Protocol of the Session on March 18, 2010

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(Zustimmung von Jens Nacke [CDU])

Die zweite und für sie damit letzte Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Behrens von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Kulturfinanzierung zurückkommen. Vor dem Hintergrund, dass wir als Land Geld für kommunale Einrichtungen zur Verfügung stellen, an denen sich auch die Kommunen beteiligen, und vor dem Hintergrund, dass wir feststellen, dass im Rahmen der Finanzkrise vor allen Dingen die Kulturfinanzierung in Niedersachsen und auch in Deutschland insgesamt stark unter Druck gerät - was darauf zurückzuführen ist, dass Kulturausgaben freiwillige Leistungen der Kommunen sind -, frage ich Sie: Stehen Sie in Verhandlungen mit dem Finanzminister des Landes Niedersachsen, um zu einer Änderung in der Klassifizierung zu kommen, damit Kulturausgaben nicht mehr automatisch als freiwillige Leistungen behandelt werden?

Müsste das denn nicht das Innenministerium sein? - Herr Minister Stratmann hat das Wort für die Landesregierung.

Die Frage, wie man freiwillige Leistungen definiert, ist eigentlich eher eine Frage, die sich an das Innenministerium richtet. Aber ich weiß, worauf Sie hinauswollen, nämlich beispielsweise auf Forderungen, die in dem Zusammenhang seitens der Enquete-Kommission aufgestellt worden sind.

Ich will bei der Gelegenheit Folgendes sagen: Ich finde, wir müssen da wirklich ehrlich miteinander umgehen. In einer Situation wie der jetzigen, in der man als zuständiger Ressortminister vor schwieri

gen Entscheidungen steht, wenn die Haushaltssituation so ist, wie sie ist, nützen Fragen wie diese relativ wenig. Im Ergebnis wird es nur darauf ankommen, wie viel Geld man hat, und wie viel Geld fehlt.

Ich sage noch einmal: Sie können sich darauf verlassen, dass wir bemüht sind, Wege zu finden, die trotz der vorhandenen schwierigen Bedingungen Möglichkeiten eröffnen, um weiterhin flächendeckend ein gutes Theaterangebot vorzuhalten. Aber darüber hinauszugehen, wäre schlicht und einfach Kaffeesatzleserei, weil ich überhaupt noch nicht weiß, wie viel Geld dafür im Ergebnis zur Verfügung stehen wird. Erst wenn ich das weiß, kann ich auch mit den Verhandlungspartnern darüber reden, wie wir mit der Situation umgehen.

Dass wir mit den Verhandlungspartnern darüber reden wollen, ist ja unbestritten. Wir haben bereits alle zu ersten Zielvereinbarungsgesprächen eingeladen. Diese Gespräche werden sich sicherlich über einen gewissen Zeitraum erstrecken; denn wir brauchen bestimmte Indikatoren, die belastbar sein müssen. Diese Indikatoren habe ich zurzeit noch nicht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

Das, was ich gestern Abend gesagt habe, gilt. Das gilt aber natürlich auch in Bezug auf die regionale Kulturförderung, auf das, was wir sozusagen aus vielen kleineren Töpfen an wohltuenden Maßnahmen kofinanzieren oder in Gänze finanzieren. Aber auch die Theater, insbesondere die, über die wir jetzt gerade reden, sind davon natürlich nicht ausgenommen.

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Groskurt von der SPD. Bitte!

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Minister Stratmann, erst einmal schönen Dank für das Lob betreffend Osnabrück. Ich gebe das gerne weiter.

Die Städtischen Bühnen Osnabrück haben ein sehr gutes Kinder- und Jugendtheater etabliert, das Sie auch ein paar Mal erwähnt haben. Trotzdem frage ich Sie - Sponsoring gibt keine Planungssicherheit, obwohl das in Osnabrück sehr gut gelaufen ist -: Wie wollen Sie die unstrittig gute Arbeit des Kinder- und Jugendtheaters, durch die Kinder und Jugendliche an Kultur herangeführt werden, absichern? - Sie haben gesagt, Sie können keine finanzielle Zusage geben. Aber ich denke, irgendeinen Rahmen könnten Sie doch, wenn

Sie wollen, den städtischen Bühnen oder den kommunalen Theatern nennen.

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Groskurt. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann.

Selbstverständlich ist meine Verhandlungsbasis dem Finanzministerium gegenüber das, was derzeit etatisiert ist; das ist doch völlig klar. Das ist das übliche Spiel. Auf dieser Verhandlungsbasis wird sich alles Weitere abspielen.

Was nun das Kinder- und Jugendtheater anbelangt, so muss ich wirklich sagen: Ich habe von diesem Rednerpult aus nie bestritten, dass Niedersachsen, was die Pro-Kopf-Ausgaben für Kultur anlangt, im bundesweiten Vergleich nicht zur Spitzengruppe zählt. Ich habe aber auch immer gesagt, dass man das keiner einzelnen Landesregierung vorwerfen kann; das hat sich leider über Jahrzehnte so entwickelt.

Das allerdings, was wir im Bereich Kinder- und Jugendtheater zu bieten haben, das, was an den Theatern, auch an den großen Staatstheatern oder an dem Großen Theater in Osnabrück stattfindet - das geht bis hin zum Theaterpädagogischen Zentrum in Lingen -, ist bundesweit wirklich Spitzenklasse. Wir werden von vielen darum beneidet. Das haben wir hingekriegt, obwohl uns nur in begrenztem Umfang Mittel zur Verfügung stehen. Wir haben es hingekriegt, weil wir in Bezug auf die Zielvereinbarungen gesagt haben: Nur Geld zu geben, ist relativ einfach. Dafür bekommt man immer Applaus. Aber diese Geldgabe muss auch mit bestimmten Bedingungen verknüpft werden, indem etwa gesagt wird: Kümmert euch um Kinder- und Jugendtheater.

Dem Intendanten in Osnabrück musste ich das nicht sagen. Er hatte das vorher schon erkannt und hat da eine vorzügliche Arbeit gemacht, die bundesweit durchaus eine Benchmark sein kann. Einigen anderen musste man es noch sagen, obwohl in dem Bereich immer schon etwas getan worden.

Aber die Anstrengungen konnten verstärkt werden, sodass wir heute wirklich sagen können: Wir haben in dem Bereich ein vorzügliches Angebot, ein sehr niedrigschwelliges Angebot. Es gibt mittlerweile Städte und Gemeinden, in denen fast jeder

Schüler schon einmal im Theater gewesen ist. Das, finde ich, ist ein wunderbares Ergebnis, das nicht dazuführen darf, dass wir uns zurücklehnen, sondern daran müssen wir weiterarbeiten; denn die, die früh ins Theater gehen, kommen auch später dorthin. Das hilft dann wieder dem Finanzminister auf der Einnahmeseite.

Herzlichen Dank. - Herr Dr. Siemer von der CDUFraktion stellt die nächste Frage. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Land Niedersachsen der größte Geldgeber bei der Landesbühne in Wilhelmshaven ist und seine Zuwendung seit dem Jahre 2007 auch noch gesteigert hat - nach meiner Kenntnis liegen die Steigerungen zum Teil bei 7 % -, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir trotzdem in Interviews fortlaufend kritisiert werden, frage ich die Landesregierung, ob Sie meine Einschätzung teilt, dass wir als Haushälter die Finanzierung der Landesbühne doch einmal genauer unter die Lupe nehmen und uns fragen sollten, ob sie sich nicht ein bisschen mehr um ihr Spendenprogramm kümmern sollte, statt Interviews zu geben.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Vielen Dank!)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann. Sie haben das Wort!

Immer da, wo mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird, sollten die Haushälter meiner Meinung nach etwas genauer hinsehen.

Die zweite und für ihn damit letzte Zusatzfrage stellt Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man sollte zumindest nicht vergessen, dass die Landesbühne Nord mit ihrem Angebot die größte Region abdeckt und insofern natürlich auch einen größeren Geldbedarf hat.

(Jens Nacke [CDU]: Interessante Theorie!)

- Herr Nacke, von den genannten Kulturträgern - - -

Sie sollen nicht auf Zwischenrufe eingehen, Herr Perli, sondern Sie sollen eine Frage stellen.

Ja. - Herr Stratmann, vor dem Hintergrund, dass ich anerkenne, dass Sie gestern in einer sehr nachdenklichen Rede über ausgewählte Probleme der Kulturpolitik und vor allem über den Zugang zur Kultur referiert und darauf hingewiesen haben, dass man mit ein wenig mehr Geld gerade in der Kultur viel erreichen kann, und außerdem vor dem Hintergrund, dass im Grundgesetz eine wichtige Steuer vorgesehen ist, die vollständig, zu 100 %, in den Landeshaushalt fließen könnte, frage ich Sie, ob Sie als Vertreter der Interessen der Kultur und der Wissenschaft in Niedersachsen sich angesichts der großen Probleme, vor denen Sie jetzt stehen - Sie müssen jetzt auswählen; Sie kürzen jetzt -, nicht manchmal in der Verantwortung sehen, doch die Vermögensteuer wieder zu erheben, um zu verhindern, dass bei Wissenschaft und Kultur gespart wird. Denken nicht auch Sie manchmal darüber nach?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung haben Sie, Herr Minister Stratmann, das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Habt ihr von der Linken die Vermögenssteuer nicht schon für hundert andere Sachen ausgegeben?)

Lieber Kollege Nacke, genau so etwas wollte ich jetzt erwähnen. - Lieber Herr Perli, ich will jetzt nicht das wiederholen, was auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten immer und immer wieder zur Vermögensteuer ausgeführt worden ist. Aber eine Erfahrung habe ich im Laufe der letzten Jahre gemacht: Es ist leider nicht so, dass die Einnahmen aus einer bestimmten Steuer ausschließlich einem bestimmten Bereich zufließen und ihm zur Verfügung stehen. Selbst wenn Sie zusätzliche Steuern installieren, bleibt also dennoch der Konflikt mit anderen wichtigen Feldern, der ausgetragen werden muss. Wenn ich Ihnen jetzt sagen würde, ich gebe den Theatern 10 Millionen Euro mehr und nehme diese 10 Millionen Euro aus einem anderen Bereich, um das zu fi

nanzieren - da fallen mir ganz bestimmte Bereiche ein -, dann wären Sie doch der Erste, der hier stünde und mir das vorwürfe. Das heißt, es ist nicht so einfach, diese Interessenkonflikte durchzustehen und richtige Entscheidungen zu treffen.

Aber ich sage noch einmal und wiederhole mich damit zum x-ten Mal: Wir sind bemüht, mit den Beteiligten gute Lösungen zu finden. Ich stehe hier zu dem, was ich gestern gesagt habe: In einem großen Flächenland ist es auch ein Wert an sich, ein möglichst breit gefächertes Theaterangebot vorzuhalten. Ich würde aber vorsichtig damit sein, wie Sie von abzudeckenden Regionen zu sprechen. Wenn Sie beispielsweise nur die großen Staatstheater nehmen und um sie Kreise mit einem Radius von 60 oder 70 km schlagen - das wäre eine zumutbare Entfernung -, dann werden Sie feststellen, dass es in ganz Niedersachsen nur wenige Regionen gibt - dazu gehören zweifellos etwa Emden und Göttingen -, die nicht von einem dieser Kreise abgedeckt wären. Das heißt, so würde ich nicht argumentieren. Das ist höchst gefährlich.

Vielmehr bin ich an dieser Stelle auch für Pluralität. Ich bin dafür, dass es neben den Angeboten dieser großen Theater auch weitere Angebote geben muss. Wir werden uns dafür einsetzen und dafür sorgen, dass das auch künftig so bleibt, auch wenn die Bedingungen schwieriger werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Die nächste - ihre zweite und letzte - Zusatzfrage stellt Frau Schröder-Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stratmann, ich möchte noch einmal auf die eingangs von mir gestellte Frage zurückkommen. Vor dem Hintergrund, dass Ihre Bemühungen um eine ergänzende Finanzierung im letzten Jahr so kläglich an dem Widerstand von Minister Möllring gescheitert sind, frage ich Sie, ob es jetzt klare Konzepte Ihres Hauses gibt, um die wenigen zusätzlichen Mittel, die Sie für dieses Jahr eingeworben haben, richtig zu verausgaben, ob Sie also entsprechende vorbereitende Gespräche mit Herrn Möllring und Herrn Schünemann geführt haben, damit diese Mittel tatsächlich an die Kommunen fließen können.

Danke schön, Frau Kollegin Schröder-Ehlers. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann. Bitte!

Ich finde es immer nett, wenn mir hier gesagt wird, woran etwas gelegen hat. Wenn Sie die Erkenntnis haben, dass es an Finanzminister Möllring gelegen hat, dann haben Sie mir einiges voraus. Tatsache war, dass es unter haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten schwierig war, zum Ende des Jahres quasi eine anderweitige Verausgabung von Mitteln vorzunehmen, als der Haushaltsgesetzgeber ursprünglich besprochen hatte. Diesem Problem mussten wir uns stellen. Wir haben uns diesem Problem zu einem Zeitpunkt zu stellen versucht, als der Mittelabfluss - ich drücke mich etwas zurückhaltend aus - noch nicht in Gänze befriedigend war.

Das hat sich dann aber sozusagen durch überholende Kausalität erledigt. Zum Schluss konnten wir sagen, dass der ganz überwiegende Teil der Mittel abgeflossen ist - annähernd 90 %, wenn ich das richtig sehe, 89 % -, sodass die Problemschärfe nicht mehr die gleiche wie beispielsweise im September oder Oktober war. Wir haben jetzt die Zweckbindung aufgeweicht, um die Probleme, die sich im Haushaltsjahr 2009 stellten, im Haushaltsjahr 2010 zu vermeiden.

Die nächste Frage stellt Herr Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt ausnahmsweise zwei Nachfragen zum Göttinger Symphonie-Orchester stellen, das hier ein bisschen zu kurz gekommen ist. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie einräumen müssen, dass die Qualität eines Orchesters auch eine Frage der Orchestrierung und der Ausstattung ist, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass irgendwann einmal Vertragsverhandlungen anstehen, um z. B. Musiker und Techniker zu halten, frage ich Sie:

Erstens. Wie wollen Sie die Qualität des weit über die Grenzen Göttingens und Niedersachsens bekannten Göttinger Symphonie-Orchesters im Hin

blick auf die Orchestrierung und die Ausstattung dauerhaft gewährleisten?

Zweitens. Wie bewerten Sie den Widerspruch - für mich ist das manchmal ein Widerspruch -, dass auf der einen Seite eingefordert wird, das Einspielergebnis, d. h. den Eigenanteil an den Gagen, zu erhöhen, und auf der anderen Seite gleichzeitig der Aufgabe nachzukommen ist, in ausreichendem Maße Kinder- und Jugendarbeit zu machen? Ein Beispiel dazu: In der aktuellen Spielzeit musste der Anteil der Auftritte des Symphonie-Orchesters an Schulen zugunsten anderer Einspielmöglichkeiten andernorts leicht zurückgenommen werden.