Ich nehme Sie gerne mit, Herr Minister Wenzel - das biete ich Ihnen ausdrücklich an -, zu mir in meinen Anglerverein nach Achim. Da gibt es für Sie - so wie für mich vor einigen Monaten noch - sehr viel zu lernen. Ich bin sicher, dass Ihnen da
an der einen oder anderen Stelle tatsächlich die Augen geöffnet werden würden und Sie sehr viel Kenntnisse und Informationen darüber erhalten würden, wie Naturschutz unterhalb der Wasseroberfläche tatsächlich erfolgt.
Nutzen Sie unsere Sachkenntnis, die Sachkenntnis der Angler in Niedersachsen! Werfen Sie das vorliegende Papier in die Tonne, und lassen Sie uns gemeinsam einen Neuanfang starten!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kommen wir jetzt mal wieder zur Sache und zur Sachlichkeit zurück.
Ziel Ihres Antrags ist es angeblich, umfassende Verbote der Angelfischerei und der fischereilichen Nutzung zu verhindern.
Lassen Sie mich dazu kurz auf die Hintergründe der in Rede stehenden Musterverordnung eingehen. Gegen die Bundesrepublik Deutschland ist derzeit ein EU-Vertragsverletzungsverfahren anhängig. Es geht dabei um die bis dato nicht erfolgte Sicherung der FFH-Gebiete, und es drohen erhebliche Strafzahlungen.
Um dem zu begegnen, haben das Umweltministerium und der Niedersächsische Landkreistag Mitte 2014 eine politische Vereinbarung abgeschlossen mit dem Ziel, alle niedersächsischen FFH-Gebiete bis 2018 hoheitlich zu sichern.
Meine Damen und Herren, hätte der frühere Umweltminister Sander diesen Weg rechtzeitig eingeschlagen, hätten wir das heute auftretende Problem nicht. Dann wäre nämlich sehr viel mehr Zeit gewesen, um ganz entspannt eine ordnungsgemäße Umsetzung voranzubringen.
(Dr. Gero Hocker [FDP]: Also ist das, was Sie machen, nicht ordnungsge- mäß? - Gegenruf von Gerd Ludwig Will [SPD]: Dieser Minister hat doch gar nichts gemacht!)
Einen Moment, bitte, Herr Kollege! - Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Herr Kollege Brammer jetzt das Wort hat. Herr Kollege Hocker, Sie haben noch Restredezeit, falls Sie sich gleich noch einmal zu Wort melden möchten. - Bitte, Herr Kollege Brammer!
Ich bin sehr dafür, dass wir uns im Fachausschuss darüber unterhalten, wie dafür gesorgt werden kann, dass unsere Fischereiverbände bei der Umsetzung der Schutzgebietsverordnungen nicht unter die Räder kommen. Es darf natürlich nicht sein, dass Angler und andere durch die Ausweisung von Schutzgebieten Nachteilen ausgesetzt sind, wenn das nicht zwingend erforderlich ist. Das dürfen wir in der Tat nicht zulassen.
Herr Dr. Hocker, Sie fordern in Ihrem Antrag zum einen, den NLWKN anzuweisen, die Musterverordnung über die Sicherung von Naturschutzgebieten zurückzuziehen. Außerdem soll die Landesregierung auf den Niedersächsischen Landkreistag einwirken, seine Arbeitshilfe zur Sicherung der Natura-2000-Gebiete ebenfalls zurückziehen.
Dabei gehen Sie davon aus, dass diese beiden Papiere räumlich und rechtlich verbindliche Verbote enthalten. Das ist aber nicht der Fall. Sie sind eine Arbeitshilfe gemäß den europäischen Vorgaben für die unteren Naturschutzbehörden. Ziel der Empfehlung des NLT ist es, allgemeine und nicht auf einzelne Gewässer verortete grundsätzliche fachliche Hinweise für die Sicherung der FFH-Gebiete zu geben. Musterverordnungen und Arbeitshilfen ersetzen eben nicht die individuelle Einzelprüfung vor Ort.
Und wer von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Kreistag sitzt, der bekommt das ja auch mit. Das läuft doch zurzeit überall. Bei uns im Kreistag beschäftigen wir uns in der nächsten Wo
che wieder mit zwei Verordnungen. Die werden ordnungsgemäß abgehandelt, und natürlich kommen dabei die Angler zu Wort.
Das ist Aufgabe der Naturschutzbehörden. Die unteren Naturschutzbehörden haben dann zwischen den europarechtlichen Vorgaben und den Interessen vor Ort, z. B. denen der Angler, abzuwägen. In der Regel dürfte das Angeln eine zu geringe Beeinträchtigung darstellen, um es zu verbieten. Deshalb kann von einem „generellen Angelverbot“ auch überhaupt keine Rede sein. Die Sicherung eines FFH-Gebietes erfolgt durch Kreistagsbeschluss nach einem rechtlich normierten Verfahren.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie eben die Einflussmöglichkeiten der Angler auf Kreisebene beschrieben haben, frage ich Sie, warum bei den bisherigen Diskussionen die Landesangler in keiner Weise gehört wurden. Warum hat man das allein den Landkreisen überlassen, sodass sich das Umweltministerium und der Landtag mit den Belangen, die auf Landesebene hätten formuliert und einbezogen werden können, überhaupt nicht beschäftigen konnten?
Herr Dr. Hocker, wir reden hier über die Umsetzung der FFH-Richtlinie. Da geht ein Landkreis nach einem bestimmten Muster vor: Er schreibt eine Schutzgebietsverordnung und gibt sie in die Anhörung. - Das ist auch logisch; denn wir auf Landesebene können das nicht. Die Landschaft in Niedersachsen ist so unterschiedlich; das muss vor Ort geklärt werden.
Dort können die Angelvereine zu Wort kommen. Wir haben uns am Dienstag im Umweltausschusses unseres Kreistages - da bin ich Mitglied - mit einer Schutzgebietsverordnung befasst, in der ursprünglich auch stand, dass Angeln verboten werden soll. Die Angler haben sich dagegen gewehrt, und der Landkreis hat das als untere Naturschutzbehörde angenommen.
- Nein, das gehört zum Verfahren dazu! Wenn Sie das nicht begreifen, dann kann ich es auch nicht ändern.
Die beiden Fischereiverbände in Niedersachsen sind - daran möchte ich erinnern - anerkannte Naturschutzverbände. Damit sind sie wichtige Partner für unsere unteren Naturschutzbehörden. - Aber das, Herr Dr. Hocker, Herr Grascha, wissen Sie ja auch alles schon. Sie haben am 14. Juni dazu eine Kleine Anfrage gestellt. Wenn Sie die ausführliche Antwort darauf gelesen hätten, dann wären alle diese Fragen geklärt gewesen. Wozu also dieser Antrag?
Es bleibt die Frage: Warum werden Schutzgebietsverordnungen erst jetzt umgesetzt? - Es ist heute nicht mehr zu klären, ob Herr Sander die seit Langem notwendigen Hilfen für die Kommunen in Fragen der Schutzgebietsverordnungen verschlafen oder bewusst liegen gelassen hat. Auch Herr Dr. Birkner hätte zu seiner Zeit als Umweltminister noch Zeit gehabt, diese Aufgabe in Angriff zu nehmen. Auch hier kann man nur spekulieren, ob er sie unter dem großen Stapel der unerledigten Aufgaben nicht gefunden hat oder ob er sie nicht finden wollte.
Aber das alles können wir im Fachausschuss klären. Wenn es uns gelingt, die aufgeheizte Stimmung bei den Fischereivereinen zu beenden und ihnen zu helfen, dann hätten wir viel erreicht. Ich freue mich auf eine konstruktive Arbeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brammer. - Es folgt nun für die CDU-Fraktion Herr Kollege Oesterhelweg. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsens Kulturlandschaften lassen - zum Teil auch trotz intensiver Nutzung - der Natur vielfältige Spielräume. Kein Bundesland hat so unterschiedliche und allesamt reizvolle Landschaften zu bieten wie Niedersachsen. Sie zu gestalten und zu erhalten, ist eine unserer wichtigsten Aufgaben.
Selbstverständlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben Umwelt- und Naturschützer daran einen Anteil. Aber was sind das eigentlich für Menschen? - Klar: Das sind natürlich aktive Mitglieder von NABU, BUND usw. Aber die gibt es ja noch nicht so lange. Wer also war es sonst noch, der diese schönen Landschaften gestaltet hat? - Ja, meine Damen und Herren, auch wenn es Ihnen nicht gefällt: Es sind unsere Landwirte, es sind unsere Forstleute, es sind unsere Jäger und auch unsere Angler, die diese Kulturlandschaft gestaltet haben und pflegen.
Das tun sie auch - und das ist wirklich wichtig -, indem sie sie nutzen, und zwar verantwortungsbewusst und maßvoll. Und das ist, lieber Herr Kollege Hocker, für viele sogar mehr als ein Hobby. Das ist für viele Passion, Leidenschaft und innere Verpflichtung. Sie kommen dieser Aufgabe auf einer Weise nach, an der sich andere ein Beispiel nehmen sollten.
Meine Damen und Herren, nicht nur bei der Denkmalpflege gilt der Grundsatz „schützen durch nützen“. Das passt auch in diesem Bereich. Man müsste diese Menschen einmal fragen, wie sich unsere schönen Landschaften, unsere Wälder und Gewässer so prächtig entwickeln konnten, ohne dass Leute wie Sie sie vor 100 Jahren schon unter vollständigen Schutz gestellt haben. Das kann eigentlich gar nicht möglich sein.