Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. - Wir beginnen jetzt die Haushaltsberatungen für das Jahr 2011. Ich eröffne die

Allgemeinpolitische Debatte (über Regierungs- und Haushaltspolitik)

Als Erstem erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion, dem Kollegen Schostok, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Lob an die Beschäftigten der Landtagsverwaltung und natürlich des Ministeriums schließen wir uns sehr gerne an.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Kein Lob erwartet sicherlich die Landesregierung. Sie betreibt nämlich keine verantwortliche Haushaltspolitik.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! - Heinz Rolfes [CDU]: Wart ihr eigentlich schon mit der Beratung fertig?)

Sie sind Hasardeure, die die Zukunft des Landes nicht im Blick haben. Sie sind nur darauf bedacht, dass Ihr Märchen von einer guten Haushaltsentwicklung nicht enttarnt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ihr Konzept besteht lediglich aus einem atemlosen und planlosen Nachvollziehen der Steuereinnahmekurve. Steigt sie, werden einige Wohltaten gestreut. Sinkt sie, wird von Ihnen Konsolidierung vorgegaukelt - und dann ganz hektisch nach Deckungsvorschlägen gesucht.

(Beifall bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Was ist denn mit mei- nem Änderungsantrag?)

Sie machen Deckungsvorschläge, die teilweise so kurzatmig sind, dass selbst das Kabinett nicht an ihre Realisierung glaubt. Sie haben im Sommer ein 1,89 Milliarden Euro großes Defizit mit Einsparungen von nur 345 Millionen Euro ausgleichen wollen. Sie haben die künftigen Tarifsteigerungen mit 1 % angesetzt. Das ist gut für den Haushaltsplan, aber für die Realität überhaupt nicht haltbar.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben das Fiskusprivileg, das noch nicht einmal in Berlin beschlossen war und auch nicht beschlossen wurde, mit 50 Millionen Euro angesetzt. Bei den Linken würden Sie das selbst als blanken Illusionismus geißeln, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Das steht jetzt doch gar nicht drin! Immer die neueste Version le- sen! - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

- Wir müssen nicht über Ihren Antrag reden. Wir reden über den Haushaltsplan.

(Björn Thümler [CDU]: Ja, da steht es doch so!)

Sie bauen Ihren Schuldendienst auf die aktuell niedrigen Zinssätze auf. Jeder einigermaßen verantwortungsbewusste Hausbauer würde dafür nur

ein mildes Lächeln von seinem Schuldenberater ernten. Jeder weiß doch, wie schnell die Zinsen steigen.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Die Zinsen sinken gerade!)

Sie verschleudern das Vermögen des Landes durch Ihre Vermögensverkäufe. Seit 2003 - darauf muss man wirklich einmal hinweisen - sind schon Werte von über 3 Milliarden Euro verschleudert worden.

(Beifall bei der SPD - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Und bis dahin?)

In Ihrem Haushalt sind Vermögensveräußerungen in Höhe von 380 Millionen Euro enthalten. Zum einen ist das wiederum aufs Neue eine Veräußerung von 280 Millionen Euro Stammkapital der NORD/LB an die HanBG. Diese Buchung gleicht schon seit Jahren den Haushalt aus und wird immer und immer wieder verschoben. Es ist mittlerweile zweifelhaft, ob die HanBG überhaupt in der Lage ist, dieses Geschäft zu schultern.

Zum anderen stehen noch weitere 100 Millionen Euro aus Vermögensveräußerungen im Etat. Dieser Titel ist als Verkauf von Aktien oder Geschäftsanteilen bezeichnet. Es muss sich also um den Verkauf von Beteiligungen handeln. Dahinter verbirgt sich wahrscheinlich der Verkauf von öffentlichen Versicherungen.

Zu Ihrem Glück müssen sich diese Deckungsvorschläge nicht bewähren. Die Steuermehreinnahmen in Höhe von 645 Millionen Euro haben Sie wieder einmal gerettet. Dieses Glück hat aber unser Land nicht, meine Damen und Herren. Es muss mit einer Regierung leben, die im Haushalt wie im eigenen Hinterhof herumwirtschaftet. Verlässlichkeit ist etwas anderes.

(Beifall bei der SPD)

Bei Ihnen kann man sich aber nur darauf verlassen, dass gekürzt wird, dass Nebel geworfen wird und dass an der falschen Stelle gespart wird, meine Damen und Herren. Auf eine seriöse Finanzpolitik kann man sich bei Ihnen wirklich nicht mehr verlassen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wenn man sich bei Ihnen auf etwas verlassen kann, dann darauf, dass überall dort ernsthaft gekürzt wird, wo die Zukunft unseres Landes auf dem Spiel steht: bei der Bildung, bei den Innovationen und im Sozialbereich.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN - Lachen bei der CDU)

Ich werde darauf noch zurückkommen, meine Damen und Herren.

Man kann sich bei Ihnen auch darauf verlassen, dass Ihnen immer wieder neue Tricks einfallen, dass etwa Überschüsse, z. B. die Steuermehreinnahmen des Jahres 2010, so gelenkt werden, dass Sie rechtzeitig vor Wahlen eine Kriegskasse haben,.

(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Genau so ist das!)

Ihr Prüfstein ist nicht das Landeswohl, sondern Ihr Prüfstein ist das Parteienwohl.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Bei Herrn Möllring kann man sich auch darauf verlassen, dass er einen richtig großen Hang zur Missachtung von Regeln und Prinzipien hat.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Was? - Björn Thümler [CDU]: Der Mann ist Jurist!)

Ich meine z. B. die Überschreitung der sogenannten Regelgrenze nach Artikel 71 der Niedersächsischen Verfassung. Mit immer neuen Jubelmeldungen feiern Sie Ihrerseits den Wirtschaftsaufschwung. Gleichzeitig berufen Sie sich immer noch auf die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes. Ich will das belegen: Die Nettokreditaufnahme 2010 beträgt 1,95 Milliarden Euro, während die selbstfinanzierten Investitionen Ihres Haushaltsplanentwurfes lediglich 994 Millionen Euro betragen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das Entscheidende ist: In der mittelfristigen Finanzplanung sollen auch die Haushalte 2012 bis 2014 diese Regelgrenze wieder überschreiten. Herr Minister, dies ist ein eklatanter und wiederholter Verfassungsbruch!

(Starker Beifall bei der SPD)

Es ist unverantwortlich, dass die Steuermehreinnahmen von 1,56 Milliarden Euro in 2010 und in 2011 faktisch zu keinerlei Ausweitung der Investitionstätigkeit in Niedersachsen oder zur Rückführung der Nettokreditaufnahme geführt haben. Ihre Haushalte bleiben verfassungswidrig, Ihre Nettoin

vestitionsquote bleibt bei lediglich 6,16 %, meine Damen und Herren.

Deutschland boomt und Niedersachsen fährt weiter einen Notstandshaushalt!

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Ich frage mich, wie lange wollen Sie, Herr Minister, hier im Parlament noch den besseren Financer vorgaukeln?

Meine Damen und Herren, ich meine mit Ihrer Prinzipienverletzung auch die Verlegung der Hannoverschen Beteiligungsgesellschaft.

(Johanne Modder [SPD]: Ja, darüber sollte mal gesprochen werden!)

Die HanBG wird nach Groß Berßen in der Samtgemeinde Sörgel verlegt.

(Zurufe von der CDU: Sögel! - Bern- hard Busemann [CDU]: Das ist in Niedersachsen, Herr Kollege!)

Der einzige Grund ist: Sie wollen kommunale Steuern sparen. - Die Steuerersparnis der HanBG verringert natürlich direkt die Steuereinnahmen der Landeshauptstadt Hannover. Der finanzielle Schaden aber wird alle Städte, Gemeinden und Landkreise treffen, meine Damen und Herren.