Von sozialer Gerechtigkeit will diese Regierung und will Frau von der Leyen nichts, aber auch gar nichts wissen. Wir Linke verurteilen diese antisoziale Haltung dieser Bundesregierung.
Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, was machen die? - Sie stehen bei der Regierung und assistieren ihrer Regierung dabei in unendlicher - ich mag es mal so sagen - Vasallentreue.
Diesen Einstieg vorausgeschickt, möchte ich sagen, dass sich nicht anders erklären und begreifen lässt, warum Regierende erstens bewusst bei der Neuberechnung der Regelsätze die Grundlagen fälschen, indem man methodisch die Referenzgruppe bei den unteren 15 % und nicht wie bisher bei den unteren 20 % ansetzt, um spürbare Steigerungen der Sätze zu verhindern, zweitens eine Abkopplung der Leistungsempfänger von der Mehrheitsbevölkerung vornimmt und in diesem Zusammenhang von einem Lohnabstandsgebot faselt und nicht sagt, dass ihnen anscheinend Stundenlöhne von 5 Euro und weniger ausreichend zu sein scheinen, damit man auf diese Weise die von mir schon angesprochene Neiddebatte gerade bei den
Drittens. Integrationsleistungen und das Integrationsbudget werden gekürzt und damit sogenannte Integrationshemmnisse noch weniger als bisher beseitigt.
Viertens. Mit der Einführung von Sachleistungen werden arme Kinder stigmatisiert und wird deren Eltern pauschal die Fähigkeit abgesprochen, mit Geldleistungen verantwortungsvoll umzugehen.
Fünftens. Für die Öffentlichkeit werden schön klingende Leistungen wie das warme Mittagessen für alle Kindler und Jugendliche versprochen, und dabei wird völlig außer Acht gelassen, wie das logistisch überhaupt gemeistert werden soll. Das wird sicherlich wieder den Kommunen aufgebürdet werden. Ich hoffe, dass Sie da auch einige harte Diskussionen in Ihren Wahlkreisen haben werden.
Sechstens. Erwachsenen Menschen mit Behinderung - das ist besonders perfide -, die in die Regelsatzbedarfsstufe 3 einsortiert werden - so möchte ich es jetzt mal ausdrücken - und die keinen eigenen Haushalt führen können, weil bei ihnen z. B. der Assistenzbedarf sehr hoch ist und sie bei ihren Angehörigen, z. B. bei ihren Eltern, leben müssen, werden 68 Euro pro Monat abgezogen. Das nehmen Sie denen weg. Vielleicht denken Sie, dass diese behinderten Menschen mit den 68 Euro mehr in Saus und Braus leben könnten. Man sieht, wie weit entfernt und weg Sie von diesen Menschen sind.
Siebtens. Ich frage mich: Werden bei der Regierung keine Überlegungen angestellt, wie die nach ihrer Logik erforderlichen umfangreichen Kontrollen der sachgemäßen Verwendung der Regelsätze und der Sachleistungen personell umgesetzt werden sollen? - Auch dazu gibt es keine Antwort. Sie diskriminieren nicht nur die Millionen von Leistungsbeziehern. Nein, Sie wollen auch noch die Mehrarbeit auf dem Rücken der Beschäftigten der Verwaltungen abladen. Die Qualität der Arbeit und die Arbeitsverdichtung sind Ihnen doch vollkommen egal. Geben Sie es zu!
Schon jetzt wird laut einem Bericht auf Spiegel online vom 8. Oktober 2010 in einigen Arbeitsagenturen damit begonnen, neue Bescheide an
die Betroffenen herauszuschicken, die die Kürzung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger zum Inhalt haben, und das ohne gesetzliche Grundlage. Das muss man sich einmal vorstellen! Der Verwaltungsaufwand solle niedrig gehalten werden. Man habe keine Zeit für die Umstellung und fange daher jetzt schon mit dem Versenden dieser Bescheide an. Und was macht Frau von der Leyen? - Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung unterstützt sie dieses Vorgehen. Das übliche Argument ist, man müsse ja zum 1. Januar des nächsten Jahres gut aufgestellt sein. Dass das aber ein doppelter Rechtsbruch ist, das sagen Sie nicht. Sie enthalten den betroffenen Menschen schon jetzt Gelder vor. Das ist perfide.
Noch haben wir in Niedersachsen aber die Chance, in der Öffentlichkeit und im Bundesrat gegen diese verfehlte Politik vorzugehen und den Sozialabbauern im Bund in den Arm zu fallen. Haben Sie endlich einmal die Courage dazu, und lösen Sie sich aus Ihrer Vasallentreue!
Wir brauchen ein transparentes Verfahren für eine vollständige Neuberechnung der Regelsätze. Dazu brauchen wir auch eine unabhängige Expertenkommission. Diese Expertinnen und Experten lassen sich trefflich in den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden finden, in den Gewerkschaften, in den Kirchen und in den Erwerbslosenverbänden. Bis dahin brauchen wir für die Übergangszeit - das fordern wir erneut, wie auch in den anderen Anträgen, in denen wir uns damit beschäftigt haben, auch hier im Landtag - einen Mindestsatz von 500 Euro und einen eigenständigen Kinderregelsatz, bis eine existenzsichernde Kindergrundsicherung eingeführt wird, wie es etwa der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert. Das entsprechende Konzept liegt vor und müsste auch Ihnen bekannt sein.
Es gilt jetzt, im Bundesrat gegen diese Pläne der Bundesregierung zu stimmen und gegebenenfalls auch vor dem Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage anhängig zu machen. Das kann man von Niedersachsen wohl erwarten.
Die gesellschaftliche Debatte hierum zeigt, dass dieser Schnellschuss der Bundesregierung nicht mitgemacht werden darf, wenn wir tatsächlich den Anspruch ernst nehmen, verantwortlich mit unseren Bürgerinnen und Bürgern umzugehen und das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu respektieren. Wir sehen uns an der Seite der Fachverbände, der Wohlfahrtsverbände, der Gewerkschaften und vor allem gerade der Menschen, die Transferleistungen vom Staat beziehen müssen. Vergessen Sie das nicht: Es geht immer darum, die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben zu gewährleisten. Das ist der zentrale Punkt. Wir wollen diese Teilhaberechte gerade auch einkommensschwacher Menschen.
Letzter Satz: Leider fehlt mir der Glaube, dass Sie heute noch einlenken. Aber die Menschen werden nicht so dumm sein. Sie werden sich diese Sache mit Sicherheit merken und Ihnen bei den nächsten Wahlen die Quittung für Ihre antisoziale Politik geben.
Zur Beratung zu den beiden Tagesordnungspunkten hat sich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ausgesprochen und dies aus der Unantastbarkeit der Menschenwürde und dem Sozialstaatsgebot abgeleitet. Dies wurde mit dem, was Frau von der Leyen vorgelegt hat, nicht umgesetzt. Zwar glühten in ihrem Ministerium die Rechenschieber, aber doch nur um die Vorgaben des Finanzministers umzusetzen. Zwar hat sie die Kriterien offengelegt, aber in denen ist viel Willkür enthalten.
Das fängt bei der nach unten abgesenkten, kleineren Vergleichsgruppe an und hört bei den sozialpaternalistischen Vorgaben für Alkohol und Zigaretten beileibe noch nicht auf. Es gibt erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an diesem statisti
schen Geniestreich. Der Paritätische hat demgegenüber einen Nachholbedarf von etwa 50 Euro errechnet.
Herr Humke-Focks, an dieser Stelle haben wir wie immer ein Problem mit Ihrem Antrag. Auch die von Ihnen geforderten 500 Euro sind ja schlicht gesetzt. In Ihrem Antrag steht aber ansonsten viel Gutes - genau wie in unserem. Wir werden uns also bei der Abstimmung über Ihren Antrag enthalten.
Die Rechnung der Bundesregierung spiegelt die politische Großwetterlage und auch die Kassenlage bei Herrn Schäuble wider - und natürlich auch die sozialpolitischen Tabus der schwarz-gelben Koalition. Ich nenne hier nur das Stichwort „gesetzlicher Mindestlohn“. Hätten wir einen solchen, wäre das Thema „Lohnabstandsgebot“ gelöst. Aber diesen Schritt scheuen Sie bekanntlich wie der Teufel das Weihwasser. Die Menschen aber wollen gute Arbeit. Darum sind sie am Samstag in Hannover auf der Straße gewesen. Es gibt bei uns zu viel schlechte Arbeit, d. h. zu viel Leiharbeit, zu viele Dumping- und Hungerlöhne.
Meine Damen und Herren, auch Sie wissen doch, dass es inzwischen Normalität ist, dass Arbeitgeber beim Einstellungsgespräch die Bewerber darauf hinweisen, dass sie sich einen Teil des Lohns vom Amt holen können. Wie können Sie eigentlich diese Ausbeutung unseres Sozialstaats dulden? Ich begreife das einfach nicht.
Damit man diese Dumpinglöhne behalten kann, müssen die Transfers mit aller staatlichen Gewalt und aller statistischen Gewalt nach unten gedrückt werden. Sie hetzen in der Konsequenz die Hungerlöhner gegen die Transferempfänger auf. Das ist ein schändliches Vorgehen.
Meine Damen und Herren, wer bei der Berechnung dieser Regelsätze die Worte „Objektivität“ und „Wissenschaftlichkeit“ in den Mund nimmt, der scheut sich eigentlich auch nicht davor, die Erde eine Scheibe zu nennen, solange es ins eigene Konzept passt. Die von Frau von der Leyen beschworene Transparenz heißt letztlich nur, dass
Weniger bekannt ist, dass Frau von der Leyen sich noch weitere Nadelstiche gegen Transferempfänger ausgedacht hat. Herr Humke-Focks hat einiges aufgezählt. Ich möchte noch ergänzen, dass die steuerfreien Pauschalen fürs Ehrenamt bei den Arbeitslosen unter den Ehrenamtlichen in Zukunft als Einkommen angerechnet werden sollen.
Da verleiht man an der einen Stelle Preise, und an der anderen Stelle macht man Gesetze, die die Leute fürs Ehrenamt quasi bestrafen.
Meine Damen und Herren, das Urteil hat Chancen eröffnet. Sie haben sie nicht genutzt. Mindestlohn? - Fehlanzeige! Unabhängige Kommission zur Berechnung der Bedarfe? - Fehlanzeige! Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur? - Pustekuchen! Das Problem wird den klammen Kommunen vor die Füße gekippt, die überhaupt nicht die Infrastruktur haben, um die Versprechungen der Bundesregierung einhalten zu können.
Es bleibt dabei: Die Würde des Menschen wird bei Ihnen im Hinterzimmer ausgekungelt, und sie gilt nicht für jeden gleich.