Protokoll der Sitzung vom 27.03.2009

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Das ist dieser nicht. Wenn es Ihnen nur um Populismus und Wahlkampf geht, dann lassen Sie es lieber.

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist ein haarsträubendes Konglomerat von unsachlichen Behauptungen, zu denen ich für die CDU-Fraktion liebend gerne Stellung nehme.

Erster Punkt. Sie fordern die Landesregierung auf, ungerechtfertigte Subventionen und Sonderrechte der Atomindustrie aufzuheben. Das ist schlichtweg falsch. Die heute stromerzeugenden Kernkraftwerke haben nie Subventionen erhalten. Das hat zuletzt die Regierung Schröder erklärt. Der Parlamentarische Staatssekretär Sigmar Mosdorf hat in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Abgeordneten Dr. Paul Laufs, CDU, am 15. Januar 2002 geantwortet - ich zitiere -:

„Subventionen für die kommerzielle Stromerzeugung aus Kernenergie gab es nicht. Allerdings wurde die Forschung auf dem Gebiet der Kernenergie durch öffentliche Mittel unterstützt.“

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was ist mit der Haftpflicht?)

Zweiter Punkt. Sie fordern die Landesregierung auf, eine strikte Anwendung des Verursacherprinzips durchzusetzen. Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Im Atomgesetz heißt es in § 9 a - Verwertung radioaktiver Reststoffe und Beseitigung radioaktiver Abfälle -:

„Wer Anlagen, in denen mit Kernbrennstoffen umgegangen wird, errichtet, betreibt, sonst innehat, wesentlich verändert, stilllegt oder beseitigt, hat dafür zu sorgen, dass anfallende radioaktive Reststoffe sowie ausgebaute oder abgebaute Anlagenteile entsprechend schadlos verwertet

werden oder als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden.“

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Und wie sieht die Realität aus?)

Daneben gibt es noch die Endlagervorausleistungsverordnung, in der das alles ganz ordentlich geregelt ist. Sie ist das letzte Mal im Juli 2004 geändert worden. Der damalige Bundesumweltminister hieß Jürgen Trittin.

Dritter Punkt. Sie fordern, dass die Kosten der Endlagersuche, des Betriebs und der Stilllegung von Endlagern in vollem Umfang finanziert werden und die Gelder jederzeit gegen Konkursausfall gesichert werden. Wissen Sie, was die Bundesregierung am 12. Februar 2001 an die Europäische Kommission gemeldet hat? - Ich zitiere:

„Das deutsche Rückstellungssystem bewährt sich seit Jahrzehnten. Es gibt keinen Fall, in dem Rückstellungsmittel nicht bedarfsgerecht für die Stilllegung zur Verfügung standen oder nicht künftig voraussichtlich zur Verfügung stehen werden.“

Wer hat damals regiert? - Es war Rot-Grün, und der Umweltminister hieß Jürgen Trittin.

Vierter Punkt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen Sie, dass dieser Umweltminister Trittin am 20. Januar 2005 auf die Frage, ob die Bundesregierung einen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds wie in der Schweiz für sinnvoll hält, geantwortet hat? - Ich zitiere: „Externe Stilllegungsfonds lehnt die Bundesregierung grundsätzlich ab.“

Fünfter Punkt. Von Unkenntnis geprägt ist Ihre Forderung nach einer Brennstoffsteuer, wie sie auch von anderen Spielern auf dem Berliner Parkett erhoben wird. Die Bundesregierung hat am 14. Juni 2000 mit den Energieversorgungsunternehmen vereinbart - ich zitiere -,

„dass die Bundesregierung keine Initiative ergreifen wird, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird. Das gilt auch für das Steuerrecht.“

Wer hat damals regiert? - Immer noch Rot-Grün und immer noch Jürgen Trittin.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist ein Unding!)

Sechster Punkt. Rückstellungen sind in § 249 HGB klar geregelt. Diese Regelung gilt nicht nur für die im Bereich der Kernenergie tätigen Unternehmen.

Sie gilt für alle Unternehmen in Deutschland. Es bleibt mir schleierhaft, Herr Wenzel, was Sie mit Ihrem Vorwurf erreichen wollen. Haben Sie das Ziel, die Praxis der Rückstellungen für alle Unternehmen in Deutschland aufzuheben? - Auf diese Diskussion im Umweltausschuss bin ich schon heute gespannt. Es kommt aber noch besser.

Siebter Punkt. In Ihrer Begründung schreiben Sie:

„Die steuerfreien Rückstellungen mindern auch das Steueraufkommen des Landes Niedersachsen und seiner Kommunen.“

Das stimmt. Aber das gilt ebenso für jede Rückstellung eines anderen Unternehmens, übrigens auch für Unternehmen aus der Wind- oder Solarenergiebranche. Wollen Sie auch denen das wegnehmen? - Rückstellungen, Herr Wenzel, sind nur so lange steuerfrei, wie sie vorhanden sind. Wenn sie aufgelöst werden, dann sind sie ganz normal zu versteuern.

(Clemens Große Macke [CDU]: Ge- nau richtig!)

Erstes Fazit: Diese Forderung nach einem Fonds ist mehr oder weniger kalter Kaffee.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schon im November 1998 legte ein Bundestagsabgeordneter von der SPD seiner Fraktion einen Gesetzentwurf mit dem Titel „Zur Bildung eines öffentlichen Rücklagenfonds für die Folgekosten der Kernenergienutzung“ vor, der als Gruppenantrag von 32 weiteren SPD-Abgeordneten unterzeichnet worden war.

(Clemens Große Macke [CDU]: So viel waren es gar nicht!)

Dieser Entwurf kam seinerzeit in der rot-grünen Koalition nicht zum Zuge, weil diese - so kann man es heute noch nachlesen - den angestrebten Erfolg der seinerzeit begonnenen Konsensgespräche mit den Atomkraftwerksbetreibern über einen Ausstieg aus der Atomenergie nicht gefährden wollte. Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen! Da wollen Rote - Grüne sind dabei - etwas machen, aber sie tun es nicht. Ich kann das nicht verstehen.

Zweites Fazit: Dieser Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, fordert Dinge, die ihre ureigenste Ursache in rot-grüner Bundespolitik haben, Dinge, die Jürgen Trittin selber verursacht hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn

man es genau nimmt, dann ist das hier ein JürgenTrittin-Korrekturantrag.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Bundestag hat jemand vor genau einer Woche, bei einer Debatte genau zu diesem Thema am Freitag letzter Woche gesagt, das gesamte Verhalten der Grünen in dieser Frage sei pharisäerhaft.

Der größte Klopfer aber, gewissermaßen der Klopfer der Woche, steht am Ende des Antrags. Deshalb habe ich mir das für den Schluss aufgespart. Sie schreiben - ich zitiere -:

„Neue Kraftwerke können nur noch in diktatorischen Systemen angeordnet werden, mit Korruption angeschoben werden oder mit massiven staatlichen Subventionen ermöglicht werden.“

Vielleicht können Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, mir einmal erklären, inwieweit Großbritannien, Frankreich, Schweden, die Schweiz, Belgien und die Niederlande Diktaturen sind,

(David McAllister [CDU]: Finnland!)

wo in diesen Ländern die Korruption regiert und welche massiven staatlichen Subventionen in diesen Ländern für Kernenergie fließen. Manchmal, mein lieber Herr Wenzel, sollte man vorher lesen, was man als Chef der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen da so unterschreibt.

(David McAllister [CDU]: Unglaublich!)

Dieser Antrag ist jedenfalls keine Sternstunde. Er ist eine Sternschnuppe: Kaum ist er aufgetaucht, schon ist er verglüht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu dem Beitrag von Herrn Bäumer hat sich Frau Helmhold zu einer Kurzintervention gemeldet. Anderthalb Minuten, Frau Helmhold, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Bäumer, Sie müssen mir, wenn Sie es können, vielleicht einmal eines erklären: Warum ist in der Bundesrepublik eigentlich jede normale Bürgerin, die beispielsweise Sperrmüll produziert, dafür verantwortlich, dass er entsorgt wird, und warum muss sie dafür auch

bezahlen? Warum gilt das bei dem strahlenden Müll eigentlich nicht?

(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt ja nicht!)

Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen: Es gab in der DDR ein Endlager, das hieß Morsleben. Nach der Wende hat die damalige Umweltministerin, die jetzige Kanzlerin Merkel, gesagt: Mensch, prima, wir haben ein genehmigtes Endlager. - Genehmigt übrigens in einem Verfahren ohne irgendwelche Beteiligung, in einem Unrechtstaat, in einer Diktatur. Da sagte Frau Merkel als Umweltministerin: Mensch, klasse, da ist Morsleben. Da haben wir jetzt endlich ein genehmigtes Endlager, in das wir unseren Mist hineinkippen.

In Morsleben werden jetzt Sanierungsarbeiten fällig, die bislang auf 2,2 Milliarden Euro geschätzt werden. Wer zahlt sie? - Der Steuerzahler und die Steuerzahlerin. Was ist in der Asse? Wer zahlt die 2,2 bis 2,5 Milliarden Euro? - Der Steuerzahler und die Steuerzahlerin. Das müssen Sie den Bürgern und Bürgerinnen in diesem Land einmal erklären, die für jeden Müll, den sie verursachen, die Zeche zahlen, was wir völlig richtig finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Clemens Große Macke [CDU]: Noch mal ein bisschen was zu Diktaturen, Frau Helmhold!)