Diese Botschaft wird sich auch durch solch eine große Veranstaltung in den Köpfen vieler manifestieren, auch vieler derer, die heute vielleicht noch anders denken, obwohl uns Bildungspolitikern diese Botschaft sehr klar ist. Noch nie zuvor in der Geschichte unseres Landes hat sich ein Regierungschef so ernsthaft mit Bildung befasst wie unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Noch nie wurde so hochkarätig eingeladen. Man muss sich klar machen, was dort passiert ist: Alle Ministerpräsidenten haben sich nach intensivster Vorbereitung mit den zentralen Fragen von Bildung auseinandergesetzt und gemeinsame Beschlüsse gefasst. Die Ministerpräsidenten bestimmen die Richtlinien der Politik. Das heißt, jetzt ist das, was dort beschlossen und auf den Weg gebracht wurde, Maßstab des politischen Handelns für alle Landesregierungen und für die Bundesregierung.
Das hat es in diesem Lande noch nicht gegeben. Ich sage das als Bildungspolitiker sehr selbstbewusst: Das war angesichts der riesigen Herausforderungen, die vor uns liegen und die sich uns stellen, dringend notwendig. Auch deswegen war Dresden ganz wichtig und außergewöhnlich richtig.
Stellen Sie sich eine Sekunde lang vor, Gerhard Schröder wäre Bundeskanzler gewesen und hätte überlegt.
Sie hätten das hier gefeiert. Die nötige Ernsthaftigkeit, die man dem Thema Bildung entgegenbringen muss, war bei Gerhard Schröder nie vorhanden. Das wissen alle hier im Saale und die, die Gerhard Schröder kennen. Er hätte daraus keine glaubwürdige Veranstaltung gemacht.
unserem Land. Das heißt heruntergebrochen auf jeden Einzelnen: Wir wollen ein Bildungsangebot für jeden einzelnen Menschen. Noch konkreter und einzigartiger bedeutet das: Wir wollen jeden Einzelnen in die Lage versetzen, seine Lebensplanung in eigener Verantwortung gestalten zu können. Jedem müssen unabhängig von seiner Herkunft der bestmögliche Start ins Leben und Aufstieg durch Bildung ermöglicht werden.
Das hört sich nach wenig an und ist ganz viel, weil es jedem Einzelnen hilft und hoffentlich auch Hoffnung macht.
Eine weitere Botschaft: Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Uns ist klar, die Länder sind zuständig, der Bund, die Städte, die Landkreise und die Gemeinden sind zuständig, übrigens mit immer mehr Aufgaben. Davon bin ich heute mehr denn je überzeugt. Es kommt auch ganz zentral auf das Elternhaus an. Auch das ist dargestellt worden.
Wenn man jetzt, nach dem, was dort diskutiert worden ist, über bestimmte Maßnahmen nachdenkt, wird auch darüber nachgedacht, wie wir z. B. in bildungsferne Elternhäuser oder in Migrantenhaushalte und Migrantenfamilien hineinwirken können. Das muss jetzt mit im Fokus der Überlegungen stehen.
„Gesamtgesellschaftlich“ heißt, dass verschiedene Gruppen eingebunden sind, die Unternehmen, die Gewerkschaften, die Kirchen, die Vereine, die Hochschulen sowieso. Ein Abschieben der Verantwortung allein auf den Staat oder auf staatliche Einrichtungen ist passé. Man muss feststellen: Wir brauchen alle, wir brauchen ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein, wenn wir die Probleme lösen wollen.
Wir könnten viele Beispiele nennen, warum wir in Niedersachsen in vielen Bereichen wirklich vorbildlich gearbeitet haben. Wir haben 18,6 % des Landeshaushaltes für Bildungsfragen zur Verfügung gestellt. So viel hat es noch nie gegeben.
Ich bin dieser Landesregierung sehr dankbar, dass sie in schwieriger Lage solch riesige Finanzmittel zur Verfügung stellt, die letztendlich eine Investition in die Zukunft unseres Landes sind nach dem Motto: Was ich heute für Bildung ausgebe, muss
Jetzt kommt unsere Forderung, die auch sehr klar an Berlin gerichtet werden muss. Bildung kostet Geld. Sie ist wertvoll. Wir sind bei 18,6 %, was die Bildungsausgaben anbetrifft. Es ist allemal besser, frühzeitig in Bildung zu investieren. Wenn man aber dort eine gemeinsame Verantwortung darstellt, dann fordere ich vom Bund ein, dass diese auch finanziell unterlegt und untermauert wird.
Deswegen heißt mein Appell auch an Angela Merkel und vor allem an Peer Steinbrück: Nimm endlich den Stacheldraht vom Portemonnaie! Unsere Kinder und unsere jungen Menschen haben es verdient; es ist zum Wohle unseres Landes und zum Wohle unserer Menschen!
Meine Damen und Herren, der Bildungsgipfel hat den Weg geebnet. Er war gut und nötig. Wenn wir alle gemeinsam die richtigen Schlüsse daraus ziehen, werden wir zugunsten unseres Landes und der nachfolgenden Generationen erfolgreich sein.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Das war eine Sta- cheldrahtrede! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Dauerhaft auf Geld verzichten und dann solche Reden halten! Das ist wirklich die Höhe!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einen Gipfel wollte die Bundeskanzlerin am 22. Oktober erklimmen.
Tatsächlich ist sie wohl nur durch die selbst ausgehobenen Gräben der Föderalismusreform gestolpert.
Von Ihrer großen Botschaft, Herr Klare, unser Bildungssystem auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen, kann ich nicht viel entdecken. Stattdessen die Wiederholung alt bekannter Forderungen wie z. B. der bereits beschlossene Ausbau der Zahl der Krippenplätze und die Verkündung nicht mehr ganz neuer Ziele, z. B. die Halbierung der Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss, ohne allerdings ein einziges Wort darüber zu verlieren, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Eine Strategiegruppe wurde eingesetzt, die ein ganzes Jahr lang - natürlich bis nach der Bundestagswahl - Zeit hat, das zu tun, was eigentlich vor dem Bildungsgipfel hätte getan werden müssen, nämlich einen Plan zu entwickeln, wie die notwendigen Bildungsinvestitionen finanziert werden sollen.
Erfreulich an dem Papier, das der Bildungsgipfel hinterlassen hat, ist eigentlich nur, dass die unterschiedlichen Auffassungen erstmals nicht unter den Tisch gekehrt wurden. So steht auf Seite 6 zu lesen:
„Die Länder erwarten … einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen oder alternativ, dass der Bund bereit ist, die Relation für die Bildungsaufwendungen über das bisherige Maß hinaus zu erhöhen. Der Bund widerspricht dem zum jetzigen Zeitpunkt.“
Deutlicher kann man eigentlich nicht zum Ausdruck bringen, dass der Bildungsgipfel am entscheidenden Punkt, der Verständigung über die künftige Finanzierung, gescheitert ist. Dieses Scheitern, Herr Kollege Klare, war, von Ihnen selbst mit verursacht, durch die Föderalismusreform I bereits angelegt, mit der Sie dem Bund jede Kompetenz für Bildungsfinanzierung und Bildungspolitik entzogen haben.
Heute kann man deshalb nur feststellen: Der Bund darf nicht, und die Länder können oder wollen nicht.
Meine Damen und Herren, die wirklich wichtigen, die drängenden Probleme - wie überwinden wir die Bildungsarmut, wie überwinden wir das skandalöse sozialselektive System in unserem Bildungswesen? - sind auf dem Bildungsgipfel gar nicht erst angesprochen worden. Statt hier über die Chancen des Bildungsgipfels zu schwadronieren und vom
Bund Taten zu fordern, wie es die CDU mit ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde getan hat, muss die Landesregierung endlich selbst aktiv werden.
Herr Wulff, Frau Heister-Neumann, was ist denn nun mit dem qualitativen Ausbau im Elementarbereich? Wie wollen Sie die Qualität des Schulunterrichts verbessern, wie die soziale Selektion in der Schule überwinden? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass die Bildungschancen von Migrantenkindern endlich verbessert werden? Reden hören wir dazu viele, aber getan wird nicht genug.
Wir werden Ihnen dazu heute Nachmittag ein Konzept vorlegen, weil Ihnen dazu seit fünf Jahren nichts einfällt.
Die deprimierenden Warteschleifen in der Berufsbildung für junge Menschen ohne Ausbildungsplatz gehören endlich abgeschafft. Stattdessen brauchen wir für jeden Jugendlichen eine richtige Ausbildung.
Herr Wulff, Sie müssen endlich die nötigen Studienplätze einrichten und die Studiengebühren wieder abschaffen.
Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Kinder aus finanzschwächeren Familien werden durch Studiengebühren nachweislich vom Studium abgeschreckt.
Es ist noch eine riesige Menge zu tun. Ihre warmen Worte und lauen Appelle an den Bund heute, das nötige Geld bereitzustellen, nimmt Ihnen niemand mehr ab. Wer wie der Ministerpräsident im Vorfeld des Bildungsgipfels Geld vom Bund lieber ablehnt, weil er alles besser weiß und keine Weichenstellung vom Bund in der Bildungspolitik will, der stellt nur unter Beweis, dass er die große Herausforderung Bildungsrepublik Deutschland immer noch nicht verstanden hat.