- Ich darf noch einmal darum bitten, die Gespräche innerhalb der Fraktionen deutlich zu reduzieren. Der Geräuschpegel ist viel zu hoch. Außerdem ist es nicht in Ordnung, dass der Redner, der hier
vorne steht, das Gefühl haben muss, dass er kein Gehör findet. Man muss ja seine Auffassung nicht teilen, aber zuhören sollte man.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rettungsschirme sind gespannt für Banken und Wirtschaft, für Konjunkturpakete, für den Euro allgemein und für Griechenland im Speziellen. Die offene Frage war bisher: Wer bezahlt die Rechnung für dieses Milliardenspiel? - Die Bundesregierung hat uns in diesen Tagen eine erste Antwort gegeben. Die Antwort ist nicht überraschend. Genau so kennen wir eben CDU und FDP. Sie sind der Meinung, diese Rechnung ist von den Arbeitslosen, von Hartz-IV-Empfängern und von den Familien zu bezahlen. Und das ist skandalös.
Man soll bei Kritik aber mit dem Positiven anfangen, meine Damen und Herren. Natürlich finden auch wir die Flugticketabgabe gut. Die können wir voll unterstreichen. Damit haben Sie die erste Milliarde von insgesamt 42 Milliarden an ökoschädigenden Subventionen angegriffen. Wir sind sehr gespannt darauf, wann denn auch die Pendlerpauschale, die Wohnungsbauprämie, das Dienstwagenprivileg und andere Grausamkeiten für Natur und Umwelt geschliffen werden.
Wir sind natürlich auch dafür, dass die Mitnahmeeffekte bei den Ökosteuer-Ausnahmen bei der Energiesteuer beseitigt werden - obwohl noch überhaupt nicht klar ist, in welcher Form dies geschehen soll. Zwar ist das eine Selbstverständlichkeit. Allerdings muss man es inzwischen schon loben, wenn Selbstverständlichkeiten für SchwarzGelb auch tatsächlich selbstverständlich sind.
Nun werden Sie fragen: Ist das eigentlich alles? Ihr habt doch auch die Brennelementesteuer gefordert! - Ja, das haben wir auch. Es ist auch richtig, dass diese Steuer eingeführt wird - aber nicht in der Koppelung mit der Verlängerung der Laufzeiten. Das ist ein ganz übler Trick.
Wenn Sie das Ganze dann auch noch als großes Opfer der Wirtschaft verkaufen, wird es doch irgendwie geheimnisvoll. Das kann man natürlich wunderbar machen, wenn man jemandem erst 3 bis 4 Milliarden Euro in die Tasche steckt, um anschließend wieder 2,3 Milliarden Euro herauszunehmen. Dann würde ich solche Opfer auch gerne bringen.
Herr Schäuble hat erklärt, er habe ein Konzept ohne Tricks vorgelegt. Das finde ich, gelinde gesagt, amüsant. Was ist denn mit den 5,6 Milliarden Euro globale Minderausgabe für 2014? Das ist doch nichts anderes als ein Haushaltstrick! Was ist mit den Sparabsichten im Verteidigungshaushalt? Versuchen Sie einmal, den Prüfauftrag für die Reform der Bundeswehr als Sicherung für einen Kredit einzusetzen!
Meine Damen und Herren, gehen wir weiter zur Streichung der Rentenbeiträge für Hartz-IV-Empfänger. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es meinem Enkel völlig schnuppe ist, ob er seine Supersteuern demnächst für irgendwelche Zins- und Tilgungsleistungen der Bundesregierung zahlt oder ob er sie zahlt, um die Grundsicherung für Menschen aufzubringen, deren Rentenversicherung eben nicht mehr ausreichend ist. Auch das ist nur eine Verlagerung in die Zukunft und damit ein übler Haushaltstrick.
Letzten Endes kann man dasselbe von der von uns gewünschten Finanztransaktionssteuer oder auch Finanzaktivitätssteuer - beides finden wir in Ordnung - sagen. Wo, frage ich, ist Ihr Umsetzungskonzept? Bis jetzt haben Sie diese Konzepte nur bekämpft und nur dagegen gesprochen. Diese Dinge sind wichtig und richtig und müssen umgesetzt werden. In Ihrer Bilanz sind sie aber auf keinen Fall schon ansetzbar.
Eines können Sie allerdings, und zwar aus langer Erfahrung: Sie können bei den Schwächsten sparen. Herr Westerwelle hat gesagt, man könne nicht mit der Nagelschere sparen. Die Nagelschere haben Sie benutzt, als es darum ging, die FDP
etwa beim Elterngeld. Alle sind betroffen, nur die Bestverdienenden nicht. Die behalten weiterhin ihren Höchstbetrag von 1 800 Euro. Außerdem wird das Ehegattensplitting überhaupt nicht angefasst. Das ist ein Skandal.
Bei allen anderen Sparmaßnahmen haben Sie aber in der Tat nicht die Nagelschere benutzt, sondern den breitesten Mähbalken, den Sie überhaupt gefunden haben.
Ich sage Ihnen: Es sind eben nicht die Sozialkosten, die die öffentlichen Kassen leer gemacht haben. Das Problem bestand am anderen Ende der Einkommensskala - dort, wo Geld mit Geld verdient wird. Da müssen Sie auch die Rechnung vorlegen - nicht der Allgemeinheit und nicht den sozial Schwachen.
Wir sehen in diesem Fall die Ausnahmesituation des Artikels 106 Grundgesetz gegeben und fordern eine entsprechende Vermögensabgabe zur Finanzierung der Krisenkosten, wie es sie 1952 auch schon einmal gegeben hat. Das ist der richtige Weg, um denjenigen die Rechnung vorzulegen, die die Schäden verursacht haben.
Wir wollen bei hohen Erbschaften ansetzen, und wir wollen den Spitzensteuersatz entsprechend erhöhen. Den staatszerstörenden Steuerstrategien von FDP und CDU setzen wir unsere Alternative des Steuersystems entgegen: einfacher, ökologischer und höher - und deshalb gerechter.
„Begrenzt intelligent, wenig gerecht“: Besser, als es Die Zeit gestern mit dieser Überschrift getan hat, kann man das Sparpaket der schwarz-gelben Bundesregierung kaum charakterisieren.
Dabei war es diese Bundesregierung selbst, die die Messlatte in den letzten Wochen und Monaten besonders hoch gehängt hat. Vom intelligenten Sparen war die Rede, aber auch immer wieder davon, dass ein solches Programm nur auf Akzeptanz stoßen könne, wenn es dabei gerecht zugehe. Bei diesem Sparpaket handele es sich um einen einmaligen Kraftakt, so die Bundeskanzlerin bei der Vorstellung der Konzeption.
Allerdings steht diese dramatische Wortwahl in einem deutlichen Gegensatz zum tatsächlichen Ergebnis.
Die jetzt vorgelegten Pläne der Regierung sind ein Sammelsurium von Grausamkeiten und vagen Ankündigungen. Einige Kritiker sprechen zu Recht auch von Luftbuchungen.
Das selbst gesetzte Ziel, es müsse gerecht zugehen, hat die schwarz-gelbe Bundesregierung weit verfehlt. Es war der Sprecher der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der das Sparpaket als sozial unausgewogen bezeichnet und die Bundesregierung aufgefordert hat, mehr die Gutverdienenden in die Pflicht zu nehmen. Der saarländische Ministerpräsident Müller hat sich ähnlich geäußert, ebenso Herr Laumann aus Nordrhein-Westfalen.
Langzeitarbeitslose werden das Sparpaket besonders zu spüren bekommen. Bei Wiedereingliederungsprogrammen sind drastische Einsparungen geplant. Zudem entfallen der Zuschlag, der bisher den Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II abfederte, das Elterngeld und der Rentenzuschuss der Arbeitslosenversicherung.
Gerade die letzte Maßnahme zeigt die Konzeptionslosigkeit der schwarz-gelben Bundesregierung. Wenn für Langzeitarbeitslose der Rentenversicherungsbeitrag gestrichen wird, fehlt das Geld in der Rentenversicherung. Alle Personen, die im Alter keinen Rentenanspruch mehr haben, bleiben ihr Leben lang in der Grundsicherung der Kommunen, was für die Kommunen sehr teuer wird. Dem Anspruch, die Kommunen auch mittelfristig zu entlasten, ist dieser Sparvorschlag also ebenfalls nicht gerecht geworden.
Ferner bleibt weiterhin unklar, wie denn die Maßnahmen, die Bund und Länder sich auf zwei Bildungsgipfeln öffentlichkeitswirksam gegenseitig versprochen haben, finanziert werden sollen.
Fazit: Der jetzt vorgelegten Streichliste fehlen die Überzeugungskraft und damit die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz. Wer Eltern, Hartz-IV-Empfängern oder Staatsdienern Opfer abverlangt, der kann nicht Hoteliers unsinnige Steuergeschenke von 1 Milliarde Euro hinterherwerfen.
Die Konsolidierung und Stabilisierung der öffentlichen Haushalte ist unbestritten eine der großen Herausforderungen dieser Zeit. Nachhaltige Haushaltspolitik ist jedoch mehr als unwirtschaftliche und auf kurzfristige Effekte angelegte Rotstiftpolitik. Man kann sich jede Spardebatte sparen, wenn man nicht gleichzeitig eine Steuerdebatte führt.