Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Vorbemerkungen. Erstens zu den Abiturquoten. Dazu hat gerade erst gestern Jens Nacke einige Zahlen sehr, sehr deutlich vorgetragen. Ich denke, diese Zahlen sollten dann auch so verwer

tet werden, und es sollte nicht wieder auf falsche Hintergründe verwiesen werden. Gestern wurde sehr deutlich, dass gerade im Ammerland eine andere Abiturquote zu verzeichnen ist, weil viele in der nahe gelegenen Stadt Oldenburg ihr Abitur ablegen.

Zweitens noch eine Bemerkung zur Dorferneuerung. Ich halte es für wichtig, auch dort noch einmal auf den privaten Anteil hinzuweisen. JanChristoph Oetjen hat es dankenswerterweise schon angedeutet. Wichtig ist: Wer die Dorferneuerung kennt, der weiß, dass gerade im privaten Bereich häufig mit 1 Euro Fördersumme 8 Euro Investitionen ausgelöst werden. So lautet die Berechnung bei mir.

(Beifall bei der CDU)

Das ist Sicherung von Arbeitsplätzen und Kampf gegen Armut, wie ich sie mir auch vorstelle.

Drittens: Lieber Kollege Christian Meyer, ich danke Ihnen auch für die sehr große Sachlichkeit in Ihrem Beitrag. In dieser Art und Weise haben Sie sicherlich auch gute Chancen gehabt, als Bürgermeisterkandidat der Grünen den zweiten Wahlgang zu erreichen. Ich kenne Ihr Ergebnis nicht; ich weiß nicht ganz genau, ob Sie es geworden sind. Ich denke aber, dass die Leute einschätzen können, ob es Sachlichkeit ist und auf Basis der Fakten gearbeitet wird oder ob reine Polemik an der Tagesordnung ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es heißt:

„Nichts geschieht in der Stadt. Alles geschieht auf dem Land. Die Stadt erzählt nur, was auf dem Land geschehen ist …“

Wer sich mit den Problemen des ländlichen Raumes beschäftigt, kann mit dieser Einschätzung von Gertrude Stein die Überzeugung gewinnen, dass es sich um des gesellschaftlichen Ganzen willen lohnt, sich mit den Fragen dieses ländlichen Raumes zu beschäftigen. Diese Sätze verströmen für mich Gewissheit und Gelassenheit, weil sie den automatischen Reflex in den Köpfen unterstützen, bei Stadt immer zugleich mit an Land zu denken. Ich meine: Stadt braucht Land, und Land braucht Stadt. In der Vernetzung liegen die Stärken und die Chancen Niedersachsens.

Dies ist nämlich auch die Voraussetzung für die Entwicklung der ländlichen Räume. Ein gutes Beispiel ist die Vernetzung in den drei in Niedersach

sen vorhandenen Metropolregionen. Diese machen in ihrer Arbeit aber auch gleichzeitig deutlich, wie wichtig die Impulse der Akteure vor Ort sind. Zu glauben, diese Impulse könnten nur von der Landesebene initiiert werden, ist ein Trugschluss.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung unter Ministerpräsident Christian Wulff hat zu den umfangreichen Fragen der Großen Anfrage ausführlich Stellung genommen. Mehr als auf Fragen zu antworten, kann man nicht tun. Die Antworten machen noch einmal deutlich, dass Niedersachsen sich positiv entwickelt hat. Ich bin sicher - das wird auch unstrittig sein -: Der ländliche Raum hat dazu beigetragen, dass unsere Heimat die Wirtschaftskrise vergleichsweise gut übersteht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Daher kann man nur den Kopf schütteln, wenn die Fragesteller dieser Landesregierung Planlosigkeit bei der Entwicklung des ländlichen Raumes vorwerfen. Natürlich sehe ich das anders und möchte das an zwei Beispielen sehr deutlich machen.

Erstes Beispiel: die soziokulturellen Einrichtungen und Vereine; denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Angebot im ländlichen Raum.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr richtig!)

Auf Seite 84 und 85 der Antwort auf die Große Anfrage finden Sie eine Übersicht der mit Landesmitteln geförderten soziokulturellen Einrichtungen im ländlichen Raum. Nahezu jedes Kulturzentrum ist hier auch investiv gefördert worden. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Weltbühne - KuK - Verein für Kultur und Kommunikation in Bad Gandersheim, Theater der Nacht in Northeim, Kaleidoskop e. V. in Bodenwerder, Kulturverein Lewer Däle Liebenburg in Liebenburg, Verein zur Erhaltung des Scheunenviertels „Vor dem Pennigsehler Tor“ e. V. in Liebenau, Kulturnetz Mitte Niedersachsen e. V. in Liebenau, Alte Polizei - Kultur und Kommunikation Stadthagen in Stadthagen, Kunst und Begegnung Hermannshof e. V. in Völksen, KulturKreis Gronau in Gronau, Förderverein der Kultur im Gasthaus Hahn in Ottenstein usw. gefördert werden, weise ich die Behauptung zurück, dass das alles ohne Plan geschehen sein soll.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweites Beispiel: Vorhin wurde von meiner Kollegin Stief-Kreihe das Beispiel Cuxhaven genannt. Vorher war es eine Seite. Jetzt sind allein in dieser Förderperiode vier Seiten von Maßnahmen aufgeführt, die in einem typisch ländlichen Raum für

Wachstum und Sicherheit sorgen sollen und helfen sollen, die Zukunft des ländlichen Raumes unter schwierigen Bedingungen, wie wir sie in Küstennähe häufig vorfinden, zu meistern. Vier Seiten! Sie können das in den Anlagen 1 bis 3 nachlesen. Vielleicht sollten einige das einmal tun. Und das alles soll planlos sein?

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Nach meiner Einschätzung belegt die Beantwortung dieser Großen Anfrage, dass diese Landesregierung - ich nenne hier ausdrücklich HansHeinrich Ehlen - Niedersachsen vorangebracht hat. Niedersachsen ist Agrarland Nummer eins und soll es auch blieben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich hoffe, dass Sie mit mir einer Meinung sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich möchte Frau Ministerin Astrid Grotelüschen, liebe Astrid, die Unterstützung zumindest meiner Fraktion, unserer Fraktionen, Jan-Christoph Oetjen, der Regierungsfraktionen, und insbesondere auch des Arbeitskreises für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung versichern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das ist zy- nisch!)

Liebe Ministerin, ganz viel Glück und Tatkraft in Ihrem neuen Amt!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wer anderen Fragen stellt, hat sicher eigene Antworten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja!)

Was wollen die Fragesteller denn nun? Wie sieht ihr ländlicher Raum der Zukunft aus? Was findet man hierüber im Internet? - Auf der Homepage www.kirsten-tackmann.de habe ich eine solche Antwort zum Thema ländlicher Raum gefunden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die Frau ist gut!)

Dort lesen Sie:

„Aus Anlass des 50-igsten Jahrestages des ,Sozialistischen Frühlings‘ in der DDR veranstaltete die RosaLuxemburg-Stiftung Brandenburg e. V. in Kooperation mit der Bundestagsfraktion DIE LINKE am 24. April 2010 eine Diskussionsveranstaltung

zum Thema ,Agrargenossenschaften gestern und heute‘. … Nach der Eröffnung der Veranstaltung … referierte Prof. Dr. Siegfried Kuntsche zum Thema ,Sozialistischer Frühling‘ 1960.“

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in aller Deutlichkeit feststellen: Die schon damals falschen Aussagen des so genannten Sozialistischen Frühlings 1960 sind nicht die Lösung für unser Niedersachsen von morgen. Nicht mit uns!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit Politik von gestern ist keine Zukunft zu meistern.

(Rolf Meyer [SPD]: Zitieren Sie doch noch ein bisschen weiter!)

Meine Damen und Herren, mir reicht es nicht. Die Opposition ist Weltmeister im Fragenstellen, aber nicht einmal Kreismeister bei den Antworten.

Ich meine auch, dass die Menschen im ländlichen Raum gut wohnen, gut leben, Geld verdienen und auch Zukunft haben wollen. Ohne die Bereitschaft, etwas zu ändern, und ohne etwas zu leisten, geht das nicht. Arbeitsplätze sowie Wertschöpfung in Handwerk, Handel, Landwirtschaft und Fischerei sind notwendig. Wer den Menschen aber suggeriert, der ländliche Raum sei ein Museum der Glückseligkeit, in dem sich nichts zu ändern brauche, sagt den Menschen nicht die Wahrheit. Das betrifft den Tante-Emma-Laden, die Dorfkneipe und häufig auch die Postfiliale. Ob ein Ort sich in seiner Attraktivität steigert oder nicht, hängt doch auch von jedem Einzelnen ab.

In diesem Zusammenhang muss man sich die Frage stellen, ob es richtig ist, wenn es dazu kommt, dass mir jemand auf die Frage, wann er das letzte Mal in der Postfiliale gewesen sei, geantwortet hat: Das will ich dir sagen: am 23. August vergangenen Jahres. - Als ich nachgefragt habe, warum er das Datum noch wisse, hat er ehrlicherweise erklärt: Das weiß ich noch so genau, weil es an diesem Tag ein schweres Gewitter gab - und irgendwo musste ich mich unterstellen.

Herr Große Macke, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Flauger?

Nein. - Meine Damen und Herren, jeder Vorschlag ist willkommen; nur intelligent muss er sein. Das hat unser Fraktionsvorsitzender heute Morgen gesagt. Damit hat er recht. Die Menschen erwarten von uns, dass wir uns kümmern. Wir sollten um Zukunft streiten und Standpunkte vertreten.

An dieser Stelle - das hat die Ministerin schon angedeutet - muss man sich fragen, ob es reicht, einfach eine Drucksache aus Brandenburg wieder aufzulegen. Einen Augenblick lang dachte ich sogar, dass Frau Ministerin Wanka auch antworten wollte. Sie blieb aber sitzen. Ich bin der Landesregierung auch ausdrücklich dankbar dafür, dass sie nicht die Antworten aus Brandenburg übernommen hat.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das wäre auch aufgefallen!)

So geht man mit Menschen nicht um.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, gerade die Opposition

(Rolf Meyer [SPD]: Wir sind doch nicht die Opposition!)