Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Die notwendigen finanziellen Handlungsspielräume zu erarbeiten, um zu strukturellen und nachhaltigen Verbesserungen im Bereich der Beamtenbesoldung zu kommen, ist angesichts des Anteils der Personalkosten am Landeshaushalt sicherlich nicht einfach. Aber es ist auf jeden Fall notwendig, dass wir uns dieser Herausforderung stellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Geuter. - Es folgt für die CDUFraktion Kollege Hilbers. Bitte!

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In guter Absicht sind Sie gestartet, um - das ist auch erforderlich - Altersdiskriminierung abzubauen, indem Sie dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben. Dennoch werden wir Ihrem Gesetzentwurf nicht folgen, und zwar aus verschiedenen Gründen nicht.

Ein Grund ist der zeitliche Ablauf bei der Beratung. Sie haben am Ende so wenig Zeit gelassen, dass Verbände und andere Institutionen überhaupt keinen Einfluss mehr nehmen konnten. Der DGB schreibt in einer Stellungnahme, er sei über den zeitlichen Ablauf und die dabei ins Land gegangene Zeit sehr „verärgert“.

Der Beamtenbund schreibt in der Ausgabe 11/2016 seines Magazins dazu:

„Es steht allerdings zu befürchten, dass über die gesehenen sinnvollen Änderungen allein

deshalb nicht mehr ernsthaft diskutiert werden kann, weil das Interesse offenbar darin zu liegen scheint, das eigenständige Besoldungsrecht auch unabhängig von aktuellen Entwicklungen unbedingt noch in diesem Jahr verabschieden zu wollen. Damit wird die Chance vertan, auch unabhängig von aktuellen Diskussionen das Besoldungsrecht insgesamt zukunftsfest zu gestalten.“

Sie haben also die Zeitschiene am Ende eindeutig zu knapp gehalten, während Sie sich zu Beginn sehr viel Zeit gelassen haben.

Auch ich möchte an der Stelle dem GBD ausdrücklich danken; er hat Ihr Gesetz völlig neu strukturieren müssen, damit es übersichtlicher und klarer wird. Danach haben Sie aber den Verbänden und Institutionen nicht mehr genug Zeit gegeben, um sich damit auseinanderzusetzen.

Ferner kritisieren wir, dass Sie nicht die Chance genutzt haben, ein umfangreiches neues Besoldungsrecht auf die Beine zu stellen. Die Chance, ein modernes, innovatives, attraktives Besoldungsrecht zu schaffen, wurde vertan. Das Gesetz ist eben kein Signal für die Aufnahme eines Wettbewerbs um die besten Kräfte im Zeitalter des demografischen Wandels und des zunehmenden Konkurrenzkampfs um gute Arbeitskräfte.

Sie wollten die Transparenz erhöhen; das ist Ihnen nicht gelungen. Auch für Einsteiger ist der öffentliche Dienst damit nicht attraktiver geworden, was ich sehr bedauere. Bei den Einstiegsämtern sollte es Verbesserungen geben. Sie hätten die eindeutige Chance gehabt - das haben Ihnen Beamtenbund und andere auch gesagt -, bei den Einstiegsämtern höher zu starten und den Anstieg dann flacher zu gestalten. So hätten Sie insgesamt eine Verbesserung beim Einstieg in den öffentlichen Dienst erreicht und ihn konkurrenzfähiger gemacht. Diesen Vorschlägen sind Sie aber nicht gefolgt. Sie haben im Grunde nur das gemacht, was Ihnen auch die Deutsche Steuer-Gewerkschaft ins Stammbuch geschrieben hat, nämlich alten Wein in neue Schläuche gefüllt.

Sie haben keine echten Veränderungen vorgenommen, und deshalb ist es Ihnen auch nicht gelungen, die Strukturen nicht nachhaltig zu verbessern. Die Strukturen der Besoldungstabellen, die seit Jahrzehnten unverändert bestehen und überarbeitungsbedürftig sind, haben Sie nicht angefasst. Es besteht die Gefahr, dass Sie das auch in Zukunft nicht tun, wenn das Gesetz erst einmal

beschlossen worden ist. Sie haben hier also eine Chance vertan.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Die Besoldungserhöhungen fassen Sie immer erst zum 1. Juni an. Auch das wird stark kritisiert. Sie legen sie zwar prospektiv fest, aber Sie müssen sie anschließend auch wirklich überprüfen. Diese Überprüfungspflicht steht aber nicht im Gesetz. Sie starten, wie gesagt, erst zum 1. Juni. Zum 1. Juni 2017 avisieren Sie z. B. eine Steigerung von 2,5 %. Damit erleiden die Beamten reale Kaufkraftverluste und Reallohnverluste. Anstatt die Beamten vernünftig zu besolden, koppeln Sie die Beamtenbesoldung von der tariflichen Entwicklung ab. Das ist falsch und führt zu einer gefährlichen Entwicklung.

Lassen Sie mich noch kurz etwas zu dem Entschließungsantrag sagen, den Sie noch nachgesteuert haben.

Im letzten Moment, kurz vor der Abstimmung über das Gesetz, kamen Sie mit einem Entschließungsantrag um die Ecke und wollten noch etwas für die Kinder von unverheirateten Beamtinnen und Beamten tun, und das auf Kosten des Verheiratetenzuschlags.

Das ist für uns nicht hinnehmbar. Sie suggerieren, dass Kinder von Alleinerziehenden weniger berücksichtigt werden als andere, aber das ist falsch. Fakt ist, dass sie gleich berücksichtigt werden. Aber das, was Sie den Alleinerziehenden mehr geben wollen, wollen Sie den Verheirateten wegnehmen.

Deshalb sage ich noch einmal: Das Alimentationsprinzip stellt darauf ab, dass die ganze Familie adäquat alimentiert sein muss. Wenn eine Partnerin oder ein Partner dahintersteht, hat man das im Besoldungsrecht zu beachten. Das hat Ihnen der Richterbund eindeutig in die Vorlage geschrieben. Beachten Sie das! Wenn Sie an den Verheiratetenzuschlag herangehen, werden Sie verfassungsmäßige Probleme bekommen, zumal dies auch nicht sinnvoll ist.

Für uns stehen Ehe und Familie ganz oben. Die Ehe ist ein grundgesetzlich geschütztes Institut. Daran sollten Sie auch bei der Beamtenbesoldung nicht rütteln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Hilbers. - Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt jetzt Kollege Heere. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute das erste eigenständige Besoldungsgesetz in Niedersachsen. Im Kern wird die altersdiskriminierende Besoldung abgeschafft und durch ein Erfahrungsstufensystem ersetzt. Das ist auch gut so.

Für die Diskussion, die wir in diesem Kontext hatten, bedanke ich mich bei allen Beteiligten, zuvörderst beim Finanzministerium, beim Fachreferat, für die guten, intensiven Runden, aber auch beim GBD für die gute Zusammenarbeit und den Text, der uns nun vorliegt.

Wir wollen mit unserem Änderungsantrag, den wir heute mit beraten, die rückwirkende Einführung der nicht altersdiskriminierenden Besoldung auf der Basis des Jahres 2011 erreichen, damit alle Betroffenen von einer möglichen Nachzahlung profitieren können und nicht nur jene, die sich beschwert haben. Es ist auch ein Beitrag zur Rechtssicherheit, dass man hier nicht auf die entsprechenden Prozesse wartet, sondern eine Rückwirkung vorsieht, um die altersdiskriminierende Besoldung tatsächlich beseitigt zu haben.

Dieses Gesetz enthält Leistungszulagen, Anwärterzuschläge, Personalgewinnungszuschläge, kleine Bausteine, um im Beamtenrecht einen gewissen Anreiz zu setzen, bei uns in Niedersachsen Beamtin oder Beamter zu werden. Das sind kleine Maßnahmen, sicherlich nicht das Ende der Diskussion, aber doch wichtige Punkte.

In unserem Änderungsantrag ist zudem die Besoldungsanpassung enthalten. Frau Geuter hat es bereits erwähnt.

Herr Hilbers, ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen, wenn Sie hier behaupten, es komme zu einer Abkoppelung von der Reallohnentwicklung. Schauen Sie sich die Reallohnentwicklung der letzten Jahre an! Mit 2,5 % und 2 % in den folgenden zwei Jahren sind wir, glaube ich, sehr gut dabei.

Frau Geuter ist auch auf die Rechtslage in Bezug auf die Frage, inwieweit das vorab festgelegt werden darf, eingegangen. Der Aspekt der Planbarkeit unter den Bedingungen der Schuldenbremse spielt hierbei sicherlich eine wichtige Rolle. Dennoch

können wir natürlich den Wunsch der Gewerkschaften nachvollziehen, auch im Beamtenbereich - wie im Tarifbereich, bei dem es ohnehin Rechtslage ist - zu einer stärkeren Mitwirkung zu kommen. Wir werden in Zukunft darüber diskutieren müssen, wie wir ihn erfüllen können.

Weitere Wünsche nach einem großen Wurf, die geäußert werden, sind verständlich. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir prioritär die Altersdiskriminierung abgeschafft haben. In der Diskussion ist mehrfach klar geworden, dass das unbedingt bis zum Ende dieses Jahres sauber umgesetzt sein soll, damit wir nicht die Sorge haben müssen, dass uns Gerichte zuvorkommen. Deshalb ist es auch richtig, das jetzt vorab zu machen und diesen Prozess nicht mit weitergehenden Vorschlägen zu belasten, denen wir gerne in anderen Prozessen, z. B. im nächsten Jahr, folgen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CDU hat die Kritik geäußert, es habe zu wenig Zeit für eine Anhörung bestanden. Dem möchte ich entgegenhalten: Wir haben im Sommer 2015 zu großen Teilen dieses Gesetzes eine umfangreiche Anhörung mit allen Verbänden durchgeführt. Sie hatten genug Zeit.

(Christian Grascha [FDP]: Es ist kom- plett neu geschrieben worden!)

Am Ende ging es im Wesentlichen nur noch um zwei Änderungstatbestände, nämlich um die Rückwirkung und um die Besoldungsanpassung. Das ist nun wirklich kein Hexenwerk, für das man Monate braucht, um es zu bewerten. Das sind Punkte, die schon lange in der Diskussion waren. Insofern kann man diesem Argument entgegenhalten, dass ausreichend Zeit für diese Punkte war.

(Christian Grascha [FDP]: Das heißt, die Verbände halten Sie alle für dumm!)

Abschließend will ich darauf hinweisen, dass wir einen Entschließungsantrag zum Familienzuschlag angefügt haben. Dies ist eben schon angeführt worden. Wir wollen den Familienzuschlag ausschließlich auf die Kindererziehung ausrichten. Wir wollen dies in den Mittelpunkt stellen, völlig unabhängig davon, ob die Paare verheiratet sind, in wilder Ehe leben, ob es Patchwork-Familien sind. Das ist völlig egal. Jeder soll völlig unabhängig davon für Kinder die gleichen Summen erhalten.

Das ist aktuell allerhöchstens über Krücken bei manchen Alleinerziehenden der Fall. 9 000 Kinder von Alleinerziehenden fallen darunter, 6 000 nicht. Das heißt, wir haben jetzt ein System, das absolut ungleich ist, und es ist mehr als sinnvoll, ein einheitliches System zu schaffen, bei dem die Kindererziehung und nicht mehr der Familienstand im Vordergrund steht. Das beschließen wir dazu.

Ich bedanke mich für die gute Beratung.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Heere. - Zu guter Letzt jetzt Kollege Grascha, FDP-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf die anderthalbjährige Beratungszeit und darauf zu sprechen kommen, dass die Beratungen zum Schluss sozusagen im Schweinsgalopp erfolgt sind. Herr Kollege Heere, das haben ja nicht nur CDU und FDP kritisiert, sondern vor allem jene, die angehört werden sollen, haben dies kritisiert. Diese Kritik hätten Sie ernst nehmen müssen. Aber das wollten Sie offensichtlich nicht.

Wir haben erlebt, dass in diesen anderthalb Jahren ein Gesetz eingebracht und komplett umgeschrieben wurde. Ich schließe mich dem Dank an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst an, der dieses Gesetz jetzt erst in eine Fassung gebracht hat, die technisch beschlussreif ist.

Zu Beginn hatte ich die Hoffnung, dass wir uns mit diesem Gesetz stärker dem Wettbewerb um die besten Köpfe stellen; denn der große Wurf bei der Reform der Besoldungsgesetzgebung hätte das Ziel sein müssen, um die Chance in diesem Wettbewerb um die besten Köpfe tatsächlich zu nutzen. Diese Chance, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben Sie leider verpasst.

Ziel hätte es sein müssen, mehr Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen und die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu erhöhen. Dabei geht es nach unserer Auffassung insbesondere um die Anwärter und um die unteren Besoldungsgruppen, um die Anhebung der Einstiegsämter bzw. die Veränderung der Besoldungstabellen in Bezug auf deutliche Verbesserungen speziell zu Beginn einer Laufbahn. Es geht um die Anwärterbezüge und um

die Stärkung der leistungsbezogenen Besoldungsbestandteile.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Heere zu?