Die konstituierende Sitzung des Landtages ist immer etwas Besonderes, kommt ihr doch protokollarisch und parlamentarisch ein hoher Stellenwert zu. Wir können von Glück sagen, dass wir einen Alterspräsidenten mit Erfahrung haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen allen sehr herzlich für das Vertrauen, das Sie mit der Wahl zum Landtagspräsidenten mir persönlich ausgesprochen haben. Ich weiß, dass damit - aus einem von mir selbst gegebenen Anlass - ein gutes Stück Vertrauensvorschuss für meine Person verbunden ist.
Ich gestehe offen ein, dass ich ein bisschen stolz bin. Eine solche Wahl ist für mich persönlich ein ganz besonderes Ereignis. Nicht dass ich als Minister unglücklich gewesen wäre! Immerhin durfte ich in meiner bisherigen politischen Laufbahn in Niedersachsen insgesamt zehn Jahre für zwei Ministerien verantwortlich zeichnen. Aber heute von Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen, zum protokollarisch höchsten Repräsentanten Niedersachsens gewählt zu werden, stellt eine ganz besondere Ehre für mich dar.
Ich freue mich sehr auf die neuen und herausfordernden Aufgaben, die mit dem Amt eines Landtagspräsidenten verbunden sind. Diesen Verpflichtungen werde ich mich mit ganzer Kraft, überparteilich und gewissenhaft widmen.
Ich biete Ihnen allen eine vertrauensvolle, verlässliche und auch unkomplizierte Zusammenarbeit an. Ich denke, dass ich dies ebenfalls für das noch zu wählende Präsidium sagen darf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als soeben gewählter Landtagspräsident gratuliere ich Ihnen sehr herzlich zu Ihrer Wahl. Es ist für Sie ein besonderer Moment, hier nun tatsächlich im Plenarsaal als Abgeordnete oder Abgeordneter des Niedersächsischen Landtages der 17. Wahlperiode zu sitzen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich 1994 in den Landtag einzog: Nach einem langen und anstrengenden Wahlkampf war es ein besonderes Gefühl, eine Mischung aus Demut und Freude, als ich das erste Mal durch eine der Türen in den Plenarsaal ging. Dieses Gefühl ist mir bis heute geblieben. Ich denke, es geht Ihnen genauso. Ich wünsche uns allen, dass wir - auch auf Dauer - unsere Aufgaben in der Verbindung aus Freude, Ehre und Dankbarkeit erfüllen.
Ganz besonders willkommen heiße ich heute alle diejenigen Abgeordneten, die soeben erstmals - jedenfalls als Abgeordnete - in diesen Plenarsaal eingetreten sind. Sie haben das Höchste, was man in diesem Lande werden kann, erreicht: Abgeordnete bzw. Abgeordneter in diesem Landtag zu sein. Das sage ich bewusst und voller Überzeugung, gerade auch in meiner neuen Funktion als Landtagspräsident. Ihnen, liebe neue Kolleginnen
und Kollegen, gelten meine besten Wünsche - gerade auch in der zuvor beschriebenen Auffassung vom Amt.
Meine Damen und Herren, das Landesparlament steht mit Beginn dieser Wahlperiode vor einer großen Zäsur. Viele erfahrene Kolleginnen und Kollegen sind ausgeschieden, dafür sind 48 neue Kolleginnen und Kollegen dabei. Zahlenmäßig - wir hörten es schon - ist das Parlament auf den kleinsten Umfang seiner bisherigen Geschichte geschrumpft. Die Aufgaben im Plenum, in den Ausschüssen und in den Arbeitskreisen sind aber nicht weniger oder einfacher geworden, sondern anspruchsvoller. Der Regelungsbedarf für unser Leben im 21. Jahrhundert und die daraus resultierende Normendichte haben Sachverhalte komplexer und Entscheidungsprozesse schwieriger gemacht.
Ich bin jedoch zuversichtlich und auch überzeugt, dass Sie die vor Ihnen liegenden Aufgaben meistern werden, zumal alle von Ihnen das politische Tagesgeschäft bereits aus Ihrer kommunalpolitischen Arbeit oder aus Ihrer Tätigkeit in Verbänden oder anderen politischen Gremien kennen. Sie werden sich sehr schnell in die Materie der Landtagsarbeit und in die Gepflogenheiten des Plenarbetriebes eingearbeitet haben. Und seien Sie gewiss: Das Präsidium und unsere hervorragende Landtagsverwaltung werden Sie in jeder Hinsicht unterstützen.
Nach langer Zeit, meine Damen und Herren, wird im Niedersächsischen Landtag der Landtagspräsident nicht von den Mehrheitsfraktionen gestellt. Das ist im Grunde auch unerheblich für seine Aufgaben und Befugnisse, die sich in erster Linie aus Artikel 18 unserer Landesverfassung sowie aus den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages ableiten.
Für mich als Landtagspräsident ist es eine selbstverständliche Pflicht und zugleich auch meine persönliche Verpflichtung, mein hohes Amt überparteilich auszuüben. Auch ich bin - wie mein Vorgänger im Amt - bestrebt, die Belange des Niedersächsischen Landtages nach außen mit aller erforderlichen Würde zu vertreten und protokollarisch zu repräsentieren.
Deswegen, lieber Hermann Dinkla, spreche ich besonders Ihnen meinen Respekt und meine Anerkennung sowie meinen Dank für all das aus, was Sie in den vergangenen fünf Jahren als Präsident für den Niedersächsischen Landtag geleistet haben.
Hervorheben möchte ich an dieser Stelle Ihr Engagement für Europa, insbesondere für „Niedersachsen in Europa“. Ihnen ist es in der gleichnamigen Veranstaltungsreihe gelungen, insgesamt über 4 000 Zuhörerinnen und Zuhörer jeglichen Alters zu interessieren und sogar zu begeistern. Dies ist umso mehr hervorzuheben, als es im Vorfeld genügend Skeptiker gab, die das Thema „Europa“ für nicht recht vermittelbar hielten. Sie haben aber genau das Gegenteil bewiesen. Für diese wertvollen Veranstaltungen, die ich zum Teil unmittelbar mitverfolgen durfte, danke ich Ihnen im Namen aller Beteiligten sehr. Sie haben damit Niedersachsen einen großen Dienst erwiesen.
Noch eines, lieber Herr Dinkla: Sie haben den Mut gehabt und sich den Kraftakt zugemutet, das Thema „Neubau oder Umbau des Plenarsaals bzw. des Landtages“ anzupacken. Sehr muntere und intensive Diskussionen und auch anstrengende Verfahren schlossen sich an. Im Ergebnis verdanken wir Ihnen in der „Bausache Landtag“ eine Sach- und Rechtslage, bei der wir konfliktfrei einfach an Sie, Ihre Vorarbeit und das Einvernehmen aller Fraktionen der vergangenen Wahlperiode anknüpfen können. Das sollten wir dann jetzt auch gemeinsam mit aller Entschlossenheit tun! Auch hier, Herr Dinkla, schulden wir Ihnen Dank und Anerkennung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, der mir sehr am Herzen liegt. Die Wahlbeteiligung bei dieser Landtagswahl am 20. Januar lag bei 59,4 %. Das heißt, kaum mehr als jeder Zweite hat von seinem Wahlrecht in diesem Land Gebrauch gemacht. Da ist es nur ein geringer Trost, dass die Wahlbeteiligung 2008 noch niedriger lag. Es ist insgesamt eine Abwärtsspirale im Gange, die uns alarmieren muss; denn noch 1974 hatten wir bei der Landtagswahl eine Wahlbeteiligung von 84,4 %. Das dürfen wir nicht so hinnehmen; denn es geht im Kern um die dauerhafte Funktionsfähigkeit unserer Demokratie. Das Problem ist auch nicht dadurch gelöst, dass wir alle fünf Jahre einen Wahlkrimi erleben, der jedem klarmacht, dass jede Stimme zählt.
Ich sehe da einen dringenden Auftrag für uns alle. Ich möchte gerne - gemeinsam mit Ihnen - in den nächsten Jahren deutlich machen, wie wichtig in unserer freiheitlichen Demokratie der Parlamentarismus ist, wie wichtig z. B. für die 8 Millionen Niedersachsen dieser unser Landtag ist. Die Leute sollen wissen, was - bei allem Respekt vor Kom
munen, Bund und Europa - hier und von wem für sie entschieden wird. Die Bürger sollen wissen, dass hier 137 Frauen und Männer sitzen, die aus dem Volk kommen und sich, wenn es sein muss, Tag und Nacht für das Volk, für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen. Sie sehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht mir um die Rolle, die Anerkennung, aber auch um das Selbstbewusstsein eines jeden Abgeordneten.
Wir müssen den Bürgern klarmachen, wie unsere Arbeit abläuft und was wir leisten, um ihnen dadurch letzten Endes zu zeigen, wie wichtig unsere Arbeit ist. Das hat beileibe nichts mit Selbstüberschätzung zu tun. Aber Offenheit und Selbstwertschätzung gehören dazu - nicht mitunter devote Selbstkasteiungen, von wegen wir seien die gelebte alleinige Ursache für Politikverdrossenheit. Es geht um parlamentarische Werte, die wir formulieren, beherzigen, selbst leben und damit hinaustragen müssen.
Ein Teil dieser Werte, meine Damen und Herren, ist die Debattenkultur in diesem Hause. Ein Parlament, das in der Sache nicht streitet, ist sein Geld nicht wert. Ich kann Sie nur auffordern, hier leidenschaftlich in der Sache zu streiten. Dabei sagen die parlamentarischen und demokratischen Regeln natürlich am Ende: Die Mehrheit entscheidet.
Lassen Sie uns Unsachlichkeit und persönliche Verunglimpfung meiden. Es bringt nichts in der Sache, ist eine schlechte Botschaft nach außen und erleichtert unser aller Arbeit nicht. Ich sage bewusst: unser aller Arbeit. Denn eines haben wir fraktionsübergreifend gemeinsam: Wir sind gewählt, hier die Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger zu bearbeiten.
Zum Thema Debattenkultur bin ich guter Hoffnung. Sie erlauben mir den Hinweis: Ich habe die fünfte Landtagswahl seit 1994 erlebt, mitgestritten, wenn Sie so wollen. Vielleicht ist mir da und dort etwas entgangen, aber so fair und sachlich wie in diesem Jahr war es noch nie. Dafür ein Dankeschön an alle Beteiligten. Vielleicht nehmen wir das in die Plenararbeit mit hinüber. Dann wird es richtig gut.
Meine Damen und Herren, wenn ich gerade das in der Sache streitende Parlament eingefordert habe, so bitte ich gleichermaßen darum, in elementar wichtigen Fragen einen Grundkonsens zu pflegen, der keinen Streit verträgt. Ich erwähne zwei Bereiche:
sowie der weitere Aufbau jüdischen Lebens in Niedersachsen wichtig. Vor diesem historischen Hintergrund ist es mir auch ein ganz persönliches Anliegen, die besondere Verbundenheit fortzuführen, die der Landtag immer mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, mit den jüdischen Gemeinden und dem Staat Israel gepflegt hat.
Zum anderen geht es mir um die Belange ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die unseren zweifelsfreien Integrationswillen, ja unser offenes Herz spüren müssen.
Ein Letztes: Die nächsten fünf Jahre werden uns neben dem politischen Tagwerk auch in Bereiche führen, in denen wir vertieft neu nachdenken müssen, z. B. über Föderalismus, die Staatsfinanzierung, über Wahlrechtsfragen, über plebiszitäre Elemente und anderes mehr.
Kommen offene und unbequeme Fragen - manchmal über Nacht - auf uns zu, dann ist nicht Wegducken angesagt, nein, wir müssen uns immer wieder stellen und Antworten geben.
Doch nun, meine Damen und Herren: Auf geht’s! Mit Verantwortung und Zuversicht ans Werk! Die Bürgerinnen und Bürger haben eine hohe Erwartungshaltung an uns.
Wahl der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sowie der Schriftführerinnen und Schriftführer (Artikel 18 NV, § 5 GO LT)
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung gehören dem Präsidium drei Vizepräsidentinnen bzw. Vizepräsidenten an.
Mir liegen drei schriftliche Wahlvorschläge vor. Die Fraktion der CDU schlägt vor, Herrn Karl-Heinz Klare zum Vizepräsidenten zu wählen. Die SPDFraktion schlägt vor, Frau Dr. Gabriele Andretta zur Vizepräsidentin und Herrn Klaus-Peter Bachmann zum Vizepräsidenten zu wählen.
Geschäftsordnung durch Handzeichen, also ohne Stimmzettel, und können sämtliche Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten in einem Wahlgang gewählt werden.
Ich frage daher zunächst, ob jemand der Wahl durch Handzeichen widerspricht. - Das ist erkennbar nicht der Fall. Es liegt also kein Widerspruch vor. Mir ist jedoch der Wunsch einer Fraktion übermittelt worden, die Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten einzeln zu wählen. Trifft dieser Wunsch noch zu?
Dann kommen wir jetzt zur Wahl der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten durch Handzeichen und einzeln. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung ist ein vorgeschlagenes Mitglied des Landtags dann gewählt, wenn es die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Erforderlich ist demnach eine einfache Mehrheit der Stimmen. Bei der Ermittlung dieser Mehrheit zählen Stimmenthaltungen nicht als abgegebene gültige Stimmen.
Zunächst stimmen wir über die Wahl des Abgeordneten Karl-Heinz Klare ab. Wer den Abgeordneten Karl-Heinz Klare zum Vizepräsidenten wählen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Neinstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei etwa fünf Enthaltungen ist Herr Klare damit mit großer Mehrheit zum Vizepräsidenten gewählt worden.