Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

rüstete Aktivist(inn)en der Organisation Robin Wood an. Die Personen, unter ihnen Frau Lecomte, befanden sich auf einem über der Bahnstrecke befindlichen Tragwerksbogen. An der Brücke hatten die Aktivisten Transparente ausgerollt, deren Parolen den Protest gegen die sogenannten Castortransporte ausdrückten. Aufgrund der darüber hinaus getroffenen Vorbereitungen der Gruppe war erkennbar, dass ein Abseilen der Personen über die Schienen unmittelbar bevorstand. Eine Durchfahrt von Zügen war ohne Gefährdung der Personen nicht mehr möglich, ein auf der Strecke fahrender Verkehrszug wurde aufgehalten.

Nach Abschluss der daraufhin getroffenen polizeilichen Maßnahmen wurden drei der Blockierer wieder entlassen. Frau Lecomte hingegen wurde um 14.39 Uhr gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) aufgrund der anhaltenden Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Blockade des Castortransportes durch sie und damit zur Verhinderung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit in polizeilichen Gewahrsam genommen. Begründung hierfür war die Tatsache, dass Frau Lecomte bereits mehrmals ihren politischen Protest gegen die Castortransporte, insbesondere durch blockierende Kletteraktionen, ausgeübt hatte und spätestens aufgrund der neuerlichen Aktion davon auszugehen war, dass sie auch während des bevorstehenden Castortransportes jede Möglichkeit nutzen würde, den Transportzug durch eine solche Aktion zu behindern und zu verzögern. Dieses war auch Äußerungen der Frau Lecomte im Vorfeld des Transportes zu entnehmen gewesen.

Das Amtsgericht Lüneburg bestätigte - nach Anhörung von Frau Lecomte - um 17.15 Uhr die Ingewahrsamnahme und ordnete deren Dauer bis zum Eintreffen der Castorbehälter im Verladebahnhof Dannenberg, höchstens jedoch bis zum 10. November 2008, 24 Uhr, an.

Die Behandlung festgehaltener Personen durch die Polizei richtet sich nach § 20 Nds. SOG und ergänzend dazu nach der Polizeigewahrsamsordnung (RdErl. des MI vom 2. Juli 2001 - Nds. MBl. S. 622). Diese sieht u. a. Regelungen zur Ausstattung der Gewahrsamszellen, zur Verpflegung der Insassen, zum Aufenthalt im Freien, zu Besuchen und zur Nachtruhe vor.

Da in den meisten Polizeidienststellen keine geeigneten Zellen für eine längerfristige Unterbringung (Langzeitgewahrsam) vorhanden sind, erfolgt

in diesen Fällen die räumliche Unterbringung in entsprechend eingerichteten Gewahrsamszellen der Polizeidirektionen Hannover oder Braunschweig. Aufgrund der Möglichkeit einer erneuten richterlichen Vorführung am 7. November 2008 wurde Frau Lecomte allerdings für die erste Nacht noch im Gewahrsamstrakt der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg/Uelzen untergebracht.

Im Anschluss an die Bestätigung der Langzeitingewahrsamnahme durch das Landgericht Lüneburg am 7. November 2008 erfolgte die Überstellung von Frau Lecomte in den Polizeigewahrsam der Polizeiinspektion Braunschweig, wo sie um 2.10 Uhr des 8. November 2008 aufgenommen wurde.

Die Unterbringung von Frau Lecomte erfolgte in einer Zelle, die für Langzeitingewahrsamnahmen über die Regelausstattung hinaus mit einem Regalschrank sowie einem Tisch und einem Stuhl ausgestattet ist. Sanitäreinrichtungen sind in der Zelle nicht vorhanden, das Gewahrsam verfügt jedoch über einen zentralen Sanitärbereich mit Waschbecken, Dusche und WC.

Die Inbetriebnahme dieses Gewahrsams erfolgte Ende des Jahres 2002. Die Einrichtung befindet sich in einem ausgezeichneten Zustand.

Frau Lecomte erhielt während ihres Aufenthaltes dreimal pro Tag Verpflegung in Form von vegetarischer Kost sowie auf Verlangen mehrmals zusätzlich Getränke. Mehrfach bekam Frau Lecomte die Möglichkeit, fernmündlich mit ihrer Anwältin in Kontakt zu treten. Darüber hinaus durfte sie viermal Besuch empfangen, darunter einmal von einer Ärztin, die ihr benötigte Medikamente verschrieb und Zeitschriften mitbrachte. Ferner wurden Frau Lecomte Bücher zur Verfügung gestellt.

Bei den regelmäßigen Kontrollgängen stellten die Gewahrsamsmitarbeiter mehrfach fest, dass Frau Lecomte auf dem ca. 190 cm hohen Regalschrank der Gewahrsamszelle saß und teilweise den Putz von der Zellendecke kratzte. Den Aufforderungen den Schrank zu verlassen, kam sie nicht nach. Um die Gefahr eines Sturzes vom Schrank auf den gefliesten Zellenboden zu verringern, ohne Frau Lecomte Fesseln anlegen zu müssen, blieb die Beleuchtung der Zelle über Nacht eingeschaltet.

Am 8. November 2008 von 14.20 bis 15.02 Uhr sowie am 9. November 2008 von 12.22 bis 12.35 Uhr erhielt Frau Lecomte jeweils Gelegenheit zu einem begleiteten Freigang auf dem Gelände der

Polizeiinspektion Braunschweig. Beim ersten Freigang wurde Frau Lecomte mittels einer locker am Handgelenk arretierten Handfessel mit einer Polizeivollzugsbeamtin der Polizeiinspektion Braunschweig verbunden, um zu verhindern, dass die als ausgezeichnete Kletterin bekannte Frau Lecomte, einen Baum oder Gebäudeteile auf dem Grundstück erklimmt.

Zum Ende des Freiganges weigerte sich Frau Lecomte, dann in das Polizeigewahrsam zurückzukehren, setzte sich auf den Boden und war auch durch Ansprechen nicht zum Aufstehen zu bewegen. Sie musste letztlich in das Gewahrsam zurückgetragen werden. Dabei erlitt ein Polizeivollzugsbeamter eine leicht blutende Verletzung am Ringfinger der linken Hand.

Der Freigang am 9. November 2008 fand in Begleitung von einer Beamtin und zwei Beamten der Polizeidirektion Lüneburg statt. Da Frau Lecomte über zu wenig Bewegung klagte, wurde auf eine Fesselung verzichtet und ihr gestattet, kurzzeitig einen der im Hof befindlichen Bäume zu erklettern. Danach kehrte sie sofort in die Räumlichkeiten des Polizeigewahrsams zurück.

Sofort nach Eingang des Beschlusses des Amtsgerichtes Lüneburg mit der Anordnung der sofortigen Aufhebung des Langzeitgewahrsams am 9. November 2008 wurde Frau Lecomte aus dem Gewahrsamsbereich Braunschweig entlassen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die einschlägigen Regelungen des NJVollzG kommen für den Vollzug polizeilicher Maßnahmen nur zur Anwendung, wenn der Gewahrsam gemäß § 20 Abs. 5 Nds. SOG in Amtshilfe in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen wird.

Für den Vollzug des Gewahrsams in Einrichtungen der Polizei gelten die in den Vorbemerkungen bezeichneten Regelungen des Nds. SOG und der Polizeigewahrsamsordnung.

Unterschiedliche Standards sind durch die mit bis zu zehn Tagen vergleichsweise geringe Höchstdauer des Gewahrsams nach dem Nds. SOG gerechtfertigt.

Zu 2: Frau Lecomte wurde während der gesamten Dauer ihrer Ingewahrsamnahme nach den Vorgaben des Nds. SOG und der Polizeigewahrsamsordnung behandelt. Weitere Einschränkungen der persönlichen Freiheit erfolgten aufgrund ihres ei

genen Verhaltens. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 3: Der Langzeitgewahrsam wird auch künftig nach den einschlägigen Vorschriften des Nds. SOG und der Polizeigewahrsamsordnung durchgeführt.

Anlage 38

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 41 des Abg. Victor Perli (LINKE)

Setzt sich die Landesregierung nicht genügend für den Erhalt von Radwegen ein?

Die Wolfenbütteler Zeitung berichtete am 22. November 2008 über die Sperrung eines Radwegs in der Nähe der L495 bei WolfenbüttelHalchter durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Der Radweg sei durch Risse in der Fahrbahn zu einer Gefahrenquelle geworden. Da eine Instandsetzung für das Land aus finanziellen Gründen nicht infrage käme, müsse der Radweg aus haftungsrechtlichen Gründen entfernt werden.

Bislang stellte der Radweg für Fußgänger und Radfahrer, die entlang der L 495/L 615 und L 630 zwischen dem Stadtteil Halchter und Wolfenbüttel unterwegs waren, eine Abkürzung dar, da er abseits der Landestraße durch ein kleines Waldstück führt. Für die zuständige Landesbehörde sei die Aufrechterhaltung „eine Kür“, da es entlang der Landesstraßen einen parallelen - aber längeren - Radweg gibt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche kalkulierten Kosten für den Abriss bzw. für die Instandsetzung des Radwegs liegen der Entscheidung zugrunde?

2. Weshalb hat sich die Landesregierung nicht für Alternativen eingesetzt, die den Erhalt des Radwegs ermöglichen, beispielsweise durch eine Vereinbarung mit der Kommune?

3. In welchem Umfang und mit welchen Vorgaben stellt die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr den einzelnen regionalen Geschäftsbereichen finanzielle Mittel zur Unterhaltung und Instandsetzung von Radwegen zur Verfügung?

Der Bericht der Wolfenbütteler Zeitung gibt den Sachverhalt in einem maßgeblichen Detail nicht korrekt wieder. Bei dem gesperrten „Radweg“ handelt es sich nicht um einen Radweg, sondern um einen rund 1,20 m breiten, unbeschilderten Weg als Überbleibsel der vor dem Bau der A 395 seinerzeit an dieser Stelle verlaufenden B 4.

Eine Erneuerung dieses Weges zulasten des Landes kann angesichts der hier vorhandenen Straßen begleitenden Radwege im Zuge der L 495 und L 630 nicht in Betracht kommen, zumal die Abkürzung durch das Waldstück lediglich rund 50 m beträgt.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Eine Kostenkalkulation war für die Entscheidung insoweit entbehrlich.

Zu 2: Der regionale Geschäftsbereich Wolfenbüttel der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hat der Stadt Wolfenbüttel angeboten, den in Rede stehenden Weg in die Zuständigkeit der Stadt zu übernehmen. Dies wird von zurzeit von der Stadt Wolfenbüttel geprüft.

Zu 3: Für die Erhaltung der Landesstraßenradwege stehen im Haushaltsjahr 2008 rund 2,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Verteilung der Haushaltsmittel orientiert sich an der Radweglänge und am Zustand der Radwege in den einzelnen regionalen Geschäftsbereichen (rGB) wie folgt (in Milli- onen Euro): rGB Aurich 0,22, rGB Gandersheim 0,03, rGB Goslar 0,10, rGB Hameln 0,08, rGB Hannover 0,13, rGB Lüneburg 0,14, rGB Lingen 0,39, rGB Nienburg 0,13, rGB Oldenburg 0,28, rGB Osnabrück 0,21, rGB Stade 0,18, rGB Verden 0,23, rGB Wolfenbüttel 0,11.

Anlage 39

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 42 der Abg. Renate Geuter (SPD)

Evaluierung der Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Betreuungsvereinen - Was bedeutet die höhere Gewichtung der erfolgsorientierten Förderkomponente für die zukünftige Arbeit der Betreuungsvereine?

Die Betreuungsvereine übernehmen in Niedersachsen wichtige Aufgaben nach dem Betreuungsgesetz nicht nur bei der Gewinnung, sondern auch bei der Beratung, Fortbildung und Betreuung der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer. Sie informieren außerdem die Öffentlichkeit umfassend über die bisher leider noch immer unzureichend wahrgenommenen Möglichkeiten einer Vorsorgevollmacht. Die Möglichkeit, frühzeitig eine Person des Vertrauens zu bestimmen, die für einen Menschen handelt, der selbst dazu nicht mehr in der Lage

ist, ist aus unterschiedlichsten Gründen in entsprechenden Notfällen immer die beste Lösung. Die bisherige Landesförderung berücksichtigt daher die vielfältigen Funktionen der Betreuungsvereine.

Es ist jetzt beabsichtigt, die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Betreuungsvereinen zu evaluieren und die Richtlinien zu verändern. Zielsetzung ist eine spürbare Erhöhung erfolgsorientierter Förderkomponenten bei gleichzeitiger Absenkung von Festbeträgen. Zukünftig soll insbesondere die „erfolgreiche Werbung ehrenamtlicher Betreuer“ noch stärker durch Förderung belohnt und als Folge dessen eine Kostenreduzierung erreicht werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welchem Umfang plant die Landesregierung, zukünftig die Beratung, Betreuung und Fortbildung sowie Ermöglichung eines Erfahrungsaustauschs von ehrenamtlichen Betreuern finanziell zu fördern?

2. Bezieht sich die von der Landesregierung beabsichtigte erfolgsorientierte Förderkomponente ausschließlich auf die Werbung zusätzlicher ehrenamtlicher Betreuungspersonen, oder sollen auch weitere Kriterien Berücksichtigung finden?

3. Wird die Information über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen zukünftig noch als Tätigkeit der Betreuungsvereine finanziell unterstützt und, wenn ja, in welchem Umfang?

Die Niedersächsische Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Betreuungsvereine einen unverzichtbaren Beitrag für die volljährigen Personen leisten, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht bzw. nicht in vollem Umfang selbst regeln können. Deshalb wird angestrebt, die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Betreuungsvereinen über den 31. Dezember 2009 hinaus fortzusetzen.