Protokoll der Sitzung vom 21.01.2011

Eine genauere Bewertung der Zahlen setzt eine differenzierte Einzelabfrage bei den Schulen voraus, weil die Ursachen für den feststellbaren Rückgang sehr unterschiedlich und in Teilen standortbedingt sind. Dennoch lassen sich allgemein folgende Gründe für den festgestellten Sachverhalt im ersten G-8-Schuljahrgang benennen: Schülerinnen und Schüler traten nach der Einführungsphase einen einjährigen Auslandsaufenthalt an und setzten nach der Rückkehr aus dem Ausland den Schulbesuch im zweiten G-8–Schuljahrgang fort. Schülerinnen und Schüler machten nach Abschluss des 10. Schuljahrgangs von der Möglichkeit des Wechsels an ein Fachgymnasium Gebrauch, um dort die allgemeine Hochschulreife nach 13 Schuljahren zu erwerben. Schülerinnen und Schüler verließen nach dem ersten Schuljahr der Qualifikationsphase die Schule mit dem schulischen Teil der Fachhochschulreife, um nach einer beruflichen Qualifikation die allgemeine Fachhochschulreife zu erwerben. Schülerinnen und Schüler wechselten von der Schule in eine Ausbildung, weil sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt

deutlich entspannt hat. Schülerinnen und Schüler erfüllten nicht die Voraussetzungen für den Besuch des zweiten Schuljahres der Qualifikationsphase und wiederholten das erste Schuljahr. Oder: Schülerinnen und Schüler wollten ihre Schulleistungen verbessern und traten deshalb freiwillig ein Schuljahr zurück.

Rücktritte von Schülerinnen und Schülern, die in der Abiturprüfung 2010 nicht erfolgreich waren, werden statistisch dem letzten G-9-Schuljahrgang zugeordnet, und Rücktritte aus dem ersten G-8- und dem letzten G-9-Schuljahrgang erfolgten in den zweiten G-8-Schuljahrgang.

Angesichts der unterschiedlichen Gründe verbietet sich jegliche monokausale und pauschale Schlussfolgerung.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Unabhängig von den in der Vorbemerkung dargelegten Gründen ist nach den Berichten von Schulen in diesem Zusammenhang festzustellen: Je besser die Schülerbegleitung und Schülerberatung einschließlich einer gezielten Studien- und Berufswahlorientierung in den Schulen erfolgt, desto unaufgeregter stellen sich die Schülerinnen und Schüler den Herausforderungen der Abiturprüfung 2011. Deshalb hat die Landesregierung neben einer gezielten Förderung des in Rede stehenden Schülerjahrgangs die Schulen bezüglich der Studien- und Berufswahlvorbereitung besonders unterstützt und wird dies auch weiterhin tun.

(Beifall bei der CDU)

Zu 2: Die mit der Frage getroffene Annahme kann nicht bestätigt werden. Dabei stützt sich die Landesregierung auf Rückmeldungen aus den Schulen. Hinsichtlich der tatsächlich erzielten Schülerleistungen erfolgt eine verlässliche Erhebung mit der Auswertung der Abiturergebnisse 2011. Von unbelegten Einschätzungen sehen wir ab.

Zu 3: Die Annahme der Fragestellerin teilt die Landesregierung nicht. Sie wird die Rahmenbedingungen für den achtjährigen gymnasialen Bildungsweg kontinuierlich weiterentwickeln und gestalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kollege Dr. von Danwitz stellt die erste Zusatzfrage.

(Ina Korter [GRÜNE]: Schon die Ent- lastungsfrage!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Trifft es zu, dass die Schüler aus dem Bereich G 8 schlechtere Noten und schlechtere Ergebnisse haben als die Schüler aus dem Bereich G 9?

Herr Minister Dr. Althusmann!

Nein, diese Vermutung trifft nicht zu. Wir haben stichprobenartig die Ergebnisse anhand der Studienbücher kontrolliert. Es gibt hier und da in einzelnen Fächern einige Unterschiede. Aber es kann auch anhand einzelner Schulen, etwa im Raum Wolfenbüttel, nachgewiesen werden, dass z. B. im Fach Englisch ganz offensichtlich die bisherigen Leistungen der sogenannten G-8-Schüler sogar besser sind als die der G-9-Schüler.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist ja in- teressant!)

Herr Kollege Hogrefe stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass in vielen Regionen des Landes die von der Opposition beschriebenen Phänomene überhaupt nicht festzustellen sind, stellt sich doch die Frage, ob hier nicht etwas herbeigeredet wird,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

und das in einer Situation, in der G-8-Schüler zum ersten Mal vor dem Abitur stehen. Ich frage die Landesregierung, wie sie diese - offenbar gewollte - Verunsicherung der Schülerinnen und Schüler bewertet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben noch die Wörter „Polemik“ und „Ideologie“ vergessen! - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

Herr Minister, bitte!

Meine Damen und Herren, ich rate in dieser Frage wirklich zur Gelassenheit und vor allen Dingen zur notwendigen Seriosität; denn es handelt sich um Schülerinnen und Schüler, die kurz vor dem Abitur stehen. Die Abiturprüfung beginnt in den nächsten Wochen. Ich will kurz auflisten, seit wann im Prinzip die Vorbereitungen für den doppelten Abiturjahrgang laufen.

Die Termine für die Abiturprüfung 2011 - einschließlich der thematischen Schwerpunkte für das Zentralabitur - wurden sehr frühzeitig, und zwar noch vor den Sommerferien 2009, bekannt gegeben. Die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Schulen konnten sich damit langfristig darauf einstellen. Das haben sie in aller Regel auch getan.

Die schriftliche Abiturprüfung beginnt am 26. März, die mündliche am 10. Mai 2011. Jetzt, Frau Korter, also etwa zwei Monate vor Beginn der Abiturprüfungen, ziellos eine erneute Debatte über G 8 zu führen und Situationen rhetorisch zu überhöhen und von einer angeblichen Flucht der Schüler zu sprechen, halte ich im Sinne der Schülerinnen und Schüler an dieser Stelle für pädagogisch unverantwortlich.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unsere Schülerinnen und Schüler verdienen im Übrigen Ermutigung und Bestätigung und keine Verunsicherung vor dieser für sie ja wirklich wichtigen, entscheidenden Abschlussprüfung. Im Übrigen hat der Sprecher des Landesschülerrates - zu Recht, wie ich finde - genau das gefordert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Welcher Partei gehört der eigentlich an?)

Unbeschadet parteipolitisch unterschiedlicher Standpunkte zur Schulzeitverkürzung sollte spätestens zum jetzigen Zeitpunkt uns allen daran gelegen sein, dass das Doppelabitur 2011 in Niedersachsen zum Wohle der Schülerinnen und Schüler tatsächlich gelingt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Mundlos stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Wie hoch ist die Rückläuferquote an den Oberstufen der Integrierten Gesamtschulen?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Da gibt es keine Rückstufungen! Die werden vom lieben Gott persönlich zum Abitur getragen!)

Herr Minister, bitte!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wahrschein- lich null!)

- Herr Kollege Klare, die Antwort kommt durch die Landesregierung, nicht durch Sie.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich vermute nur, Herr Präsident!)

Wir haben uns in Vorbereitung auf die heutige Anfrage natürlich auch - - -

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

- Üblicherweise bereitet man sich auf eine Anfrage vor, Herr Möhrmann.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Auf Fra- gen, die Sie kennen!)

Dabei sind uns interessante Daten zur Kenntnis gekommen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir haben uns natürlich auch die Frage gestellt, ob diese angebliche Flucht aus dem Doppelabitur nur die normalen, die traditionellen Gymnasien betreffen würde.

Dann haben wir uns die Frage gestellt: Wie sieht das eigentlich bei den Integrierten Gesamtschulen aus, die ja angeblich das viel bessere Schulmodell sein sollen? - Bei denen kann ja immerhin in den nächsten Jahren das Abitur noch nach 13 Jahren absolviert werden. Daraus müsste ja geschlussfolgert werden, dass diese Schülerinnen und Schüler viel weniger Angst hätten und vor allen Dingen viel weniger flüchten würden. Dann haben wir uns die

Zahlen der Klassen 10 bis 13 angeguckt und festgestellt, dass auch in diesen betreffenden Jahrgängen die Schülerzahlen um etwa 25 % niedriger liegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Hiebing stellt die nächste Zusatzfrage.

(Unruhe)

Aber Sie sollten noch etwas warten, Herr Kollege. - Ich möchte die Fraktionen bitten, die Gespräche einzustellen. Wir haben noch eine Vielzahl von Fragen abzuhandeln. Insofern bitte ich, dem Kollegen Hiebing zuzuhören.