Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Vielen Dank, Frau Kollegin Bruns. - Auch für die FDP-Fraktion der Hinweis: Sie verfügt noch über eine Restredezeit von 5:57 Minuten.

Als erster Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Thomas Schremmer das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mit dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministeriums und an die Sozialministerin beginnen, ohne die die Erfolge der rot-grünen Regierungsarbeit sicherlich nicht so groß wären. Vielen Dank auch für die gute Zusammenarbeit im Sozialausschuss! Ich muss nicht extra betonen, dass wir im Sozialausschuss regelmäßig gut zusammenarbeiten.

Wir sehen uns mit einer wachsenden sozialen Spaltung in der Gesellschaft konfrontiert - ein Befund, für den man wahrlich kein Sozialist sein muss. Ich zitiere Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, der in der HAZ deutlich gemacht hat, woran es liegt: Zuallererst am ungleichen Zugang zur Bildung. In unserem Land seien Bildungswege der Kinder wie zementiert. Sie blieben zu häufig auf dem Niveau des Elternhauses. Zudem habe sich die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren stark ausdifferenziert. Nur noch 50 % der Beschäftigten arbeiteten unter dem Schutz des Tarifvertrages. - Deswegen wäre es wichtig, dies an anderen Stellen zu verbessern. Und dass etwa die Vermögen in Deutschland so ungleich verteilt sind wie in keinem anderen Land Europas, ist nun einmal Fakt. Ich zitiere Marcel Fratzscher in dieser Hinsicht sehr gerne, weil ich auch glaube, dass das eine Ursache dafür ist, dass wir eine so große soziale Spaltung haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine andere Ursache, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind in erster Linie die Sozial- und Arbeitsgesetzgebung und die mangelnde Investitionsbereitschaft des Bundes, die die soziale Ungleichheit eher verstärken. Die Süddeutsche Zeitung von heute, Seite 18, kann ich empfehlen: Die Sachverständigenkommission sagt, wie man es eigentlich richtig machen sollte. Wir weisen regelmäßig darauf hin.

Aber, meine Damen und Herren, die Landesregierung beschränkt sich nicht darauf, auf Zusagen aus Berlin zu warten, sondern mit diesem Sozialhaushalt legen wir ein konkretes Programm vor, um benachteiligte Menschen zu unterstützen. Denn wir wollen ein gerechtes Niedersachsen, das Teilhabe für alle Menschen hier ermöglicht.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nun zu einigen Punkten im Einzelnen.

Selbstverständlich liegt uns sehr viel daran, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu fördern, insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen. Arbeit ist mehr als Geldverdienen. Arbeit ist gesellschaftliche Teilhabe und durchbricht den Armutskreislauf. Das ist nur möglich, wenn auch wir Geld in die Hand nehmen. Besser wäre es noch, der Bund würde das systematisch tun. Er macht das nicht. Es ist mir ein Rätsel, warum nicht. Vielleicht können Sie, Herr Dr. Matthiesen, sofern Sie noch Einfluss haben, an dieser Stelle etwas machen. Aber die FDP hat offensichtlich an dieser Stelle kein Interesse. Denn

die Mittel, die wir eingestellt haben, haben Sie in Ihrem Haushaltsentwurf gestrichen. Es fragt sich, warum. Sozialhaushalt und FDP - an dieser Stelle zumindest Fehlanzeige.

(Christian Grascha [FDP]: 6 Millionen mehr! - Christian Dürr [FDP]: 6 Millio- nen mehr, Herr Kollege!)

Zur Wohnraumförderung, liebe Kolleginnen und Kollegen: Seit der Regierungsübernahme haben wir die Wohnraumförderung deutlich aufgestockt. Herr Kollege Brunotte hat völlig recht, wenn er sagt, 400 Millionen Euro seien die richtige Herangehensweise. Wir machen Zuschussförderung. Auch diese ist offensichtlich in den nächsten Jahren nötig, damit hier Geschwindigkeit hineinkommt. Und wir wollen, dass Menschen mit geringem Einkommen besonders in Ballungszentren eine angemessene Wohnung finden.

Der CDU-Vorschlag - ich habe mir einmal angeschaut, was ihr machen wollt, lieber Kollege Matthiesen - heißt wie schon zu Zeiten von Schwarz-Gelb: Eigentumsförderung, z. B. durch Baukindergeld. - Sozialer Wohnungsbau, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht eben nur mit RotGrün!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Herr Dr. Matthiesen, sehr unglaubwürdig ist das Landesprogramm, das Sie zum Thema Wohnungslosigkeit wollen. Ich kann weder feststellen, dass Sie das in Ihrer Regierungstätigkeit thematisiert haben, noch dass irgendein aktueller Antrag vorliegt. Im Gegenteil, auf Bundesebene ist es die CDU/CSU, die erst im Februar selbst die Einführung einer Wohnungsnotfallstatistik verhindert hat. Einziges Argument: „überflüssig“. Aber wie wir ja gestern bereits gehört haben: Die einen in der CDU sagen so, die anderen so. Vielleicht ist das die neue Politik der Christdemokraten auch hier im Landtag.

Ich sage noch etwas zu zwei weiteren Punkten.

Zur Behindertenhilfe hat der Kollege Brunotte schon etwas gesagt. Auch da ist es so: Die CDU hat versucht, das Landesblindengeld abzuschaffen. Wir erhöhen es zweimal. Besser wäre natürlich ein progressives Teilhaberecht gewesen. Darin sind wir uns sicherlich einig.

In der Gesundheitsversorgung haben wir ein Sondervermögen aufgelegt. Auch da sagen die einen so und die anderen so. Der Kollege Jasper müsste

diesem Sondervermögen eigentlich zustimmen. Denn in der NOZ hat er es bejubelt wie kein Zweiter, dass für Osnabrück aus dem Sondervermögen in Krankenhäuser investiert wird. Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür und beobachte, ob Sie diesem Haushalt zustimmen werden, Herr Jasper. Ich finde aber, dass das genau der richtige Weg ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Alle diese Projekte zeigen: Rot-Grün investiert weiter in ein gerechtes Niedersachsen, in gute Arbeit und in Hilfe für die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Ich finde ausdrücklich, dass das ein Erfolg ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Aber lassen Sie mich abschließend auch noch etwas Grundsätzliches sagen, weil ich genau das oft gefragt werde. Marcel Fratzschers drastischer Buchtitel heißt „Verteilungskampf“. Er sollte uns Warnung sein. Der soziale Frieden in unserem Land war und ist Voraussetzung für das Gelingen der Demokratie. Es gibt ihn eben nicht zum Nulltarif. In dieser Hinsicht bin ich ausdrücklich anderer Meinung als die FDP, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das finde ich auch gut so. Ich persönlich halte das gebetsmühlenartige Predigen einer schwarzen Null für gefährlich. Wir müssen auch zukünftig weiter in starke öffentliche Institutionen investieren. Einen schwachen Staat können sich nämlich nur wenige leisten. Ich halte das für den falschen Weg. Das sage ich ganz ehrlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der Kollege Schremmer hat keine Chance mehr für eine Zwischenfrage gegeben. Die Redezeiten sind sehr knapp. - Vielen Dank, Herr Schremmer.

Ich weise die beiden Rednerinnen der Grünen, die sich für diesen Einzelplan noch gemeldet haben, darauf hin, dass noch eine Restredezeit von insgesamt 7:15 Minuten zur Verfügung steht.

Wir kommen jetzt zum zweiten Durchgang mit dem Schwerpunkt „Integration/Migration“ und beginnen mit der Kollegin Petra Joumaah für die CDUFraktion. Die Restredezeit für die CDU beträgt 5:08 Minuten.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist der zweite Durchgang. Da muss nicht alles wiederholt werden. Ich schließe mich einfach den Dankesworten aller meiner Vorredner an. Zumindest insoweit herrscht große Einigkeit. Wir haben wirklich allen Grund, für die gute Zuarbeit dankbar zu sein.

Meine Damen und Herren, Sie haben es gehört: Ich möchte gerne noch einige Ausführungen zum Thema Integration machen, einer Aufgabe der gesamten Gesellschaft, in der Bund, Land, Städte und Gemeinden gemeinsam gefordert bzw. herausgefordert sind.

Die Schlüsselrolle bei der Integration von Flüchtlingen liegt sicherlich bei den Kommunen. Dort leben die Flüchtlinge, dort begegnen sie den Einheimischen, ihren neuen zukünftigen Nachbarn, und ich denke, dort entscheidet sich, ob die Integration gelingt - nicht in Beratungszentren, nicht in Koordinierungsstellen, schon gar nicht hier im Landtag, sondern in den Kommunen vor Ort.

Es ist eine große kommunalpolitische Aufgabe, die Zugewanderten in unsere Gesellschaft einzugliedern. Diese Integration kostet Geld. Die finanziellen Belastungen in den Kommunen, die durch Integrationsmaßnahmen entstehen, wachsen kontinuierlich, weil sozusagen täglich neue Aufgabenfelder hinzukommen. Es geht eben längst nicht mehr nur um Unterbringung.

Wir alle wissen, dass dabei dem Ehrenamt vor Ort, insbesondere den vielen Integrationslotsinnen und Integrationslotsen, allergrößte Bedeutung zukommt.

(Beifall bei der CDU)

Die Aufgaben und die Probleme, denen sich diese Ehrenamtlichen gegenübergestellt sehen, wachsen täglich. Jeder von uns beobachtet das daheim in seinem Wahlkreis. Deshalb muss die hauptamtliche Unterstützung für diese Ehrenamtlichen massiv ausgebaut werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kommunalen Verwaltungen benötigen mehr Unterstützung. Nur ein Beispiel: interkulturelle Qualifizierungsmaßnahmen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, um gelungene Integration im Lande sicherstellen zu können, braucht es in besonderem Maße den ländlichen Raum. Dort finden wir ein hervorragen

des Umfeld, dort finden wir persönliche Sozial- und Integrationsangebote, dort gibt es mehr angemessenen Wohnraum für die Flüchtlinge und vor allem keine Ghettobildung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb fordern der Niedersächsische Landkreistag und der Niedersächsische Städtetag zu Recht die Wohnsitzauflage - in § 12 a des Aufenthaltsgesetzes geregelt. Dieser Forderung schließt sich die CDU-Fraktion ausdrücklich an.

(Beifall bei der CDU)

Mit diesem Instrument ist die Steuerung des Zuzugs der Asylberechtigten aus integrativen und sozialpolitischen Gründen möglich. Landkreistag und Städtetag haben ausdrücklich betont, dass sie die Forderung nach einer Wohnsitzauflage, wie sie inzwischen in Baden-Württemberg und Bayern eingeführt worden ist, auch in Niedersachsen als umsetzenswert und für umsetzbar halten.

Zu dieser Thematik haben wir eine Anfrage gestellt. Aus der Antwort der Landesregierung wurde vor allem eines deutlich: dass man möglichst keine Arbeit mit dieser lästigen Vorschrift haben will, die ja nach drei Jahren ohnehin wieder außer Kraft tritt.

Meine Damen und Herren, auch wenn die bleibeberechtigten Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt nicht selbst sicherstellen können, wollen Sie ihnen die Wohnraumsuche selbst überlassen und nehmen dabei bewusst in Kauf, dass sich soziale Brennpunkte verstärken. Ich denke, so stellen sich die Kommunen die Unterstützung durch die Landesregierung sicher nicht vor.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann nur an Sie appellieren: Wenn Sie schon nicht auf uns von der Opposition hier im Landtag hören, dann hören Sie auf die kommunalen Spitzenverbände!

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Joumaah. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Dr. Christos Pantazis zum gleichen Themenkomplex das Wort. Die Gesamtrestredezeit der SPD beträgt 8:03 Minuten. Bitte, Herr Kollege!