Werte Kollegen von CDU und FDP, auch Ihr zum Haushaltsjahr 2009 vollmundig verkündetes Stipendienprogramm ist bereits vom Scheinriesen zum Kleckerprogramm verkommen. Dem nationalen Stipendienprogramm ist es jetzt offensichtlich auch nicht anders ergangen. Deshalb appellieren wir an Sie: Es darf nicht sein, dass die Mehrheit der Studierenden darunter leidet, dass SchwarzGelb ohne Rücksicht auf Verluste sein unausgegorenes Stipendienmodell durchdrückt. Setzen Sie sich für eine Rücknahme dieses Programms ein, solange es noch nicht angelaufen ist, und sorgen Sie für eine bessere Ausstattung des BAföG!
Die bisher vorgesehene Erhöhung der Elternfreibeträge um 3 % und der Bedarfssätze um 2 % wäre zweifelsohne besser als der Status quo. An dieser Stelle sind sich alle Antragsteller einig. Aber - auch das sei an dieser Stelle gesagt; Kollegin Andretta hat darauf hingewiesen - bedarfsdeckend ist sie bei Weitem nicht, weshalb wir uns beim SPDAntrag enthalten werden. Wir schließen uns der
Forderung - auch das ist nur eine Minimalforderung, aber es ist immerhin eine weitergehende Forderung - des Deutschen Studentenwerkes an, die Freibeträge der Eltern um mindestens 5 % zu erhöhen, wenn der Kreis der Geförderten maßgeblich ausgeweitet werden soll. Um der Preisentwicklung gerecht zu werden, müssen die Bedarfssätze um wenigstens 4 % steigen. Auch das Heraufsetzen der Altersgrenze auf 35 Jahre ist zweifelsohne ein Fortschritt. Konsequent wäre angesichts des Konzepts des lebenslangen Lernens allerdings ein Aufheben der Altersgrenze.
Eine nennenswerte weitere Öffnung der Hochschulen wird sich allerdings nur erreichen lassen - deshalb haben wir einen Änderungsantrag zum Antrag der Linken gestellt -, wenn das Studienfinanzierungsmodell grundsätzlich reformiert wird. Wir schlagen statt eines Ausbaus des BAföG jedenfalls mittel- und langfristig die Umsetzung eines Zweisäulenmodells vor: Aus der ersten Säule erhalten die Studierenden einen Sockelbetrag als Basisabsicherung. Dieser wird aus dem finanziert, was bisher an die Eltern geht, sprich Kindergeld und Steuerfreibeträge. Studierende aus einkommenschwachen Elternhäusern erhalten aus einer zweiten Säule zusätzlich einen Bedarfszuschuss, der, ergänzt um Wohngeld und Krankenversicherung, den Lebensunterhalt sichert. Im Gegensatz zum BAföG sind aber beide Säulen als nicht rückzahlbarer Vollzuschuss, also ohne Kreditrisiko geplant.
Meine Damen und Herren, wenn wir eine soziale Öffnung unserer Hochschulen erreichen wollen, dann müssen wir die sozialen Hürden beim Zugang zum Studium abbauen. Wenn Sie Ihre Studienfinanzierungspolitik nicht korrigieren, dann bleibt Ihr Engagement für die offene Hochschule ein Muster ohne Wert.
Zu dem Beitrag von Frau Dr. Heinen-Kljajić hat sich Herr Perli zu einer Kurzintervention gemeldet. 90 Sekunden, Herr Perli!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Heinen-Kljajić, nur damit wir hier keine Missverständnisse produzieren: Das Zweikörbemodell, das Sie jetzt vorgeschlagen haben, hat meine Fraktion im Bundestag schon in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen. Da gibt es überhaupt keinen Widerspruch.
Es geht hier nur darum - deshalb haben wir den Antrag so formuliert, dass wir alle gemeinsam eine Entschließung finden können -, ganz konkret diesen Vorschlag zu unterstützen, damit wir das BAföG stabilisieren. Darüber hinaus sind wir gerne bereit, mit Ihnen und mit allen anderen darüber zu diskutieren, wie wir das BAföG für die nächsten Jahrzehnte fit machen können.
Das Zweikörbemodell ist ein sehr gutes Modell. Es gibt auch andere. Ich empfehle, sich beispielsweise die Forderungen des Studierendenverbandes der Linken, der Linke.SDS, des Sozialistischen Demokratischen Studierendenverbandes, anzuschauen. Da gibt es hervorragende Anregungen, die wir alle aufgreifen oder zumindest zur Kenntnis nehmen sollten.
(Jens Nacke [CDU]: Jetzt fangen die schon untereinander mit Kurzinterven- tionen an! - Zuruf von der SPD: Das ist Parlamentarismus!)
In aller Kürze: Wir haben ja schon bei der ersten Lesung eine Debatte darüber geführt, warum wir an einer ganz bestimmten Stelle mit Ihrem Antrag vielleicht keine Probleme haben, aber zumindest eine andere Akzentuierung vornehmen wollen. In Ihrem Antrag heißt es sinngemäß - ich habe ihn
Genau da sagen wir: Wir wollen das BAföG zwar im Moment erhöhen, aber wir wollen mittel- und langfristig auf ein anderes System umstellen. Das soll unser Änderungsantrag deutlich machen, mehr nicht.
Wir haben einiges zu bieten, Herr Dr. Sohn. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch aufgrund der vorliegenden Anträge die 23. BAföG-Novelle Gegenstand der Diskussion sein sollte, gibt es in den Anträgen, aber auch in den Redebeiträgen viele Anmerkungen zum nationalen Stipendienprogramm. Daher möchte ich für die CDU-Fraktion heute noch einmal erklären: Wir begrüßen das von Bundestag und Bundesrat beschlossene nationale Stipendienprogramm ausdrücklich.
Das ist der richtige Weg. So wird neben dem BAföG und dem Bildungsdarlehen eine weitere wichtige Säule der Studienfinanzierung ausgebaut. Es ist meines Erachtens ein völlig falscher Ansatz, das Stipendienprogramm und die vorgesehene BAföG-Novelle gegeneinander ausspielen zu wollen. Das sind zwei Seiten derselben Medaille. Es geht um die Verbesserung der Finanzierung des Studiums. Wir brauchen beides.
Das Stipendienprogramm wird dazu beitragen, dass sich auch in Deutschland die von allen eingeforderte Stipendienkultur weiterentwickeln wird. Da haben wir im Vergleich zu anderen Ländern einen erheblichen Nachholbedarf. Dieses Programm verschränkt in beispielhafter Weise die öffentliche und die private Hand. Der Anteil von privaten Quellen an den Bildungsausgaben liegt in Deutschland mit 15 % weit unterhalb des OECD-Durchschnitts,
der bei 27,4 % liegt. In Japan und in den USA liegt er sogar bei fast 70 %. Es gibt also noch einiges zu tun.
Derzeit werden in Deutschland nur 2 bis 3 % aller Studierenden durch Stipendien gefördert, die wiederum zu einem beträchtlichen Anteil aus staatlichen Mitteln finanziert werden. Die mit dem Stipendienprogramm verbundene Zielsetzung, diese Quote weiter zu erhöhen - die 8 % lasse ich mal weg -, ist somit sehr zu begrüßen. Auch uns ist klar, dass dies nicht einfach sein wird und nicht von heute auf morgen gehen wird. Es ist einige Überzeugungsarbeit notwendig, private Mittelgeber zu finden. Aber das Ziel ist richtig. Dieses Programm ist der richtige Anfang.
Meine Damen und Herren, der gerade von der Opposition in den vorangegangenen Debatten, die ich nur nachlesen konnte, und in den Ausschussberatungen immer wieder erhobene Vorwurf, das Stipendienprogramm verstärke die sozialen Ungleichheiten an den Hochschulen, ist für mich nicht nachvollziehbar, und ich halte ihn auch für falsch. Es werden Leistungsanreize gesetzt, gute Leistungen gefördert und mit einem Stipendium belohnt - und dies unabhängig von der sozialen Herkunft und finanziellen Ausstattung des Studierenden. Übrigens - wenn Sie es nachläsen, wüssten Sie es - sind nicht allein die Noten ausschlaggebend, sondern auch gesellschaftliches Engagement oder besondere Umstände, wie etwa ein Migrationshintergrund.
Dass nach allen Auswertungen - das ist hier schon berichtet worden - Begabtenstipendien derzeit zu einem erheblichen Teil an Kinder ausgezahlt werden, die aus Akademikerfamilien kommen, steht dem nicht entgegen; denn dies liegt - das wissen wir alle aus Studien - im Wesentlichen daran, dass die Studierendenquote aus den sogenannten bildungsfernen Schichten in Deutschland zu niedrig ist. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, diese Quote deutlich zu verbessern. Es ist deshalb ausdrücklich zu begrüßen, dass Ministerpräsident McAllister in seiner Regierungserklärung hier im Haus angekündigt hat, dass durch die Ministerin
- Sie haben ein entscheidendes, aber Sie wissen es noch nicht! - Es ist nämlich viel zu kurz gegriffen - wie hier von der Opposition immer wieder vorgetragen -, dabei immer nur auf die fehlende finanzielle Ausstattung abzuheben. Die Gründe sind meines Erachtens vielschichtiger. Das wird auch die Studie zeigen. Lassen Sie uns, wenn die Ergebnisse vorliegen, diese gemeinsam konstruktiv beraten. Nur mit Klassenkampf werden wir das Problem nicht lösen.
Meine Damen und Herren, ich bin mit meiner Kollegin Frau Andretta einig, dass die wichtigste Säule für die Finanzierung eines Studiums das BAföG ist und bleibt. Das haben die BAföG-Zahlen 2009 eindrucksvoll bestätigt. Wir haben in Niedersachsen einen Aufwuchs an BAföG-Berechtigten von 10 %.
Die CDU-Fraktion unterstützt deshalb inhaltlich die mit der 23. BAföG-Novelle vorgesehenen Weiterentwicklungen und Veränderungen. Wir nehmen sehr erfreut zur Kenntnis, dass auch SPD und Linke hier im Landtag das von CDU/CSU und FDP im Bundestag beschlossene Änderungsgesetz unterstützen.
Grundsätzlich zu begrüßen ist die vorgesehene weitere Erhöhung der Bedarfssätze und der Einkommensfreibeiträge; das ist alles schon angesprochen worden. Aber auch andere Veränderungen, wie der Abbau der Bürokratie durch Pauschalierung des Mietzuschlages oder die Ausweitung der Altersgrenze für Masterstudierende von 30 auf 35 Jahre, sind vernünftig. Man hätte sich hier noch manches, insbesondere in Bezug auf die Altersgrenze, mehr wünschen können; das ist auch angesprochen worden. Die Vorteile dieser Novelle für die Studierenden liegen also deutlich auf der Hand.
Meine Damen und Herren, daraus aber den schnellen Schluss zu ziehen, wie hier in verschiedenen Anträgen - insbesondere in dem von der Linken vorgelegten Antrag -, dieser Novelle ohne Wenn und Aber im Bundesrat zuzustimmen, wäre aus der Sicht des Landes zu leichtfertig gewesen; denn auch die sich aus diesem Gesetz ergebenden finanziellen Lasten und insbesondere deren Verteilung auf den Bund und die Länder müssen
genau betrachtet werden. Es war somit nur konsequent und völlig richtig, in diesem Fall gemäß Artikel 77 des Grundgesetzes den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Wir müssen beachten, dass diese BAföG-Novelle den Landeshaushalt mit bis zu 20 Millionen Euro jährlich belasten könnte. Ob eine Erhöhung der Bundesbeteiligung im Vermittlungsausschuss letztendlich erreicht werden kann, ist natürlich nicht vorhersehbar. Es wird wahrscheinlich wie immer einen Kompromiss geben. Aber eines ist sicher: dass eine sofortige Zustimmung, die hier gefordert worden ist, in der Sitzung des Bundesrates am 9. Juli 2010 dazu geführt hätte, dass eine stärkere Beteiligung des Bundes von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre. Aber die wollen wir ja gemeinsam erreichen.
Nur durch das eingeleitete Vermittlungsverfahren können also auch die beiden Forderungen der SPD erfüllt werden. Sie fordern zum einen die Zustimmung zur Novelle und zum anderen eine stärkere Beteiligung des Bundes. Von daher ist Ihre Kritik an dem Vorgehen der Landesregierung nicht nachvollziehbar, da dieses Ziel nur in Schrittfolge erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren von der SPD, konsequenterweise hätte Ihr Entschließungsantrag eigentlich lauten müssen: Wir unterstützen die Landesregierung in ihrem Vorgehen. - Wir machen schon längst das, was Sie mit diesem Antrag fordern, und dies zum Wohle des Landes und der Studierenden.
Dass die Linke fordert, dass der Novelle ohne jedes weiteres Verhandeln zugestimmt werden soll, verwundert nicht. Die finanzielle Lage des Landes hat sie bei ihren Wunschkonzerten nie so richtig interessiert.