Protokoll der Sitzung vom 24.09.2009

genug, um die Ergebnisse in einigen Jahren noch zu sehen - nichts, aber auch gar nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Schünemann, zur Wahrheit gehört aber auch, dass einer Ihrer Kabinettskollegen etwas weiter ist. Er hat begriffen, dass sich 2011 eine Chance bietet. Er will die Zahl der Anwärterstellen trotz Haushaltskrise um 160 im Jahrgang 2011 erhöhen. Dieser Kollege ist der Finanzminister Hartmut Möllring. Ich frage mich: Wenn schon Herr Möllring, der jetzt nicht anwesend ist, der eigentlich wissen muss, was finanziell geht und was nicht geht, diese Chance begreift, warum begreifen Sie sie dann nicht? Vielleicht holen Sie sich einmal einen guten Rat bei Ihrem Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, niemand bestreitet, dass die Umsetzung unseres Vorschlages zusätzliches Geld kostet. Es sind keine Unsummen; wir reden nicht über Tausende von Einstellungen. Für einen begrenzten Zeitraum ist aber zusätzliches Geld erforderlich. Wir und Herr Minister Möllring sehen es aber so, dass dieses Geld gut angelegt ist. Wir sichern uns damit qualifizierten Nachwuchs und wir beugen einer völligen Überalterung des Landesdienstes frühzeitig vor. Wer so handelt, investiert, wie wir meinen, in die Zukunft unserer Landesverwaltung.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP und auch von den Grünen, unser Antrag hat den Titel „Chancen nutzen, Chancen bieten“. Wenn Sie unseren Vorschlag, wie Sie das offensichtlich vorhaben, heute ablehnen, verspielen Sie gleich zwei Chancen. Sie verspielen erstens die Chance, zumindest einem kleinen Teil der betroffenen jungen Menschen eine zusätzliche Perspektive zu bieten. Sie verspielen aber auch die Chance, Talente für den Landesdienst zu gewinnen, die wir in den Jahren danach umso dringender vermissen werden, die wir dann aber bei drastisch zurückgehenden Schülerzahlen nur noch schwer gewinnen können.

Diese Politik ist ausgesprochen kurzsichtig. Sie wird sich leider schon in wenigen Jahren rächen.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Krogmann. - Für die CDUFraktion hat sich Herr Wiese zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der doppelte Abiturjahrgang - ob man es nun G 8, Turboabi oder wie auch immer nennt - hat dieses Haus an den verschiedensten Stellen beschäftigt: in Dringlichen Anfragen, Großen Anfragen, Kleinen Anfragen oder auch Entschließungsanträgen.

Der vorliegende Antrag ist, wie ich glaube, ein Relikt, das bei der Diskussion übriggeblieben ist. Er ist auf die Zukunft gerichtet und bezieht sich auf das Jahr 2011. Er soll uns sagen, was dann zu tun ist.

Was dieser Entschließungsantrag fordert, ist in der Tat überschaubar, zumindest wenn man sich den inhaltlichen Wert dieses Antrags anschaut. Ich will nicht sagen, dass jeder Antrag immer seitenlang formuliert sein muss. Die Zehn Gebote haben auch nur 150 Worte. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung hat 1 330 Worte. Der Unterschied ist, dass die 94 Worte in diesem Entschließungsantrag nicht annähernd eine Qualität haben, mit der man so viel anfangen kann wie mit den anderen beiden Beispielen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte Ihnen gern vier Punkte mit auf den Weg geben, die deutlich machen, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen können.

Erstens. Selbstverständlich nehmen wir die Sorgen der Schülerinnen und Schüler und der Eltern sehr ernst. Das gilt für alle Schülerinnen und Schüler und für alle Eltern in allen Jahrgängen.

(Johanne Modder [SPD]: Nein, Sie lassen sie allein!)

Das gilt für diejenigen, die in diesem Jahr die Schule verlassen haben. Das gilt für die, die sie im nächsten Jahr verlassen. Das gilt auch für die, die die Schule 2011 verlassen, unabhängig davon, ob sie die Schullaufbahn mit dem Abitur oder mit einem anderen Bildungsabschluss beenden. Dass das so ist, sehen Sie an den unterschiedlichsten Maßnahmen, die wir ergriffen haben. Wir sind uns auch darin einig, dass es besondere Herausforderungen gibt, um einen möglichst idealen Übergang zu organisieren.

Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben sich nichts im Hinblick darauf vorzuwerfen, dass wir in den letzten Jahren nicht vernünftig gehandelt hätten. Es ist vielmehr stets in engem Dialog mit der Wirtschaft, mit den Gewerk

schaften und mit anderen Partnern etwas Vernünftiges gestrickt worden. In gleicher Weise werden wir uns auch in diesem Jahr vernünftig vorbereiten.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU] - Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sehr richtig!)

Zweitens möchte ich Ihnen gerne sagen, dass es hilfreich ist, wenn Sie uns Vorschläge dazu machen, wie wir Personalpolitik im Land Niedersachsen betreiben sollten. Ich möchte Ihnen, weil Sie dies offensichtlich verdrängt haben, einmal in Erinnerung rufen, dass wir diejenigen sind, die in diesem Land Zigtausend zusätzliche Lehrer eingestellt haben, dass wir diejenigen sind, die 1 000 Polizisten zusätzlich einstellen, um die innere Sicherheit zu gewährleisten, und dass wir diejenigen sind, die auch in dem jetzt in Rede stehenden Bereich, orientiert am tatsächlichen Bedarf, weiterhin entsprechend handeln werden.

Wir haben all dies in diesem Hause zum Teil leider gegen den erbitterten Widerstand der SPD durchsetzen müssen. Insofern sind Sie nicht die besten Ratgeber bei diesem Punkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben natürlich auch eine Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen. Wir haben auch eine Verantwortung dafür, dass wir nicht permanent über unsere Verhältnisse leben. Dazu gehört, dass man auch einmal ehrlich sagt, was geht und was nicht geht.

Sie haben hier den Bereich der Finanzverwaltung angesprochen. Im Ausschuss ist ausgeführt worden, warum die Landesregierung in diesem Bereich, wie ich finde, sehr vorsorglich und sehr vorausschauend handelt und dass sie bereits 2011 das Zeitfenster nutzt. Das hängt damit zusammen, dass wir, beginnend 2014, sehr starke Abgänge haben werden, sodass wir dort einen sehr guten Übergang hinbekommen.

Zur Ehrlichkeit gehört allerdings dazu, dass das, was Sie mit der Formulierung „doppelte Zahl“ - also „doppelte Einstellungsmöglichkeiten“ - anstreben, so einiges, wie Herr Krogmann gesagt hat, kosten würde. „So einiges“ heißt im Bereich der Polizei 20 Millionen Euro, die finanziert werden müssten.

Nun wird man natürlich auch immer gucken, was an der einen oder anderen Stelle geht, weil uns innere Sicherheit wichtig ist. Aber ganz so einfach, wie Sie es sich hier gemacht haben, können wir es

uns aber nicht machen, und zwar insbesondere deshalb nicht, weil Sie pauschal durch alle Ressorts gehen.

Ich frage mich, wie Sie das für den Bereich der Rechtspfleger nach allem, was das Justizministerium dazu vorgetragen hat, noch begründen können. Wir haben eine Infrastruktur für Ausbildungskapazitäten. Diese müssten wir mit Steuermitteln hochfahren, um einige Nachwuchskräfte zusätzlich auszubilden zu können - die wir dann aber nicht übernehmen könnten, weil wir sie nicht brauchen würden. Dann würden wir diese Kapazitäten mit Steuermitteln wieder herunterfahren und hätten gute Augenwischerei betrieben, aber keine nachhaltige Politik. Dafür stehen wir jedenfalls nicht zur Verfügung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mir ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig zu sagen, dass die Wahl der Ausbildungs- oder Studienmöglichkeiten natürlich eine höchst persönliche Angelegenheit ist. Jeder einzelne Abiturient wird vor dieser Frage stehen und seine persönliche Entscheidung treffen.

Die Diskussion darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Generation, die jetzt die Schule verlässt, derzeit so viele geöffnete Türen vorfindet wie keine andere Generation zuvor.

(Victor Perli [LINKE]: So ein Quatsch! So ein Quatsch!)

- Es ist immer gut, wenn solche Zurufe kommen. Wir befinden uns inzwischen ja in einem geeinten Deutschland. Würden wir in der ehemaligen DDR leben, wäre das natürlich etwas Anderes.

(Oh bei der SPD und bei der LINKEN)

- Ja, oh! Es ist schade, dass sich die SPD nicht mehr zu ihrer Verantwortung bekennt. Sie waren einmal die Partei der Arbeiter. Sie waren das einmal.

(Widerspruch bei der SPD - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Und Sie die Par- tei der Arbeitslosen!)

Sie machen die Diskussion an einem Punkt zu, an dem Sie sagen: So machen wir es nicht.

Es ist nicht sauber, dass Sie mir, wenn über die Möglichkeiten spreche, die man heute hat, mit solchen Zurufe kommen. Welche Möglichkeiten hatte man denn früher in der DDR? Wenn man das zweitgeborene Kind einer Akademikerfamilie, aber

nicht in der SED war, war es schon ein bisschen schwierig zu studieren.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der LINKEN - Unruhe)

Herr Kollege Wiese, einen kleinen Augenblick! Es ist zwar etwas unruhig, aber ich stelle Ihnen trotzdem die Frage, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Behrens gestatten.

Vielen Dank, aber ich lasse keine Zwischenfragen zu, sondern möchte Ihnen stattdessen noch sagen, was für uns besonders wichtig ist.

Wir sollten machen, was wir tun können. Wir sollten die jungen Menschen aber nicht bewusst gegen die Wand laufen lassen. Wer jetzt deutlich mehr einstellt, als er hinterher übernehmen kann, der erweckt einen Eindruck, der denen gegenüber, die diese Aufgaben zu erfüllen haben, nicht fair ist. Was soll ein ausgebildeter Rechtspfleger, den das Land Niedersachsen nicht auf Dauer beschäftigen kann, hinterher noch tun?

(Johanne Modder [SPD]: Dann ist er ohne Ausbildung!)

Wir sollten die Abiturientinnen und Abiturienten dieses Landes nicht aufs Glatteis führen,

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sondern arbeitslos werden lassen!)

sondern uns ehrlich und solide darum kümmern, dass es möglichst optimale Bedingungen gibt. In dem Sinne werden wir handeln. Deshalb hilft Ihr Antrag überhaupt nicht weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)