Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Meine Damen und Herren, wir haben ausführliche Änderungsvorschläge vorgelegt, nachzulesen in unserer Haushaltsbroschüre. Auch die Gegenfinanzierung können Sie diesem Heft entnehmen.

Als Wolfenbütteler möchte ich in diesem Jahr mit einem Zitat von Gotthold Ephraim Lessing schließen, der einmal schrieb, dass der Endzweck der Wissenschaft die Wahrheit und der Endzweck der Künste das Vergnügen sei. Meine Damen und Herren, der Endzweck der Wissenschafts- und Kulturpolitik von CDU und FDP ist der Rotstift.

Sie wollten mit dem Zitat schließen!

Das ist die Wahrheit, und mit Vergnügen hat Ihre Politik schon lange nichts mehr zu tun.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN - Der Abgeordnete trinkt einen Schluck Wasser - Björn Försterling [FDP]: Jetzt trinkt er nach der Rede auch noch Wasser!)

Herr Kollege Försterling, der Schluck Wasser sei ihm zum Schluss doch noch gegönnt.

Jetzt erteile ich Herrn Professor Zielke das Wort zu einer Kurzintervention auf die Rede von Herrn Perli. Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Perli, Sie haben einen Zusammenhang zwischen der Zahlung von Studiengebühren in Niedersachsen und der Tatsache hergestellt, dass so viele niedersächsische Studierende nebenbei arbeiten - angeblich müssen -, nämlich 62 %. Dazu möchte ich klarstellen, dass in Ländern, in denen keine Gebühren erhoben werden, teilweise und im Schnitt weit mehr als 62 % der Studierenden arbeiten. Also kann das nicht wirklich als Indiz herhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte einen zweiten Punkt anführen. Es gibt Länder, in denen es tatsächlich keine Studiengebühren gibt oder gab, beispielsweise Bremen. In Bremen ist der Anteil der Studierenden aus armen Schichten der geringste in ganz Deutschland, weit geringer als in Niedersachsen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Perli hat offensichtlich die Absicht zu antworten. Auch Sie erhalten dafür 90 Sekunden. Bitte schön!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: In Potsdam kann man nur studieren, wenn man dorthin mit dem Erste-Klasse-Ticket fährt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Zielke, vielen Dank für Ihre Anmerkungen. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie sich irren. Sie

können in der Sozialerhebung des Studentenwerkes nachlesen, wie die Fakten sind.

Ich muss Ihnen sagen: Ich habe Zwischenrufe gehört, dass Erwerbsarbeit neben dem Studium doch gut sei.

(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Das habe ich nicht gesagt!)

Dann irren sich einige aber ganz schön, was die Leistungsforderungen angeht. Das Bachelorstudium setzt bereits ein Zeitkontingent von 40 Stunden pro Woche voraus. Dafür geben Sie den jungen Leuten keine Zeit. Dann bestrafen Sie sie auch noch mit Langzeitstudiengebühren.

(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Die haben wir nicht eingeführt!)

Das passt doch vorne und hinten nicht mehr!

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Zielke, Sie haben in der Tat recht, dass in manchen anderen Bundesländern noch mehr junge Menschen arbeiten müssen. Das hängt aber damit zusammen, dass hier in Niedersachsen diejenigen, die sich ein Studium nicht leisten können, kein Studium mehr aufnehmen, wodurch die Statistiken natürlich verändert werden.

(Ah! und Oh! bei der CDU)

Zum Thema Bremen: Sie haben ein großes Bundesland mit einem großen ländlichen Raum wie Niedersachsen mit einem Stadtstaat wie Bremen verglichen. Ihnen als Mathematiker sollte bekannt sein, dass Statistiker immer darauf hinweisen, dass man Ungleiches nicht mit Ungleichem vergleichen kann.

(Editha Lorberg [CDU]: Das sagen ge- rade Sie!)

An diesem Punkt sollten Sie sich ein Vorbild an den ostdeutschen Bundesländern, an Bremen und auch an anderen Bundesländern nehmen, die inzwischen von anderen Landesregierungen geführt werden und die Studiengebühren abgeschafft haben und es damit ermöglichen, dass auch junge Leute ohne reiche Eltern problemlos studieren können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Bremen ist aber nur für Olden- burger Ostdeutschland!)

Zu dem gesamten Komplex möchte jetzt Frau Ministerin Dr. Wanka sprechen. Ich erteile Ihnen das Wort.

(Björn Thümler [CDU]: Jetzt kommt Qualität!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe heute nicht zum ersten Mal gedacht: Sie haben wirklich Glück, dass wir in Niedersachsen Studiengebühren haben; denn ansonsten würde Ihnen in Ihren Reden das zentrale Thema fehlen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gucken wir uns einmal genauer an, was die drei Oppositionsfraktionen gemacht haben: Alle drei haben in ihren Änderungsvorschlägen vorgesehen, die Einnahmen durch Gebühren, die wir jetzt in Niedersachsen haben, nämlich 100 Millionen Euro, herauszunehmen und dafür in derselben Höhe Landesmittel einzusetzen.

(Johanne Modder [SPD]: Ja!)

Wenn man naiv ist, kann man meinen, dass das erst einmal in Ordnung ist, weil die Mittel, die jetzt noch durch die Studiengebühren eingenommen werden, künftig vom Land zur Verfügung gestellt werden. Mit diesen Mitteln wird das gemacht, was Sie alle wollen und was auch wir wollen, nämlich die Qualität der Lehre zu verbessern. Wie macht man das? - Man kann vielleicht mehr Bücher oder anderes kaufen. Aber das A und O, um die Qualität der Lehre zu verbessern, ist qualifiziertes Personal, damit man z. B. die Möglichkeit hat, große Seminargruppen zu teilen, Tutorien einzurichten, Studenten in der Studieneingangsphase zu unterstützen, sich mit zusätzlichem Personal besonders um diejenigen zu kümmern, die durch die offene Hochschule kommen, und, und, und. Aber das geht nicht, meine Damen und Herren. In dem Moment, in dem Landesmittel eingesetzt werden, greift nämlich die Kapazitätsverordnung der Bundesrepublik Deutschland.

(Zuruf von Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE])

- Nicht „Na gut“, Frau Heinen-Kljajić.

Das heißt, jeder Euro an Landesmitteln, den man einsetzt, wird auf die Kapazität angerechnet. Wenn Sie also die 100 Millionen Euro dort hineingeben,

dann heißt das, dass man beispielsweise keine Seminargruppen teilen darf. Das Personal, das mehr eingestellt wird, muss dazu führen, dass mehr Studenten aufgenommen werden. Das ist also keine Verbesserung der Qualität, sondern eher nur der Quantität. Das ist die große Krux.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Studienge- bühren erhöhen!)

Das verlangen Sie von uns, das erwarten Sie, und das schlagen Sie alle vor. Ich denke, wenn man schon solch ein Thema hat, das ja das Tafelsilber Ihrer Ideologie ist,

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: So ist es! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Mir fällt noch mehr ein, aber ich habe kei- ne Redezeit mehr!)

dann muss man es wenigstens handwerklich korrekt machen und durchdenken.

Zurzeit wird ja immer NRW genannt. In NRW gab es eine große Anhörung zu dem Thema „Abschaffung der Studienbeiträge und dafür Landesmittel“. Es ist kein Zufall, dass fast alle Präsidenten das einhellig abgelehnt haben - NRW ist groß und hat viele Hochschulen -, gerade mit dem Wissen, das ich eben genannt habe. Wenn Sie sich z. B. den Qualitätsmonitor von HIS angucken, dann werden Sie feststellen, dass es darin eine eindeutige Aussage gibt: Qualitätssteigerung in den Ländern mit Studiengebühren. - Denn man kann das so machen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hier werden immer wieder Krokodilstränen über die Abbrecherquoten geweint. Sicherlich wollen wir die Abbrecherquoten in Deutschland senken. Aber das ist ein generelles Problem und hat viele Ursachen. Wenn wir einmal in den letzten Bildungsmonitor gucken, in dem alle Länder verglichen werden, und schauen, wo die Erfolgsquote der Studenten am höchsten ist - d. h. wie viele von denjenigen, die anfangen, kommen durch? -, dann stellt man fest, dass Niedersachsen mit einer Erfolgsquote von fast 80 % auf Platz zwei steht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ulf Thiele [CDU]: Hervorragend!)

Dass das so schlecht sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Aber wenn wir die Abbrecherquoten vermindern wollen, dann brauchen wir Qualität der Lehre und eine bessere Betreuung.

Ich bin zwar immer sehr über die großen Dinge erfreut, die man mir zutraut. Aber wenn man erwartet, dass ich nach kurzer Zeit die Wanderungsbewegungen der Studierenden in Niedersachsen, die seit 60 Jahren negativ sind, so schnell zu drehen vermag, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie mich total überschätzen.

(Johanne Modder [SPD]: Aber Sie könnten einen kleinen Schritt tun!)