Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Lachen bei der CDU)

Ich habe Sie gebeten, mir noch zuzuhören. Sie können das ja gleich kommentieren, oder wie auch immer. - Dabei handelt es sich aber vielleicht um ein Kernproblem. Das habe ich Ihnen ja gerade auch noch einmal persönlich gesagt. Ich bitte Sie, mir das dann auch abzunehmen. Vielleicht interpretiert jeder von uns die Äußerungen des anderen gleich nach seinem Bild, das er von dem anderen hat. Ich würde aber nie solche historischen Vergleiche in der Form vornehmen, wie Herr Schünemann das dann auf sich bezogen hat.

(Unruhe)

Warten Sie bitte einmal ab. Hören Sie mir zu.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich würde es grundsätzlich für einen schweren Fehler halten, jemanden hier in diesem Hause mit Nazis gleichzusetzen, oder wie auch immer. Das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann nehmen Sie das Bild doch zurück!)

Wenn so etwas Schule machen würde, würde es nämlich dazu führen, dass wir in allerletzter Konsequenz die Verbrechen des Nationalsozialismus relativieren würden. Ich gehe davon aus, dass das nicht der Fall ist. Herr Dr. Althusmann und Herr

McAllister haben in der Vergangenheit hier auch mehrfach erklärt, dass sie ihren Antifaschismus auf einer anderen Grundlage verstehen, nämlich auf Grundlage des christlichen Widerstands etc. pp. Das nehme ich ihnen auch erst einmal ab.

(Unruhe)

Erstens bitte ich um Ruhe und darum, den Redner ausreden zu lassen.

Zweitens weise ich Sie auf Folgendes hin, Herr Humke-Focks: Sie haben alle Punkte angesprochen, und Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz sagen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann sag doch Entschuldigung! - Ursula Helm- hold [GRÜNE]: Wie wäre es mit einer Entschuldigung? - David McAllister [CDU]: Entschuldigung! Das reicht!)

Einen letzten Satz.

„Die Frage ist nicht, ob wir Extremisten sind, sondern welche Art Extremisten wir sind. Werden wir Extremisten sein zugunsten fortdauernder Ungerechtigkeit - oder Extremisten im Dienst der Gerechtigkeit?“

Damit möchte ich schließen. Das hat Martin Luther King gesagt. Darüber sollten wir auch einmal nachdenken, wenn wir über den Begriff des Extremismus diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu einer weiteren persönlichen Bemerkung hat sich Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Herr Adler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe einen Ordnungsruf dafür erhalten, dass ich gegenüber Herrn Thümler gesagt haben soll, er sei ein Lügner.

(Heinz Rolfes [CDU]: Mehrfach!)

Das tut mir leid, Herr Thümler. Ich habe Sie nicht gemeint. Vielmehr hatte ich in der Erregung Herrn McAllister gemeint, der wahrheitswidrig - - -

(Lachen bei der CDU - Unruhe)

Das nennt man aberratio ictus.

Herr Kollege Adler, Sie bringen mich fast in Versuchung, Ihnen einen zweiten Ordnungsruf zu erteilen.

(Björn Thümler [CDU]: Ja!)

Sie haben also klargestellt, wen Sie gemeint haben. Das ist dann in Ordnung.

Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass Herr Humke-Focks hier ganz gezielt mit unwahren Tatsachenbehauptungen ins Visier genommen wird, und zwar ganz bewusst.

(Anhaltende Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie um Ruhe. - Mir liegt eine weitere Wortmeldung für eine persönliche Bemerkung vor, und zwar von Herrn Perli von der Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr! - Ich bitte Sie aber dringend, Ruhe zu bewahren. Wir haben heute noch eine ganze Menge vor.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Präsident Schwarz, Sie haben mir einen Ordnungsruf erteilt, weil ich angeblich das Präsidium kritisiert hätte. Ich habe dort hinten gesessen und etwas vor mich hingeblubbert

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Moment! -, was in die Richtung ging: Ich muss mich hier laufend beschimpfen lassen, und dann so etwas. - Dann bin ich kurz rausgegangen und komme wieder rein. Und was passiert? - Ich stehe mucksmäuschenstill an der Tür; keine Handbewegung, kein Wort. Herr Nacke steht auf, geht zur Tür und guckt mich an. Sie Penner, sagt er zu mir und geht raus.

Genau das meine ich. Wir müssen uns hier beschimpfen lassen - auf den Gängen, auf den Fluren, in den Ausschüssen, hier am Rande des Plenarsaals -, und niemand macht etwas. Das wird akzeptiert. Wenn ich hingegen in den Saal hinein sage, „ich muss mich hier beschimpfen lassen und

dann so was“, wird sofort gesagt: Das war eine Kritik am Präsidium. - Das finde ich nicht akzeptabel. Ich kann es nicht hinnehmen, dass wir hier weiter so miteinander umgehen. Auf der einen Seite wird hier einseitig ein Ordnungsruf ausgesprochen. Auf der anderen Seite lässt man es durchgehen, dass Leute, die mich in Ausschüssen noch nicht einmal zu Wort kommen lassen und die sich nicht einmal mit meinen Anträgen beschäftigen, mich hier als Penner beschimpfen dürfen. Das ist ein inakzeptabler Vorgang, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu persönlichen Bemerkungen mehr vor.

Damit schließe ich die Sitzung für den heutigen Vormittag. Wir treffen uns um 15.30 Uhr wieder. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Mittagspause.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.40 Uhr bis 15.30 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 23 aufrufe, erteile ich Herrn Nacke das Wort zu einer Erklärung außerhalb der Tagesordnung. Bitte schön, Herr Nacke!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Vormittagssitzung endete - so wurde es mir zugetragen - mit einer persönlichen Erklärung des Kollegen Perli.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Waren Sie nicht da?)

Darin hat er ausgeführt, ich hätte ihn wenige Minuten vorher beim Verlassen des Plenarsaals als „Penner“ bezeichnet. Das weise ich zurück.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte dazu gerne Folgendes ausführen: Ich habe während der Beratung auf meinem Platz gesessen und dort einen Anruf von einem Mitarbeiter des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur erhalten. Da es sich um einen Rückruf handelte, um den ich gebeten hatte, wusste ich, dass das Thema die Beratung des Hochschulgesetzes am

Montag im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur sein würde. Ich habe mich entschlossen, diesen Anruf anzunehmen, weil ich die persönliche Erklärung von Herrn Kollege Humke-Focks als weniger relevant für meine parlamentarische Arbeit - vielmehr als irrelevant - angesehen habe. Beim Verlassen des Plenarsaals habe ich die Formulierung „Wat’n Kinnergorden!“ benutzt - zu Deutsch: Was für ein Kindergarten! -, eine plattdeutsche Formulierung. Die Mehrsprachigkeit in diesem Hause ist heute Morgen ja schon zur Sprache gekommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Da der Kollege Perli des Plattdeutschen vermutlich nicht mächtig ist, gehe ich davon aus, dass er den Wortteil „Kinner“ als „Penner“ verstanden hat. Ich habe mitbekommen, dass mich Herr Perli an der Tür angesprochen hat. Aber wie ich gerade ausführt habe, wollte ich das Telefonat annehmen, das ich auch für wichtiger erachtet habe, als mit Herrn Perli ein Gespräch zu führen.

Ich bedaure sehr, dass ich diese Ausführungen jetzt machen muss, weil Herr Perli nicht abgewartet hat, bis ich wieder im Plenarsaal war und wir diesen Diskussionspunkt hätten ausräumen können. Ich bedaure das auch deshalb, weil mir natürlich bewusst ist, dass die Bezeichnung dieses Hohen Hauses als „Kinnergorden“ auch unparlamentarisch ist. Ich entschuldige mich bei Ihnen allen, dass ich das hier ausführen muss.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)