Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Aber Sie haben dies abgelehnt. Sie haben genau diese Strukturförderung eben nicht gewollt. Meine Damen und Herren, immer dann, wenn es konkret wird, wenn strukturschwache Regionen mehr Geld bekommen sollen, nämlich hier 130 Millionen Euro über den NBank-Fonds und alle Landkreise und kreisfreien Städte 2,5 Millionen Euro jährlich in den nächsten fünf Jahren, dann lehnen Sie dies im Parlament ab.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege Schünemann, bevor Sie weiterreden, möchte ich Ihnen ein bisschen mehr Ruhe verschaffen. - Es ist da mitten in der SPD-Fraktion eine Gesprächsgruppe im Gange, die wirklich stört, Herr Kollege Dr. Saipa, Herr Kollege Schmidt. Von dort kommt eine Geräuschkulisse, die nicht gut und nicht in Ordnung ist.

(Ronald Schminke [SPD]: Der Redner zeigt uns ja die kalte Schulter!)

Lieber Herr Schminke, ich drehe mich gerne zu Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schünemann, ich habe im Moment noch den Versuch laufen, die Ruhe für Ihre Rede herzustellen. - Das ist gelungen. Jetzt können Sie weiterreden. Es war in Ihrem Interesse, die Aufmerksamkeit auf Ihre Rede zu lenken. Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der SPD-Fraktion! Immer wenn es um Geld für strukturschwache Regionen geht, um echtes Geld, dann lehnen Sie dies im Parlament ab. Wenn es allerdings um Scheingeld geht, wenn Frau Honé und Herr Reuter in Südniedersachsen herumgehen und so tun, als wenn zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt wird, dann sind Sie dabei. Aber das hilft auf gar keinen Fall. Die Kommunen brauchen direkt vor Ort ein Mittel, um Strukturschwäche zu beseitigen. Das kann man am besten, wenn man bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen mit der Innovations- und der Investitionsförderung ansetzt. Das ist genau das Konzept, das wir Ihnen heute zur Verabschiedung vorlegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn ich „mehr Bürokratie“ sage, dann kann man das im Prinzip an nur einer Zeile darstellen. Früher konnte man das Geld direkt vom Landkreis bekommen. Jetzt muss man es beim Projektbüro beantragen, bei den Ämtern für regionale Entwicklung, dann geht es noch durch die Staatskanzlei, der Wirtschaftsminister bekommt vielleicht noch eine Kopie, und dann geht es zur NBank. Das ist mehr Bürokratie bei weniger Geld. So können wir dieses Land nicht voranbringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: So ist es!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schünemann. - Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Petra Emmerich-Kopatsch das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

(Unruhe)

- Jetzt sage ich es gleich vorher: Sie wissen, es geht auf das Ende der Sitzung zu. Wir sollten das mit der nötigen Ruhe machen. Auch die Rednerinnen und Redner, die zum Schluss reden, haben Ihre Aufmerksamkeit verdient. Sie haben bald die Gelegenheit, intensive Gespräche zu führen, die dann auch nicht mehr stören.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schünemann, warum hört es sich bei Ihnen nur immer so an, als wüssten Sie alles besser und hätten früher immer alles richtig gemacht?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn dem so gewesen wäre, dann ginge es heute manchen Kommunen deutlich besser.

Insbesondere bei den von Ihnen so beklagten strukturschwachen Kommunen haben gerade Sie durch immer neue Zielvereinbarungen immer höhere Sparzwänge ausgelöst. Sie haben Bedarfszuweisungen nur erteilt, wenn die gleiche Höhe eingespart und weggespart wurde. Das waren wirklich harte Zeiten für Kommunen. - Ich komme aus Clausthal-Zellerfeld und saß dort im Rat. - Das war unerträglich. Die konnten nämlich überhaupt nichts mehr machen und mit ihren regionalen Teilbudgets gar nichts anfangen, weil sie ganz andere Sorgen haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben diese unsägliche Praxis beendet und sind mit unserem Innenminister und dem MI Partner der Kommunen auf Augenhöhe. Wir arbeiten nicht von oben herab, wie es bei Ihnen manchmal erschien.

Daher haben wir in den vergangenen Jahren gerade für die schwachen Kommunen sehr viel getan und Kofinanzierungsmittel bereitgestellt, damit auch sie in die Lage versetzt werden, sich überhaupt an Förder- und Investitionsprogrammen zu beteiligen. Zu Ihrer Zeit konnten sie sich an nichts beteiligen - Sie haben es eben gesagt -, weil sie Ihre eigene Forderung aus dem Gesetz zum Zukunftsvertrag nicht umgesetzt haben, obwohl sie es vorgesehen haben. Sie haben nichts daraus gemacht, obwohl Ihnen damals 1 Milliarde Euro - man höre und staune, wie viel Geld 1 Milliarde ist - mehr zur Verfügung standen als bei uns in dieser Legislaturperiode.

Herr Schünemann, so grandios waren Ihre regionalisierten Teilbudgets auch nicht - sie waren kleinst- und kleinteilig -, und deren Wirkung ist häufig verpufft. Es gab Mitnahmeeffekte; das können nicht einmal Sie bestreiten. Daher haben wir auf eine wirkliche und strukturierte Regionalpolitik umgestellt.

(Jörg Hillmer [CDU]: Sie vertrauen den Kommunen nicht!)

Wir stellen mit den Ämtern für regionale Landesentwicklung eine niedrigschwellige Beratung für die Kommunen, die es nötig haben, zur Verfügung, sodass auch sie die Förderprogramme optimal ausnutzen können.

Durch die regionalen Steuerungsausschüsse, in denen wirklich alle Hauptverwaltungsbeamten drin sind - - - Sie können ja mal die Broschüre lesen, die jetzt herausgegeben wurde. Da sagen selbst die CDU-Bürgermeister: „tolle Sache, wir sind begeistert.“

Insofern ist die kommunale Handlungsfähigkeit bei der Auswahl der Projekte und den regionalen Handlungsstrategien gewährleistet, sodass den Kommunen aus ihrer Perspektive - nicht aus der Perspektive des damaligem MI - die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Wünsche auf der Grundlage ihrer eigenen Stärken ermöglicht wird.

Genau das unterscheidet uns von Ihrer Regierungszeit, als Sie nämlich nur die Starken gestärkt und gesagt haben: Wir wollen die Starken stärken und Schwächen möglichst vermeiden. - Aber das Vermeiden ist Ihnen nicht gelungen.

Wir haben jetzt dafür gesorgt, dass niedersächsische Kommunen in ihren eigenen Kompetenzen gestärkt werden. Einen kommunalen Infrastrukturkredit gibt es - das dürfte Ihnen bekannt sein - seit Mitte dieses Jahres. Insofern brauchen wir da keine weiteren Handlungsoptionen unterzubringen.

Die Förderung der Flüchtlingsunterbringung ist durch die KfW ebenso gewährleistet wie die von uns zur Verfügung gestellten 400 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau.

Insofern wäre der erste Punkt Ihres Antrags bereits erledigt.

Ich unterbreche jetzt an dieser Stelle, weil ich Sie fragen muss, ob Sie dem Kollegen Schünemann eine Zwischenfrage gestatten.

(Heiterkeit)

Das möchten Sie nicht. Das ist Ihr gutes Recht. Dann reden Sie weiter. Bitte!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Bereich der Innovationsförderung haben wir viele neue Möglichkeiten geschaffen, genau mit dem Ziel, das Sie beschrieben haben, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Wirtschaft und insbesondere des Mittelstands zu erhöhen und hier Investitionen zu begünstigen, selbstverständlich mit dem Ziel, neue und gute Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Auch hier müssen schwache Kommunen im niedrigschwelligen Innovationsbereich keine eigenen Mittel einsetzen. Sie können auf die Kofinanzierungsmittel zurückgreifen.

Sie haben es selbst gesagt: Bei dem, was Sie fordern, ergibt sich womöglich ein europäisches Beihilferechtsproblem. Ihr Vorschlag könnte zu unkontrollierbaren Risiken führen, die zu Straf- und Rückzahlungsforderungen an die EU führen könnten.

Was aber das eigentliche Problem Ihres gesamten Antrags darstellt, ist, dass Sie schon heute die vorhin bei den Haushaltsberatungen geäußerten Wünsche - noch schneller abbauen; die schwarze Null noch schneller erreichen - nicht realisieren können und dass Sie mit diesem Antrag schon heute beginnen, die Schuldenbremse auszuhebeln oder zu umgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind gegen solche Umgehungstatbestände; denn wir stehen für Haushaltswahrheit und -klarheit, meine Damen und Herren. Das wird eingelöst, und wir wollen das machen. Denn wenn man ab 2020 keine Kredite mehr aufnehmen darf, wie wollen Sie dann die 250 Millionen Euro ohne eine Erhöhung der strukturellen Neuverschuldung des Landes abbilden?

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ja, Herr Schünemann, das erklären Sie uns mal!)

Rechtlich ist es tatsächlich so - das schreibt Ihnen auch der Rechnungshof -, dass die Kreditaufnahmen durch die NBank zur Finanzierung von Landesaufgaben dem Land zuzurechnen sind. Hier bleiben Sie jede Antwort schuldig. Auch sind wir an den Zukunftsvertrag mit der Rückzahlung der 1,5 Milliarden Euro bis 2041 noch gebunden - gemeinsam mit den Kommunen; das ist natürlich richtig.

Das, was Sie fordern, ließe sich mit der Einhaltung der Schuldenbremse, die Sie gerade noch einmal gefordert haben, nicht vereinbaren. Da müssen Sie sich einmal untereinander verständigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Aus haushälterischer Sicht ist Ihr Antrag abzulehnen, aus förderpolitischer Sicht ebenfalls. Insofern möchten wir um Zustimmung für unsere Ablehnung bitten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Emmerich-Kopatsch. - Es hat jetzt das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Maaret Westphely.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man Geld verteilen will, jubeln die Verbände. Das ist das eine Ergebnis der Anhörung im Ausschuss, und diese Stellungnahmen sind nicht weiter verwunderlich.

Es gab allerdings auch ein anderes Ergebnis. Sie, Herr Schünemann, haben gerade aber immer nur eine Hälfte aus den Stellungnahmen zitiert. Ich werde jetzt die zweite Hälfte zitieren, die sozusagen Wasser in den Wein gießt.

Immer wieder wurden erhebliche Bedenken gegen die komplizierte Umsetzung durch einen Fonds geäußert, wie ihn die CDU hier vorschlägt. Diese Einwände und Unklarheiten teilen wir. Die kommunalen Spitzenverbände z. B. wollen keinen Fonds, sondern direkte Mittelzuweisungen.

Die Kommunen bekommen solche Zuweisungen z. B. für den Bereich der Versorgung der Flüchtlinge. In fast allen Kreisen gehen diese Zuweisungen, wie wir heute Morgen gehört haben, sogar über die Kosten hinaus, die die Kommunen geltend machen.

Der DGB hält das vorgeschlagene Förderkonzept für zu unbürokratisch