Protokoll der Sitzung vom 18.08.2010

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Körtner von der CDU-Fraktion. Sie bekommen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen ist Küstenland und von daher von der Nordsee geprägt und maßgeblich beeinflusst. Die Nordsee ist für das gesamte Land Niedersachsen als Lebens- und Wirtschaftsraum wichtig. Der einzigartige Lebensraum Wattenmeer, der im vergangenen Jahr als erste deutsche Naturlandschaft zum Welterbe der Menschheit ernannt wurde, ist ein fragiles, ein durchaus verletzliches Naturwunder und bedarf besonderen Schutzes. Deshalb muss alles, was dort umgesetzt wird, mit den erklärten Schutzzielen in Einklang gebracht werden.

Die gemeinsame Erklärung zum Schutz des Wattenmeeres 2010, die zwischen den Wattenmeerstaaten Dänemark und Niederlande sowie den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen abgestimmt wurde, weist ganz ausdrücklich darauf hin - ich zitiere, Herr Präsident -, dass die beteiligten Regierungen erkennen müssen, dass das Wattenmeer auch ein Gebiet ist, in dem Menschen leben, arbeiten, wirtschaften und sich erholen, und dass deren Interessen ein wichtiger Bestandteil der gemeinsamen Politik sein muss.

Herr Wenzel, durch Ihre Anfrage wird in besonderer Weise deutlich gemacht, dass die menschlichen Nutzungsansprüche an das Meer und der Meeresschutz miteinander verzahnt werden müssen und dass alles, was in diesem sensiblen Gebiet passiert, verändert wird oder vielleicht auch verhindert wird, immer nur mit den Menschen geschehen kann - nicht an ihnen vorbei und auch nicht gegen sie. ^

So viel nur zu der von Ihnen angesprochenen Freiwilligkeit!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Genau das, Herr Wenzel, ist immer der Anspruch unseres Umweltministers, der sagt: Macht es mit den Menschen, macht es nicht gegen die Menschen! - Genau dafür wird und wurde er von Ihnen in der Vergangenheit immer wieder in oftmals unverschämter und politisch inakzeptabler Weise kritisiert und beschimpft.

Ihre eigene Anfrage bestätigt genau die Richtigkeit dieses Kurses. Lieber Herr Umweltminister, deswegen danken wir Ihnen auch für Ihre Standfestigkeit und sagen: Halten Sie weiter klaren Kurs, auch bei Meeresschutz!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Der Schutz der Nordsee und des Ökosystems Wattenmeer hat für die Landesregierung höchste Priorität. Das zeigen auch die vielen aufgezeigten Handlungsfelder in der Antwortung auf die Anfrage.

Wir bedanken uns ebenfalls sehr herzlich beim Umweltministerium für die sorgfältige und sehr detaillierte Beantwortung der Anfrage.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, wenn Sie Ihre eigene Anfrage gelesen haben und sie auch verstehen wollten - das sage ich extra -, haben Sie unter Umständen auch etwas dazugelernt, nämlich dass Sie sich vielleicht endlich dem Votum aller anderen Fraktionen in diesem Landtag anschließen und mit uns gemeinsam gegen die Entsorgung hochkonzentrierter Salzlaugen aus Hessen per Pipeline in unsere Nordsee kämpfen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das müs- sen Sie gerade sagen! Die Pipeline kommt doch, nur wird sie schon in der Weser enden!)

Sehen Sie endlich ein, dass ein solcher Megakonzern wie Kali und Salz - wir haben auch wieder Besuch von den Herren von Kali und Salz - Produktionsweisen nur durch den Zwang der Umstände ändert und dass man ihnen deshalb auch keine Auswege bieten darf.

Fallen Sie nicht länger auf diese Teile- und Herrsche-Strategie dieses Konzerns herein! Es ist für Kali und Salz eine Freude, dass der Niedersächsische Landtag hier keine Geschlossenheit zeigt.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das müs- sen Sie gerade sagen!)

Herr Wenzel, stellen Sie endlich Ihre parteipolitischen Taktierereien mit dem grünen Umweltsenator Loske aus Bremen nach hinten und besinnen Sie sich endlich darauf, dass Sie als niedersächsischer Landtagsabgeordneter eine Verantwortung für die Interessen und das Wohl der niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger haben! Das wäre endlich einmal angezeigt!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Martin Bäumer [CDU]: Sehr schön!)

Weder die Einleitung in unsere Flüsse noch der Bau der Laugenpipeline in die Nordsee sind für uns akzeptable Lösungen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Aber nur mit einer energetischen Pipeline!)

Die Einleitung der Laugenabwässer von Kali und Salz haben Sie in Ihrem Redebeitrag unterschlagen. Das alles ergibt sich aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage. Die Einleitung der Laugenwässer von Kali und Salz in der Nähe der Ostfriesischen Inseln wäre eine toxische Katastrophe. Warum wäre es eine toxische Katastrophe? - Wenn Sie es gelesen hätten, dann wüssten Sie es auch: Kali- und Salz-Laugenwässer weisen eine zwölfmal höhere Konzentration an Kalium und Magnesium als das Nordseewasser auf.

Frau Kollegin Körtner, Frau Helmhold möchte gerne eine Zwischenfrage stellen.

Bitte schön!

Das wird Ihnen gewährt. Bitte sehr!

Herzlichen Dank, Frau Körtner. Können Sie dem Plenum vielleicht erklären, warum eine Einleitung von Salz in den Süßwasserfluss Weser weniger schlimm sein soll als eine Einleitung von Salz in die Nordsee?

(Zuruf von der SPD: Das wollen wir ja auch nicht!)

Liebe Frau Helmhold, wir hatten schon viele Diskussionen darüber. Ich habe gerade in dem Satz vorher gesagt: Wir wollen weder das eine noch das andere; denn es gibt international anerkannte Produktionsweisen, die genau das machen. Wenn wir in Niedersachsen Kaliabbau genehmigt haben, dann haben wir immer eines gemacht: Vermeiden vor Verwerten vor Entsorgen. In Hessen macht man genau das Gegenteil.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wer regiert denn in Hessen?)

Dort hat man Kali und Salz die Möglichkeit gegeben, anders zu verfahren. In Niedersachsen genehmigen wir umweltfreundlich. Das verlangen wir auch von Hessen, auch von der Genehmigungsbehörde Regierungspräsidium. Wir haben angeboten: Es gibt die beste verfügbare Technologie, Frau Helmhold. Deshalb hat der gesamte Landtag außer Ihrer Fraktion so beschlossen und hat sich gemeinsam hinter die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens gestellt. Nur Sie fallen auf diese Strategie von Kali und Salz „Teile und herrsche“ herein. Es ist eine Schande, welche Umweltpolitik Sie machen!

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Sehr richtig! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was macht Ihre CDU-Regierung in Hessen?)

Gerade diese drastisch erhöhten Stoffkonzentrationen von Kalium und Magnesium, über die ich gesprochen habe, würden sich wie ein Leichentuch über die Muschelbänke in der Nordsee legen und alles zerstören. Die Einleitungen aus unseren niedersächsischen Kaliabbaugebieten und die Kavernenaussolungen haben ganz andere stoffliche Werte. Sie sind weitaus verträglicher, weil identischer mit dem Wasser der Nordsee.

Diesen jahrelangen Umweltfrevel, die Zerstörung der Ökosysteme von Werra und Weser, legitimieren Sie jetzt nachträglich dadurch, verehrte Damen und Herren von den Grünen, dass Sie Kali und

Salz für deren Abfälle das nächste Ökosystem, nämlich unsere Nordsee, anbieten. Das eine geht jetzt nicht mehr, das ist kaputt, und jetzt gehen Sie zum nächsten über. Eine solche Umweltpolitik, Herr Wenzel, bezeichne ich als hochgradig schizophren. Das werden wir den Bürgerinnen und Bürgern an der Küste und in diesem Land Niedersachsen sehr deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU)

Wir bedanken uns beim Umweltminister und seinen Mitarbeitern, die, wie die Beantwortung der Anfrage zeigt, auch am runden Tisch in vielen Sitzungen vehement - lieber Herr Umweltminister, vielen Dank - niedersächsische Interessen vertreten haben. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU)

Der Meeresschutz ist ein zentrales Element der niedersächsischen Meerespolitik. Obwohl ausweislich der Antwort auf die Anfrage die Nähr- und Schadstoffbelastung der Nordsee in den vergangenen Jahren signifikant zurückgeführt werden konnte, sind immer noch Belastungen zu verzeichnen, die erheblich über einem für die Meeresumwelt als natürlich und verträglich zu bezeichnenden Zustand liegen.

Aufgrund der hohen Nährstoffbelastung erreichen auch die niedersächsischen Küstengewässer derzeit noch nicht vollständig die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie. Das haben die Vorrednerinnen und Vorredner gesagt. Nur haben sie in der Regel vergessen, das zu erwähnen, was jetzt kommt: Da gibt es Handlungsbedarf, und die Landesregierung handelt. Die konkreten Reduzierungsanforderungen für Nährstoffe müssen international abgestimmt werden. In diesem Prozess vergleichen die beteiligten Staaten ihre Messergebnisse und Bewertungsverfahren, verständigen sich auf Schwellenwerte, die den guten ökologischen Zustand der Küstengewässer beschreiben. Die Zeitangaben der EU sehen dafür eine Entscheidung für Mitte 2011 vor. Genau deshalb kann jetzt zurzeit auch noch keine verbindliche Aussage darüber getroffen werden, welche konkreten Reduzierungsanforderungen in den Flussgebietseinheiten in Bezug auf Nährstoffeinleitung umzusetzen sind. Das geht eben noch nicht. Nur, so etwas verschweigen Sie bei der Beantwortung. Sie werfen der Landesregierung und dem Minister einfach vor, nicht gehandelt zu haben.

(Zuruf von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Sie hätten, wenn Sie es verstehen wollten, Herr Wenzel, auch das wissen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Die effektive Überwachung des Meereszustandes, die Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines guten Umweltzustandes der Meeresumwelt z. B. in Bezug auf Nährstoff- und sonstige Schadstoffeinträge sowie die Schließung von Wissenslücken - also Meeresforschung - sind ebenfalls zentrale Herausforderungen für die nächsten Jahre. Es startet jetzt auch ein umfangreiches Forschungsverbundverfahren. Hier wird man in den nächsten drei Jahren ganz innovative Mess- und Erkundungsverfahren für die Nordsee und die dort ablaufenden Prozesse erarbeiten.

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hat die Landesregierung zum Anlass genommen, gemeinsam mit dem Bund und den anderen Küstenländern - also Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern - die bisherigen Strukturen, Stärken und Schwächen der Havarievorsorge und -bekämpfung zu überprüfen. Das alles wird also gemacht. Diese Landesregierung redet nicht nur, sie handelt.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Meeresschutz ist Klimaschutz, und Klimaschutz wiederum bedeutet Meeresschutz. Beides dient den Menschen an der Küste und allen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Dem fühlt sich diese Landesregierung verpflichtet. Deshalb sage ich es noch einmal, verehrte Damen und Herren von den Grünen: Diese Anfrage, die Sie gestellt haben, gibt dieser Landesregierung die Möglichkeit aufzuzeigen, dass sie gehandelt hat, dass sie viel gehandelt hat und dass sie vorbildlich gehandelt hat. Das freut mich und entspricht dem, was wir als tragende Fraktion sagen: Wir reden nicht nur, Herr Wenzel, wir handeln!

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Karl- Heinrich Langspecht [CDU]: Sehr gut! Bravo!)

Zu dem Beitrag von Frau Körtner hat sich Herr Wenzel zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie bekommen anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Körtner, es ist schon interessant, mit welchem Erregungsgrad Sie hier in die Diskussion gehen. Vielleicht sollten Sie mal mit diesem kleinen Dreckschweinchen in Hessen sprechen.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Der Ministerpräsident von der CDU, der alte und der neue, hat über Jahre hinweg die Einleitung dieser Laugen in die Werra genehmigt.