Ich erteile jetzt der Kollegin Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Sie möchte zu verschiedenen Eingaben Stellung nehmen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst zur Eingabe 1038/09/16 sprechen, bei der es um Altlasten in der List in Hannover geht. Die Petenten fordern einen Altlastenfonds für Niedersachsen. Sie begründen Ihre Forderung nicht nur mit der seit Monaten diskutierten Altlastenproblematik am DeHaën-Platz in Hannover, sondern mit über 100 000 Altlastenverdachtsfällen in Niedersachsen, die die Einrichtung eines Fonds nach dem Beispiel anderer Bundesländer zwingend erscheinen lassen. Wir werden dieses Thema anhand der vorliegenden Anträge der Linken und der SPD noch ausführlich am Freitag diskutieren.
Im Fall De-Haën-Platz sollen die Anwohner nach derzeitigen Planungen auf 75 % der Sanierungskosten hängen bleiben, obwohl sie den Strahlenmüll nun wirklich nicht zu verantworten haben. Stadt, Region und auch das Land sind hier in der Pflicht. Setzen Sie auf Seiten der Regierungskoalition ein Zeichen, und beschließen Sie gegenüber der Landesregierung bei dieser Petition schon vor der Beratung der Anträge am Freitag, nicht auf die Sach- und Rechtslage zu verweisen, sondern beschließen Sie „Berücksichtigung“.
sen Eingaben geht es um den zusätzlichen Einsatz von Schulsozialarbeitern. Meine Damen und Herren, wir haben das Thema Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Beratungssituation an den Schulen insgesamt hier schon rauf und runter diskutiert. All diese Professionen werden parallel an unseren Schulen gebraucht, um vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen. Die gegenwärtige Situation ist völlig indiskutabel. Aufseiten der Regierungskoalition verstecken Sie sich hinter Rechtsvorschriften wie im Fall der GS Hägewiesen, die noch keinen Ganztagsschulantrag gestellt hatte. Der Antrag ist inzwischen gestellt.
Meine Damen und Herren, Rechtsvorschriften können geändert werden. Alle diese Petitionen sollten berücksichtigt werden.
Ich erteile jetzt dem Kollegen Deneke-Jöhrens von der CDU-Fraktion das Wort. Er spricht auch zu der Eingabe 01038/09/16.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben großes Verständnis für die betroffenen Grundeigentümer in der List. Die erhebliche finanzielle Belastung ohne eigenes Verschulden ist bitter für die Betroffenen. Die Sach- und Rechtslage ist allerdings mehrfach ausgeurteilt worden. Der Eigentümer ist in der Pflicht. Eine Übertragung der Pflicht auf die Allgemeinheit ist rechtlich nicht möglich und im Übrigen im Hinblick auf die Finanzlage des Landes auch finanziell gar nicht möglich, wenn wir das landesweit betrachten.
In diesem Fall hat sich die Region Hannover bereits mit einem beträchtlichen Einsatz öffentlicher Mittel bei der Untersuchung und Gefährdungsabschätzung engagiert. Der von der Petentin gewünschte Altlastenfonds unterscheidet sich von einer ausschließlichen Kostenübernahme durch das Land dadurch, dass weitere Akteure beteiligt sind, insbesondere Wirtschaftsunternehmen und Kommunen.
Auf der Basis eines freiwilligen Zusammenwirkens existieren derartige Fonds in mehreren Bundesländern. Die Niedersächsische Landesregierung hatte Ende der 1980er-Jahre die Einrichtung eines solchen Fonds mit den Wirtschaftsverbänden vereinbart. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 1990 führte Frau Griefahn als Umweltministerin stattdessen eine rechtlich zwingende Abfallabgabe ein. Diese Zwangsabgabe wurde von der Wirtschaft beklagt und schließlich vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt. - Herr Bosse, Ihre Partei hat es versemmelt.
Aufgrund dieser Vorgeschichte besteht nach diversen Gesprächen der Landesregierung mit Wirtschaftsvertretern derzeit dort keine Bereitschaft mehr, an der Errichtung eines Fonds freiwillig mitzuwirken. Dementsprechend können wir nur auf „Sach- und Rechtslage“ entscheiden.
Ich erteile jetzt dem Kollegen Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort zur Eingabe 01237/05/16.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Eingabe der Interessengemeinschaft Bauernhaus und eines weiteren Petenten geht es darum, dass ein besonderes Juwel abgerissen wurde, das sich auf der ehemaligen Landesdomäne Heidbrink im Landkreis Holzminden befand. Es dürfte sich um einen der ältesten Rinderställe - wenn nicht sogar um den ältesten Rinderstall überhaupt - in Deutschland gehandelt haben, der in dem Agrarland Niedersachsen von besonderer Bedeutung ist. Er wurde auch von der Fachhochschule Holzminden sehr ausgiebig genutzt; denn - ich zitiere Professor Kickler - das Gebäude hat einen besonders hohen Denkmalschutzwert. Es ist etwas Besonderes. Die handwerkliche Kunst und Technik der alten Baumeister lasse sich hier besonders gut nachvollziehen. Sie wären bei einem Abriss verloren. Sie sollten vielmehr gewürdigt und erhalten werden.
Obwohl die Petition vor dem Abriss und der Erteilung der Genehmigung dazu einging, ist die Abrissgenehmigung erteilt worden, obwohl bislang weder über die damit im Zusammenhang stehende
größte Ziegenfabrik Europas, die dort ja geplant ist, noch über die Petition in der Sache entschieden worden ist.
Wie der Petent schreibt, hat sich auch der Minister persönlich für den Abriss eingesetzt und hat die Bedenken des Landesamtes für Denkmalpflege herausgenommen. Ich weiß nicht, ob Herr Stratmann dazu noch etwas sagen möchte; aber das wurde in der Petition so beschrieben.
Von daher kann man feststellen, dass nicht nur - wie oft gesagt wurde - drei Minister diese Ziegenfabrik unbedingt gegen die Bevölkerung durchdrücken wollen, nämlich Herr Sander, Herr Ehlen und Herr Schünemann, sondern dass auch der für Denkmalschutz zuständige Minister keinerlei Bedenken hatte, dass diese Abbruchgenehmigung erteilt wird.
Das ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass das rechtlich sehr zweifelhaft war, weil es auch alternative Angebote von Investoren gab, die die Gebäude erhalten wollten. Es gab vor dem Verkauf eine klare Aussage des Investors, der die Ziegenfabrik errichten möchte, dass er diese Gebäude abreißen wolle.
Obwohl die Kollegin Filiz Polat und ich vor der Entscheidung mehrfach nachgefragt haben, wie das Land seiner Sorgfaltspflicht für dieses wirklich bedeutende Baudenkmal, für dieses Juwel im Agrarbereich nachkommen wolle, wurde in den Verkaufsverhandlungen nicht vertraglich abgesichert, dass der neue Besitzer auf den Erhalt dieses wirklich wichtigen Denkmals verpflichtet wird.
Deshalb plädieren wir dafür, erstens dieses Verfahren zu rügen, dass die Genehmigung erteilt wurde, obwohl es vorher diese Petition gab. Zweitens rügen wir sehr stark, dass dieser Abriss erfolgt ist, obwohl die Voraussetzungen dafür noch nicht bestanden und über die Ziegenfabrik noch lange nicht entschieden worden ist. Hier soll wieder etwas durchgedrückt werden. Dies zeigt wieder einmal - wie beim Landtagsabriss -, dass Denkmalschutz der Landesregierung nichts wert ist.
(Beifall bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: So ein Unfug! - Jens Nacke [CDU]: Das waren alles falsche Behauptungen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hätte Herr Meyer die Stellungnahme des Ministeriums dazu gelesen, hätte er hier anders vortragen müssen. Aber das hatte er sicherlich nicht vor.
Fakt ist, dass der Rinderstall ein baugeschichtlich wertvoller Fachwerkbau ist. Es ist aber auch so - das ist gesagt worden -, dass dieser Rinderstall bereits abgerissen worden ist. Es lag eine Abrissgenehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde - in diesem Fall des Landkreises Holzminden - vor. Die untere Denkmalschutzbehörde hat, wie das Landesamt für Denkmalpflege festgestellt hat, richtig entschieden. Eine Rolle spielte hierbei auch, dass dieses Gebäude mit einem hohen Aufwand hätte saniert werden müssen, man aber für die Zukunft keine Möglichkeit sah, dort beispielsweise verschiedene Einrichtungen unterzubringen.
Wir plädieren, wie bereits im Ausschuss beschlossen, die Eingabe mit „Sach- und Rechtslage“ zu bescheiden.
Herr Präsident! Herr Meyer, ich finde, es ist an der Zeit, dass man sich auch einmal über Stilfragen unterhält.
(Beifall bei der CDU - Heiner Bartling [SPD]: Genau! Minister reden nämlich nicht zu Eingaben! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Sie wissen anhand der Unterlagen ganz genau - es sei denn, Sie sind des Lesens nicht mächtig -, dass die untere Denkmalschutzbehörde zuständig ist
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Beschimpft die Regierung wieder ihre Abgeordne- ten? Herr Minister, das ist eine Stilfra- ge, ob die Regierung hier die Abge- ordneten beschimpft!)
dung eingemischt hat; vielmehr haben wir erst, nachdem die Entscheidung durch die zuständige Behörde längst getroffen worden war, davon Kenntnis erlangt. Das gehört zur Wahrheit dazu. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie, wenn Sie die Unterlagen gelesen haben, hier wahrheitsgemäß berichten.
Herr Präsident, ich möchte für uns nur eines zur Kenntnis geben: Ich halte es für einen völlig ungewöhnliches und unangemessenes Verfahren, dass dann, wenn sich Bürger mit Eingaben an den Niedersächsischen Landtag wenden, die Landesregierung dazu spricht. Das ist Sache des Parlaments, und diesen Respekt sollte auch diese Landesregierung haben.