „Emsprobestau schlägt hohe Wellen“, Ostfriesen Zeitung,