Protokoll der Sitzung vom 27.10.2016

(Zurufe von der SPD)

- Es mag Ihnen nicht gefallen, dass Sie mit Ihrem Antrag der Zeit völlig hinterherhinken, aber das ist das Faktum.

Wir werden an dieser Stelle und auch im Fachausschuss sehr genau kontrollieren, was Sie auf der Grundlage eines eventuell heute gefassten Beschlusses konkret gegenüber der Bundesregierung unternehmen werden, um dieses Ziel zu erreichen.

Ich glaube, es ist notwendig, dass wir im Land Niedersachsen nicht nur den Weg verfolgen, den Sie uns hier seit zwei Jahren vorbeten. Wir brauchen vielmehr auch einen Plan B. Wir sollten durchaus dankbar akzeptieren, was der Bund in nicht geringem Umfang in der Integrationsarbeit leistet. In einem zweiten Schritt sollten wir dann sagen: Alle Lücken, die er offenlässt, füllen wir als Land aus. - Das ist der Weg, den wir Ihnen seit mehr als zwei Jahren vorschlagen und dem Sie sich in vielen Abstimmungen hier verweigert haben. Ich glaube, wir brauchen auch eigene Anstrengungen des Landes. Wir müssen einfach

akzeptieren, dass wir nicht immer nur alles auf den Bund schieben können, sondern dass wir uns auch selbst engagieren müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ja, Frau Ministerin. Dann zunächst noch einmal die Landesregierung. Bitte!

Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Hillmer, wenn ich Ihnen helfen darf: BAMF ist die Abkürzung für Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Das hat nichts mit Arbeit zu tun.

Wir tragen die Position, die ich hier beschrieben habe und die auch Inhalt des Antrages ist, gegenüber dem Bund wieder und wieder vor. Das tun wir gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden, und das werden wir auch in Zukunft tun. Deshalb ist das Anliegen dieses Antrages keinesfalls überholt.

Lieber Herr Hillmer, wir brauchen keinen Plan B. Wir haben zusammen mit der Erwachsenenbildung ein exzellentes Sprachkursangebot auf die Beine gestellt, um das uns viele andere Bundesländer beneiden. Deshalb geht es wirklich nur darum, den Bund endlich dazu zu bringen, einzugestehen, dass ein kluges Integrationsprogramm auf der Länderebene bzw. auf kommunaler Ebene umgesetzt werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jörg Hillmer [CDU]: Was wollen Sie unternehmen?)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die Wortmeldung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist zurückgezogen worden, nachdem die Landesregierung gesprochen hat.

Ich stelle fest, dass keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegen und wir zur Abstimmung kommen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/5818 unverändert annehmen will,

den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. - Das Erste war die Mehrheit. Sie sind der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Wie bereits zweimal angekündigt, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommen wir jetzt zum Tagesordnungspunkt 24, den wir aus der Nachmittagssitzung vorziehen.

Ich rufe also auf den

Tagesordnungspunkt 24: Abschließende Beratung: Beschäftigung im Baugewerbe sichern - öffentliche Aufträge so erteilen, dass die ganzjährige Bautätigkeit auch tatsächlich erfolgen kann - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/5633 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/6649

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Für den Antragsteller, die CDU-Fraktion, hat der Abgeordnete KarlHeinz Bley das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag eingebracht, dessen Titel „Beschäftigung im Baugewerbe sichern - öffentliche Aufträge so erteilen, dass die ganzjährige Bautätigkeit auch tatsächlich erfolgen kann“ lautet.

Das zum Teil von öffentlichen Aufträgen abhängige Baugewerbe - wie Straßen-, Brücken- und Tiefbau - beklagt seit Langem, dass bei den Aufträgen der öffentlichen Hand die Ausführungszeiträume erst sehr spät im Jahr - zwischen April und November - liegen. Daraus ergibt sich folgende Problematik: Der Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter oft nur für einen Teil des Jahres beschäftigen, und zwar für neun Monate. Der Arbeitnehmer braucht aber für das ganze Jahr seinen Lohn, um seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Folglich bemüht sich der Arbeitnehmer um einen sicheren Arbeitsplatz, z. B. in der Industrie, und fehlt dann dem Arbeitgeber in der Hauptsaison mit den öffentlichen Aufträgen, sodass diese nicht mehr angenommen werden können. Das ist zurzeit auch der Fall. Zurzeit ist die Auftragslage so, dass

die Aufträge abgearbeitet werden müssen, um rechtzeitig fertig zu werden.

Meine Damen und Herren, die Unternehmen sind von einer kontinuierlichen Auftragsvergabe abhängig. Deswegen hat die CDU den vorliegenden Antrag eingebracht, der aber im Ausschuss gescheitert ist. Rot-Grün sieht keinen Anlass; RotGrün will die Problematik nicht erkannt haben. Schade!

Ich sage Ihnen, warum nicht. Rot-Grün ist der Meinung, dass möglichst alles - wie z. B. der ÖPNV - kommunalisiert werden muss und dass die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen verbessert werden muss. Ich sage: Die freie Wirtschaft hat hier das Nachsehen. Schade!

Ferner stammt der Antrag von der CDU-Fraktion. Das schmeckt Ihnen ja gar nicht.

Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen, wo bleibt der Mut, sich hinter den Arbeitnehmer zu stellen? - Sie sind doch auch sonst gewerkschaftsfreundlich aufgestellt.

Meine Damen und Herren, im Ausschuss hat RotGrün bestritten, dass es die geschilderten Probleme gibt. Gerne will ich Ihnen aber auch anhand von Beispielen aufzeigen, dass es diese Probleme tatsächlich gibt.

Das erste Beispiel ist eine Ausschreibung des Wegezweckverbands Syke von Anfang 2016. Unter dem Punkt „Bauablauf und Verkehrsführung“ ist zu lesen: Mit den Bauarbeiten ist am 4. April 2016 zu beginnen. Die Fertigstellung der Baumaßnahme hat bis zum 30. November 2016 zu erfolgen. - Also stehen nur acht Monate zur Verfügung.

Das zweite Beispiel ist eine Ausschreibung der Gemeinde Lindern vom 7. September 2016 zur Neugestaltung der Ortseingänge von Lindern. Ausführungszeitraum: 44. bis 50. Kalenderwoche 2016, dann wieder 11. bis 17. Kalenderwoche 2017. Es soll also in 2016 begonnen und in 2017 zu Ende gebaut werden.

Ein Unternehmer schreibt dazu: Durch öffentliche Auftraggeber festgesetzte Arbeitslosigkeit! Ich frage Sie, schreibt er, seit wann bestimmt die öffentliche Hand oder der öffentliche Auftraggeber die Arbeitszeiten im Winter? Trotz der Witterung könnten dann viele Aufgaben und Arbeiten durchgeführt werden. Aber das ist in den Ausschreibungen eben nicht vorgesehen.

Das sind nur zwei Fälle. Leider sind solche Ausschreibungen durch Land und Kommunen an der

Tagesordnung. Durch die festgesetzten Arbeitszeiten entstehen dem Bauhandwerk enorme Kosten bzw. dem Arbeitnehmer Einkommensverluste in immenser Höhe.

Meine Damen und Herren, im Ausschuss wurde beschlossen, eine Stellungnahme des Baugewerbe-Verbands Niedersachsen zu der Problematik einzuholen. In der Vorlage 1 zur Drucksache 5633 werden unsere Forderungen und Sichtweisen zu 100 % geteilt - nicht von den rot-grünen Abgeordneten, aber von dem Baugewerbe-Verband. Wörtlich heißt es dort:

„Dem Antrag der Fraktion der CDU ist deshalb in allen drei Punkten zuzustimmen.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage mich: Warum will Rot-Grün das nicht unterstützen? Warum versagen Sie Arbeitnehmern und der Bauwirtschaft Ihre Unterstützung? - Wer so blind ist und sein will, versagt den Arbeitnehmern und der Bauwirtschaft seine Unterstützung. Es ist halt RotGrün!

Eine deutliche Ansage an alle Fraktionen: Wer diesem Antrag nicht vorbehaltlos zustimmt, ist nicht wirtschaftsfreundlich. Ich werde es überall verkünden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, unsere Forderung, Aufträge der öffentlichen Hand so auszuschreiben, dass eine ganzjährige Bautätigkeit möglich ist, findet sich auch in den allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen, DIN 1960, Ausgabe September 2012, in der VOB/A § 2 Abs. 3. Dort heißt es:

„Es ist anzustreben, die Aufträge so zu erteilen, dass die ganzjährige Bautätigkeit gefördert wird.“

Auch wenn Kommunen das in eigener Zuständigkeit tun können und das Land nicht immer direkt für die Kommunen zuständig ist, fordern wir in unserem Antrag die Landesregierung auf, hierbei Unterstützung zu geben und Verbesserungen herbeizuführen.

Die Auftragslage ist derzeit sehr gut. Bereits Anfang dieses Jahres hatten wir den Antrag auf den Weg gebracht. Wir wissen, dass wegen dieser von uns eingeleiteten Entwicklung tatsächlich bereits einige auf den richtigen Weg gekommen sind und das schon verändert haben. Wir sollten für mehr Nachahmung werben.

Ich darf deshalb alle Fraktionen auffordern, diesem Antrag im Sinne der Arbeitnehmer, der Auftragnehmer und der Auftraggeber zuzustimmen.

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bley. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Maaret Westphely das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag zeigt uns, was passiert, wenn sich Landespolitiker zum Sprachrohr von Verbänden machen und ausschließlich durch deren Brille auf ein Thema schauen. Die monokausale Sicht ignoriert die Vielschichtigkeit der öffentlichen Auftragsvergabe, und sie tut so, als ob Bund, Land und Kommunen imstande seien, sich zum Wettergott aufzuschwingen.

Das Anliegen des Verbandes, dessen Position Sie hier vertreten, können wir durchaus nachvollziehen. Natürlich ist es im Sinne der Unternehmen und der Beschäftigten, eine ganzjährig ausgewogene Auftragslage zu haben. Gleichwohl sind die Interessen der Branche nicht über die Interessen der Allgemeinheit zu stellen. Zudem gilt es anzuerkennen, was die Grenzen des Machbaren sind. Und es sind Regeln einzuhalten, auf die man sich bei der öffentlichen Auftragsvergabe in einem demokratischen Prozess geeinigt hat.

Aus meiner Sicht ist es die Aufgabe eines Landespolitikers, die unterschiedlichen Positionen abzuwägen und eine bestmögliche Lösung zu finden - und die haben wir bereits.