Protokoll der Sitzung vom 16.03.2010

Ebenso gilt mein besonderer Dank den Vertreterinnen und Vertretern des Staatlichen Baumanagements, die in den letzten Wochen und Monaten mit unglaublichem Einsatz alle Herausforderungen gemeistert haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu dem soeben aufgerufenen Antrag findet antragsgemäß die erste Beratung statt. Die Fraktionen sind jedoch übereingekommen, über diesen Antrag anschließend sofort abzustimmen. Dies soll in namentlicher Abstimmung in einer mit den Fraktionen abgestimmten Weise geschehen, die von hier aus zu gegebener Zeit erläutert wird. Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darauf verständigt, dass in der zu diesem Tagesordnungspunkt anstehenden Debatte die großen Fraktionen über jeweils 25 Minuten und die kleinen Fraktionen über jeweils 15 Minuten Redezeit verfügen sollen. Daran anschließend soll für einzelne Wortmeldungen jeweils eine Redezeit von zwei Minuten gewährt werden. Es ist Übereinkunft darüber erzielt worden, dass während der Zweiminutenbeiträge Kurzinterventionen nicht zugelassen sind.

Wir treten damit in die Beratung ein. Ich erteile dazu dem Kollegen McAllister das Wort. Bitte schön!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Bringen Sie den Antrag ein, Herr McAllister? Das muss erst einmal der Antragsteller machen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute führen wir - wie es der Landtagspräsident eben betont hat - eine ganz besondere Debatte. Es geht um das Hohe Haus selbst, nämlich um die Neukonzeption des Plenarsaalbereichs. Wie 1956, als es um die Frage eines Neubaus des gesamten Landesparlaments ging, so gibt es auch heute zur Frage der Neukonzeption des Plenarsaalbereichs unterschiedliche Auffassungen quer durch die Fraktionen. Es gibt in den Reihen der Abgeordneten die Forderung nach einem kompletten Abriss und Neubau, einem Teilabriss, einem Umbau des bestehenden Plenarsaalbereichs bis

hin zur Forderung, alles so zu lassen, wie es ist. Auch bei den Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion gibt es unterschiedliche Meinungen, die ich mit meinem Redebeitrag darstellen möchte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Abstimmung mit dem Landtagspräsidenten haben Abgeordnete von vier Fraktionen dieses Hauses einen Antrag in der Drs. 16/2300 formuliert. Auf dieser Grundlage werden wir heute eine Meinungsbildung des Landtages herbeiführen.

Dieser Landtag hat dabei drei Fragen zu beantworten. Erstens. Gibt es einen grundsätzlichen Handlungsbedarf für bauliche Sanierungsmaßnahmen im Plenarsaaltrakt? Zweitens. Falls ja, soll der Realisierungswettbewerb fortgesetzt werden? Drittens. Falls auch bei Frage 2 ja, soll der erst-, der zweit- oder der drittplatzierte Entwurf des Realisierungswettbewerbs favorisiert werden? Für den drittplatzierten Entwurf hat sich allerdings bisher noch niemand in diesem Haus öffentlich ausgesprochen.

Bei der ersten Frage, also der Frage, ob überhaupt Handlungsbedarf für bauliche Sanierungsmaßnahmen besteht, ist sich wohl eine sehr breite Mehrheit in diesem Hause einig: ja, unbedingt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Seit Langem ist klar: Der Plenarsaal und vor allem das Sockelgeschoss leiden seit vielen Jahren an schwerwiegenden baulichen Mängeln und Schwächen. Die Mängel im Plenarsaalbereich sind offensichtlich und vielfältig: unzureichender Brandschutz, mangelnde Energieeffizienz, besonders im Bereich des ungedämmten Dachs oberhalb unseres Plenarsaals, unzureichende Bedingungen für Menschen mit Behinderungen, unzureichende Transparenz der parlamentarischen Arbeit durch eine bauliche Abschottung des Plenarsaals nach außen, fehlendes Tageslicht im Plenarsaal sowie in den Besprechungs- und Arbeitsräumen, technische Mängel in der Belüftung, der Abwasseranlage und der Akustik sowie unzureichende und teilweise arbeitsschutzrechtlich bedenkliche Bedingungen für Besucher, Medienvertreter und nicht zuletzt auch für die Abgeordneten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Handlungsbedarf ist unabweisbar. Meine Fraktion hält Sanierungsmaßnahmen im Plenarsaalbereich für dringend erforderlich. Wir werden deshalb bei Punkt 1 geschlossen mit Ja stimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Wir befassen uns dann zweitens mit der Frage: Soll der Realisierungswettbewerb zur Neukonzeption des Plenarsaalbereichs fortgesetzt werden oder nicht? Bereits 2002 hatte der damalige Landtagspräsident Professor Wernstedt gegen manche Widerstände einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Eine Absicherung der Maßnahme im Landeshaushalt erfolgte dann bekanntlich nicht. Nach der Landtagswahl 2003 hat Landtagspräsident Jürgen Gansäuer im Einvernehmen mit den Koalitionsfraktionen von CDU und FDP die Planungen gestoppt. Gleichwohl hat Jürgen Gansäuer in seiner Amtszeit die dringendsten Probleme an der Fassade, an der Abwasseranlage, an der Lüftungsanlage, an der Elektroanlage in der Wandelhalle und an der Übertragungsanlage im Plenarsaal beheben lassen. Meine Damen und Herren, das war notwendig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gleichwohl blieb vieles Stückwerk.

2007 meldete sich dann die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort. So berichtete der WeserKurier am 19. April 2007, dass die Grüne-Fraktion einen kompletten Neubau des Plenarsaaltrakts fordere.

(Björn Thümler [CDU]: Hört, hört!)

Ich zitiere aus dem Artikel:

„’Unser Modell kommt billiger an als ein Weiterwursteln’, sagte GrünenFraktionschef Stefan Wenzel gestern in Hannover. ‚Wir brauchen den großen Wurf, statt nur herumzufuckeln’, forderte seine Stellvertreterin Ursula Helmhold.“

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wir verges- sen nichts!)

Weiter heißt es in dem Artikel - ich zitiere nochmals -:

„Ein Neubau des Plenarsaals und eine gründliche Sanierung des denkmalgeschützten Altbaus seien auf Dauer billiger, argumentieren die Grünen.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Landtagspräsident Hermann Dinkla hat dann 2008, nach der Wahl, die Initiative für einen neuen Anlauf ergriffen. Er hatte dabei die Unterstützung der Koalitionsfraktionen und großer Teile der Opposition. Ein solcher fraktionsübergreifender Konsens war für Hermann Dinkla eine wesentliche Voraussetzung für die Neukonzeption des Plenarsaalbereichs.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Planungsverfahren seit 2008 waren - das will ich ausdrücklich betonen - alle Schritte öffentlich nachvollziehbar, angefangen bei der Erfassung des grundsätzlichen Sanierungsbedarfs über die Bildung einer fraktionsübergreifenden Baukommission mit externen Fachleuten bis hin zur Ausschreibung eines ergebnisoffenen Realisierungswettbewerbs mitsamt einer öffentlichen Vorstellung der Ergebnisse. Herr Präsident, Sie haben für ein hohes Maß an Transparenz gesorgt. Das war richtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieser Realisierungswettbewerb hat dann bekanntlich unterschiedliche Entwürfe verschiedener renommierter Architekturbüros hervorgebracht. Die Baukommission hat am Ende drei Entwürfe prämiert. Soll dieser Wettbewerb nun weiter- und zu Ende geführt werden oder nicht?

Die Kritiker - sie sind in der CDU-Fraktion prominent vertreten - sagen Nein. Keiner der Entwürfe verbreite eine einzigartige Faszination. Ein breiter Konsens sei nicht erreicht worden. Die Begeisterung für alle eingereichten Entwürfe halte sich in Grenzen. Darüber hinaus monieren die Kritiker des Architektenwettbewerbs in meiner Fraktion, der vorgesehene Kostenrahmen sei zu hoch, der Zeitplan zu unbestimmt und die vergaberechtliche Situation zu unklar.

Die Befürworter eines fortzusetzenden Realisierungswettbewerbs - auch sie sind in meiner Fraktion prominent vertreten - verweisen auf die Expertenmeinung in der Fachjury, die die hohe architektonische Qualität hervorgehoben habe. Ob die vorgelegten Entwürfe nun faszinierend seien oder Begeisterung erzeugten, müsse jeder selbst entscheiden; über architektonische Stil- und Geschmacksfragen lasse sich nun einmal streiten.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Kostenfrage sei natürlich sorgfältig zu gewichten. Letztlich bleibe der Architektenwettbewerb aber in einem vertretbaren Kostenrahmen, insbe

sondere vor dem Hintergrund, dass auch ein Umbau im Bestand mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sei.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unabhängig von der Frage, ob man für einen Neubau oder für einen Umbau im Bestand ist, möchte ich eines betonen: Demokratie und Parlamentarismus kosten Geld, wohl wahr. Als Deutsche wissen wir aber besonders schmerzlich: Andere Staatsformen kosten viel mehr Geld und haben unserem Volk und dem Rest der Welt unendlich viel Leid gebracht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Wir sollten daher versuchen, die in Teilen der Öffentlichkeit sehr emotional geführte Debatte zu versachlichen, und die Neugestaltung unseres Plenarsaals nicht gegen andere, ebenso notwendige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur ausspielen. Denn sonst könnten manche auf die Idee kommen, dieses Vorhaben im Landtag z. B. mit dem Neubau an der Tierärztlichen Hochschule, dem Anbau an das Sprengel-Museum oder der Erweiterung des Zoos in Hannover zu vergleichen. Das sind drei öffentliche Bauvorhaben in Hannover, die von der Bausumme her letztlich in ähnlichen Größenordnungen liegen.

Meine Damen und Herren, darum geht es mir nicht. Wir engagieren uns aktiv für diese Projekte. Es gilt vielmehr zu bedenken: Ist unsere repräsentative, parlamentarische Demokratie in Niedersachsen etwas wert und, wenn ja, wie viel?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Lassen Sie uns also rational abwägen! Lassen Sie uns bei den Fakten bleiben!

Zurück zur Frage 2: Die Befürworter der Fortsetzung des Wettbewerbs verweisen zudem auf die Einsparbemühungen sowohl des siegreichen als auch des zweitplatzierten Architekten. So hat Professor Yi seinen Entwurf dankenswerterweise entsprechend den Wünschen des Preisgerichts überarbeitet. Neben mehr Transparenz nach außen, mehr Besucherplätzen und besseren Arbeitsbedingungen für die Medien hat er das Gebäude insgesamt verkleinert. Er will dadurch 2,5 Millionen Euro einsparen.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag spricht die Erwartung aus, dass der veranschlagte Kostenrahmen von 45 Millionen Euro deutlich unterschritten wird. Die CDU-Fraktion begrüßt diese Position. Nun wird es erforderlich sein, dass die Architekten, das Staatliche Baumanagement und die Landtagsverwaltung eine präzise und detaillierte Leistungsbeschreibung festlegen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, alle Leistungen im Wege von Einzelausschreibungen oder über einen Gesamtauftrag zum Festpreis zu vergeben. Je präziser dies erfolgt, desto geringer die Kostenrisiken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erwarten, ja wir fordern nachdrücklich, dass der Kostenrahmen für diesen Bau deutlich unterschritten wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sollte eine Mehrheit dieses Hauses bei der zweiten Abstimmung für ein Ende des laufenden Realisierungswettbewerbs votieren, dann würden wohl die wesentlich günstigeren notwendigsten Sanierungsarbeiten im Bestand durchgeführt. Für diesen Fall könnte es nach Einschätzung des Staatlichen Baumanagements allerdings unter Aspekten des Vergaberechts zu Ersatzansprüchen der siegreichen Architekten des Wettbewerbs kommen. Demzufolge habe der Erstplatzierte des Vergabeverfahrens einen Schadensersatzanspruch nach den Vorschriften des BGB, wenn der Auftraggeber ohne wichtigen Grund keinen Auftrag erteile. Die Höhe des Anspruchs bestimme sich nach dem entgangenen Gewinn und dürfte im konkreten Fall bei ca. 500 000 Euro je Preisträger liegen. Darüber hinaus habe jeder Preisträger einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens in Höhe der ihm entstandenen Kosten. Auch diese Kosten gilt es also gleich bei der Abstimmung im Blick zu behalten und abzuwägen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Sollte eine Mehrheit für eine Fortsetzung des laufenden Realisierungswettbewerbs stimmen, haben wir dann eine dritte Entscheidung zu treffen: Wollen wir den Entwurf des ersten Preisträgers des Wettbewerbs - Yi Architects, Professor Yi aus Köln - realisieren, oder soll stattdessen der Entwurf des zweiten Preisträgers - Gebhardt Architekten aus Hamburg - in einer möglichen Kooperation mit den Architekten Panse und Koch umgesetzt werden? Für beide Entwürfe gibt es respektable Ar

gumente. Die beiden Architekten wie auch der Drittplatzierte, Martin A. Müller aus Hannover, haben mit großem persönlichen Einsatz, zuletzt nochmals bei der Erörterung der Vorschläge vor genau einer Woche im Leibniz-Saal, für ihre Ideen geworben. Dafür gebührt ihnen wie allen Beteiligten des Wettbewerbs der besondere Dank des gesamten Hauses.