Wie zynisch ist eigentlich der Satz, dass jemand das Ressort wechselt, weil er so eine klasse Arbeit gemacht haben soll? - Das ist doch wirklich beeindruckend.
Kommen wir jetzt zu der 42 Seiten umfassenden Koalitionsvereinbarung, die Sie auf den Tisch gelegt haben. Wir haben gelesen, es sei sehr schnell und ohne großen Streit gegangen. Das wundert mich wirklich nicht. Wenn sich zwei wirklich so anspruchslose Partner zusammensetzen, dann werden sie doch schnell ein paar Seiten zusammenschreiben können, meine Damen und Herren.
Augenscheinlich hat es selbst auf dem kleinen Landesparteitag der CDU entsprechende Bemerkungen gegeben. Ich habe gelesen, Herr Noack sei sehr unzufrieden gewesen. Er wird zitiert mit dem Satz: Es genügt nicht, dass man nur verwaltet. - Meine Damen und Herren, Verwaltung ist das Oberste dessen, was man dieser Koalitionsvereinbarung zugestehen kann. Mehr ist das bei Gott nicht!
Das sind 42 Seiten ohne jeden Esprit mit einer Heroisierung der Vergangenheit. Realität wird einfach nicht zur Kenntnis genommen, und die Zukunft wird mit Mehltau begraben, meine Damen und Herren. Mit diesem Anspruch ist Niedersachsen nicht voranzubringen. Dessen können Sie sich sicher sein.
Ich möchte Ihnen dies anhand einer Reihe von Beispielen verdeutlichen. Wir beanspruchen heute nicht, die Landespolitik vollständig abzubilden. Wir werden in den nächsten Monaten noch genug Zeit haben, um uns mit weiteren Einzelheiten zu befassen.
Wir haben in den letzten Wochen immer wieder von der wirtschaftlichen Aufholjagd in diesem Lande gehört. Herr Hirche hat das heute Morgen erneut vorgetragen. Ich möchte daran erinnern, dass das Niedersächsische Landesamt für Statistik - eine Einrichtung des Landes, die aufgelöst werden soll, weil sie leider immer wieder die Wahrheit veröffentlicht -
wenige Tage nach der Landtagswahl die neuesten Zahlen aus dem Jahr 2007 zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts auf den Tisch gelegt hat. Wir stellen fest:
Was ist das denn für eine Aufholjagd, meine Damen und Herren, wenn sich der Abstand zu den Spitzenländern im Süden Deutschlands doch weiter vergrößert! - Das ist das Gegenteil von Aufholjagd.
Sie brüsten sich mit Ihrer vorgeblichen Innovationsoffensive. Die Wahrheit ist: Die Haushaltsmittel für die Finanzierung von Innovationen sind zwischen 2003 und 2006 halbiert worden. Seitdem hatten Sie lediglich zwei Ideen dafür, wie man den Eindruck erwecken kann, dass Sie sich um Innovation kümmern würden. Nicht, dass Sie die Mittel auf die alte Höhe aufgestockt haben. Nein, das nicht! Sie setzen stattdessen eine Marketingstrategie ein, mit der ein Produkt vermarktet werden soll, das überhaupt nicht besser geworden ist, meine Damen und Herren. Schein statt Sein - das ist Ihre Innovationsoffensive!
Sie bilden einen Innovationsfonds, der in diesem Jahr vielleicht einmal eben gerade 2 Millionen Euro für konkrete Maßnahmen zur Verfügung stellt. Das ist eine lächerliche Summe im Vergleich zu den Herausforderungen, über die wir hier reden. In der Konsequenz kommt das Niedersächsische Landesamt für Statistik beim letzten NiedersachsenMonitor 2007 zu dem Ergebnis - die Zahl der Patentanmeldungen ist ja ein wichtiger Indikator für die Innovationskraft des Landes und die technologische Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft - - -
- Herr McAllister, ich wäre froh, wir hätten für Niedersachsen andere Daten. Das hier aber ist leider die Realität.
- Ja, ich bin schuld. Klar. - Wir müssen dort lesen - ich zitiere -: Im Jahr 2006 wurden in Niedersachsen nur noch 2 603 Erfindungen zum Patent angemeldet. Das waren 4,9 % weniger als 2005, und gegenüber dem Jahr 2001 war das sogar ein Rückgang um 19,5 %. Der Rückgang war in Niedersachsen deutlich stärker ausgeprägt als bun
desweit. Meine Damen und Herren, das sind Ihre Zahlen hinsichtlich der Innovationsfähigkeit dieses Landes.
Deshalb lassen wir das nicht durchgehen, was Sie an Schönfärberei in die Koalitionsvereinbarung und in die heutige Regierungserklärung hineingegossen haben. Das stimmt vorn und hinten nicht, meine Damen und Herren!
Ich verdeutliche das an einem weiteren Lieblingsthema von Ihnen, dem Bürokratieabbau. Die Staatskanzlei hat im Jahr 2006 eine fulminante Presseerklärung mit der Überschrift herausgegeben: „Landesregierung schlägt Schneisen in den Vorschriftendschungel“. - In der Koalitionsvereinbarung wird festgehalten: Den Bürokratieabbau werden CDU und FDP fortsetzen.
Ich lese Ihnen vor, was der Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes Niedersachsen vor etwa zehn Tagen veröffentlicht hat. Ich zitiere:
„hat sich der jährliche Umfang des Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblattes von 476 Seiten auf 785 Seiten verdickt.“
Hätte ich so eine Aussage gebracht, hätten Sie gesagt, der Jüttner zieht wieder irgendetwas aus der Tasche. Aber das Zitat stammt von einem derjenigen, die in Niedersachsen Verantwortung in der Wirtschaft haben, meine Damen und Herren. Die gucken Ihnen auf die Finger und stellen fest, dass sie von Ihnen von vorn bis hinten veralbert werden. Das ist die Realität.