Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Vielleicht empfiehlt es sich, auch einmal bei den Iststunden nachzugucken und dazu in die Broschüre zu gucken, die Sie zitiert haben. 2010 gab es 1,486 Iststunden pro Schüler, 2014 waren es 1,635 - da haben wir im Übrigen schon regiert -, und 2015 waren es 1,644 Iststunden. Das können Sie selber in den Broschüren nachlesen. Das ist eine messbar bessere Unterrichtsversorgung, und das ist vor allen Dingen messbar bessere Qualität in Schule. Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit nicht gehabt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zu den Klassenfrequenzen noch etwas zur Aufklärung: In Ihrer Regierungszeit lag der Klassenteiler bei den Grundschulen bei 19,9 Schülern - jetzt liegt er bei 19,0 Schülern. Bei den Hauptschulen lag er auf 17,7 - jetzt liegt er bei 17,2. Bei den Realschulen wurde er von 24,5 auf 23,8 und bei den Gymnasien von 26,9 auf 26,2 gesenkt. Nur bei den

Gesamtschulen, die wir ja angeblich bevorzugen, hat sich nichts verändert. - Wollen wir mal sehen, welche Schulformen benachteiligt sind oder wo sich die Realität eingestellt hat, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie sind Weltmeister im Ausblenden von Ursache und Wirkung. Mit Ihrem Hochschuloptimierungskonzept 2004 haben Sie Lehrerstudienplätze vernichtet.

(Petra Tiemann [SPD]: Und zwar rei- henweise! - Johanne Modder [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

Sie haben 2004 unsere Warnhinweise in den Wind geschlagen, Sie haben sie ignoriert. Stattdessen haben Sie einen neuen Studiengang eingeführt: Hauptschullehrer. Aber dieser wird überhaupt nicht mehr nachgefragt. - Meine Damen und Herren, mehr fehlerhafte Politik, als Sie gemacht haben, kann man nicht machen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir hingegen bleiben konkret. Der Stellenausbau ist auf einem Höchststand. 1 800 Ausschreibungen waren vorgesehen. Zusätzlich zu diesen 1 800 Ausschreibungen gab es noch über 450 weitere Einstellungen, weil wir da schon nachgesteuert haben. Wie man das als fehlerhafte Politik bei der Lehrereinstellung bezeichnen kann, weiß ich nicht. Natürlich kann man immer noch weiter ausbauen. Das ist auch notwendig, und das werden wir tun. Es wird immer weiter nachgesteuert werden.

Mit der Kapitalisierung bei den Ganztagsschulen haben wir Möglichkeiten geschaffen, Lehrerpersonal zu gewinnen. Auch dort stecken 450 Stellen drin, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Und eines blenden Sie bei dem Ganzen immer wieder aus: Es gibt 36 000 zusätzliche Schüler im System. Diese sind relativ schnell in das System hineingewachsen. Diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen haben darauf mit der Schaffung weiterer Lehrerstellen reagiert. Auch diesem Umstand haben wir Rechnung getragen, obwohl wir 2013 eigentlich davon ausgehen mussten, dass 100 000 Schüler weniger im System sein würden.

Also, wo Sie da einen Qualitätsverlust sehen, kann ich nicht erkennen. Sie reden das System mies, aber das wird den Lehrern, der Landesschulbehörde und allen in der Schule Tätigen nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie sollten zu einer sachorientierten Politik und zu sachorientierten Debatten zurückkehren und dem mit konstruktiven Anträgen Taten folgen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Sie kön- nen hier noch so blumige Reden hal- ten! Das merken die Schüler! Das merken die Lehrer! Es ist großer Mist, wenn man glaubt, dass alles funktio- niert und dann doch nichts funktio- niert!)

Vielen Dank, Herr Kollege Politze. - Schließlich spricht für die FDP-Fraktion der Kollege Försterling. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Reden der Kollegen Scholing und Politze müssen in manchen Ohren in Niedersachsen und außerhalb Niedersachsens wie blanker Hohn klingen.

(Beifall bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Im Jahr 2014/2015 haben über tausend junge Menschen das Bundesland Niedersachsen verlassen, obwohl sie hier ihr Studium und im niedersächsischen Schuldienst ihren Vorbereitungsdienst absolviert haben. Diese Landesregierung konnte ihnen keine Perspektive bieten, weil man zu dem Zeitpunkt Lehrerstellen abgebaut hat, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Das sind genau die Lehrkräfte, die heute fehlen.

Ich habe überhaupt nichts dagegen - ich sage Ihnen das ganz ehrlich -, dass Sie hier weiter mit Lehrersollstunden um sich werfen. Sie reden von 30 Millionen Euro für Vertretungslehrkräfte - die aber gar nicht da sind; denn Sie haben ja keine Lehrer, die Sie einstellen können. Und: Vertre

tungslehrkräfte kommen auch erst nach vier bis sechs Wochen Krankheitsausfall, aber nicht für den von Ihnen verursachten planmäßigen Unterrichtsausfall.

Also, das können Sie gerne alles machen. Aber für die Eltern und für die Schüler im Land klingt das nach blankem Hohn; denn sie erleben tagtäglich die Realität.

Letzte Woche in der fünften Klasse eines Gymnasiums hier in Hannover: 6 von 30 Stunden fallen aus. 20 % Unterrichtsausfall!

Eine Förderschule Lernen im Landkreis Holzminden hat eine Unterrichtsversorgung von 80 %. Da hat ein Sechstklässler in der Förderschule Lernen, der eine ganz besondere Zuwendung braucht, der viel Unterstützung braucht - weil es das Ziel sein muss, ihn zu einem Schulabschluss zu bekommen - nur 24 von 30 Wochenstunden.

Ich frage Sie: Wie soll dieser junge Mensch eigentlich zu einem guten Schulabschluss, zu einer guten Bildung gebracht werden, wenn planmäßig - planmäßig! - 20 % seines Unterrichts ausfallen? Wie soll es den jungen Menschen in Niedersachsen eigentlich ergehen, wenn jede zehnte Unterrichtsstunde ausfällt? - Man muss ja fast denken: Sie haben das Abitur nach 13 Jahren wieder eingeführt, damit die Schülerinnen und Schüler bei Ihrer Mathematik dann wenigstens 12 Jahre Unterricht haben.

Das ist das Bemerkenswerte: Bei Ihrer Politik geht den Schülerinnen und Schülern im Laufe ihrer Schullaufbahn ein Jahr verloren. Das macht das niedersächsische Bildungssystem kaputt! Das macht das niedersächsische Bildungssystem so schlecht! Es gibt in den niedersächsischen Schulen zu wenig Unterricht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das haben Sie zu verantworten!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann stellen Sie sich doch einmal die Frage, warum es in Bayern junge Menschen gibt, die dort ihr Lehramtsstudium, ihren Vorbereitungsdienst absolviert haben, dann aber in Bayern lieber ein oder zwei Jahre lang arbeitslos sind und auf eine Einstellung warten, anstatt in Niedersachsen zu arbeiten. Ich kann das auch verstehen. Das hat natürlich mit der Politik dieser Kultusministerin zu tun, die in diesem Land eine Politik gegen die Lehrkräfte betreibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die die Lehrkräfte überhaupt nicht mehr ernst nimmt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Frage ist in der letzten Plenarwoche offen geblieben. Ich habe diese Frage im letzten Plenarabschnitt zweimal an die Kultusministerin gerichtet, und heute, Frau Ministerin, will ich eine Antwort. Frau Ministerin, können Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Pflichtunterricht in allen niedersächsischen Schulen garantieren? Findet der Pflichtunterricht statt? Ja oder nein? - Auf die Antwort auf diese Frage haben nicht nur wir ein Recht, sondern auch die Lehrer, die Eltern und insbesondere die Schüler in Niedersachsen. Bekennen Sie sich endlich zu Ihrer Politik!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sie drücken sich!)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Es hat sich jetzt für die Landesregierung Kultusministerin Frau Heiligenstadt gemeldet. Bitte sehr!

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Försterling, das kommt davon, wenn man nicht zuhört. Ich habe hier in diesem Plenum nicht nur einmal gesagt: Der Pflichtunterricht ist gesichert. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie nicht zuhören können, ist das sicherlich Ihr Problem.

(Christian Dürr [FDP]: An jeder Schu- le? Stimmt das? Sie müssen hier die Wahrheit sagen! An jeder Schule?)

Aber in jedem Fall ist in Niedersachsen der Pflichtunterricht gesichert.

(Christian Dürr [FDP]: An jeder Schule?)

Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie mit Ihrer Behauptung, dass das Bildungssystem in Niedersachsen schlecht sei, womit Sie auch alle Lehrkräfte, alle im Bildungssystem Arbeitenden, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesschulbehörde und alle bei den Schulträgern Beschäftigten schlecht machen,

(Christian Grascha [FDP]: Die Bil- dungspolitik ist schlecht! Ihre Bil- dungspolitik ist schlecht!)

sage ich: Unser Bildungssystem ist großartig, mit großartig engagierten Menschen, die darin qualitativ hochwertig arbeiten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das liegt u. a. daran, dass die Zukunftsoffensive Bildung ein Erfolg ist. Natürlich möchte die Opposition das nicht hören. Ich kann aber ganz deutlich sagen: Die Entwicklung der Ganztagsschulen, die Entwicklung der Inklusion und die Entwicklung der Sprachförderung sowie der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund müssen als gut bewertet werden, weil wir in diesen Bereichen deutlich besser sind als viele andere Bundesländer. Die Zukunftsoffensive Bildung hat sehr stark dazu beigetragen, dass das niedersächsische Bildungssystem nicht schlecht ist, Herr Försterling, sondern exzellent. Ich finde es ungeheuerlich, dass Sie es so schlechtreden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das passt aber in die Strategie, die sich die Opposition zurechtgelegt hat. Sie versuchen fortwährend, diese Landesregierung und mein Haus in Misskredit zu bringen. Sie scheuen sich dabei auch nicht - Herr Scholing hat es „Milchmädchenrechnung“ genannt -, einfach nur Behauptungen in den Raum zu stellen sowie Zahlen zu addieren und zu multiplizieren, ohne damit die Realität an den 2 650 niedersächsischen Schulen darzustellen.

(Christian Dürr [FDP]: Gehen Sie mal in die Schulen! Dann erleben Sie die Realität! Die Lehrer sind stinksauer auf Sie, Frau Heiligenstadt. Tun Sie doch nicht so! Das wissen Sie ganz genau!)

Sie ziehen Prognosewerte - Sie wissen ganz genau, dass es Prognosewerte sind - für die Beschreibung der Unterrichtsversorgung heran. Auch das ist völlig falsch. Mal ganz ehrlich: Es ist schlicht und ergreifend unredlich, das so zu tun. Das sollten Sie sich einmal zu Herzen nehmen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)