Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Modder, es ist höchst bedauerlich, dass die SPD-Bundestagsfraktion nach einem bereits gefundenen Kompromiss in der Großen Koalition, der gerade auch von Herrn Steinmeier unterstützt wurde, ihren Kandidaten für das Kanzleramt
Eine Änderung des Grundgesetzes in dieser Frage ist aus meiner Sicht dringend notwendig. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich in seiner Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz vom 15. Februar anerkannt, dass der Einsatz der Bundeswehr sehr wohl Menschenleben retten könnte, wenn ein unbemanntes oder ausschließlich von Terroristen besetztes Flugobjekt als fliegende Bombe missbraucht würde. Das Ziel des Gesetzgebers, auch für diese Fälle Sicherheit zu schaffen, wurde eben nicht infrage gestellt. Der Einsatz wurde nur deshalb als unzulässig angesehen, weil es wegen der Regelungslücke an der Ermächtigung für den Einsatz militärischer Kampfmittel fehle. Nicht die Sicherheitslücke wurde infrage gestellt, sondern die Regelungslücke wurde problematisiert. Vor dem Hintergrund sind wir zwingend gefordert, diese Regelungslücke zu schließen und eine Novelle des Artikels 35 Grundgesetz vorzunehmen.
Darüber hinaus ist gerade für Niedersachsen die geplante Neuregelung sinnvoll und begründet, weil sie als verfassungsrechtliche Grundlage nicht nur für ein Luftsicherheitsgesetz, sondern insbesondere auch für ein zukunftsweisendes Seesicherheitsgesetzes herangezogen werden könnte. Ein Küstenland wie Niedersachsen hat ein fundamentales Interesse daran, dass seine maritime Infrastruktur gegen mögliche terroristische Bedrohungen von See aus wirksam geschützt werden kann.
Sie haben die Frage gestellt: Brauchen wir die Bundeswehr gerade für Bedrohungen von See aus? - Die Polizeien der Küstenländer und die Bundespolizei haben sich zum Teil gemeinsam auf eine Vielzahl polizeilicher Einsatzlagen vorbereitet. Dennoch sind besondere Gefahrenlagen möglich, für deren Bewältigung die polizeilichen personellen und materiellen Fähigkeiten nicht ausreichen und die den Einsatz der Bundeswehr erforderlich machen.
Grundsätzlich ist ein breites Spektrum für maritimen Terrorismus denkbar, da er potenziellen Tätern vielfältige Vorteile bietet und eine enorme Schadenswirkung entfalten kann. Neben Angriffen auf Schiffe ist daran zu denken, dass die hohe See durch Terroristen als Transportweg genutzt werden kann und von See her Terrorangriffe gegen Ziele auf dem Festland möglich sind. Auch seegestützte Angriffe mit Massenvernichtungsmitteln können nicht ausgeschlossen werden.
Meine Damen und Herren, eine Änderung von Artikel 35 des Grundgesetzes könnte den subsidiären militärischen Einsatz von Kräften der Marine endlich verfassungsrechtlich zulässig werden lassen. Wohl gemerkt: in einem überschaubaren Umfang und nur als Ultima Ratio. Es liegt daher im Interesse der norddeutschen Küstenländer, eine Ergänzung des Grundgesetzes als Basis für ein zukunftsweisendes Seesicherheitsgesetz zu unterstützen. Es ist allerdings sicherzustellen, dass ein gegenüber den Streitkräften bestehendes Weisungsrecht der Bundesregierung die Polizeihoheit der Länder unberührt lässt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Begründung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt nur auf den Einsatz bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen ab. Eine Grundgesetzänderung wird abgelehnt, ohne sich mit der Frage auseinandersetzen, wie denn terroristischen Gefahren, insbesondere von See aus, aus der Luft begegnet werden soll. Das ist aus meiner Sicht unverantwortlich.
Eine Grundgesetzänderung wäre kein Selbstzweck, sondern es soll eine notwendige Anpassung des Einsatzrahmens der Streitkräfte an die aktuelle Bedrohungslage im Hinblick auf Luft- und Seesicherheit erfolgen. Wenn man sich die Möglichkeiten der Polizei, auch der Wasserschutzpolizei, einmal vorstellt, dann gibt es auch vom Bundeswehrverband überhaupt keine Einwände dagegen, dass hier die Marine, also die Bundeswehr, eine Möglichkeit hat, die Bevölkerung und vor allen Dingen unsere Infrastruktur vernünftig zu schützen.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund hoffe ich, dass man nach der Bundestagswahl, wenn der Wahlkampf keine Rolle mehr spielt, darüber nachdenkt, wie die Notwendigkeiten vernünftig zu regeln sind. Aber eigentlich können Sie auch schon im Wahlkampf etwas zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren sagen; denn die Bevölkerung hat eine ganz klare Meinung, die ich Ihnen anhand einer Umfrage von Emnid einmal deutlich darstellen möchte. Nach dieser Umfrage meinen 75 % der Befragten, die Bundeswehr müsse Terrorangriffe mit Flugzeugen abwehren, 71 % fordern von der Armee einen wirksamen Schutz der Küsten- und Hafenanlagen, und immerhin 66 % wünschen, dass Soldaten Kernkraftwerke, Chemieanlagen und ähnlich gefährdete Objekte schützen. Meine Damen und Herren, immer nur dann, wenn eine
Sondersituation, eine terroristische Bedrohungslage gegeben ist und die Kräfte von Bund und Ländern nicht mehr ausreichen!
Deshalb kann ich nur sagen: Eine Rechtsstaatspartei, die sich die Urteile des Bundesverfassungsgerichts genau anschaut und die Bedrohungslage berücksichtigt, kann nur so entscheiden, wie es die Große Koalition schon auf den Weg gebracht hatte. Schade, dass wir jetzt noch ein halbes Jahr warten müssen. Hoffentlich kommen wir dann zur Vernunft und leiten dann auch tatsächlich die richtigen Schritte ein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Beratung und kommen zur Abstimmung.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/666 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden.
Einzige (abschließende) Beratung: Volksinitiative gemäß Artikel 47 der Niedersächsischen Verfassung; hier: „Volksinitiative zur Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes“ - Mitteilung des Niedersächsischen Landeswahlleiters vom 08.12.2008 - LWL 11442/18.1 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/820
„Der Landtag stellt fest, dass die ‚Volksinitiative zur Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes’, die dem Landeswahlleiter am 26. November 2007 angezeigt worden war, die nach Artikel 47 der Verfassung erforderliche Zahl von 70 000 Unterschriften nicht erreicht hat. Sie ist daher nicht zustande gekommen und vom Landtag nicht zu behandeln.
Der Landtag weist jedoch darauf hin, dass er durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 10.12.2008 in diesem Kontext Änderungen beschlossen hat.“
Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch und lasse dementsprechend gleich abstimmen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das war einstimmig. Damit ist so beschlossen worden.