- Es macht es aber nicht besser, dass Sie zehn Jahre lang zugesehen haben. Dann hätte man vielleicht mal handeln müssen.
(Ulf Thiele [CDU]: Das wissen Sie und Ihre Mitarbeiter doch besser! - Gegen- ruf von Helge Limburg [GRÜNE]: Herr Thiele, wollen Sie nicht lieber eine Zusatzfrage stellen? Sie haben doch noch genug Zeit!)
Das ergibt zumindest im Moment die Situation, Herr Thiele, dass wir statt einer Wegstrecke von 30 oder 40 km aufgrund des Nichtsubstanzerhalts der Ingenieurbauwerke inzwischen eine Wegstrecke von über 200 km haben.
Dabei geht es nicht nur um den Einfluss, den zusätzliche Fahrten auf Umwelt und Natur haben, sondern auch um den Einfluss auf unsere Unternehmer. Unsere Unternehmer haben längere Strecken zu fahren, und sie arbeiten dadurch möglicherweise unwirtschaftlicher.
Das ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass in den letzten Jahren - vor allen Dingen in den letzten zehn Jahren - nicht an der Substanz gearbeitet wurde, sondern dass es zu einem Substanzverzehr gekommen ist. Ich glaube, das merken wir ganz deutlich sowohl bei den Landestraßen als auch bei den Bundesstraßen. Man muss schon überlegen, wer in den letzten zehn Jahren dafür die Verantwortung getragen hat.
Im angesprochenen Neubaubereich warten momentan in unserem Bundesland sechs Vorhaben auf eine Finanzierung durch den Bund. Spielraum für Neubeginn - das habe ich gesagt - wird aber nur bestehen, wenn die in der Vorbelastung befindlichen Maßnahmen abgewickelt sein können. Dafür, wann diese Projekte in den Bau gehen können, ist natürlich auch die Haushaltsentwicklung des Bundes ein ganz entscheidender Faktor.
Ich will das noch einmal sagen: Wir haben eine Reihe von Projekten, die genehmigt sind, die planfeststellerisch abgeschlossen sind, die wir bauen könnten, für die aber die finanziellen Möglichkeiten gar nicht da sind. Menschen, Orte und Kommunen warten z. B. auf Umgehungsstraßen. Wenn es aber nicht gelingt, diese Umgehungsstraßen jetzt zu beginnen, dann gehen sie erneut ins Verfahren. Wenn sie aber erneut ins Verfahren gehen, dann wird eine gänzlich neue Überprüfung vorgenommen.
Durch die Tatsache, die Sie nun einmal mit zu verantworten haben, dass es eine sehr große Zahl an Wunschlisten gibt, haben Sie auch die Situation geschaffen, dass sich diejenigen, die eigentlich über Jahre in der Hoffnung waren, ein Projekt noch realisiert zu bekommen, jetzt der Tatsache ausgesetzt sehen, dass sie sich mit Projekten in Konkurrenz befinden, die bisher gar nicht zur Debatte standen, die Sie aber - ich darf das so sagen - durch die Verfahrensart: „Sammeln wir doch alle Wünsche, die da sind“ mit auf die Liste genommen haben.
Ich glaube, da ist die alte Landesregierung auch in Verantwortung, denen, die bisher fest davon ausgegangen sind, dass sie eine Chance auf Realisierung haben, zu erklären, warum diese Chance durch ihr Handeln geringer geworden ist.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Sie kaschieren, dass mit den Grünen nichts hinzukriegen ist! Das macht ihr jedenfalls gut!)
Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Vockert von der Fraktion der CDU.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung, ob ihr bekannt ist, dass Herr Minister Lies in öffentlichen Erklärungen den Bau der A 20 von der Zustimmung seines Grünen-Koalitionspartners abhängig gemacht und den Baubeginn zumindest für die kommenden fünf Jahre ausgeschlossen hat.
Ich schließe gleich eine zweite Frage an die Landesregierung an: Kann sie vor diesem Hintergrund nachvollziehen, dass in der Bevölkerung des gesamten Elbe-Weser-Dreiecks ein sehr großer Unmut vorherrscht, wenn immer wieder - wie auch heute hier - gemeinsame Ziele der Regierungsparteien - wie Sie es eingangs gesagt haben - formuliert werden - d. h. es steht etwas auf dem Papier -, diese aber vor dem Hintergrund des Streits in der Koalition nicht umgesetzt werden, wenn also kein Kilometer Bundesautobahn gebaut wird? Kann sie nachvollziehen, dass insofern eine große Unzufriedenheit und Verdrossenheit vorherrscht?
Vielen Dank, Frau Kollegin Vockert. - In der Tat, es waren zwei Fragen. Damit ist das Fragekontingent der CDU-Fraktion erschöpft. Wir nehmen die weiteren Wortmeldungen sozusagen von der Warteliste. - Herr Minister, bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vockert, ich will das der Transparenz halber sagen: Wir beide sind Mitglied im Parlamentarischen Beirat der A 20. Das darf man hier wohl offen benennen. Ich glaube, dass ich als jemand, der aus der Region kommt, an vielen Stellen meine klare Haltung zur A 20 immer deutlich gemacht habe.
(Jens Nacke [CDU]: Sie waren Vorsit- zender, Herr Minister! Vielleicht soll- ten Sie das der Klarheit halber hinzu- fügen!)
(Zuruf von der SPD: Herr Nacke, Sie müssen die Antwort ertragen! - Ge- genruf von Jens Nacke [CDU]: Nicht so nervös werden, liebe Freunde! Ich weiß ja, dass das Thema ganz schlecht ist!)
Sehr geehrte Frau Vockert, ich habe dazu eine klare Haltung, die ich unmissverständlich deutlich gemacht habe. Wir werden genau diese Haltung auch weiterhin einnehmen.
(Jens Nacke [CDU]: Ihr kriegt mit den Grünen nichts hin! Das ist die Wahr- heit! Weil die Grünen innovations- feindlich sind!)
- Nein, nicht die Grünen! Die Grünen sind ein guter Koalitionspartner, mit dem wir hervorragende Regierungsarbeit für Niedersachsen machen.
Aber die Realisierung der A 20 ist nicht ausschließlich abhängig von der Position, die wir haben. Deswegen warten wir die Bewertung durch den Bund ab.
Ich will es deutlich sagen: Was für ein Bild ist das, das hier immer skizziert wird, dass wir diese Projekte wollten? - Es gibt einen klaren Beschluss im Koalitionsvertrag: Die Planung für A 20 und A 39 werden fortgesetzt.
Ich finde, mit dem, was Sie immer zu verbreiten versuchen, dort gebe es einen Stopp oder eine Bremse, verunsichern Sie! Mit der Art, die Sie praktizieren, verunsichern Sie das Land. Sorgen Sie nicht nur dafür, dass die Planungen weitergeführt werden, sondern sorgen Sie auch dafür, dass der Bund klare Prioritäten festlegt! Das ist nämlich die Entscheidung des Bundes und nicht die Entscheidung der Landesregierung an dieser Stelle.
(Jens Nacke [CDU]: Kümmern Sie sich um den Baubeginn, anstatt hier Nebelkerzen zu werfen! - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Hal- lo! Hey! Rüge!)
Herr Minister, ich habe das schon klargestellt. Frau Vockert hat gefragt, und Sie antworten auf Frau Vockert. Herr Minister, bitte sehr!
Deshalb bleibt es bei der klaren Haltung. Das Vorgehen gestaltet sich so: Der Bund wird die Bewertung vornehmen, und wir werden mit einer - ich hoffe, guten und klaren - Bewertung durch den Bund eine gute Grundlage haben, um auch im Land Niedersachsen ein klares Signal für die Fortsetzung der Arbeiten an der A 20 zu geben. Aber das können wir nicht machen, bevor uns die Bewertung durch den Bund vorliegt.
Ich glaube, das ist es, woran wir jetzt konzentriert arbeiten müssen. Bitte jetzt nicht ein Jahr lang - so lange wird es leider dauern, weil der Bund so lange braucht - die Verunsicherung durch das Land treiben! Sagen Sie vielmehr konsequent: Wir warten die Diskussion ab, die sich durch die Bewertung des Bundes ergibt. Das ist seriös, das ist anständig, das hilft den Unternehmern und den Menschen in der Region. Die Unruhe und die Debatte schüren gerade Sie, und die helfen niemandem in diesem Land.
Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage wird von der Fraktion der FDP vom Herrn Kollegen Hermann Grupe gestellt.