Meine Damen und Herren, dieser kontinuierliche Druck, der in den letzten sieben, acht Jahren aufgebaut worden ist,
hat immerhin dazu geführt, dass die CDU sich vom Dogma des dreigliedrigen, angeblich begabungsgerechten Schulsystems verabschiedet.
Sie haben in Ihrer Regierungserklärung nicht ein einziges Mal - im letzten Satz haben Sie die Worte „gleich welcher Begabung“ verwendet - das Wort „begabungsgerecht“ gebraucht.
Ich möchte Ihnen gerne belegen, warum Sie in den letzten Jahren gescheitert sind, worin die Probleme Ihrer Politik liegen.
Mit dem Schönreden ging es im Übrigen auch gerade in der Regierungserklärung weiter. So sagten Sie z. B., Sie investierten seit 2003 über 1 Milliarde Euro zusätzlich in den Bildungshaushalt. Ich sage Ihnen: 500 Millionen Euro ergeben sich allein aus Buchungsvorgängen, weil Sie alle Bereiche der frühkindlichen Bildung aus dem Sozialministerium ins Kultusministerium verschoben haben.
Das nächste Argument: Sie zitieren sehr ausführlich, es bestehe Handlungsbedarf aufgrund des demografischen Wandels, aufgrund der Schülerzahlrückgänge, aufgrund des Älterwerdens der Bevölkerung. Herr Dr. Althusmann, seit 2006 liegt in diesem Hause ein dicker Bericht der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ vor. Dort ist Ihnen aufgeschrieben worden, was zu tun ist. Es gibt zahlreiche Empfehlungen. Das sind doch keine neuen Erkenntnisse.
Schlimm ist doch, dass Sie erst heute dazu bereit sind, überhaupt darüber nachzudenken, dass sich etwas bewegen muss.
(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Zeit vertan! - Jens Nacke [CDU]: Sie wissen offensichtlich nicht, was Sie sagen wollen! Da kommt ja gar nichts!)
- ich sage nur „Hauptschuloptimierungsprogramm“, Herr Nacke - Mittel ausschließlich in Hauptschulen gepumpt. Was hat es gebracht? Niemand möchte mehr dorthin gehen. Sie haben die Ganztagsmittel des Bundes fast ausschließlich in Hauptschulen hineingegeben. Entsprechend Ihrem Ziel sind dort durch Investitionen neue Gebäude entstanden - und niemand möchte mehr dorthin gehen.
Andere Bundesländer sind wesentlich sorgsamer mit diesen Mitteln umgegangen. Sie haben sie in Grundschulen gesteckt oder in Gymnasien, wo dann z. B. das Abitur nach zwölf Jahren an Ganztagsschulen gemacht wird. Wir haben hier acht Jahre lang eine Fehlsteuerung in der Bildungspolitik in Niedersachsen erlebt.
Nun zu den Gymnasien: Ich sage Ihnen hier ganz deutlich, dass die SPD mit den Gymnasien ihren Frieden geschlossen hat.
- Ja, da können Sie zuhören. - Die gesamten Vorschläge, die wir in der letzten Wahlperiode und auch in diesen Monaten gemacht haben, haben nicht ein einziges Mal „Wir schaffen die Gymnasien
Wir wissen, dass über 40 % der Schülerinnen und Schüler zu dieser Schulform gehen. Nur: Die Gymnasien hatten es noch nie so schlecht wie zu Ihren Regierungszeiten, Herr Dr. Althusmann. Das ist doch das Problem.
(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Da müssen Sie selbst lachen, oder?)
- Hören Sie doch einmal zu! - Die schlechteste Klassenfrequenz am Gymnasium im Sek-I-Bereich aller Zeiten hatten wir in den letzten zwei Jahren mit 28,4 Kindern pro Klasse unter dieser Landesregierung. Außerdem gibt es durch G 8 Druck an den Gymnasien - mit einem hohen Anteil von Kindern, die unter Stress leiden und wegen psychischer Probleme krank werden. Diesen Druck auf Eltern, auf Lehrer und auf Schülerinnen und Schüler haben Sie mit Ihrer unsorgfältig vorbereiteten G-8-Implementierung am Gymnasium verursacht.
Jetzt bitte ich Sie, ganz genau zuzuhören: Ihr Flaggschiff der niedersächsischen Schulpolitik, das Gymnasium, hat in den letzten beiden Jahren unter Ihrer Regierung die schlechteste Erfolgsquote seit 1985 mit gerade einmal 61,9 %. - Meine Damen und Herren, das ist Ihre Bilanz für die Gymnasien, die Sie sonst immer so hofieren.
(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Prozent von was? - Weitere Zurufe von der CDU)
- Ich kann ja verstehen, dass das wehtut, meine Damen und Herren. Aber Sie müssen mir jetzt einmal zuhören. Wir haben Ihrem Minister auch zugehört.
Herr Minister Althusmann, Sie zitieren in Ihrer Rede mehrmals und versuchen damit Positionen zu untermauern und sich Dispens für Ihre Politik zu holen. Das ist erlaubt, auch wenn es das eine oder
andere Mal durchaus an Selbstbetrug grenzt. Nicht erlaubt ist aber, Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen und sie diesen Personen so in den Mund zu legen, wie es Ihnen passt.
Ich möchte das Zitat des Präsidenten des Niedersächsischen Städtetages, Herrn Klingebiel, gerne einmal fortführen.
Herr Minister Althusmann, Sie haben gesagt, dass Herr Klingebiel sagt: Die Gesamtrichtung stimmt. - Sie lesen aber nicht weiter, Herr Dr. Althusmann. Ich dachte immer, Sie seien belesen.
Herr Klingebiel sagt: Voraussetzung dafür, dass die Gesamtrichtung stimmt, ist die Möglichkeit, Schüler verschiedener Schullaufbahnen stärker als bisher gemeinsam zu unterrichten. Das sei bisher noch nicht hinreichend deutlich geworden.
Zweitens. Dringend bewegen muss sich die Landesregierung dagegen nach Auffassung des Niedersächsischen Städtetages im Bereich der Integrierten Gesamtschulen, meine Damen und Herren.