Protokoll der Sitzung vom 07.09.2010

Meine Damen und Herren, die Reduktion des Flächenverbrauchs ist ein weiteres Ziel. Herr Hagenah, Sie haben ausführlich darüber gesprochen. Für die SPD-Fraktion darf ich erklären, dass wir diese Zielsetzung bereits etwas länger verfolgen und deshalb auch schon etwas länger mit großer Freude den drastischen Rückgang beim Flächenverbrauch feststellen dürfen. Einerseits nämlich ist das Bauvolumen drastisch zurückgegangen, andererseits wird logischerweise auch weniger Material benötigt. Ferner dürfen wir feststellen, dass immer mehr Recyclingmaterial eingesetzt wird und dass dieser Bereich sehr stark zugenommen hat. Es gibt quasi keine Straßen und keine Autobahnen mehr, bei denen nicht dieses Recyclingmaterial direkt wieder verwendet wird. Recyclingmaterial ist auch viel billiger. Das ist der richtige Ansatz, weil nämlich jedes Unternehmen schon allein aus Kostengründen Recyclingmaterialien verwendet. Somit findet das, was Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, in Ihrem Gesetzentwurf fordern, bereits statt. Hinter den Ressourcen, die jetzt schon geschützt werden, stehen auch wir. Auch wir sind dafür, dass das so läuft.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das Gesetz würde unsere Wirtschaft hart treffen; denn offensichtlich ist Ihnen der ständige Konkurrenzkampf am Markt nicht richtig geläufig. In Niedersachsen haben Unternehmen bei der Submission schon deshalb oft das Nachsehen, weil sie mit den ortsüblichen Normalpreisen für Naturstein, Sand, Kies, Mergel, Gips oder Schotter kalkulieren, während die Nachbarn aus Thüringen, Sachsen-Anhalt oder aus

Hessen oder NRW - das haben Sie ja erwähnt - die Materialien trotz langer Transporte deutlich günstiger einrechnen können. Wollen Sie die Wettbewerbsfähigkeit unserer meist mittelständischen Betriebe mit diesem Gesetz verschlechtern? - Wir wollen das nicht, meine Damen und Herren.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hagenah?

Nein, ich weiß ja, was er fragen will.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

- Herr Hagenah, wir wollen Ihnen keinen Bären aufbinden. Wir sind ja nicht im Zoo. Wir wollen Ihnen hier die Fakten schildern.

Wollen Sie, meine Damen und Herren, auf das zwischen Ost und West ohnehin schon bestehende Gefälle bei den Investitionsförderungen für Betriebe mit einer zusätzlichen einseitigen Abgabe noch eins obendrauf setzen? - Wir wollen das nicht. Wir wollen die Wettbewerbsbedingungen unserer Unternehmen nicht verschlechtern, sondern eher fördern. Dafür sind wir angetreten.

Sie würden mit diesem Gesetz außerdem für deutlich mehr Lkw-Transporte über lange Wege sorgen und noch mehr CO2-Schadstoffausstoß produzieren, was Ihnen bekannt sein müsste. Auch das können Sie, glaube ich, nicht verantworten. Wir jedenfalls wollen das nicht.

Nun noch eine wichtige Perspektive, die wir ebenfalls nicht vernachlässigen wollen, meine Damen und Herren: Bei der heute zu treffenden Entscheidung geht es nämlich auch um Arbeitsplätze, um die Einkommen der Beschäftigten in den Abbaubetrieben, aber auch in der heimischen Bauindustrie, die Sie ja schon zitiert haben, und insbesondere im Handwerk. Mit dieser Abgabe würden wir Arbeitsplätze in Gefahr bringen und ganze Unternehmen in ihrem Bestand gefährden. Die Folgen mit weniger Kaufkraft und rückläufiger Gewerbesteuer wären absolut kontraproduktiv. Auch deshalb können wir heute nicht zustimmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben uns die Sache nicht leicht gemacht. Wir haben mit Unternehmern, Verbandsvertretern - natürlich auch mit Verbandsvertretern, Herr Hagenah; denn auch die

haben ihre berechtigten Sorgen - sowie mit Arbeitnehmern über die Auswirkungen der von Ihnen geforderten Sonderabgabe gesprochen. Wir finden ökologisch und ökonomisch aber keine positiven Ansätze bei dem vorgelegten Gesetzentwurf der Grünen.

Für Sie ist das heute sicherlich kein guter Start in die Plenarwoche,

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Für Sie auch nicht!)

weil wir Ihnen gleich noch eine Niederlage mit auf den Weg geben werden. Herr Hagenah, als gutes Nachschlagewerk darf ich Ihnen zum Schluss noch ein Buch überreichen. Es heißt „Die Zeit danach“. In diesem Buch finden Sie zahlreiche Beispiele für ehemalige Lagerstätten, die Naturschutz- und Vogelschutzgebiete geworden sind. Viele von diesen Gebieten befinden sich übrigens an der Weser. Ich möchte Ihnen dieses Buch bei dieser Gelegenheit jetzt gern überreichen, damit Sie sich einmal schlau machen können, aber nur geborgt.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Ronald Schminke [SPD] überreicht Enno Hagenah [GRÜNE] das Buch - Heiterkeit - Zurufe)

Wenn sich die Lage wieder beruhigt hat und der Beschenkte die Möglichkeit hat, in dieses Buch hineinzusehen, können wir mit der Tagesordnung fortfahren. - Ich erteile der Kollegin König von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hut ab, Herr Schminke! Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Vielen Dank.

Dieser Gesetzentwurf der Grünen beinhaltet, dass unsere Bodenschätze künstlich verteuert werden, um mehr Geld in den Landeshaushalt zu spülen. Damit aber würden Materialien teurer, die wir nicht aus purer Freude und Gewinnsucht abbauen, sondern deshalb, weil wir sie in der Wirtschaft und in den Kommunen dringend benötigen. Außerdem dienen sie der Pflege und der Unterhaltung unserer Bausubstanz und unserer kultivierten Bereiche. Egal, ob wir Torf, Humus, Sand, Kies, Ton oder Gestein abbauen - immer geschieht dies in Bezug auf Erhaltung und Weiterentwicklung unserer bestehenden Werte. Kein Hausbesitzer, kein Gärtner

bzw. Hobbygärtner kann ohne Torf oder Humus arbeiten. Gleiches gilt für unsere Kommunen, die immerhin 53 % des vom Gesetz betroffenen Materials abrufen. Genau da, Herr Hagenah, nehmen Sie auf der einen Seite ein, um auf der anderen Seite wieder auszugeben. Dabei wird aber ein Minus herauskommen; denn die Einnahmen werden nicht ausreichen, um die Ausgaben zu tätigen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Wenn solche Materialien zunehmend teurer werden, schränken Sie wichtige Wirtschaftsbereiche erheblich ein und versetzen Sie diese so in eine katastrophale Lage. Das hat Herr Schminke Ihnen gerade erklärt. Die Bauindustrie ist schon heute eine der am meisten belasteten Branchen. Wir haben in den letzten Jahren viele Unternehmen und damit auch viele Arbeitsplätze verloren. Erst seit Kurzem stabilisiert sich diese Lage wieder. Und jetzt wollen Sie diese Branche neu belasten. Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein!

Kommunen haben kaum das Geld, eigene Projekte zu verwirklichen, ihren Pflichten nachzukommen oder Gebäude und Straßen zu unterhalten. Das sieht man am besten an den maroden Schulgebäuden oder an den von Ihnen hier sehr beklagten Straßenzuständen. Und das wollen Sie jetzt noch verschlimmbessern, oder wie?

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sind Sie sich eigentlich bewusst, wie viel ein Genehmigungsverfahren - mit all den Auflagen der Rekultivierung - für eine Kies- oder Sandgrube kostet? - Das alles spiegelt sich bislang doch schon im Preis wider.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr wichtig!)

Viele Flächen in Niedersachsen, für die noch Schürfrechte bestehen, werden nicht mehr angegangen, weil das Verfahren zu aufwendig und zu teuer ist. Ihre Rechnung kann daher gar nicht aufgehen, da Kommunen wie auch Unternehmen das Material aus anderen Gebieten anfordern. Und dann hätten Sie es geschafft, dass Abbauunternehmen aus Niedersachsen vertrieben würden und dass das Verkehrsaufkommen durch andere Einkäufe natürlich erhöht würde. Auch Herr Schminke hat Ihnen das klar und deutlich gesagt. Ich weiß nicht, warum Sie da so borniert sind.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

Was für ein Unsinn also! - Das ist eine wirklich rühmliche Tat der Grünen und zeigt wieder mal deutlich Ihre Geisteshaltung.

Dieses Gesetz ist schon in anderen Bundesländern gescheitert und wird auch in Niedersachsen von CDU und FDP und Gott sei dank diesmal auch von der SPD nicht mitgetragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile dem Kollegen Bley von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen abschließenden Beratung und Ablehnung des Gesetzentwurfes der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Erhebung einer Bodenschätzeförderabgabe verhindern wir erstens den Wegfall weiterer Arbeitsplätze im Bereich Bodenschätzeabbau sowie im verarbeitenden Gewerbe. Wir verhindern zweitens weitere Umweltnachteile durch unnötig weite Transporte der Rohstoffe. Und drittens verhindern wir den Wegfall von Steueraufkommen aus dem verarbeitenden Gewerbe und aus dem Bergbau.

Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ihre Rechnung, die Sie uns aufgemacht haben, geht so nicht auf. Das schnelle Geld, das - so haben Sie es uns erklärt - fließen soll, wird es so nicht geben, auch wenn wir das Gesetz verabschieden würden. Auch die Aussagen von Herrn Hagenah in Bezug auf Schuldendruck und notleidenden Haushalt können uns nicht beeindrucken.

Meine Damen und Herren, der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie die mitberatenden Ausschüsse haben mit den Stimmen der CDU, der FDP und der SPD den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die CDU- und die FDP-Fraktion fühlen sich in der Annahme bestätigt, dass Arbeitsplätze verloren gehen, dass sich die Ökobilanz verschlechtert und dass Steuereinnahmen langfristig nicht steigen, sondern sinken werden. Die Stellungnahme aus dem Wirtschaftsministerium hat uns noch einmal aufgezeigt, welche Auswirkungen ein solches Ge

setz haben wird. Auch aus Industrie und Wirtschaft werden in Bezug auf ein solches Gesetz negative Signale gesendet.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass nicht nur CDU und FDP das so sehen, sondern auch die SPD ist hier realitätsnah und hat in den Ausschüssen gegen diesen Gesetzentwurf gestimmt.

(Unruhe)

Herr Kollege, unterbrechen Sie bitte! - Wir haben die Hoffnung gehabt, dass sich der Mitteilungsbedarf innerhalb der Reihen nach einer knappen halben Stunde doch etwas vermindert. Aber die Hoffnung trügt doch scheinbar. Ich möchte darum bitten, dass die Gespräche eingestellt werden, sodass der Redner Gehör findet.

Meine Damen und Herren, in Deutschland und in Niedersachsen haben wir im Monat August eine so niedrige Arbeitslosigkeit gehabt wie zuletzt im August 1992, also vor nunmehr 18 Jahren. Diese gute Entwicklung wollen wir nicht behindern, sondern positiv begleiten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich darf zur Arbeitslosensituation ein paar Zahlen nennen, die sich nicht nur auf hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beziehen, sondern auf alle Lohn- und Gehaltsklassen. Im Jahr 1995 arbeiteten in Niedersachsen 581 839 Arbeitskräfte in 4 011 Betrieben. Sie hatten zusammen ein Bruttogehalt von über 17 Milliarden Euro. Im Jahr 2009 waren in 3 863 Betrieben noch 521 206 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, die ein Bruttoeinkommen von mehr als 20 Milliarden Euro erzielten.

In den Jahren 2005 bis 2007 waren in der Branche weniger Arbeitsplätze vorhanden. Wir sind mittlerweile wieder auf einem guten Weg, und das lassen wir uns von der Partei Bündnis 90/Die Grünen nicht kaputtmachen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie auch schon in NRW wird Ihr Antrag hier und heute abschließend abgelehnt. Warum lehnen wir den Antrag ab? - Einige Gründe habe ich bereits genannt. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat anscheinend ein etwas gestörtes Verhältnis zur