Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von der LINKEN: Nur zu!)

Durch die Art und Weise, wie wir Politik gestalten, werden wir die Gründe bekämpfen, aus denen die Linkspartei gewählt wird. Denn wir sind inhaltlich eine echte und solide Alternative zu Ihren platten Wahlversprechen und Wahlparolen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Heinrich Aller [SPD]: Euch steckt wohl Hamburg noch in den Knochen! - Zu- ruf von der LINKEN)

- Ich will Sie auch nicht überbewerten, Herr Kollege. Als Sie sich bei Ihrem „Einheitsparteitag“ zusammengefunden haben - WASG, PDS, SED, was auch immer -, haben Sie sich mit einem Lied, in dem es heißt „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, selbst gefeiert. CDU und FDP sind hier, damit Sie schnellstmöglich wieder gehen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das werden wir über Inhalte erreichen, z. B. mit unserem gemeinsamen Koalitionsvertrag.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Damit mit Sicherheit nicht!)

Schnell, geräuschlos und sehr effektiv sind wir innerhalb eines Monats zu entscheidenden Weichenstellungen für die Menschen in unserem Land gekommen. Anders als so häufig in der Politik haben wir uns keine öffentlichen Schaukämpfe geliefert, sondern wir haben gemeinsam, sachlich, konstruktiv und kollegial einen vernünftigen Koalitionsvertrag abgeschlossen. Schon die Art und Weise, wie wir miteinander verhandeln, ist ein kleiner, aber durchaus wichtiger Baustein gegen die Politikverdrossenheit in Niedersachsen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Am Ende sind die vereinbarten Ideen wichtig. Sie fangen bei uns schon bei den Kleinsten an: Wir werden die Zahl der Krippenplätze weiter erhöhen - Zahlen wurden schon genannt. Wir werden noch in dieser Legislaturperiode die Kindergartenbesuche beitragsfrei stellen. Darüber hinaus werden wir die Eltern künftig in die Lage versetzen, selber zu entscheiden, wo, bei wem und zu welcher Zeit sie Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen. Mit den Kinderbildungs- und -betreuungsgutscheinen erhalten die Eltern echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Gleiches gilt natürlich insgesamt für den großen Bereich der Bildungspolitik. Die Wähler haben nicht nur eine neue Landesregierung gewählt, sondern sie haben damit auch - bei Landtagswahlen ist das so - über unser Bildungssystem und Schulsystem mit entschieden. Wir haben fünf Jahre lang für das gegliederte, begabungsgerechte und differenzierte Bildungssystem gekämpft, Sie hingegen ausschließlich für die Einheitsschule -

dabei gibt es übrigens null Wahlmöglichkeiten für Eltern und Schüler. Die Wähler haben am Ende entschieden. Ich finde, meine Damen und Herren, Sie sollten diese Entscheidung endlich einmal akzeptieren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie hätten etwas zu Bildungsinhalten sagen können. Wir wollen die Eigenverantwortlichkeit von Schule weiter vorantreiben:

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Humanis- tische Bildung!)

durch unser Beratungs- und Unterstützungssystem

(Zuruf von der LINKEN: Das ist ja das Schlimme!)

genauso wie durch den Aufbau einer Schulleiterakademie, wo amtierende, aber auch künftige Schulleitungen auf die neuen Herausforderungen der Eigenverantwortlichkeit von Schule vorbereitet werden. Eigenverantwortlichkeit von Schule darf aus unserer Sicht nicht nur ein Schlagwort sein, sondern diese großartige Idee von einem Mehr an Bildungsqualität durch Bildungsvielfalt und Bildungswettbewerb werden CDU und FDP gemeinsam mit Leben füllen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Heinrich Aller [SPD]: Unter dem besten Schulminister, den es je gab! Aber der ist jetzt ja weg!)

Bildung hört natürlich nicht in der Schule auf, sondern geht in den Wissenschaftsbereich über. Wir haben durch mehr Flexibilität bei den Studienbeiträgen - das wäre der richtige Fachbegriff, Herr Kollege Jüttner - dafür gesorgt, dass unsere Hochschulen ein weiteres zusätzliches Wettbewerbsinstrument an die Hand bekommen, um so im Interesse der Hochschulen, aber auch im Interesse aller Studierenden die Bildungsqualität an den Universitäten und Fachhochschulen in Niedersachsen weiter zu verbessern. Dafür ist mehr Flexibilität richtig und sinnvoll.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich werden wir bei der Diskussion um Wissenschaft nicht die außeruniversitären Forschungseinrichtungen vergessen. Ganz im Gegenteil: Die Idee des Innovationsfonds soll mit dazu beitragen,

(Zuruf von der SPD: Das ist ein Flop!)

Forschungsanwendung und Forschungsausgliederung weiter zu ermöglichen. Damit helfen wir gleichzeitig dem unternehmerischen Mittelstand in unserem Bundesland. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können sich keine eigene Forschungsabteilung leisten. Sie sind deswegen immer ein bisschen im Nachteil gegenüber den Großkonzernen. Diese Regierungskoalition hat sich die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen auf die Fahnen geschrieben. Es gibt keine Landesregierung, die sich so stark für den Mittelstand einsetzt wie diese Landesregierung aus CDU und FDP in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Heinrich Aller [SPD]: Nennen Sie mal eine Zahl!)

Wie wichtig diese Mittelstandsausrichtung ist, Herr Aller, zeigt die Politik in Nordrhein-Westfalen. Schauen Sie sich doch einmal an, was passiert, wenn man sich zu stark auf Großkonzerne fokussiert! Es war ein sozialdemokratischer Ministerpräsident - der mischt sich jetzt ja ständig ordnungspolitisch ein, auch in Hessen -, nämlich Herr Clement, der dafür gesorgt hat, dass ein Großkonzern - sprich: Nokia - Subventionen in Millionenhöhe erhalten hat. Nach Auslaufen dieser Förderung verlässt dieser Großkonzern unser Land und lässt die Menschen im Stich. Was hätte man mit diesem Geld nicht alles Sinnvolleres im Bereich der Mittelstandsförderung auch hier in Niedersachsen anfangen können! Jeder Investitionskostenzuschuss für einen kleinen Handwerker hätte eine sinnvollere Investition dargestellt. Der hätte vielleicht nur einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz geschaffen, aber dafür viele bestehende Arbeitsplätze in unserem Land erhalten. Denn ich kenne keinen einzigen Handwerksmeister, der nach Erhalt einer Landesförderung seinen Standort nach Rumänien verlegt hat. Ich finde, das unterstreicht die Richtigkeit dieser konsequenten Mittelstandsausrichtung unserer Wirtschaftspolitik mit Walter Hirche als Wirtschaftsminister.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genauso konsequent werden wir bei der Haushaltskonsolidierung fortfahren. Es wurde schon genannt: 2010 wollen wir ohne neue Schulden auskommen, um dann endlich auch in die Schuldentilgung einzusteigen. Wir wissen, dass dies ein ehrgeiziges Ziel ist. Trotz zusätzlicher neuer Instrumente wie dem Einstieg in die doppelte Buchführung, unserem Pensionsfond oder dem Neuver

schuldungsverbot wird es mit Sicherheit keine leichte Aufgabe sein. Denn bei den Steuereinnahmen des Landes sind wir ja mehrheitlich von nationalen und internationalen Rahmenbedingungen abhängig und können nicht alleine hier in Niedersachsen beschließen. Deswegen ist es so wichtig, dass sich die Menschen gerade auch in der Finanzpolitik auf die Solidität und Seriosität dieser Koalition verlassen können. Denn es bleibt dabei: Es gibt nichts Unsozialeres als Schulden zulasten der nachfolgenden Generationen, zulasten unserer Kinder und Kindeskinder. Es ist gut, dass Sie heute Ihr wahres Gesicht gezeigt haben, Herr Jüttner. Wir jedenfalls stehen sehr klar für ein Neuverschuldungsverbot.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung werden wie schon in der letzten Legislaturperiode natürlich Privatisierungserlöse sein.

(Heinrich Aller [SPD]: Werden Sie mal konkret!)

Privatisierung ist für uns nicht alleine ein Selbstzweck, sondern hat immer auch ein inhaltliches politisches Ziel und darf vor allem nicht ausschließlich zur Deckung von laufenden Kosten dienen. Wir sind jedenfalls fest davon überzeugt, dass die in staatlichen Beteiligungen gebundenen Mittel wesentlich besser in Bildung, Forschung und Technologie investiert wären. Denn es gibt in unserem Lande nur einen einzigen Rohstoff. Dieser Rohstoff liegt zwischen unseren Ohren. Deswegen ist es richtig, dass wir diesen Rohstoff durch mehr Investitionen in die Bildungspolitik weiter fördern.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wo wir gerade bei Intelligenz sind: Intelligente Menschen können auch die Dinge in einem Koalitionsvertrag lesen und verstehen, die nicht schriftlich fixiert sind.

(Lachen bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Heinrich Aller [SPD]: Das ist klasse! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Wie viele Seiten sind denn nicht geschrieben?)

- Ich habe vorher extra gesagt, dass das nur für die Intelligenten gilt. Entscheiden Sie selbst, wie die Reaktion aufseiten der Opposition zu bewerten ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU - Heinrich Aller [SPD]: Bei der Medizin müssen Sie den Bei- packzettel lesen! - Weitere Zurufe von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN)

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, Herr Dr. Sohn. Sie werden im Koalitionsvertrag nichts über präventive Telefonüberwachung oder den Einsatz der Bundeswehr im Innern finden. Dafür war aus unserer Sicht auch gar kein Platz. Denn diesen Platz haben wir im Koalitionsvertrag für ein klares Bekenntnis zur Integration und für ein Festschreiben eines erleichterten Zugangs zu einer Härtefallkommission gebraucht. Beides sind wesentliche Beiträge für ein weltoffenes und tolerantes Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sie hätten sich doch lieber ein paar Stichworte aufschreiben sollen!)

Wir werden in den nächsten fünf Jahren viel Freude haben. Denn in der Tat haben wir nicht nur viele gute Ideen in der Wirtschafts- und Bildungspolitik, sondern wir haben immer auch einen gesellschaftspolitischen Anspruch. Der wird sich natürlich auch in solchen Kapiteln immer wiederfinden.

Einen weiteren Akzent setzen wir im Bereich Umweltpolitik, Herr Dr. Sohn. Das ist ein ganz wichtiges Thema. Wir setzen dabei auf bewährte Instrumente wie den Vertragsnaturschutz, aber - ich will das hier sehr klar sagen - vor allem auf bewährte Persönlichkeiten wie unseren Umweltminister Hans-Heinrich Sander, der sich sehr wohltuend von einer verbotsorientierten Umweltpolitik unterscheidet.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Wozu braucht es einen Plan, wenn man Herrn Sander hat!)

Klimaschutz ist ein wichtiges neues Thema, das wir durch eine Energiepolitik mit Augenmaß erfolgreich umsetzen wollen. Zum Energiemix wurden schon die wesentlichsten Dinge gesagt. Gleichzeitig wollen wir den Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2020 auf 25 % steigern. Darüber hinaus geht es uns bei dem Begriff Klimaschutz auch um die Bewältigung der Klimafolgen. Das heißt für uns sehr konkret: Deichbau und Küstenschutz. Gerade in einem

Küstenland wie Niedersachsen, in einem Land, wo es sehr viele Gewässer gibt, fließende wie stehende, sind das im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtige Themen. Auch hier können sich die Menschen auf diese Regierungskoalition verlassen. Herr Jüttner, dass Sie den Hochwasserschutz nicht erwähnt haben, ist klar. Sie sind schon damals untergegangen, und Sie werden mit so etwas auch in der nächsten Legislaturperiode untergehen.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben weitere Ideen im Bereich der Kulturpolitik, im Bereich der Sozialpolitik - da kommen wir gleich noch zu wesentlichen Unterschieden zu den linken Oppositionsfraktionen - und natürlich auch in der Justiz- und Landwirtschaftspolitik.

(Heinrich Aller [SPD]: Wo verorten Sie sich denn eigentlich? - David McAl- lister [CDU]: Wir sind bürgerlich! - Bernd Althusmann [CDU]: In der Mit- te!)

Aber viel entscheidender als die bloße Aneinanderreihung von politischen Einzelthemen ist die Gesamtbotschaft, die Sie auch in der Regierungsarbeit wiederfinden wollen. All die Ideen, die Sie in unserem Koalitionsvertrag finden können, lassen sich unter einem Begriff zusammenfassen, nämlich Chancen. Deswegen ist es richtig, dass wir unser gemeinsames Motto gewählt haben: Niedersachsen - Land der neuen Chancen.

(Heinrich Aller [SPD]: Oh! - Petra Em- merich-Kopatsch [SPD]: Fragt sich nur: Für wen? Das ist hier die Frage!)