Viele Menschen haben die überkommene Vorstellung, an einen Bachelorabschluss müsse sich unbedingt ein Masterstudium anschließen. Das ist aber ein Irrglaube, der auch bei der Linken offensichtlich vorkommt, wie Ihr Beitrag, Herr Perli, ge
rade deutlich gezeigt hat. Ihre Argumentation, Herr Perli, macht deutlich, dass die Reform der Studiengänge im Rahmen des Bachelor- und Masterprozesses relativ unbemerkt an Ihnen vorbeigegangen ist. Die Reform beinhaltet nämlich mehr als eine bloße Umetikettierung, sondern es wurden auch inhaltlich andere Dinge geleistet. Der Bachelor wird zunehmend innerhalb der Wirtschaft akzeptiert, und viele Bachelorabsolventen erhalten auch durchaus gut dotierte Arbeitsplätze.
Die Einführung der neuen Studiengänge war richtig, und wir stehen auch dazu. Aber wir müssen mit den Vorbehalten gegenüber dem Bachelor aufräumen und deutlich machen, dass der Bachelor in Deutschland und damit auch in Niedersachsen ein akademischer Regelabschluss ist.
Natürlich dürfen wir dabei nicht übersehen, dass es an den niedersächsischen Hochschulen eine ganze Reihe von Problemen in der Umsetzung gibt. Die Anzahl der Studienplätze in Niedersachsen reicht nicht aus, und wir müssen die Zahl der Studienplätze ausbauen. Hier ist die Landesregierung gefordert, und die sollten wir gemeinsam unter Druck setzen, Herr Perli.
Meine Damen und Herren, es wäre der falsche Weg, einen Rechtsanspruch im Hochschulgesetz zu verankern, mit dem Bachelorabsolventen für ein Jahr das Recht auf einen Masterstudienplatz an der Hochschule erwerben, wie von der Linken gefordert. Sie müssen sich klar darüber werden, dass die Kapazitäten an unseren Hochschulen aufgrund der Politik dieser Landesregierung leider begrenzt sind. Wollten wir für jeden Absolventen einen Masterstudienplatz vorhalten, brauchten die Hochschulen z. B. mehr Hochschullehrerstellen und größere räumliche Kapazitäten. Das sind aber fromme Wünsche, die man leider nicht durch einen Fingerschnipp von heute auf morgen verwirklichen kann. Dazu wäre eine grundsätzliche Änderung der Politik dieser Landesregierung notwendig.
Die Hochschulen sind auch organisatorisch nicht in der Lage, auf bloßen Verdacht hin und anhand von Studentenzahlen in den Bachelorstudiengängen für zwölf Monate Masterstudienplätze zu schaffen und freizuhalten. Die Anzahl der Masterstudienplätze muss für die Hochschulen planbar, überschaubar und leistbar sein.
Dies liegt aber nicht daran, dass der Notendurchschnitt nicht erreicht wird, sondern die Nachfrage ist einfach nicht da.
Sie ist zurzeit nicht da; wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt. Natürlich gibt es auch Probleme mit dem Notendurchschnitt. Auch dafür haben wir Beispiele. Ursache dafür ist aber, dass die Hochschulen sich noch nicht auf die Situation mit den konsekutiven Studiengängen eingestellt haben.
Meine Damen und Herren, es darf nicht sein, dass an den Hochschulen Kapazitäten in Studiengängen vorgehalten werden, wenn diese gar nicht nachgefragt werden oder gesamtgesellschaftlich in dieser Größenordnung gar nicht notwendig sind.
Die gegenwärtigen Probleme in den Bachelor- und Masterstudiengängen haben Sie durchaus richtig beschrieben, was z. B. Verschulung oder psychische Belastung von Studierenden angeht. Wir sehen es ähnlich. Die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge hat vielfach zu einer Verschulung des Studiums geführt. Die Belastung für die Studierenden und die Arbeitsverdichtung haben extrem zugenommen. Vielen Studierenden bleibt kaum noch Zeit, neben dem Studium zu arbeiten, um die Kosten für das Studium einschließlich der Studiengebühren aufzubringen. Die Folgen sind in der Tat eine soziale Schere und Ausgrenzung, die wir nicht hinnehmen dürfen.
Die Verschulung führt auch dazu, dass die Studierenden kaum mehr über den Tellerrand ihres Faches schauen und so eine fächerübergreifende Bildung Illusion bleibt. Der Prüfungsmarathon nimmt sowohl für die Studierenden als auch für ihre sie prüfenden Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer absurde Züge an, wenn innerhalb von sechs Semestern bis zu 42 Prüfungen abgelegt werden müssen. Das sind Fehlentwicklungen, die wir natürlich verändern müssen.
Die SPD-Landtagsfraktion wird im Sommersemester an den niedersächsischen Hochschulen eine ganze Reihe von Veranstaltungen zu diesem Themenkomplex durchführen und die Praxis evaluieren. Dann wird die Situation klar sein, und wir werden wissen, welche Maßnahmen erforderlich und sinnvoll sind, um die Bachelor- und Masterstu
diengänge wirklich praktikabel zu realisieren. Das ist wirklich sinnvoll, und zwar wesentlich sinnvoller als ein nicht durchdachter Gesetzentwurf, wie ihn die Linken vorgelegt haben. Den Gesetzentwurf werden wir ablehnen. Die Idee für den Gesetzentwurf war ganz nett, aber die Umsetzung Ihres Vorschlages, Herr Perli, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, würde nur zu neuen Problemen auf anderen Ebenen führen, statt die bestehenden Probleme wirklich zu lösen.
Herr Präsident! Herr Wulf, das ist ja interessant. Wenn Sie unseren Ansatz, sich mit diesem Thema zu befassen, richtig finden, hätten Sie ja einen Änderungsantrag vorlegen können. Dann wären wir vielleicht zu einer Einigung gekommen. Aber jetzt nichts zu machen, bedeutet, dass für Sie die bestehende Situation besser ist als das, was wir hier vorschlagen. Damit sind Sie eben Teil des Problems und nicht Teil der Lösung.
Zurzeit ist es noch so, dass die zur Verfügung stehenden Masterstudienplätze nicht ausgenutzt werden, aber in Zukunft wird es so sein, dass viele Studierende nach spätestens sechs Semestern die Hochschule gegen ihren Willen wieder verlassen müssen. Das kann doch nicht in Ihrem Sinne sein. Wenn es doch in Ihrem Sinne ist, kann ich nur sagen: Das ist wieder ein Zeichen dafür, dass Sie den Problemen immer erst dann hinterherlaufen, wenn schon es Jahre zu spät ist und dann zeitnah keine Lösung mehr möglich ist.
Wir haben präventiv einen Gesetzentwurf vorgelegt. Insofern sind wir auch erfreut darüber, dass Sie einmal mehr beweisen, dass es einen tiefen Riss gibt zwischen den Gewerkschaften und der SPD; denn die Gewerkschaften sind für genau diesen Schritt auf der Landesebene, und SPD ist dagegen. Das ist sehr bedauerlich.
Herr Perli, Sie haben gerade unter Beweis gestellt, dass Sie nicht die Fähigkeit haben, zuzuhören. Ich habe klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es selbstverständlich eine ganze Reihe von Problemen an den Hochschulen gibt, und ich habe auch klar und deutlich gesagt, dass wir im Sommersemester gerade dieses Thema aufgreifen und mit den Studierenden und den Betroffenen, aber auch mit den Hochschullehrern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Verwaltungen, die ja auch davon betroffen sind, die Probleme bei der Umsetzung von Bachelor- und Masterstudium aufarbeiten werden. Danach werden wir konkrete Lösungsvorschläge hier im Parlament präsentieren.
Wir befinden uns in dieser Situation an der Seite der Gewerkschaften. Einen Riss, wie Sie ihn konstruieren, gibt es nicht.
(Beifall bei der SPD - Pia-Beate Zim- mermann [LINKE]: Wir sind auf den Gesetzentwurf gespannt! Sie können unseren ja abschreiben! - Gegenruf von Dr. Gabriele Andretta [SPD]: So einen Schwachsinn werden wir nie abschreiben!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Perli, Sie haben bei den Beratungen im Ausschuss versucht, unsere Redebeiträge aus der ersten Beratung zu widerlegen. Aus Ihren Kommentaren ergaben sich für mich aber keinerlei neue Erkenntnisse, sodass heute vieles wiederholt wird, was schon einmal gesagt wurde.
Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE sieht für jede Studentin und jeden Studenten den unbeschränkten Übergang vom Bachelorstudiengang in
den Masterstudiengang vor. Hiermit würde eines der zentralen Ziele des Bologna-Prozesses, die Ermöglichung einer größeren Mobilität der Studierenden und eine Erhöhung der Flexibilität bei der Auswahl des vorhandenen Studienangebotes, verhindert.
Wenn, wie vorgesehen, ein Bachelorabsolvent nur an seiner eigenen Hochschule einen Anspruch auf einen Masterstudiengang der gleichen Fachrichtung bekommt, dann behindert dies eben die gewünschte Flexibilität bei der Wahl des Studienorts.
Weiterhin wird auch die Beschränkung des Übergangs auf die jeweilige Fachrichtung die Flexibilität einschränken. Der Bachelor sollte aber gerade die Perspektive bieten, auch nicht konsekutive Masterstudiengänge zu nutzen, um das eigene Qualitätsspektrum zu erweitern. Dies würde mit Ihrem Gesetzentwurf eindeutig verhindert.
Den Rechtsanspruch auf Zulassung zu einem Masterstudium wollten Sie, Herr Perli, auf ein Jahr begrenzen. Hier haben Sie zum Glück noch selbst gemerkt, dass auch dies die Möglichkeiten von Bachelorabsolventen einschränken würde, das Wissen aus dem Bachelorstudiengang erst einige Jahre in der Praxis anzuwenden und erst danach den Masterstudiengang aufzunehmen.
Ein weiterer Grund spricht gegen Ihren Gesetzentwurf: Sie wollen an den Hochschulen Kapazitäten für Masterstudiengänge schaffen, die anschließend eventuell gar nicht gebraucht werden. Das ist Ressourcenverschwendung und schafft unnötige Kapazitäten. Es gibt schon heute genügend Masterstudienplätze. Wir haben eher das Problem der mangelhaften Auslastung in einigen Bereichen. Wir müssen das Masterangebot auf die forschungsstarken Fächer konzentrieren und dürfen die Hochschulen nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken. Sie sollen selbst entscheiden, wie sie ihr eigenes Profil herausbilden, wo sie ihre Schwerpunkte bilden, wie sie die Qualität der Studiengänge absichern und in welchen Bereichen sie Master- oder Bachelorstudienplätze anbieten.
Herr Perli, sehr ärgerlich finde ich, dass Sie beim Bachelorstudiengang immer wieder von einem Schmalspurstudium sprechen. Herr Wulf, ich hoffe, Sie wollen das nicht genauso machen. Wir müssen einfach daran arbeiten, dass das Image besser wird. Aber die Wirtschaft hat längst erkannt, dass
der Bachelor ein guter, berufsqualifizierender Hochschulabschluss ist. Er wird in der Wirtschaft hoch anerkannt. Die praxisnah ausgebildeten Bachelorabsolventen werden sehr gerne eingestellt.
Meine Damen und Herren, die Hochschulreformen der letzten Jahre haben gerade weg von einem Einheitsstudium an der regionalen Rundum-sorglos-Hochschule geführt. Erlauben Sie mir hierzu den Satz: Studium hat auch etwas mit Anstrengung, hat auch etwas mit Arbeit zu tun.
Auch die KMK-Vorgaben sehen vor, dass das Studium im Masterstudiengang von weiteren besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängig gemacht werden kann. So verfahren auch alle anderen Bundesländer. Ich weiß nicht, warum wir in Niedersachsen hier eine Ausnahme machen sollten.
Den Begriff der Durchlässigkeit benutzen Sie im Gesetzentwurf fälschlicherweise. Er ist aus einer ganz anderen Diskussion abgeleitet, nämlich der Diskussion über den Übergang von der beruflichen zur hochschulischen Bildung. Ich denke, da können wir tatsächlich noch gemeinsam an Veränderungen arbeiten. Dies haben wir ja auch bei der letzten Ausschusssitzung mit der Anhörung zu den ANKOM-Projekten getan. Diesen Ansatz sollten wir weiterverfolgen. Das ist richtig.