Protokoll der Sitzung vom 27.10.2016

So ist die Festlegung der Brutzeit umstritten; es gibt durchaus Hinweise darauf, dass das Brutgeschäft bereits im März beginnt.

So ist weiterhin ungeklärt, ob nicht auch Vergrämungsmaßnahmen, z. B. Knallapparate, zur Vertreibung von Kormoranen von Fischgewässern geeignet sind.

(Zuruf von der CDU: Wo sollen sie denn hin? - Dr. Gero Hocker [FDP]: Sie können sich gerne mal auf die Lauer legen mit Ihrem Knallapparat! Aber sagen Sie vorher Bescheid! Das möchte ich sehen!)

Das müsste eigentlich geklärt sein, bevor eine Ausnahme vom Tötungsverbot des Bundesnaturschutzgesetzes per Verordnung erfolgt,

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

und es müsste einen halbwegs tragfähigen Nachweis dafür geben, dass der Abschuss von Kormoranen tatsächlich einen signifikanten Rückgang der Schäden an Teichwirtschaften zur Folge hat. Das gibt es bislang nicht, genauso wenig wie Nachweise dafür, dass es durch Kormorane zu einer signifikanten Beeinträchtigung z. B. der Äsche kommt. Da liegen unterschiedliche Daten vor; auch Sie werden das nicht leugnen können.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Von nichts eine Ahnung, aber davon viel!)

Weil das so ist, laufen wir mit der Verordnung durchaus Gefahr, das Töten von Tieren ohne vernünftigen Grund zuzulassen, und das wäre dann ethisch bedenklich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen kleinen Moment, Herr Janßen! Frau von Below-Neufeldt würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Okay. Dann können Sie weitermachen.

Man kann dieser Verordnung nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass wir in den nächsten drei Jahren Berichtspflichten einführen, die diese Wissenslücken bereinigen. Das tun wir. Im Gegensatz dazu hatten die schwarz-gelben Urheber der Verordnung offensichtlich nie ein Interesse daran. Sonst wären die Fragen nicht immer noch ungeklärt.

Wir werden außerdem die Wirkung der neuen Förderprogramme des Landwirtschaftsministeriums genau verfolgen. Können die Schäden für die Teichwirtschaftsbetreiber durch Ausgleichszahlungen ausgeglichen bzw. durch Förderungen von Abdeckungen und Überspannungen vermieden werden, gibt es in den Fördergebieten keinen Grund mehr, Kormorane zu töten.

Im Lichte der Ergebnisse der Evaluation werden wir in drei Jahren erneut über die Kormoranverordnung beraten und dann entscheiden, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die allgemein gültige Ausnahmeverordnung tatsächlich gegeben sind oder ob vielmehr örtlich beschränkte Ausnahmen der unteren Naturschutzbehörden ausreichen. Ich gehe davon aus, dass wir in verantwortlicher Position genau darüber entscheiden werden.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Es liegt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Frau von Below-Neufeldt, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte nur zwei Anmerkungen machen.

Eine wollte ich als Frage stellen, lieber Herr Kollege. Ich wollte Sie fragen, ob Sie wissen, wie viel Fisch ein Kormoran braucht, um zu überleben. Das sind nämlich 500 g pro Tag. Um die 500 g zu fressen, schlägt er viele Fische. Auch viele Fische, die er gar nicht frisst, verenden, weil sie so schwer verletzt sind. Insofern ist der Schaden ein Vielfaches höher als das, was er wirklich frisst.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Lebensmit- telverschwendung beim Kormoran! Das ist ein Unding!)

Der zweite Punkt, den ich anführen möchte: Eine Vergrämungsanlage macht wenig Sinn. Denn auch der Kormoran weiß, dass er in einiger Entfernung vom Fischgewässer keine Chance hat zu überleben. Das haben Sie selber ausgeführt. Insofern war das ein Widerspruch in sich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Janßen, Sie möchten antworten? - Ja. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau von Below-Neufeldt, dass ein Kormoran 500 g Fisch am Tag frisst, ist bekannt. Das ist sicherlich je nach Vitalität von Tier zu Tier ein wenig unterschiedlich, kommt aber durchaus hin.

Was machen wir denn mit den Graureihern? Auch die Graureiher fressen Fisch.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Der Hecht frisst auch Fisch!)

Was machen wir mit anderen Arten, die z. B. im Bereich der Küstengewässer unterwegs sind?

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Sie abknallen?)

Was ist mit den Seehunden, die uns die Schollen wegfressen?

(Ronald Schminke [SPD]: Wenn ich bei uns in der Weser einen Seehund treffe, dann schieße ich auch!)

Es stellt sich immer die Frage, in welchem Umfang man eingreifen will. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass es keine Nachweise dahingehend gibt, dass bestandsbedrohte Arten dadurch gefährdet sind. Im Übrigen gilt die Kormoranverordnung gerade nicht in Natura-2000-Gebieten, wo die Äsche in besonderer Weise vorkommt. Von daher hilft sie dort überhaupt nicht weiter. Ich denke, wir sollten diese Evaluation abwarten und dann neu entscheiden. Ich bin da ganz zuversichtlich.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es hat sich der Herr Minister gemeldet. Herr Minister Wenzel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Kern geht es um die Frage, wer den Fisch frisst: der Mensch oder der Kormoran?

(Zuruf von der CDU: Der, der schnel- ler ist! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Herr Minister, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Meine Damen und Herren, wahrscheinlich kommt hier wegen der Freude über die Einstimmigkeit so viel Unruhe auf, dass es uns nicht mehr gelingt, den Minister zu hören. Ich bitte Sie ganz herzlich, sich jetzt auf die Rede des Ministers zu konzentrieren. - Bitte schön!

Meine Damen und Herren, seit sechs Jahren ist die Kormoranverordnung in Kraft. Wir müssen feststellen, dass der Datenbestand aus dem zurückliegenden Zeitraum nicht sehr groß ist. Nach den bislang vorliegenden, sehr lückenhaften Daten waren negative Auswirkungen auf den Kormoranbestand nicht feststellbar. Aber - wie gesagt - die Daten sind sehr lückenhaft.

Nach Mitteilung des LAVES hat die Kormoranverordnung an den Teichwirtschaften kurz- bis mittelfristig zur Abwendung wirtschaftlicher Schäden gedient und dort auch Erfolge verzeichnet. Diese These ist allerdings nicht mit konkreten Zahlen und allgemeinen ökonomischen Berechnungen hinterlegt. Dort wird sozusagen mit Blick auf den Schaden eine Summe geltend gemacht, die praktisch dem Teichbesitzer fehlt, um Wirtschaftlichkeit zu erreichen. In Niedersachsen geht es um etwa 150 Teichwirtschaften.

Das Landwirtschaftsministerium hat mittlerweile zwei Richtlinien erlassen, um erhebliche Schäden durch Fraßverluste mit Ausgleichszahlungen bei Karpfenteichbesitzern und Finanzmitteln zur Einhausung der Forellenteichwirtschaften zu minimieren. Beide Richtlinien könnten möglicherweise auch Auswirkungen auf die bestehende Kormoranverordnung haben, da sie Schäden minimieren bzw. diese ausgeglichen werden sollen.

Denn ein Töten oder Vergrämen von Kormoranen an Teichwirtschaften ist nur dann gerechtfertigt, wenn es der Abwehr erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden dient - so ist die Rechtslage. Ob diese Voraussetzungen weiterhin gegeben

sind, ist im Licht der ML-Richtlinien zu prüfen. Es soll eine Evaluierung geben, im Rahmen derer genau geprüft wird, wie sich diese Maßnahmen auswirken. Die Frage ist dabei nicht, ob der Vogel Fisch frisst - es ist evident, dass er das tut -, sondern in welchem Umfang es gelingt, durch die Maßnahmen, die das Landwirtschaftsministerium eingeleitet hat, Abhilfe zu schaffen.

Ich freue mich, meine Damen und Herren, dass es gelungen ist, einstimmig einen Beschluss zu empfehlen, der jetzt hier im Landtag gefasst werden soll. Dabei wird sichergestellt, dass im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Juli - also während der Brutzeit - keine Tiere getötet werden dürfen, auch nicht diejenigen, die noch immatur gefärbt sind, aber am Brutgeschäft teilnehmen. Wir werden alles daransetzen, die Verlängerung so schnell wie möglich in Kraft zu setzen. Die alte Verordnung läuft Ende dieses Jahres aus. Bis dahin sind es noch zwei Monate; aber wie Sie wissen, muss eine umfangreiche Beteiligung der Verbände stattfinden.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Lassen Sie sich bloß nichts einflüstern da!)

Der Zeitplan ist also schon etwas engagiert, aber wir hoffen, das hinzubekommen.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir sind damit am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen und Enthaltungen gibt es nicht. Dann ist der Antrag angenommen.