Protokoll der Sitzung vom 09.11.2010

Ich bitte Sie allen Ernstes: Beschreiben Sie doch einmal diese Aussage, die ja sehr allgemein gehalten ist! Meinen Sie längeres gemeinsames Lernen, so wie es dann an der Oberschule möglich sein wird?

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

Meinen Sie eine höhere Durchlässigkeit, so wie es dann an der Oberschule möglich sein wird? Meinen Sie, dass die Schullaufbahn so lange wie möglich offengehalten werden soll, so wie es dann an der Oberschule möglich sein wird?

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

Was meinen Sie, wenn Sie so eine Aussage machen?

(Beifall bei der CDU - Reinhold Coenen [CDU]: Das weiß sie nicht!)

Meine Damen und Herren, weiter fordern Sie ein wohnortnahes, flexibles und stabiles Schulkonzept, das den Bedürfnissen von Eltern, Schülern, Lehrkräften und Schulträgern entgegenkommt. - Wenn ich unser Modell der Oberschule sehe, stelle ich fest: Dieses Modell ist zukunftsgerecht und kommt den Schulträgern entgegen. Deswegen halten wir es für ein gutes Angebot.

(Beifall bei der CDU)

Mit der Kritik der Grünen möchte ich mich nur sehr kurz auseinandersetzen; Herr Wenzel, Sie waren bei der Veranstaltung aller an Bildungspolitik Beteiligten ja dabei. Meine Damen und Herren, die Grünen in diesem Landtag wussten schon vor der Veröffentlichung und Bekanntgabe unseres Konzepts, dass es nichts taugt. Das fand ich schon bemerkenswert. Das ist grüne Schulpolitik!

(Beifall bei der CDU)

Ich kann nur sagen: Sehr geehrter Herr Wenzel, wer schon zu einem Zeitpunkt, als das Konzept der neuen Oberschule noch nicht bekannt war, öffentlich erklärt, dass es nichts taugt, der hat sich in der schulpolitischen Debatte absolut disqualifiziert.

(Beifall bei der CDU)

Eine Bemerkung zur IGS; denn auch dazu müssen wir über eine gemeinsame Linie reden: Meine Damen und Herren, wenn Sie über den Elternwillen reden, dann setzen Sie Elternwillen und IGS immer gleich. Aber was ist das denn für eine Anmaßung? Was ist das für eine Überbewertung? Mit Ihrem missionarischen Eifer haben Sie schon lange die Nähe zur Sachlichkeit verloren und gehen über die reale Situation einfach hinweg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das machen Sie!)

Mir ist in der Diskussion eines immer deutlicher geworden: Mit der Oberschule gibt ein Angebot, in dem viele Ihrer Forderungen aufgenommen werden und umgesetzt werden sollen. Gleichwohl lehnen Sie es strikt ab. Ihnen geht es gar nicht um einen Kompromiss. Ihnen geht es vielmehr darum, den Kompromiss abzulehnen, weil Sie diese Ablehnung für Ihre parteipolitische Auseinandersetzung brauchen. Das ist das Ziel Ihrer Politik, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Es geht nicht um die Interessen der Kinder, sondern es geht darum, dass Sie weiterhin Munition haben wollen, um gegen uns Politik zu machen.

(Olaf Lies [SPD]: Sie liefern uns schon genug!)

Das ist unredlich, meine Damen und Herren. Inhaltlich haben Sie nämlich nichts zu bieten; das ist die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU)

In der Diskussion geht es Ihnen nur darum - das ist vorhin in Ihrem Beitrag deutlich geworden -, dass Sie die IGS als Regelschule etablieren wollen. Wir aber wollen das nicht, und weil wir die politische Mehrheit haben, wird das auch nicht umgesetzt. Sie wollen die IGS als Regelschule installieren, ohne sie weiterzuentwickeln, ohne zu überprüfen, ob sie überhaupt zukunftsfähig ist, meine Damen und Herren. Sie sind gerade dabei, eine historische Chance in der niedersächsischen Schulpolitik zu verspielen, weil Sie alles in Bausch und Bogen kaputtreden und ablehnen. Das finde ich wirklich schade.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, eine verantwortliche Politik muss anders reagieren. Schulpolitik muss

immer am Puls der Zeit orientiert sein und darf vor allem nicht die 70er-Jahre konservieren.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber 1900! - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Die Oberschule - das sind die 60er!)

Das rechtfertigt die Fortentwicklung unseres Schulkonzeptes. Das rechtfertigt die Einführung der Oberschule als Ganztagsschule. Das rechtfertigt die Oberschule mit dem Einsatz von sozialpädagogischen Fachkräften, mit kleineren Klassen, mit mehr Durchlässigkeit und mit einer guten Mischung aus der Vermittlung von sozialen Kompetenzen einerseits und - orientiert an individueller Förderung - aus der Förderung einer großen Leistungsbereitschaft andererseits.

Auf dieser Basis, meine Damen und Herren, suchen wir den ehrlichen Konsens! Wir haben noch bis Anfang Dezember Zeit, ihn zu finden.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile Frau Kollegin Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Althusmann, auf Ihre erste Regierungserklärung zur Schulpolitik war ich wirklich gespannt.

(Reinhold Coenen [CDU]: Die war gut! - Ulf Thiele [CDU]: Hervorragend!)

Jetzt - das muss ich ehrlich sagen - bin ich wirklich ein bisschen enttäuscht:

(Widerspruch bei der CDU - Reinhold Coenen [CDU]: Sie war hervorra- gend!)

nichts wirklich Neues, stattdessen viele schön zusammengetragene Zahlen, wie wir das schon von Ihren Vorgängern gewohnt sind.

(Editha Lorberg [CDU]: Das ist gar nicht wahr! Sie haben nicht zugehört!)

Auch Sie beten herunter, die Schulstrukturdebatte müsse endlich ein Ende haben. Dabei besteht der wesentliche Beitrag, seit Sie mit Schwarz-Gelb seit 2003 die Schulpolitik hier gestalten, darin, dass Sie Schulstrukturdebatten führen und in Abwehrkämp

fen versuchen, veraltete Strukturen zu zementieren. Das war Ihr wesentlicher Beitrag. Und ausgerechnet Sie wollen die Schulstrukturdebatte beenden!

Auch mit Ihrer neuen Oberschule - wieder ein Strukturmodell - versuchen Sie doch nur, die gegliederte Schulstruktur zu retten, obwohl da nicht mehr so viel zu retten ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und warum das Ganze? - Nur damit Sie die Privilegien Ihres Gymnasialklientels verteidigen und die von vielen Eltern gewünschte Integrierte Gesamtschule verhindern. Und damit wollen Sie in Niedersachsen die Weichen in der Schulpolitik richtig stellen?

Meine Damen und Herren, was Gleisanlagen, Schienen und Bahnhöfe betrifft, hat Schwarz-Gelb gerade bewiesen, dass Sie nicht das gerade das glücklichste Händchen besitzen. Ich denke nur an Stuttgart oder den Castortransport ins Wendland.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Was hat das denn mit Schule zu tun?)

Und mit diesen schulpolitischen Weichenstellungen wollen Sie jetzt auf den richtigen Weg? Ich glaube, damit leiten Sie den Zug der Schulpolitik bestenfalls auf eine Ausweichstrecke.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Den Anschluss an die Wünsche der Eltern in Niedersachsen finden Sie damit nicht.

(Jens Nacke [CDU]: Das sind Worte, die treiben einem die Tränen in die Augen!)

Aber offenbar hat es bei Ihnen schon großen Mut erfordert, überhaupt Denkblockaden aufzugeben. Herr Klare hat das gerade eindrucksvoll belegt. Wir sollten das nun einmal zur Kenntnis nehmen, meint er. Wir machen das, Herr Klare. Aber Ihre Probleme in der Koalition und in Ihrer Fraktion, wohin es schulpolitisch gehen soll, sind nicht unsere Probleme. Wir haben das beste Interesse der Kinder in Niedersachsen im Auge und nicht Ihre Fraktionsdisziplin.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Angebot mit den Oberschulen hat Sie offenbar schon viel Kraft gekostet. Aber der große Wurf, Herr Althusmann, als den Sie das Ganze

darstellen wollen, ist das noch lange nicht. Für einen Schulfrieden, für einen Konsens, der möglicherweise über einen nächsten Wahltermin hinaus Bestand haben könnte, reicht das nicht. Da müssen Sie noch erheblich nachbessern.