Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

- Ich beobachte genau, präge mir Tätermerkmale ein.

- Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110.

- Ich kümmere mich um Opfer.

- Ich stelle mich als Zeuge zur Verfügung.

Zur Verstärkung dieser Präventionskampagne wird die Polizei bundesweit von der Deutschen Bahn AG unterstützt. Es wurden zum Kampagnenstart bundesweit auf den Bahnhöfen sowie in Zügen der Deutschen Bahn AG rund 300 000 Faltblätter, 30 000 Infokärtchen und 1 600 Plakate der „Aktiontu-was“ verteilt bzw. ausgehängt

Darüber hinaus wurden bundesweit einmalig über einen Zeitraum von zwei Monaten 900 000 kampagnenbezogene Postkarten in knapp 3 000 Sze

1 www.aktion-tu-was.de

nekneipen, Restaurants, Bars, Cafés oder Kinos ausgelegt.

- „Rangelnde“ Schulkinder im ÖPNV

Die Polizei bildet örtlich begrenzt Personen aus, die Aufsicht an Schulbushaltestellen durchführen. In diesem Zusammenhang existieren Kooperationen zwischen Schulen und der Verkehrswacht.

Im Rahmen eines Modellprogramms zur schulbezogenen Gewaltprävention (PaC - Prävention als Chance) werden die teilnehmenden Kommunen ermuntert, Buslotsenprojekte zu initiieren, um nachhaltig Regelverletzungen, Gewalt und Sachschäden in öffentlichen Verkehrsmitteln zu reduzieren.

Zu 3: Neben den unter der Antwort zu Frage Nr. 2 aufgeführten Maßnahmen werden derzeit keine weiteren Maßnahmen geplant.

Anlage 36

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 39 der Abg. Gesine Meißner und Gabriela König (FDP)

Unterbringung von von Zwangsheirat bedrohten Frauen und Mädchen in Niedersachsen - Wie kann der Schutz optimiert werden?

Die Landesregierung hat am 16. Januar 2007 das Handlungskonzept „Zwangsheirat ächten - Zwangsehen verhindern“ beschlossen. Bestandteil des Konzeptes ist die Förderung eines Platzes bei der Berliner Kriseneinrichtung Papatya, um eine sichere Unterkunft bei einer akuten Gefahrenlage zu ermöglichen. Zum Teil erfolgen aber derzeit auch Unterbringungen in Frauenhäusern vor Ort, was insbesondere für Mädchen und junge Frauen problematisch ist. Diese brauchen in der Regel in ihrer Situation - über eine sichere Unterkunft hinaus - oft individuelle psychosoziale Betreuung. Daher wäre grundsätzlich eine wohnortferne und anonyme Unterbringung in einer spezialisierten Einrichtung sinnvoll, wie sie bisher nur Papatya für durchschnittlich zwei Monate bietet. Es ist anzunehmen, dass auch über die Krisenintervention hinaus Bedarf an entsprechenden Unterbringungsplätzen besteht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die Unterbringung von von Zwangsheirat bedrohten Frauen und Mädchen in Frauenhäusern?

2. Wie hat sich die Belegung des vom Land geförderten Platzes bei Papatya entwickelt?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung darüber hinaus, um den Bedarf für eine

wohnortferne und anonyme Unterbringung sicherzustellen?

Aufgrund des Beschlusses des Niedersächsischen Landtages vom 18. Mai 2005 (Drs. 15/1942 und 15/2376) hat die Landesregierung am 16. Januar 2007 ein Handlungskonzept „Zwangsheirat ächten - Zwangsehen verhindern“ verabschiedet. Seitdem ist eine Vielzahl von Maßnahmen gegen Zwangsheirat/Zwangsehen durchgeführt worden.

So ist mit dem 2007 eingerichteten Krisentelefon gegen Zwangsheirat unter der landesweiten Telefonnummer 0800-0667888 eine überregionale Anlaufstelle entstanden. Die Beratung findet bei Bedarf auch in türkischer, kurdischer oder arabischer Sprache statt. An den ersten Kontakt schließen sich häufig mehrere Gespräche über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten an, bis Betroffene für sich eine Entscheidung über ihre weitere Zukunft treffen können. Schließlich beraten die Mitarbeiterinnen des Krisentelefons auch Behörden und nicht behördliche Organisationen im Umgang mit Betroffenen allgemein und in akuten Krisensituationen (z. B. hinsichtlich Unterbringungs- möglichkeiten, Einschaltung von Familiengerichten o. Ä.). Daneben beraten sie Personen und Institutionen, wie mit Betroffenen angemessen umgegangen werden sollte, was wiederum die Möglichkeiten zur Hilfeleistung deutlich verbessert. Durch die zunehmende Bekanntheit des Projekts wird neben der Optimierung von Hilfsangeboten auch ein größeres Problembewusstsein in der Öffentlichkeit erreicht. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Tätigkeit des Projektträgers fließen in das Gesamtvorhaben Handlungskonzept „Zwangsheirat ächten - Zwangsehen verhindern“ ein und werden bei der Umsetzung des Konzepts berücksichtigt.

Im Jahr 2007 suchten 132 Menschen wegen drohender oder akuter Zwangsverheiratung Hilfe beim Krisentelefon (davon 124 junge Frauen und 8 jun- ge Männer). In 2008 wurden bisher2 102 Betroffene (93 junge Frauen und 9 junge Männer) vom Krisentelefon beraten.

2 Stand 15.11.2008

13-15 16-18 19-22 23-25 älter gesamt

13-15 16-17 18-21 22-25 älter gesamt

Von Zwangsverheiratung Betroffene beim Niedersächsischen Krisentelefon gegen Zwangsheirat in den Jahren 2007 und 2008

Über 50 % der Betroffenen befinden sich im Übergang zwischen Schule und Beruf. Die Erfahrungen in der Arbeit mit ihnen zeigen, dass häufig neben dem akuten Schutzbedarf ein besonderer Unterstützungsbedarf besteht. Betroffene haben oft wenige Kontakte außerhalb ihrer Familie, sodass sie, wenn sie ihre Familie verlassen, auf sich allein gestellt sind. Einige von ihnen müssen den Wohnort, die Schule oder die Arbeitsstelle wechseln, um in Sicherheit leben zu können. Insofern ist es auch in Niedersachsen erforderlich, dass Betroffenen ein nach Art und Ausmaß notwendiger geschützter Raum angeboten wird.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

3 In den Jahren 2007 und 2008 wurden die Kategorien der einzelnen Altersgruppen unterschiedlich gebildet.

Zu 1: Von Zwangsverheiratung betroffene erwachsene Frauen können in Frauenhäusern oftmals eine vorübergehende Zuflucht finden. Für gefährdete Mädchen und junge Frauen ist die akute anonyme Unterbringung in Frauenhäusern problematisch, da diese in der Regel eine intensive individuelle Betreuung durch geschulte Fachkräfte mit interkultureller Kompetenz benötigen.

Zu 2: Seit dem 1. Januar 2007 fördert die Landesregierung pauschal einen Unterbringungsplatz bei der Einrichtung Papatya in Berlin, die insgesamt neun Plätze umfasst. Hierdurch wird sichergestellt, dass von Zwangsverheiratung bedrohte Mädchen und junge Frauen aus Niedersachsen in höchster Gefährdungslage sofort sicher und anonym untergebracht werden können. Papatya hat im Jahr 2007 7 akut gefährdete Mädchen und junge Frauen aus Niedersachsen im Alter von 16 bis 20 Jahren zum Teil gleichzeitig mit weit über 365 Belegungstagen aufgenommen und betreut. Im Jahr 2008 wurden dort bisher 9 Betroffene mit 347 Belegungstagen untergebracht.

Zu 3: Im Rahmen der Umsetzung Handlungskonzeptes gegen Zwangsheirat hat auf Initiative der Landesregierung am 1. August 2008 ein privater Träger der Jugendhilfe den Betrieb einer anonymen Wohngruppe und Schutzeinrichtung für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund in Niedersachsen aufgenommen. Die Einrichtung heißt Ada (türkisch für Insel) und richtet sich an Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund, die von physischer und/oder psychischer Gewalt und/oder Zwangsheirat betroffen sind und anonym untergebracht werden müssen. Bei Ada stehen acht stationäre Plätze der Jugendhilfe für Mädchen und junge Frauen für mittel- und langfristige Unterbringungen zur Verfügung. Mädchen und junge Frauen, die sich akut in Not befinden und/oder dringend Schutz benötigen, können auch vorübergehend in Obhut genommen werden. Die Finanzierung der Einrichtung basiert auf der Entgeltvereinbarung nach §§ 78 a bis g SGB VIII.

Durch bundesweite Treffen der für Gleichstellungspolitik zuständigen Ländervertreterinnen und Ländervertreter sowie durch den Aufbau einer bundesweiten Vernetzung von Einrichtungen, die mit von Zwangsheirat Betroffenen arbeiten, ist es möglich, Betroffene sofern erforderlich auch in anderen wohnortfernen und geschützten Einrichtungen außerhalb von Niedersachsen unterzubringen.

Anlage 37

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 40 der Abg. Ina Korter, Miriam Staudte, Helge Limburg und Dr. Gabriele HeinenKljajić (GRÜNE)

Haftbedingungen für Atomkraftgegnerin in Gewahrsam

Im Vorfeld des Castortransportes 2008 wurde die bekannte Lüneburger Atomkraftgegnerin Cecile Lecomte in polizeilichen Langzeitgewahrsam genommen. Obwohl die Aktivistin bislang nicht vorbestraft ist, kam die Polizeiinspektion Lüneburg in ihrer Gefahrenprognose offenbar zu dem Schluss, dass von Lecomte eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Diese Einschätzung ist vom Landgericht Lüneburg bestätigt worden.

Lecomte hatte zuvor angekündigt, sich auch in diesem Jahr an den gewaltfreien Protesten gegen den Castortransport zu beteiligen. Zu Straftaten hat sie zu keinem Zeitpunkt aufgerufen.

Der Langzeitgewahrsam wurde zunächst in Lüneburg und ab Freitagabend im Polizeipräsidium Braunschweig vollzogen. Die Bedingungen während des Gewahrsams entsprachen nicht den Mindestanforderungen im normalen Strafvollzug in Niedersachsen. So wurden Lecomte am Samstag in Braunschweig lediglich 15 Minuten Aufenthalt außerhalb der Zelle gestattet, obwohl z. B. das NJVollzG mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien pro Hafttag vorsieht. Während des gesamten Aufenthalts außerhalb der Zelle war Lecomte mit einer Handschelle gefesselt. In der Zelle brannte in der Nacht von Freitag auf Samstag permanent das Licht, sodass Lecomte am Schlaf gehindert wurde. Die Zelle verfügte über keine Sanitäreinrichtungen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Mindeststandards, die das NJVollzG für den Vollzug einer Freiheitsstrafe vorgibt, auch für Personen in Langzeitgewahrsam gelten? Wenn nein, warum nicht?

2. Wie beurteilt die Landesregierung unter dem Aspekt des Verbots von erniedrigenden und entwürdigenden Behandlungen von Personen in Polizeigewahrsam die Fesselung von Lecomte während des Aufenthalts im Freien sowie den Umstand, dass auch nachts das Licht in ihrer Zelle brannte?

3. Wird die Landesregierung auch zukünftig Langzeitgewahrsam unter ähnlichen Bedingungen wie im hier beschriebenen Fall zulassen?

Nach Bericht der Polizeidirektion Göttingen trafen am 6. November 2008, gegen 11 Uhr, Beamte der Bundespolizei auf einer Eisenbahnbrücke über den Elbe-Seiten-Kanal vier mit Klettergeschirr ausge

rüstete Aktivist(inn)en der Organisation Robin Wood an. Die Personen, unter ihnen Frau Lecomte, befanden sich auf einem über der Bahnstrecke befindlichen Tragwerksbogen. An der Brücke hatten die Aktivisten Transparente ausgerollt, deren Parolen den Protest gegen die sogenannten Castortransporte ausdrückten. Aufgrund der darüber hinaus getroffenen Vorbereitungen der Gruppe war erkennbar, dass ein Abseilen der Personen über die Schienen unmittelbar bevorstand. Eine Durchfahrt von Zügen war ohne Gefährdung der Personen nicht mehr möglich, ein auf der Strecke fahrender Verkehrszug wurde aufgehalten.