Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

che Fragestellung in der gegenwärtigen Zeit bedeutet, in der die Kommunen finanziell schlechter dastehen als jemals zuvor.

Mit einer derartigen Fragestellung öffnen Sie die Tür für einen Angriff auf die sogenannten freiwilligen Leistungen, also auf das Soziale, die Kultur-, die Umwelt- und die Bildungsprojekte, die sich bislang vielleicht noch die eine oder andere Kommune leisten kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer so formuliert, der eröffnet den Angriff auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Deshalb bin ich der Meinung: Hätten Sie Ihren Antrag mit uns besprochen und anders formuliert, dann hätten vielleicht auch wir zustimmen können.

(Beifall bei der LINKEN)

So können wir sagen: Die Richtung stimmt einfach nicht! Deshalb mein Ratschlag: Erstens. Sprechen Sie bei Wiederholungsanträgen mit den anderen Fraktionen! Zweitens - damit komme ich zu dem, was Sie zu den Landkreisen und den Gebietsreformen gesagt haben -: Lösen Sie sich von schlechten Ratgebern! Sie wissen, wen ich damit meine.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster hat sich der Kollege Hiebing von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von meinen Vorrednern ist schon gesagt worden, dass dieser Antrag jetzt zum vierten Mal beraten wird. Ich habe mich gefragt, ob er zumindest mit neuen Argumenten begründet wird, musste dann aber feststellen, dass dies nicht der Fall ist. Frau Kollegin Modder, ich habe das Gefühl, das ist nicht nur neuer, sondern sogar alter Wein in alten Schläuchen, also zumindest keine gute Idee, wie ich finde.

(Johanne Modder [SPD]: Der Antrag war von Anfang an gut!)

Gleichwohl ist es fraktionsübergreifend unbestritten, dass es in der Frage der kommunalen Strukturen Handlungsbedarf gibt. Insofern ist es auch absolut richtig, dass im Landtag konstruktiv und kreativ über den richtigen Weg gestritten wird.

Der Weg, den die Fraktionen von CDU und FDP beschreiten wollen, ist der des Zukunftsvertrages für starke Kommunen.

(Johanne Modder [SPD]: Davon habt ihr euch verabschiedet!)

Dieser Zukunftsvertrag ist, wie Sie wissen, im Dezember letzten Jahres von allen kommunalen Spitzenverbänden unterschrieben worden.

Der Zukunftsvertrag wird sich beweisen müssen - das ist auch unsere Meinung -, und das wird abzuwarten sein.

(Johanne Modder [SPD]: Das wird aber nicht passieren!)

Meine Damen und Herren, ich sage deutlich, dass wir nicht den Anspruch erheben, die eierlegende Wollmilchsau gefunden zu haben. Gleichwohl sind wir davon überzeugt, dass es richtig ist, die Kommunen mitzunehmen und ihnen zugleich die Chance zu geben, in Selbstbestimmung darüber zu entscheiden, wie ihre eigene kommunale Zukunft aussehen soll. Dieser Zukunftsvertrag schafft dafür die notwendigen Grundlagen und eröffnet zugleich Hilfen und Angebote.

An dieser Stelle wird der grundlegende Unterschied zwischen uns deutlich. Wir sind der Meinung: Die wesentlichen fachlichen Daten liegen vor, sind uns bekannt und wurden in den Ausschüssen schon vorgestellt. Für die politische Bewertung dieser Fakten und für die politische Entscheidung über künftige Strukturen bedarf es, wie ich meine, keiner Enquetekommission.

Die SPD-Fraktion hingegen strebt im Grunde eine von oben verordnete Gebietsreform an. Dazu sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Das wird es mit uns nicht geben!

(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Das bereitet ihr gerade vor!)

CDU und FDP, meine Damen und Herren, stehen weiterhin für Eigenverantwortung in den Kommunen und damit für Freiwilligkeit bei der Frage von Zusammenschlüssen. Wir treten für eine Stärkung der kommunalen Ebene ein und sind heute und in Zukunft strikt gegen jeden zentralstaatlichen Dirigismus.

Die CDU-Fraktion und auch die FDP-Fraktion stehen klar zum Zukunftsvertrag und seinen drei Säulen, nämlich erstens einer weiteren Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit, zweitens einer

Erweiterung der gesetzlichen Handlungsspielräume für Kommunen sowie drittens Hilfen für Kommunen mit besonderen strukturellen Problemen.

Meine Damen und Herren, mit den drei kommunalen Spitzenverbänden ist vereinbart worden, im Jahre 2010 über eine mögliche Verlagerung von Aufgaben auf die kommunale Ebene zu sprechen. Diese Gespräche sollten wir abwarten.

Frau Kollegin Modder, Sie hatten bei der ersten Beratung formuliert, dass Sie die Freiwilligkeit „für verantwortungslos und nicht zielführend“ halten. Für mich ist das Gegenteil richtig. Die gewählten Stadträte und Kreistage vertreten in der gleichen Weise das Volk wie wir. Deshalb ist die Verantwortung dort auch richtig angesiedelt.

Frau Kollegin Modder, Sie haben ebenfalls gesagt, dass man „dem Zufall, den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung allein“ das nicht überlassen sollte. Ich glaube, hier wird nichts dem Zufall überlassen. Es ist vielmehr eine erfreuliche Realität, dass wir einen Zukunftsvertrag haben. Darin sind vertragliche Vereinbarungen niedergeschrieben. Diese Vereinbarungen gelten erst einmal.

Ich bin auch fest davon überzeugt, dass die kommunalen Spitzenverbände hierfür die richtigen Partner sind. Ich glaube auch, dass in dieser Sache von der Landesregierung und vom Innenministerium beste Arbeit geleistet worden ist. Der Minister hat hier im Parlament ausgeführt, dass es immer einer breiten Mehrheit der politisch Verantwortlichen vor Ort und der Bevölkerung bedarf, wenn man kommunale Strukturen erfolgreich weiterentwickeln will. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Zukunftsvertrag sollte auch als solcher verstanden werden und als ein Angebot an die Kommunen gelten. Wir können nur hoffen, dass die Mehrheit der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie der Landrätinnen und Landräte im Lande, die ja nicht mehrheitlich von der CDU gestellt werden, sich konstruktiv und offen auf dieses Angebot einlassen und dass eben nicht versucht wird, mit kommunalen Strukturen Parteipolitik zu betreiben. Vielmehr muss es die Bereitschaft geben, aufeinander zuzugehen und die Probleme tatsächlich lösen zu wollen. Das Angebot, etwa 1,5 Milliarden Euro für Zins und Tilgung aufgelaufener Kassenkredite übernehmen zu wollen ist, ist dafür, wie ich finde, ein sehr guter Anreiz.

Meine Damen und Herren, wir sind uns im Hause darüber einig, dass wir in einigen Bereichen strukturelle Veränderungen brauchen. Einzelne Regionen des Landes wurden hier schon genannt: Cuxhaven, das Weserbergland und der Harz. Es mag sein, dass sich dort vereinzelt Befürworter Ihrer Idee finden. Wir glauben aber, dass es der richtige Weg ist, den Betroffenen vor Ort das Heft des Handelns nicht aus der Hand zu reißen und am Ende nicht über ihre Köpfe hinweg zu entscheiden. Es ist allemal besser, die Menschen vor Ort selber entscheiden zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sollten bei dieser Debatte auch nicht ganz ausblenden, dass es in anderen Regionen des Landes weder die Motivation dafür noch einen tatsächlichen Bedarf gibt, ernsthaft über Veränderungen nachzudenken. Ich denke dabei nur an den Westen des Landes, an die Grafschaft Bentheim, das Emsland, das Oldenburger Münsterland oder das Osnabrücker Land. Dort hat man keine Lust, über Verwaltungsreformen mit Ihnen zu reden. Ich denke, das darf ich an dieser Stelle auch einmal sagen.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend will ich hier noch einmal sagen, dass uns auch die veränderte Begründung des wieder aufgewärmten Antrages nicht überzeugen konnte. Wir brauchen an dieser Stelle keine Enquetekommission, sondern wir sollten zunächst einmal dem Zukunftsvertrag eine Chance geben, seine Wirkung zu entfalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Oetjen das Wort. Bitte!

Ganz herzlichen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Da der Kollege Hiebing ausführlich begründet hat, warum wir die Enquetekommission aus Sicht von CDU und FDP nicht brauchen, werde ich es kurz machen.

Wie Hanne Modder gesagt hat, diskutieren wir heute zum vierten Mal über die Einrichtung einer solchen Enquetekommission. Aus meiner Sicht ist aber die eigentliche Frage, welchen Weg man

gehen will, wenn man um Veränderungsbedürfnisse auf der kommunalen Ebene weiß.

Wir haben uns für den Weg des Dialogs mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit der kommunalen Ebene entschieden. Dieser Weg ist im Zukunftsvertrag niedergeschrieben. Für mich ist dabei nicht nur das wichtig, was wir unter dem Stichwort Hochzeitsprämie diskutiert haben, sondern für mich ist auch einer der Kernpunkte, dass wir mit den kommunalen Spitzenverbänden auch über Verwaltungsmodernisierung reden, also darüber, welche Aufgaben an welcher Stelle wahrgenommen werden.

Ich möchte wiederholen, was ich beim letzten Mal gesagt habe: Im Mittelpunkt der Debatte muss neben der Frage, ob etwas auf der kommunalen Ebene angesiedelt werden soll, auch die Frage stehen, wo es dann auf der kommunalen Ebene angesiedelt wird, also bei den Landkreisen oder bei den Städten und Gemeinden.

In dieser Diskussion stehen CDU und FDP in einem engen Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit den Kommunen, weil wir unser Niedersachsen gemeinsam weiterentwickeln wollen. Wir wollen Veränderungen nicht von oben herab verordnen, sondern wollen, dass sie von unten wachsen. Eine der großen Lehren der letzten Gebietsreform ist - glauben Sie mir, die FDPFraktion hat das sehr schmerzhaft erleben müssen -, dass es meistens schief geht, wenn die Menschen sich auf einem solchen Weg nicht mitgenommen fühlen.

Deswegen sind wir dagegen, eine Gebietsreform von oben zu verordnen. Vielmehr wollen wir dort, wo es notwendig ist, den Weg gemeinsam mit den Kommunen gehen. Ich sage hier sehr deutlich: in Niedersachsen gibt es Regionen, wo es sehr notwendig ist, über solche Strukturen zu reden. Es gibt aber eben auch Regionen, wo die Welt in Ordnung ist. Von daher kann man das nicht über einen Kamm scheren, sondern muss man den Einzelfall betrachten. Das Innenministerium steht mit den betroffenen Kommunen im Dialog.

Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dem Zukunftsvertrag den richtigen Weg gehen und eine gute Grundlage geschaffen haben. CDU und FDP werden diesen engen Dialog mit den Kommunen fortsetzen. Eine Enquetekommission brauchen wir dafür nicht.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ältestenrates zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/1953 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Das ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf: