Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

Unsere Gäste haben bereits mehrfach angeregt, ein vorwärts-Gespräch mit Dir als niedersächsischem Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu veranstalten.

Ich würde mich deshalb freuen, wenn wir Dich für ein vorwärts-Gespräch als dinner speaker gewinnen könnten. Die Organisation des vorwärts-Gespräches liegt federführend bei uns,“

- also vorwärts -

„wobei wir sowohl die Gästeliste als auch Inhaltliches eng mit Dir abstimmen würden.

Anbei findest Du das Konzept der vorwärts Gespräche. Ich freue mich auf Deine hoffentlich positive Rückmeldung.“

Das Konzept - ich stelle Ihnen die Unterlagen nachher selbstverständlich zur Verfügung - beschreibt die Zielsetzung, die Möglichkeit der Diskussion und das Grundkonzept:

„Vorwärts-Gespräche sind Expertenrunden ‚Unter drei‘ … Rund 15 Experten werden eingeladen, um aktuelle Themen miteinander zu diskutieren. Wichtig ist vor allem die heterogene Zusammensetzung der Expertenrunden. Es geht explizit darum, zum Dialog unter den Sektoren innerhalb der Branche beizutragen. Nach einem Impuls des dinner speakers haben alle Gäste die Möglichkeit, sich aktiv in das Gespräch einzuklinken. Die Gespräche finden in Abstimmung mit der SPD-Bundestagsfraktion sowie wirtschaftspolitischen Runden der FES statt.“

Dann wird etwas über die Abläufe gesagt.

„Teilnehmer

Es werden rund 15 hochkarätige Gäste in Rücksprache mit dem Gastredner persönlich eingeladen. Die Einladung erfolgt auf Vorstands- und GF-Ebene.“

- Geschäftsführerebene.

Es werden der Ort und einige bisherige dinner speaker genannt.

Also: Bis dahin ist das eine ganz normale Terminanfrage, die ich deshalb am 13. Februar mit dem Hinweis „ja“ versehen habe. Das Ganze ist dann seinen ganz normalen Geschäftsgang gegangen.

Geplant war die Veranstaltung am 21. September 2015. Sie wurde seitens des Veranstalters abgesagt.

Es wurde dann ein neuer Termin am 11. April vereinbart. Vier Tage vor diesem Termin gab es eine weitere Mail des Veranstalters an einen Mitarbeiter in meinem Haus:

„anbei sende ich Ihnen die aktuelle Gästeliste sowie die vorläufige Tischordnung für das vorwärts-Energiegespräch am 11. April 2016 mit Olaf Lies, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Landes Niedersachsen. Unterstützer des Abends ist das HanseWerk, eine E.ON-Unternehmung, vertreten durch Matthias Boxberger, den Vorsitzenden des Vorstands. Wir haben eine spannende Gästeliste.“

Jetzt muss man im Nachhinein zugeben, dass da steht: „Unterstützer des Abends ist das HanseWerk“. Das ist zu dem Zeitpunkt keinem besonders aufgefallen. Ich wundere mich auch nicht, dass es keinem aufgefallen ist. Denn „Unterstützer des Abends“ muss durchaus nicht heißen, dass es eine bestimmte Konsequenz hat. Das ist, glaube ich, völlig normal bei Veranstaltungen, also nichts Ungewöhnliches. Deswegen kann man auch keinem Mitarbeiter jetzt sagen, er hätte das erkennen oder sehen müssen - ich glaube, das ist selbstverständlich -, und das vier Tage vorher.

Es wirkt im Nachhinein allerdings - das muss man offen sagen - schon merkwürdig, dass das vier Tage vorher mitgeteilt wird. Diesen Eindruck haben auch wir. Aus der heutigen Sicht der Dinge - wohl wissend, was dort geplant war - würde man diese Mail und diesen Hinweis völlig anders interpretieren.

Aber ich bitte um Verständnis, dass keiner im Haus die Mail zu diesem Zeitpunkt in irgendeiner Form mit den Dingen in Verbindung bringen konnte, die wir heute erfahren haben. Also hat das Ganze seinen ganz normalen Weg genommen. Es war an keiner Stelle im Geschäftsgang erkennbar, dass das, was wir jetzt bei „Frontal 21“ gesehen haben, tatsächlich der Richtigkeit entspricht.

Deswegen noch einmal: Ich distanziere mich ganz eindrücklich von dem, was dort passiert ist und was wir dort sehen mussten. Wenn erkennbar gewesen wäre, dass diese Einladung und diese Veranstaltung in einem Zusammenhang mit dem stehen, was wir dort gesehen haben, hätte ich die Teilnahme abgelehnt und hätte nicht teilgenom

men. Das ist für mich selbstverständlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich bin darüber wirklich - ich will das noch einmal sagen - stinksauer und werde das auch dem vorwärts mitteilen. Es kann nicht sein, dass der vorwärts Einladungen ausspricht, von „seinen Veranstaltungen“ spricht und wir jetzt erfahren müssen, was eigentlich der Hintergrund ist.

Es ist - ich habe das gerade gesagt - ein falsches Bild von Politik, was dort gezeichnet wird. Das ist nicht das Vorgehen, das Politiker in Verantwortung wahrnehmen. Deswegen ist es mir auch wichtig, diese Distanz zu machen. Es ist ein falsches Bild von Politik, was an dieser Stelle erzeugt wird.

Deswegen, meine Damen und Herren, stelle ich die Unterlagen selbstverständlich den Fraktionen zur Verfügung, damit Sie das nachsehen können. Es ist mir wirklich ein persönliches Anliegen, dem völlig falschen Bild, das gezeichnet und möglicherweise weitergezeichnet wird, entgegenzutreten und das an jeder Stelle deutlich zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will abschließend sagen: Ich glaube, jeder, der mich und meine Arbeit kennt, weiß, dass ich wirklich eine Vielzahl von Gesprächen führe, dass ich eine Vielzahl von Terminen mit allen Unternehmungen und Initiativen wahrnehme, die daran Interesse haben. Ich stehe jederzeit und ich stand jederzeit jedem, der Interesse daran hat, zur Verfügung. Es bedarf keiner Organisation, um mit mir ins Gespräch zu kommen.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Minister Olaf Lies übergibt den Fraktionen jeweils einen Stapel Unterlagen)

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Meine Damen und Herren, die Unterrichtung durch Herrn Minister Lies hat gut sechs Minuten gedauert, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: für CDU und SPD je sechs Minuten, für FDP und Bündnis 90/Die Grünen je drei Minuten.

Zunächst hat sich Herr Kollege Thiele gemeldet. Bis zu sechs Minuten, bitte sehr!

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wer mich kennt, weiß, dass mir fernliegt, Dinge zu skandalisieren, die in einem rechtlich sauberen Rahmen liegen.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP] - an SPD und GRÜNE gewandt -: Ach- tung, Leute!)

- Interessant, dass Sie jetzt lachen!

(Zuruf von der SPD: Fangen Sie noch einmal neu an!)

Das legt nämlich einiges offen -

(Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Thiele, einen Moment, bitte! - Herr Kollege Schmidt!

- bei der Frage der Finanzierung von Parteien. Das will ich durchaus vorwegschicken, weil ich der Auffassung bin, dass man sauber zwischen dem trennen muss, was erlaubt und opportun ist, und dem, was nicht erlaubt und nicht opportun ist.

Nach der Berichterstattung des ZDF von vorgestern, nach der Berichterstattung der Bild-Zeitung von heute und auch nach den Erklärungen des Ministers gerade ergeben sich allerdings aus meiner Sicht einige Fragen, die zumindest von diesem Landtag geklärt werden müssen.

Es geht im Kern schon darum, ob dieser Wirtschaftsminister mit der Teilnahme an diesem Termin seinen Amtseid verletzt hat - um nicht mehr und nicht weniger.

Warum ist das so? - Ich will nur am Rande erwähnen, dass es in der Berichterstattung zwei Parteienrechtler gab - Professor Schönberger und Professor Saliger -, die beide der Auffassung sind, dass ein Anfangsverdacht dafür vorliegt, dass der vorwärts und das Tochterunternehmen des vorwärts, über das wir hier reden - die Network Media GmbH -, das Parteiengesetz gebrochen haben könnten.

Es gibt aber noch einen zweiten Punkt - den hat der Minister nicht erwähnt -: dass es in der Vergangenheit Geschäftsbeziehungen zwischen diesem Unternehmen und der SPD in Niedersachsen

gab, zwischen genau dem gleichen Unternehmen, das für die Organisation des Termins zuständig war, an dem Sie, Herr Minister, teilgenommen haben, im Auftrag des vorwärts, und Ihrem Landesverband. Diese Geschäftsbeziehungen müssen zu einer Zeit eingeleitet worden sein, als Sie selber Landesvorsitzender waren.

Da Sie hier gerade den einladenden Geschäftsführer der vorwärts GmbH mit einem „Du“ zitiert haben, liegt nahe, dass die Verflechtungen hier enger sind als zunächst einmal offensichtlich.

(Zurufe von der SPD: Wir duzen uns alle! - Das ist ja abenteuerlich!)

Und da kommen wir genau zu dem Punkt. Die Bösgläubigkeit, die Sie, Herr Minister, eigentlich hätten haben müssen, wenn Sie die Praxis des vorwärts in der Vergangenheit kennen - er hat früher Kamingespräche organisiert; für eine Teilnahme wurde damals eine Gebühr von mehreren Tausend Euro fällig; das wurde öffentlich diskutiert, und dann wurden diese Gespräche eingestellt - und eine solche Einladung auf Ihren Tisch flattert, hatten sie offensichtlich nur deshalb nicht, weil es sich dabei um einen Parteifreund und Genossen handelt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Mit Bös- gläubigkeit und Parteienfinanzierung kennen Sie sich aus! Eine lange Ge- schichte der Bösgläubigkeit, Herr Thiele!)

Ich gebe offen zu: Das Ding ist im Moment völlig offen. Der Minister hat gerade gesagt, er habe von nichts gewusst. Aber er hat eben auch nicht alles gesagt. Wir sind gespannt, was sich aus den Unterlagen ergibt.

Sie haben dargestellt, dass das HanseWerk diesen Termin organisiert bzw. finanziert hat. Sie haben nicht dargestellt, welche Vertreter welcher weiteren Unternehmen an dem Gespräch beteiligt waren. Sie haben bisher nicht dargestellt, ob auch diese für diesen Termin gezahlt haben, ob Sie das bisher eruiert haben.

Sie haben nicht dargestellt - das ist für mich ein entscheidender Punkt -, wie hoch eigentlich die Einnahmen aus dem Gespräch, an dem Sie teilgenommen haben, in Summe gewesen sind. Denn spätestens wenn die Einnahmen deutlich die Ausgaben übersteigen, haben wir den Punkt erreicht, dass der Termin, den Sie dort mit diesen Energieunternehmen gemacht haben, mittelbar dazu ge

führt hat, dass die Sozialdemokratische Partei einen finanziellen Vorteil aus Ihrem Agieren hatte.