Es ist gut, dass die Schulinspektion trotz aller Widerstände eingeführt wurde. Es ist auch gut, dass wir sie ins Schulgesetz geschrieben haben; das wollten Sie ja lange nicht. Nun steht sie mit ihrem Verantwortungsbereich im Gesetz. Weniger gut ist, dass wir Sie mehr als ein Jahr lang auffordern mussten, erste Ergebnisse der Schulinspektion hier vorzulegen. Jetzt wissen wir auch, warum: Die Ergebnisse sind keineswegs so, dass man sich zufrieden zurücklehnen könnte. Auch wenn es Positives zum Schulleben oder Schulklima gibt, im absoluten Kerngeschäft der Schulen, in der Unterrichtsqualität, schneiden mehr als zwei Drittel aller Schulen schwach ab bzw. liegen sie im unteren Bereich. Das ist ziemlich problematisch. Da kann man nicht sagen, dass wir auf einem guten Weg seien.
Wenn zwei Drittel der Schulen bei dem zentralen Kriterium „Unterstützung des aktiven Lernprozesses“ schwach abschneiden, dann ist das ein riesiges Problem; denn dies ist das Wichtigste, was im Unterricht stattfindet: die Aktivierung der Schülerinnen und Schüler, damit sie nachhaltig lernen.
Wenn bei über 80 % der Schulen die Bereiche selbstständiges Lernen, Partner- und Gruppenarbeit sowie Nutzung angemessener Medien als schwach bewertet werden, dann ist dies angesichts der Bedeutung dieser Kompetenzen wirklich ein Problem.
Wer angesichts solcher Ergebnisse tatsächlich meint, er sei mit seiner Schulpolitik auf einem guten Weg, der hat Schulen offensichtlich nur von außen gesehen.
Ein besonderes Problem - Herr Klare, das sehe ich völlig anders als Sie - sind die Gymnasien. Hier haben über 90 % bei der Unterstützung selbstständiger Lernprozesse eher schwach oder ganz schwach abgeschnitten. Zufriedenstellend arbeiten weniger als 10 % in diesem Bereich.
Angesichts dessen wundert mich das schlechte Abschneiden bei der jüngsten PISA-Studie wirklich nicht. In keinem anderen Bundesland erreichten so viele Schülerinnen und Schüler nur die unterste Kompetenzstufe oder blieben sogar darunter. In keinem anderen Bundesland - das ist jetzt sehr wichtig für Sie - hat ein so geringer Anteil der Gymnasiasten die höchste Kompetenzstufe erreicht. Hier zeigt sich das Scheitern Ihrer Schulpolitik. Sie haben die Gymnasien kaputtgespart und kaputtreformiert. Sie haben ihnen Vergleichsarbeiten aufgedrückt, die Sie jetzt schon wieder zurücknehmen, Sie haben ihnen das Zentralabitur aufgezwungen, und Sie haben ohne jede vernünftige Vorbereitung das Turbo-Abitur nach Klasse 12 eingeführt. Das rächt sich jetzt.
Anstatt die Arbeitsbedingungen an den Gymnasien zu verbessern, haben Sie sogar noch die Klassenfrequenzen hochgesetzt. Klassen mit 33 oder 34 Schülerinnen und Schüler sind keine Ausnahme mehr, und das in 5. und 6. Klassen, in denen eine neue Fremdsprache hinzukommt. Man kann sich vorstellen, wie oft ein Kind in einer 45-MinutenUnterrichtsstunde beispielsweise in Französisch an die Reihe kommt. Für die Verbesserung von Unterrichtsqualität haben Sie nichts getan. Bis heute haben Sie kein einziges überzeugendes Konzept der Unterstützung und Beratung der Schulen vorgelegt.
Es reicht nicht, wenn man als Lehrer in seinem Fach fit ist. Man muss es auch schaffen, eine leistungsmäßig gemischt zusammengesetzte Schülerschaft so zu fördern, dass jedes Kind einen guten Lernfortschritt erzielen kann. Dazu brauchen wir - das haben wir Ihnen schon einmal vorgeschlagen - eine Qualifizierungsoffensive für die Lehrkräfte, damit sie den neuen Anforderungen gerecht werden können. Aber seit Jahren bekommt das Kultusministerium dies nicht hin. Kleines Stückwerk
haben Sie wieder vorgetragen: Fachberater, Unterrichtsentwickler. Das ist kein richtiges Konzept aus einem Guss. Dies sind Sie uns seit Jahren, aber vor allem den Schülerinnen und Schülern und den Schulen schon seit Langem schuldig.
Stattdessen mehren sich die Zeichen, dass das Kultusministerium und die Schulbehörde wieder zum alten Schulratssystem zurückwollen. Wenn sich dies bestätigen sollte, meine Damen und Herren, dann sehe ich für die nächsten Inspektionen wirklich schwarz, und zwar im doppelten Sinne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aktuelle Stunden sollen aktuelle Themen aufgreifen, dürfen aber selbstverständlich nicht zu Oberflächlichkeit führen. Insofern kann das hier nur eine erste Einschätzung sein. Der Bericht der Schulinspektion ist erst am letzten Freitag im Kultusausschuss vorgelegt worden. 40 % der Schulen sind inzwischen inspiziert worden. Das Verfahren selbst ist noch in der Erprobung.
Wir als Linke waren nicht im Landtag vertreten, als die Schulinspektion eingeführt wurde. Wir haben durchaus einige Ideen zur Verbesserung des Prozesses und werden diese an gegebener Stelle einbringen.
Von zentraler Bedeutung ist der Qualitätsbegriff, der der Evaluation zugrunde gelegt wird. Hierüber muss mit allen beteiligten Akteuren diskutiert und auch transparent entschieden werden. Am Ende muss sehr intensiv überlegt werden, welche Genauigkeit die erhobenen Daten aufweisen können und wo eine Pseudoexaktheit dargestellt wird, die der Komplexität des Bildungsbegriffes und auch der Nichtvergleichbarkeit bestimmter Dinge nicht gerecht wird.
Doch genau das, meine ich, ist in diesem Bericht passiert. Es werden grundsätzliche Aussagen zu Schulformen getroffen. Gleichzeitig soll ein Ranking der Schulen nicht stattfinden. Warum können dann Schulformen verglichen werden? Ist das mit diesem Instrumentarium überhaupt möglich?
Die generellen Zweifel, in welchem Umfang man Qualität messen und beurteilen kann, sollen nicht in Abrede stellen, dass eine Evaluation notwendig ist. Aber diese muss auf konkrete Aspekte vor Ort eingehen und dort auch mit den Beteiligten diskutiert und bewertet werden.
Wie kann das geschehen, wenn Inspektionsteams in sehr schnellem Rhythmus 20 Minuten lang Unterricht sehen und dann die Unterrichtsqualität beurteilen sollen? Ich habe Zweifel, ob daraus ein Urteil über die Unterrichtsqualität abgeleitet werden kann.
Warum wird nicht überhaupt eine Stichprobenerhebung, sondern generell eine vollständige Überprüfung durchgeführt?
Ein weiterer Punkt ist die angebliche Trennung von Schulinspektion und Schulaufsicht. Die Schulaufsicht kann ja selbst Nachprüfungen anordnen. Geht das nicht schon in die Richtung von Sanktionierungsmaßnahmen? Wird das der Trennung wirklich gerecht? Auch da habe ich Zweifel. Schulen müssen über Daten und Informationen über pädagogische Arbeit verfügen. Aber, wie gesagt, es muss mit allen Gruppen vor Ort offen diskutiert werden, ohne dass das von Anfang an unter einer Sanktionsdrohung steht.
Insofern sollte man sich in einem ersten Schritt mit der Basis der Ergebnisse auseinandersetzen. Für mich sind dazu drei Gesichtspunkte von Bedeutung: Erstens. Auf den dahinterstehenden Qualitätsbegriff bin ich bereits eingegangen. Auch der zweite Punkt ist mir sehr wichtig: Welchen Einfluss hat die Bertelsmann-Stiftung mit ihrem Projekt „Selbstevaluation in Schulen“?
Drittens. Welche Möglichkeiten gibt es für eine demokratische und offene Qualitätsdiskussion mit allen Gruppen in einem angstfreien Rahmen?
senses, wie ich ihn nenne, die Evaluation an den Schulen durchgeführt werden kann. Dabei muss man auch klären, wie man mit den Ergebnissen umgeht. Daten erheben, Missstände feststellen, die Schulen auffordern, die Situation zu verbessern - das ist die eine Seite. Aber wie sieht es auf der anderen Seite mit dem Beratungs- und Unterstützungssystem der Schulbehörde aus? Jeder kennt den gegenwärtigen Zustand der Landesschulbehörde.
Das gilt im Grunde genommen auch schon für diesen Bericht. Weiterqualifizierung von Lehrkräften, räumliche Infrastruktur, Bücherausstattung: All das sind Dinge, die die Schulen im Rahmen ihres eigenverantwortlichen Budgets nicht ganz alleine leisten können. Auch da brauchen die Schulen Unterstützung. Das übersteigt meiner Meinung nach die Mittel der einzelnen Schulen.
Außerdem muss der Umfang der Schulinspektionen überprüft werden: Wie viele Schulen müssen inspiziert werden? Welche Vorleistungen und Daten müssen erhoben werden? - Finnland hat die flächendeckende Schulinspektion 1991 wieder abgeschafft, weil es keinen Qualitätssprung für die Schulen gab. Ich habe meine Zweifel, ob durch die Schulinspektion in dieser Form - das muss noch ausgewertet werden - die Qualität von Schulen wirklich verbessert werden kann.
Mein Fazit bis jetzt ist: Die Schulinspektion ist auf dem Weg, für mich aber sicherlich noch nicht in die richtige Richtung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin über die Stellungnahme der Linken leicht verwundert. Man kann ja darüber reden, ob einem die Ergebnisse passen oder nicht. Aber letztendlich muss man doch feststellen - ich glaube, das haben auch die anderen Fraktionen so geteilt -, dass die Schulinspektion schon auf dem richtigen Weg ist und zur Qualitätsverbesserung in Niedersachsens Schulen beigetragen hat.
Letztendlich lässt sich im Bericht feststellen, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Schulformen gibt. Das heißt, auch hier muss man wieder feststellen: Eine Schulstrukturdebatte ist nicht der richtige Weg, um Qualität zu verbessern,
Einige Schulen mussten in der Tat - das geht aus dem Bericht hervor - nachinspiziert werden. Letztendlich lässt sich dann feststellen, dass dort die von uns gesetzten Qualitätsstandards nicht erfüllt worden sind. Das heißt, dort musste man aktiv werden. Wenn Sie den Bericht lesen, stellen Sie fest, dass bis auf zwei Schulen alle nachinspizierten Schulen diese Nachinspektion bestanden haben. Wenn sie die Nachinspektion bestanden haben, dann muss es doch eine Qualitätsverbesserung in diesen Schulen gegeben haben.