Protokoll der Sitzung vom 28.08.2009

Hühnermist in Biogasanlagen - Kann hier jeder machen, was er will?

Der Landkreis Emsland verweigerte einem Landwirt aus Neudörpen die Genehmigung für eine Biogasanlage, die mit Mais und Hähnchenmist betrieben werden sollte, da es sich hierbei nicht um „Gülle“ im Sinne der Verordnung handele, sondern „um eine Mischung aus Gülle und verendeten Tieren“. Die EU-Hygieneverordnung VO (EG) Nr. 1774/2002 und das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz schreiben vor, dass Hühnerkot nur nach entsprechender Vorbehandlung (Hygienisierung) in Biogasanlagen verarbeitet werden darf.

Mit der VO (EG) Nr. 808/2003 wurde die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen vom Hygienisierungsgebot für Gülle zuzulassen. Laut Erlass des ML vom 29. August 2003 gelten Ausnahmetatbestände grundsätzlich aber nicht für Geflügelmist und Hühnertrockenkot.

Trotz dieser eindeutigen Festlegungen scheint es in Niedersachsen in den Landkreisen unterschiedliche Genehmigungspraxen zu geben. So heißt es in einem Presseartikel in Land & Forst vom 11. Juni 2009 unter dem Titel „Kein Hähnchenmist in Biogasanlagen“: „Der Landkreis Cloppenburg hat entsprechende Anträge zum Einsatz von Hähnchenmist in Biogasanlagen genehmigt. Ähnlich ist die Situation im Landkreis Vechta. Laut Anfrage gibt es eine genehmigte Anlage, die seit Anfang dieses Jahres mit Hähnchenmist arbeitet, weitere werden voraussichtlich eine Genehmigung erhalten.“

Inzwischen soll laut Presseberichten der Landkreis Emsland mit dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Kriterien festgelegt haben, unter denen eine „Sortenreinheit“ gewährleistet wird und Hähnchenmist doch unvorbehandelt in Biogasanlagen eingesetzt werden kann.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie viele Biogasanlagen, in denen Hühnermist ohne Hygienisierung eingesetzt wird, wurden von den Landkreisen seit 2003 genehmigt (Auflistung nach Landkreisen) , und welche Sanktionen ergeben sich hinsichtlich einer möglichen rechtswidrigen Genehmigungspraxis daraus?

2. Welche Auflagen wurden mit dem Landkreis Emsland konkret vereinbart und werden zukünftig jenseits von rechtsverbindlichen Verordnungen Einzelvereinbarungen mit den Landkreisen

geschlossen, die dann auch noch als „bundesweite Regelung“ (Land & Forst vom 11. Juni 2009) bezeichnet werden?

3. Welche Rechtssicherheit haben die Landkreise und Biogasbetreiber, „wenn es abzuwarten gilt, ob die EU diese pragmatische Auslegung der eigentliche eindeutigen Verordnung mit trägt“ (Land & Forst vom 11. Juni 2009)?

Die Europäische Union hat in der Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (Verordnung (EG) Nr. 1774/2002) die tierischen Nebenprodukte nach dem von ihnen ausgehenden Risiko in die Kategorien 1 bis 3 eingeteilt. Gleichzeitig sind dort die erforderlichen Behandlungsmethoden und Verwendungsmöglichkeiten festgelegt worden.

Mangels bundeseinheitlicher Vorgaben wurden in Niedersachsen durch den Erlass vom 29. August 2003 (AZ: 203-42306-183) zu einzelnen Punkten Ausführungshinweise erteilt. Dieser Erlass wurde in der Folge durch das nationale Tierische-Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82) und die TierischeNebenprodukte-Beseitigungsverordnung (Tier- NebV) vom 27. Juli 2006 (BGBl. I S. 1735) überlagert. Daraufhin ist den nachgeordneten Behörden die Aufhebung des Erlasses mitgeteilt worden.

Geflügelmist ist Gülle (Material der Kategorie 2) im Sinne der EG-Verordnung und darf unmittelbar als Dünger verwendet und auch in Biogasanlagen verarbeitet werden. Dabei kann Mist aus Hähnchenmastanlagen unbeabsichtigt vereinzelte Tierkörper verendeter Tiere enthalten; dies ist trotz guter landwirtschaftlicher Praxis nicht immer gänzlich vermeidbar.

Bezüglich des Einsatzes von Geflügelmist ist gemäß Erlass des ML vom 5. Juni 2009 (AZ: 203- 42306-183(25) Folgendes zu beachten:

Gülle, per definitionem „Exkremente und/oder Urin von Nutztieren, mit oder ohne Einstreu“, darf unbehandelt in zugelassenen Biogasanlagen verarbeitet werden.

Verendete Tiere sind, sofern sie nicht unter die Kategorie 1 fallen, ebenfalls Material der Kategorie 2. Diese sind in hierfür zugelassenen Anlagen der Verarbeitungsmethode 1 (Drucksterilisation: 133°C, 20 Minuten, 3 Bar) zu unterziehen.

Dass Tierkörper von Masthähnchen grundsätzlich nicht in Biogasanlagen gelangen dürfen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gleichzeitig gilt dies

auch für als Wirtschaftsdünger ausgebrachten Hähnchenmist. In diesem dürfen ebenfalls grundsätzlich keine Tierkörper oder Tierkörperteile enthalten sein.

Mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) ist abgestimmt, dass Hähnchenmist auch dann als „Gülle“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 in Biogasanlagen und als Dünger auf Äckern eingesetzt werden kann, wenn

- das Vorhandensein einzelner Tierkörper in dem Mist unter Beachtung einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft praktisch unvermeidbar ist,

- die Ställe mindestens einmal täglich intensiv kontrolliert und die toten Tiere sorgfältig abgesucht werden und dabei sichergestellt ist, dass möglichst keine Tierkörper im Mist verbleiben,

- der Mist vor der Abgabe auf Tierkörper kontrolliert wird und diese hieraus entfernt werden und

- keinesfalls Tierkörper absichtlich liegen gelassen oder dem Mist gezielt zugeführt werden.

Der den Mist abgebende Betrieb hat diese Vorgaben zu gewährleisten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Derzeit sind in Niedersachsen 419 Biogasanlagen nach der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zugelassen. Eine Listung ist unter www.bmelv. de/cae/servlet/contentblob/382966/publicationFile/ 22291/VO1774-2002ZulassungBetriebeNebenprodukte.xls einzusehen. Diese Biogasanlagen können tierische Nebenprodukte wie Klauentiergülle, Geflügelgülle oder Kofermente (z. B. Material der Kategorie 3) nach den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 verwerten, wobei in den Zulassungsbescheiden der Gewerbeaufsichtsämter die nach Tierische-Nebenprodukte-Beseitigungsrecht zu verwendenden Materialien in der Regel spezifiziert werden. Es können also Beschränkungen bezüglich dieser Materialien vorliegen, die jedoch bei der Listung der nach Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zugelassenen Biogasanlagen nicht erfasst werden.

Zu 2: Die mit dem BMELV abgestimmten Kriterien zum Umgang mit Geflügelgülle entsprechen dem geltenden Recht und sind per Erlass vom 5. Juni 2009 den zuständigen Behörden zur Sicherstellung einer einheitlichen Verfahrensweise mitgeteilt worden.

Zu 3: Durch Mitteilung der Kriterien per Erlass an die zuständigen Behörden sind diese im Innenverhältnis zur für die Veterinärverwaltung zuständigen obersten Landesbehörde verbindlich. Insofern liegt für die zuständigen Behörden Rechtssicherheit vor. Für die Einhaltung der Kriterien ist der die Gülle abgebende Betrieb verantwortlich, wobei Biogasanlagenbetreiber damit nicht von Ihrer Pflicht enthoben sind, sich über den Input ihrer Anlagen zu vergewissern.

Anlage 41

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 44 der Abg. Detlef Tanke und Klaus Schneck (SPD)

Unterrichtsversorgung im Landkreis Gifhorn

Das Schuljahr 2009/2010 hat begonnen, die Probleme im Bereich der Unterrichtsversorgung sind die alten geblieben. Nach unseren Informationen werden auch in dem aktuellen Schuljahr im Landkreis Gifhorn viele Schulen mit Lehrkräften unterversorgt sein. Viele Neubesetzungen von Lehrerstellen werden erst zum 1. November vorgenommen, wodurch bis dahin Unterrichtsausfall billigend in Kauf genommen wird. Vor allem aber besteht in den naturwissenschaftlichen Fächern sowie in Religion und Latein weiterhin ein großer Fachlehrermangel.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie wirken sich der Abbau und der Ausgleich der Lehrerarbeitszeitkonten zu Beginn des Schuljahrs 2009/2010 auf die Schulen im Landkreis Gifhorn aus (Vergleich der Lehrerstunden zu den Lehrerstellen; aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Schulformen)?

2. Wie viele zusätzliche Lehrerstellen hat die Landesregierung den Schulen im Landkreis Gifhorn zum Schuljahr 2009/2010 zugewiesen, und wie viele sind davon als Ausgleich für die durch den Abbau der Arbeitszeitkonten entfallenden Lehrerstellen zu sehen (wiederum auf- geschlüsselt nach Schulformen)?

3. Wie sieht die generelle Unterrichtsversorgung zum Schuljahresbeginn 2009/2010 an den Schulen im Landkreis Gifhorn (aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Schulformen) aus, und sieht die Landesregierung ihr Ziel der 100prozentigen Unterrichtsversorgung erreicht?

Die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung ist ein komplizierter Prozess. Dabei muss das Gesamtpaket von ausgeschriebenen Stellen, realisierten Einstellungen von Lehrkräften, von freiwilliger oder angeordneter Mehrarbeit, von nicht genehmigten Teilzeitanträgen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen (§ 61 NBG-E bzw. TV-L/

§ 8 TzBfG), aus den Anmeldungen von Schülerinnen und Schülern an den weiterführenden Schulen, aus Veränderung der Schülerzahlen durch Wiederholen eines Jahrgangs, aus Frühpensionierungen aus gesundheitlichen Gründen oder den unterschiedlich gewählten Modellen zum Ausgleich des angesparten Arbeitszeitkontos am Ende zu einer landesweiten Unterrichtsversorgung über alle Schulformen und Lehrämter in den Blick genommen werden. Konkret heißt das:

- Die Besetzung von 1 076 Lehrerstellen zum 1. Februar dieses Jahres ist erfolgreich abgeschlossen.

- Die Ausschreibung von inzwischen mehr als 2 500 Stellen für Lehrkräfte aller Schulformen zum 1. August 2009 ist erfolgt; die Besetzung ist weitestgehend abgeschlossen.

- Die schnelle Handlungsfähigkeit die Landesregierung, aber auch der Landesschulbehörde und der Schulen durch ein von den Mehrheitsfraktionen beschlossenes Maßnahmebündel hat die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung maßgeblich unterstützt. Es besteht erstens aus der Schaffung von zusätzlichen Stellen für Lehrkräfte sowie Referendarinnen und Referendare, zweitens aus finanziellen Anreizen (z. B. Mehrarbeit von Refe- rendarinnen und Referendaren) und drittens der Nutzung vorhandener Ressourcen (Reduzierung der Entlastungs- und Anrechnungsstunden).

Die Besetzung von Stellen mit Lehrkräften in den Mangelfächern, wie den naturwissenschaftlichen Fächern sowie teilweise in Religion und in Latein, ist eine bundesweite Herausforderung, die wir als einzelnes Bundesland nicht kurzfristig lösen können. Deshalb setzt Niedersachsen auf Flexibilität bei den Einstellungen und dem Einsatz von Lehrkräften.

So können sich z. B. GHR-Lehrkäfte an Gymnasien bewerben, Gymnasiallehrkräfte auch an Hauptschulen und Realschulen. Die einheitlich drei Jahre umfassende Probezeit muss nur noch zu einem Drittel an der Schulform absolviert werden, für die die Lehrbefähigung erworben wurde. Außerdem gibt es flexible Möglichkeiten des Umstiegs auf das Blockmodell im Rahmen der Altersteilzeit, aber auch die Chance für Pensionäre zur vollständigen oder teilweisen Weiterarbeit. Ebenso haben wir die Rückzahlungsmodalitäten für die angesparten Stunden des Arbeitszeitkontos flexibilisiert.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass die landesweite Unterrichtsversorgung mindestens 99,5 % über alle Schulformen hinweg betragen wird. In diesem Schuljahr unterrichten so viele Lehrkräfte an niedersächsischen Schulen wie noch nie zuvor in diesem Lande.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Die Daten der Erhebung zur Unterrichtsversorgung zum Schuljahr 2009/10 werden zum Stichtag 20. August 2009 erhoben und liegen ausgewertet im Oktober 2009 vor. Daher sind die Daten zum Arbeitszeitkonto der Webabfrage zum 15. September 2008 entnommen.

Die Verringerung der Lehreriststunden zum Schuljahr 2009/2010 durch das Ende und den Ausgleich des Arbeitszeitkontos stellt sich im Landkreis Gifhorn wie folgt dar:

Schulform in Stunden in Stellen

Grundschule -226 -8,1

Hauptschule -151 -5,5