Protokoll der Sitzung vom 12.11.2010

- Ich höre ein Ja.

Gibt es Gegenstimmen zu dem Vorschlag, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz zu überweisen? - Das ist nicht der Fall. Wir verfahren so. Mitberatend wird der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung tätig. - Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Damit haben Sie so beschlossen.

Ich rufe den für diese Sitzungswoche letzten Tagesordnungspunkt auf, und zwar den Tagesordnungspunkt 7:

Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/2705 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/3001 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/3025

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung ist leider nicht vorgesehen, sodass wir gleich die Beratung eröff

nen können. Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Meyer zu Strohen zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen überträgt ab dem 1. Januar 2011 das erfolgreich abgeschlossene Modellprojekt ProReKo auf alle berufsbildenden Schulen und entwickelt diese damit zu eigenverantwortlichen und dienstleistungsorientierten Kompetenzzentren ihrer Region.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das sucht seinesgleichen. Kein anderes Bundesland schafft seinen berufsbildenden Schulen in einem solchen Maß Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Wir geben damit der beruflichen Bildung eine völlig neue Dimension.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit der Novellierung des Niedersächsischen Schulgesetzes werden die Herzstücke der positiven Ergebnisse aus dem ProReKo-Modellversuch auf alle 134 berufsbildenden Schulen übertragen. Damit setzen wir alle Aspekte aus unserer mit großer Mehrheit getragenen Landtagsentschließung vom 18. Februar 2010 konsequent um,

(Beifall bei der CDU)

die einer Änderung des Schulgesetzes bedürfen. An dieser Stelle möchte ich mich schon einmal herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit vor allem bei den Beratungen in der letzten Sitzung des Kultusausschusses bedanken.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Vor dem Hintergrund, dass fast 80 % der jungen Menschen eines Jahrgangs eine berufsbildende Schule durchlaufen, liegt es auf der Hand, dass die Schulformen des berufsbildenden Schulwesens eine ganz zentrale strategische Bedeutung für die Qualifizierung unserer zukünftigen Fachkräfte besitzen. Auch ein erheblicher Anteil unserer Hochschulabsolventen - es sind, glaube ich, ca. 40 % - erlangt die Studienberechtigung im Bereich der beruflichen Bildung. Eine Umbenennung der Fachgymnasien in „Berufliche Gymnasien“ liegt damit auf der Hand. So wird deutlicher, dass an dieser Schulform die allgemeine Hochschulreife vergeben wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun kurz die wesentlichen Änderungen des Niedersächsischen Schulgesetzes vorstellen.

Die erste wichtige Veränderung, die wir aus der ProReKo-Projektphase umsetzen werden, betrifft wesentliche Elemente der Schulverfassung. Wir werden diese an die Besonderheiten im Lehrbetrieb einer berufsbildenden Schule anpassen und darauf abstimmen. Im Einzelnen bedeutet das: Die Zusammensetzung des Schulvorstandes erfährt eine wesentliche Veränderung, indem auch dritte an der beruflichen Bildung Beteiligte neben Eltern, Schülern und Schulvertretern Sitz und Stimme in diesem Gremium erhalten werden. Dies ist besonders bemerkenswert, weil damit erstmalig Externe, insbesondere Vertreterinnen und Vertreter von Kammern und der ausbildenden Wirtschaft, institutionell in ein schulisches Entscheidungsgremium eingebunden werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ergänzend wird dazu künftig die Verpflichtung zur Einrichtung eines Beirates als Beratungsorgan eingeführt.

Eine weitere wichtige Änderung ist die rechtliche Verankerung der Bildungsgangs- und -fachgruppen. Diese beiden Gruppen lösen dann die bisherigen Fachkonferenzen ab. Wir stärken auf diesem Weg die Kooperation der Lehrkräfte und betonen ihre Verantwortung für die Qualität des Unterrichts.

Das alles sind Änderungen, die die Entscheidungs- und Verantwortungsebenen in den Schulen neu strukturieren. Das wesentliche Element ist dabei die künftige Zusammensetzung dieser Gremien. Zugleich gilt der Grundsatz, dass Entscheidungen in der Schule dort gefällt werden, wo auch die Arbeitsprozesse anfallen.

(Beifall bei der CDU)

Das Resultat dieser Änderungen des Schulgesetzes sind klare, schlanke und moderne Organisationsstrukturen, die damit eine klare Entscheidungs-, Verantwortungs- und Kooperationsstruktur definieren. Durch die Einbindung weiterer an der beruflichen Bildung Beteiligter in die Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse der Schule wird die erforderliche Abstimmung und Kooperation mit den Ausbildungsbetrieben der Wirtschaft intensiviert. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und seiner Auswirkungen auf die Entwicklung der Schülerzahlen und damit auch auf die Bildungsgänge an berufsbildenden Schulen kommt gerade dieser Änderung eine herausragende Bedeutung zu.

Außerdem werden wir mit der Novellierung des Schulgesetzes den berufsbildenden Schulen er

weiterte Möglichkeiten der Kooperation und Beteiligung an Bildungsangeboten Dritter auf dem Gebiet der Fortbildung geben. Aber wir legen großen Wert darauf, dass dies immer im Konsens mit den Vertretern der ausbildenden Wirtschaft geschieht. Dazu wird ein entsprechender Erlass erarbeitet werden.

Zweitens schaffen wir mit dieser Novellierung des Schulgesetzes die Rechtsgrundlage zur Beschäftigung von Verwaltungspersonal an den berufsbildenden Schulen und dessen Finanzierung aus Landesmitteln.

Wir können stolz darauf sein, dass es uns gelungen ist, den berufsbildenden Schulen in dieser Frage rechtliche Sicherheit zu geben. Die Unterstützung durch Verwaltungspersonal ist von den Schulen immer zu Recht als wichtig und notwendig betrachtet worden. Es wird also zukünftig zusätzliches administratives Personal für Personal- und Finanzbewirtschaftungsaufgaben zur Verfügung stehen, und die Bezahlung dieser Bediensteten erfolgt aus Landesmitteln.

Meine Damen und Herren, die dritte bedeutsame Änderung, die wir in diese Gesetzesnovelle einbringen, ist das gemeinsame Budget aus Landes- und Schulträgermitteln. Die Ergebnisse des Schulversuchs ProReKo haben uns gezeigt, dass ein solches Budget den finanziellen Handlungs- und Planungsspielraum der Schulen erheblich vergrößert und die Selbstverantwortung der Schulen stärkt sowie den aktuellen Erfordernissen einer modernen und flexiblen Haushaltsführung und Bewirtschaftung entspricht, die wir aus anderen Bereichen, z. B. von den Hochschulen und Krankenhäusern, kennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit dem neu eingebrachten § 112 a eröffnen wir den berufsbildenden Schulen diese wichtige Option. Wir hoffen und gehen davon aus, dass möglichst viele Schulträger ihre Mittel in ein gemeinsames Budget einbringen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus Zeitgründen kann ich nicht explizit auf alle Änderungen eingehen. Es gilt jetzt das ProReKo-Erfolgsmodell und insgesamt die positiven Erfahrungen daraus auf die übrigen 115 berufsbildenden Schulen in Niedersachsen zu übertragen. Mit der Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes schaffen wir die Rahmenbedingungen für eine moderne und innovative Berufsausbildung an den berufsbildenden

Schulen und sichern damit deren Attraktivität für unsere Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte gerne an dieser Stelle noch eines sagen - ich denke, das sollte auch gesagt werden -: Wie ein breiter, bunter - in diesem Fall - Faden hat sich der Konsens der Fraktionen durch das gesamte Modellvorhaben ProReKo gezogen -

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Nicht aller! Nicht aller!)

- nein, fast aller -

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Der Vernünf- tigen!)

von den Anfängen bis heute. Da waren die Linken noch nicht im Landtag. Ich sage einmal: So etwas ist motivierend. Darüber habe ich mich außerordentlich gefreut. Ich hoffe auch, dass wir bei den großen Themen, die noch anstehen werden, wie Inklusion, eventuell auch einen Konsens erzielen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Korter zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum 1. Januar 2011 sollen alle berufsbildenden Schulen in Niedersachsen regionale Kompetenzzentren werden. Deshalb beschließen wir heute über den Gesetzentwurf von CDU und FDP, der nicht zuletzt aufgrund unserer Vorschläge eine Reihe von Veränderungen durchgemacht hat. Wir Grünen haben den Weg in mehr Autonomie der Schulen, insbesondere der berufsbildenden Schulen, schon lange vorangetrieben, wenn er mit mehr Qualität, demokratischer Teilhabe und zugleich mit mehr Verantwortung einhergeht.

Gegenüber dem Gesetzentwurf von CDU und FDP war es uns deshalb wichtig, dass die demokratische Beteiligung im Schulvorstand verbessert wird, dass es einen verpflichtenden Beirat gibt, in dem die außerschulischen Partner verlässlich mitarbei

ten, dass aber der Einfluss der ausbildenden Wirtschaft im Schulvorstand nicht zu groß wird.

Der verpflichtende Beirat ist im Gesetz. Die demokratische Beteiligung von Schülervertretungen und Elternvertretungen im Schulvorstand wurde auf zusammen ein Drittel verbessert. Ob das ausreicht, wird die Praxis zeigen.

Die Mitwirkung der an Ausbildung beteiligten Einrichtungen im Schulvorstand ist jetzt mit einem Sechstel vorgesehen, nicht mehr mit 25 % wie vorher. Während wir dies für die allgemeinbildenden Schulen ablehnen, kann man mit diesem Kompromiss in den berufsbildenden Schulen erst einmal arbeiten und beobachten, wie er sich bewährt.

(Zustimmung bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Sehr gut!)

Denn eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss man ja bedenken: Berufsbildende Schulen sind nur ein Teil der beruflichen Bildung, vor allem im dualen System. Zu dem anderen Teil gehören auch immer die ausbildenden Einrichtungen, die ausbildende Wirtschaft, die auch so stärker in Verantwortung genommen werden kann.

Wir haben mit unserem Änderungsvorschlag zudem gefordert, dass das Land die Personalkosten für Verwaltungsleitungen und Assistenzen an den berufsbildenden Schulen übernimmt und dass die Schulen und niemand sonst das gemeinsame Budget aus Landes- und Schulträgermitteln bewirtschaften und daraus ihre Verwaltungsleitungen einstellen oder das entsprechende Know-how einkaufen können.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Formulierung, dass das gemeinsame Budget von den Schulen bewirtschaftet wird, explizit im Gesetz steht, wie auch vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlen. Ich denke, wenn das hier noch einmal deutlich erklärt wird, dann können sich die Schulen auch wirklich darauf verlassen.

Zwei Punkte sind aus meiner Sicht noch nicht zufriedenstellend. Erstens. Ich sehe keinen Grund, warum die kollegiale Schulleitung für berufsbildende Schulen abgeschafft und aus dem Gesetz gestrichen werden soll.