Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

- In der Region Hannover unterstützt das Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin Grundschulen durch das Adipositasprojekt „Gesund essen - täglich bewegen“. Die Interventionen haben im Setting Grundschule ihren Schwerpunkt und erstrecken sich darüber hinaus auf Freizeit und Elternhaus. Das Projekt soll 4 000 Schülerinnen und Schüler in ca. 70 Grundschulen erreichen. Die Projektlaufzeit ist bis Ende 2009 vorgesehen.

- Die Medizinische Hochschule Hannover erforscht durch Unterstützung der BKK in „Fit von klein auf“, inwieweit sich Interventionen in der Grundschule in Form von Bewegung und gesundem Schulfrühstück auf das Gewicht von Kindern auswirkt.

- Mit dem Projekt „Schule auf Esskurs“ der Verbraucherzentrale Niedersachsen (VZN) geht es um die Qualitätsverbesserung in der Kita- und Schulverpflegung.

- Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Sektion Niedersachsen, führt u. a. einen Wettbewerb „Wer richtig isst, ist besser drauf!“ durch und prämiert die besten Verpflegungsansätze im Sekundarbereich I/II an niedersächsischen Schulen.

Weitere Projekte wie z. B. „Klasse 2000“, „Lions Quest“, „Sign“, „Buddy“ und „Anschub“ zielen auf eine Stärkung der Persönlichkeit und beugen so präventiv möglichen Gefahren wie Fehlernährung, Sucht und Gewaltbereitschaft vor.

Gemeinsam mit der Sozialarbeit, Lehrkräften und Ernährungsberatungskräften werden an schulischen Standorten mit besonderem Förderbedarf Ernährungsprojekte etabliert, die neben dem Kompetenzerwerb für die jungen Menschen auch eine Verbesserung des täglichen Angebots an der Schule bzw. im Jugendzentrum beinhalten und derzeit im Rahmen des NiKo-Programms (siehe unter 3.) weitergeführt werden. Gezielte Maßnahmen in sozialen Brennpunkten, Jugendzentren, Haupt- und Förderschulen laufen in Niedersachsen seit 1993 mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten.

Zu 3: Die Anzahl der Kinder mit gesundheitlichen Risiken nimmt zu, besonders aus sozial schwächeren und bildungsfernen Elternhäusern. Häufig werden diese Kinder und ihre Familien von den Angeboten nicht erreicht (aufklärende und einla- dende Maßnahmen zu Vorsorgeuntersuchungen). Die Landesregierung sieht den kommunalen ÖGD als wesentliche Schnittstelle an, um eine direkte Überleitung der Erkenntnisse aus der kommunalen Gesundheitsberichterstattung (u. a. Schulein- gangsuntersuchungen) in gezielte Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention (§ 5 Abs. 1 NGöGD) herzustellen.

Aktuell befasst sich schwerpunktmäßig der landesweite Arbeitskreis Armut und Gesundheit der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Nds. e. V. (LVG) als langfristig angelegtes Objekt mit den Zusammenhängen zwischen Kinderarmut und Gesundheit. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Zusammenarbeit von Einrichtungen der Jugendhilfe und dem öffentlichen Gesundheitsdienst.

Der Arbeitskreis Armut und Gesundheit stellt in Niedersachsen die Plattform für die Vernetzung der Projekte und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für sozial Benachteiligte auf Landesebene dar. In Niedersachsen besteht der Arbeitskreis seit 1995, u. a. auch in Anbindung an die ebenfalls in diesem Jahr gegründete Landesarmutskonferenz Niedersachsen, in der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, des DGBLandesbezirks Niedersachsen-Bremen und viele weitere landesweit agierende Verbände und Initiativen zusammengeschlossen sind.

Im Arbeitskreis Armut und Gesundheit findet u. a. statt:

- Vernetzung von Wissenschaft und Praxis,

- Sektorenübergreifende Vernetzung (z.B. Ge- sundheit und Soziales),

- Fortbildung von Multiplikatoren,

- Beratung bei der Planung von Fachtagungen,

- Erstellung von Handlungshilfen,

- Projektberatung.

Auch beim Kooperationsprojekt „Regionale Knoten Niedersachsen - bundesweite Kooperation zu Gesundheitsförderung sozial Benachteiligter“ bildet der Arbeitskreis Armut und Gesundheit der LVG die Plattform. Seit 2005 beteiligt sich die LVG an der Nationalen Kooperation für Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit mittlerweile 37 Kooperationspartnern koordiniert. Ziel des bundesweiten Kooperationsprojekts ist es, einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen zu leisten. Dies soll durch eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesebene sowie einen verbesserten Informationstransfer zwischen den gesundheitsfördernden Angeboten erreicht werden. Dazu sind in den Bundesländern regionale Knotenpunkte eingerichtet worden. Zu den Aufgaben gehören vor allem die Organisation von Arbeitskreisen, die Auswahl von Modellen guter Praxis und die Pflege und Ergänzung der Projektdatenbank „Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten". Aus mehr als 150 niedersächsischen Projekten, die in der Datenbank www.gesundheitliche-chancengleichheit.de aufgelistet sind, wurden bisher drei Modelle ausgewählt, analysiert und beispielhaft aufbereitet. Es handelt sich dabei um ein Schulprojekt und zwei Modelle aus der Stadtteil- bzw. Gemeinwesenarbeit. Alle drei Modelle haben zusätzlich zu ihrer originären Aufgabe (Bildung, Quar- tiersmanagement etc.) einen deutlichen Schwerpunkt in der Gesundheitsförderung gesetzt. Die Identifizierung der Modellbeispiele wurde anhand der zwölf Kriterien zur Auffindung und Bewertung von Models of Good Practice in der Gesundheitsförderung vorgenommen, die vom Beratenden Arbeitskreis der BZgA Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten vorgeschlagen wurden.

Die gesetzlichen Krankenkassen fördern Maßnahmen der Prävention in folgenden Handlungsfeldern:

- Bewegungsgewohnheiten,

- Ernährung,

- Stressbewältigung/Entspannung,

- Suchtmittelkonsum.

Dazu gibt es einen Leitfaden der Spitzenverbände der Krankenkassen. Die Maßnahmen werden sowohl als individuelle Angebote an die Versicherten als auch im lebensumfeldbezogenen Setting vorgehalten.

- So gewähren beispielsweise die IKK Weser-Ems und die IKK Niedersachsen ihren Versicherten das wissenschaftlich basierte Programm IKKKinderleicht zur Reduzierung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen.

- Die Verbände der Krankenkassen haben in Niedersachsen zum 1. Januar 2007 mit der KVN und der NKG Verträge für die DMP-Programme abgeschlossen, die insbesondere erkrankte Kinder betreffen.

- Die AOKN hat mit neun Sozialpädiatrischen Zentren Verträge zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen für unterschiedliche Krankheits- und Störungsbilder abgeschlossen.

Die Krankenkassen wenden sich mit ihren gesundheitlichen und gesundheitsfördernden Versorgungsangeboten für versicherte Kinder und Jugendliche an alle Versicherten und damit auch an die aus sozial benachteiligten Verhältnissen sowie an Familien mit Migrationshintergrund.

Bis zum 31. Dezember 2006 hat das Land die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule in sozialen Brennpunktgebieten zur Integration gefährdeter junger Menschen im Rahmen des Modellprojektes PRINT mit erheblichen finanziellen Mitteln gefördert. Seit Beginn des Jahres 2007 wird der Gesundheitsförderung ein besonderer Schwerpunkt bei der Förderung der Jugendsozialarbeit eingeräumt. Als wesentliches Fördermerkmal innerhalb der Niedersächsischen Kooperations- und Bildungsprojekte NiKo soll die Gesundheitsförderung im Rahmen des zusammenarbeitenden Umfeldes von Jugendhilfe, Schule und Familie gestärkt werden. Wie schon beim Projekt PRINT werden bei dem Folgeprojekt NiKo sozial benachteiligte junge Menschen, die auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund

einschließen, gefördert. Landesweit sind zurzeit 77 Projekte tätig. Für die Projektförderung standen im Jahr 2007 Landesmittel in Höhe von 2,009 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Summe steht auch für das Jahr 2008 zur Verfügung.

Anlage 36

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 38 des Abg. Ralf Briese (GRÜNE)

Razzia im Oldenburger Kommunikationszentrum Alhambra

Am 18. März 2008 wurde durch die Strafverfolgungsbehörden umfangreiches Material aus dem autonomen Kommunikationszentrum Alhambra in Oldenburg beschlagnahmt. Unter anderem hat die Polizei alle Computer des Zentrums in Beschlag genommen. Von den Betroffenen wird dies als ein erheblicher Eingriff in ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte angesehen; schließlich habe das Bundesverfassungsgericht erst in seiner kürzlich bundesweit beachteten Entscheidung für Onlinedurchsuchungen ein quasi neues Grundrecht geschaffen. Danach haben die Bürgerinnen und Bürger einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme. Das Gericht hat anerkannt, dass der PC heute bedeutend mehr ist als nur eine reine elektronische Datenverarbeitungsmaschine und dass Bürgerinnen und Bürger mittlerweile vielfältige sensible Daten auf ihren Computern lagerten. Daher sind strenge Verhältnismäßigkeitsgrundsätze bei der Computerbeschlagnahme zu beachten.

Die groß angelegte Durchsuchungsaktion ist auch insofern auf Kritik gestoßen, als von verschiedenen Medien bezweifelt wurde, ob mit der Durchsuchung und Beschlagnahme der Computer überhaupt der Tatvorwurf zum Aufruf von Straftaten von erheblicher Bedeutung geklärt werden kann. Nach Medienberichten soll es im digitalen Gästebuch des Kommunikationszentrums zum Aufruf von Straftaten gekommen sein. Die entsprechende Nachverfolgung zur Ermittlung des Verursachers lässt sich aber nicht durch die Beschlagnahme der Computer des Alhambra klären, sondern nur durch die Ermittlung der IP-Adresse des Verfassers. Diese ist beim entsprechenden Internetprovider zu ermitteln.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welcher Eintrag im virtuellen Gästebuch des Kommunikationszentrums Alhambra in Oldenburg rechtfertigt die Maßnahme der Computerbeschlagnahme?

2. Sieht die Landesregierung insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu informationsverarbeitenden Systemen die Verhältnis

mäßigkeit gewahrt, und wie wird der Kernbereichsschutz der Nutzerinnen und Nutzer der beschlagnahmten PCs gewahrt?

3. Warum wurde nicht nach der IP-Adresse des Tatverdächtigen bei dem Provider ermittelt und stattdessen die vollständige PCAusrüstung des Zentrums beschlagnahmt?

Ende Januar 2008 erstattete ein niedersächsischer Bürger bei der Polizei Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Inhalts einer Internet-ChatBox des Vereins zur Förderung eines Aktions- und Kommunikationszentrums in Oldenburg e. V. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg bejahte nach Prüfung der Sach- und Rechtslage den Verdacht einer Straftat nach § 130 a StGB (Anleitung zu Straftaten). Dieser Tatbestand erfasst die Verbreitung von Schriften - dazu gehören auch Mitteilungen via Internet -, die als Anleitung zu besonders schweren Straftaten (z. B. Mord, Totschlag oder schwerer Landfriedensbruch) geeignet und nach ihrem Inhalt bestimmt sind, die Bereitschaft anderer zur Begehung solcher Straftaten zu wecken oder zu fördern.

Zur Aufklärung des bestehenden Tatverdachts und zur Ermittlung des Täters oder der Täterin beantragte die Staatsanwaltschaft einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss gemäß § 103 StPO (Durchsuchung bei anderen Perso- nen) für die Räumlichkeiten des oben genannten Vereins beim Amtsgericht Oldenburg. Das Amtsgericht erließ diesen Beschluss antragsgemäß. Es handelte sich dabei nicht um die Anordnung einer sogenannten Onlinedurchsuchung, sondern um einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss zur Beweissicherung.

Am 18. März 2008 durchsuchten in Ausführung dieses Beschlusses Polizeikräfte im Beisein des zuständigen Staatsanwalts die Räumlichkeiten des oben genannten Vereins. Es wurden fünf Computer und ein sogenannter Bigtower zur Beweissicherung beschlagnahmt.

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Vereins, Rechtsanwalt Hans-Henning Adler in Oldenburg, bestätigte das Amtsgericht Oldenburg die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung und der Beschlagnahme der Computer zur Beweissicherung. Es ordnete bestimmte Auflagen zum Umgang mit den Daten an, insbesondere deren Spiegelung und Vernichtung nach Abschluss der Untersuchung.

Die Computer wurden dem Verfahrensbevollmächtigten des Vereins, Herrn Rechtsanwalt Hans-Henning Adler in Oldenburg, am 4. April

2008 nach Sicherung der Daten wieder ausgehändigt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen wie folgt:

Zu 1: Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Landesregierung hält an ihrem Grundsatz fest, laufende Strafverfahren nicht zu kommentieren, durch Stellungnahmen zu begleiten oder durch Mitteilungen von verfahrensrelevanten Tatsachen möglicherweise zu gefährden. Sie sieht sich deshalb nicht in der Lage, den Wortlaut der Eintragung, die gerade Gegenstand des strafrechtlichen Vorwurfs ist, mitzuteilen.

Zu 2: Anhaltspunkte dafür, dass die Anordnung der strafprozessualen Maßnahmen nicht verhältnismäßig gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar 2008 (1 BvR 370/07; 1 BvR 595/07) zur sogenannten Onlinedurchsuchung; denn die hier in Rede stehende Ermittlungsmaßnahme ist gerade keine Onlinedurchsuchung.

Bei dem der Anfrage zugrunde liegenden Fall handelt es sich dagegen um eine Auffindungsdurchsuchung im Sinne von § 103 StPO, die keinerlei Telekommunikationsüberwachung, sondern den einmaligen Vollzug einer richterlich angeordneten Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln zum Gegenstand hat. Dabei ist es ohne Belang, ob die Beweismittel schriftlich fixiert oder

auf Datenträger gespeichert sind. Der zulässige Grundrechtseingriff ist hier deutlich geringer und nicht mit dem einer Onlinedurchsuchung zu vergleichen.